HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

HANDBUCH ARBEITSRECHT

Un­künd­bar­keit

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Un­künd­bar­keit: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Stoppschild, Unkündbarkeit, Unkündbare Arbeitnehmer
Auf die­ser Sei­te fin­den Sie In­for­ma­tio­nen da­zu, was man un­ter Un­künd­bar­keit ver­steht, aus wel­chen Vor­schrif­ten sich die or­dent­li­che Un­künd­bar­keit ei­nes Ar­beits­ver­hält­nis­ses er­ge­ben kann und wor­in der Un­ter­schied zwi­schen den ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen zum Kün­di­gungs­schutz und ei­ner Un­künd­bar­keit be­steht.

Au­ßer­dem fin­den Sie Hin­wei­se da­zu, ob auch Ar­beit­neh­mer die Un­künd­bar­keit des Ar­beits­ver­hält­nis­ses be­ach­ten müs­sen, ob Un­künd­bar­keits­re­ge­lun­gen auch die au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung aus­schlie­ßen kön­nen und wel­che kon­kre­ten Schutz des Ar­beits­ver­hält­nis­ses ei­ne Un­künd­bar­keit im Fall ei­ner be­triebs­be­ding­ten und im Fal­le ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kün­di­gung bie­tet.

Was ver­steht man un­ter Unkünd­bar­keit?

Ar­beits­verhält­nis­se können im Prin­zip im­mer und von bei­den Ver­trags­par­tei­en gekündigt wer­den, vor­aus­ge­setzt, es han­delt sich um ei­ne Kündi­gung un­ter Be­ach­tung der Kündi­gungs­fris­ten, d.h. um ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung.

Al­ler­dings gilt die­ses Prin­zip oft nicht, weil es vie­le Aus­nah­men gibt. Wenn ein sol­cher Aus­nah­me­fall vor­liegt, ist die or­dent­li­che Künd­bar­keit des Ar­beits­ver­trags zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers ein­ge­schränkt.

Die häufigs­te Ein­schränkung der frei­en Kündi­gungsmöglich­keit zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers er­gibt sich aus dem all­ge­mei­nen Kündi­gungs­schutz ge­genüber or­dent­li­chen Kündi­gun­gen nach dem Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG). Die­ser Kündi­gungs­schutz kann aber vom Ar­beit­ge­ber, je den Umständen des Ein­zel­falls, im Er­geb­nis durch Sach­ar­gu­men­te aus­ge­he­belt wer­den, so dass er den Ar­beit­neh­mer schluss­end­lich doch frist­ge­recht kündi­gen kann.

Hier hilft dem Ar­beit­neh­mer die Unkünd­bar­keit. Sie ist ei­ne be­son­ders weit­ge­hen­de Be­schränkung der Möglich­keit, ein Ar­beits­verhält­nis durch ei­ne Kündi­gung, d.h. durch ein­sei­ti­ge Erklärung zu be­en­den.

Ar­beit­neh­mer, die unkünd­bar sind, können or­dent­lich gar nicht mehr gekündigt wer­den, son­dern nur noch außer­or­dent­lich, d.h. bei Vor­lie­gen ei­nes wich­ti­gen Grun­des im Sin­ne von § 626 Abs.1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB).

Wor­aus er­gibt sich die Unkünd­bar­keit ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses?

Meis­tens folgt die Unkünd­bar­keit ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses aus ei­nem Ta­rif­ver­trag. Ta­rif­ver­trag­li­che Unkünd­bar­keits­re­ge­lun­gen se­hen vor, dass Ar­beit­neh­mer ab ei­ner ge­wis­sen (lan­gen) Be­triebs­zu­gehörig­keit und/oder ab ei­nem be­stimm­ten (ho­hen) Le­bens­al­ter or­dent­lich nicht mehr künd­bar sind.

Ei­ne sol­che Re­ge­lung enthält z.B. § 34 Abs.2 Satz 1 Ta­rif­ver­trag für den öffent­li­chen Dienst (TVöD) für das Ta­rif­ge­biet West, der die al­te Re­ge­lung in 53 Abs.3 Bun­des-An­ge­stell­ten­ta­rif­ver­trag (BAT) ab­gelöst hat. § 34 Abs.2 Satz 1 TVöD lau­tet

"Ar­beits­verhält­nis­se von Beschäftig­ten, die das 40. Le­bens­jahr voll­endet ha­ben und für die die Re­ge­lun­gen des Ta­rif­ge­biets West An­wen­dung fin­den, können nach ei­ner Beschäfti­gungs­zeit (Ab­satz 3) von mehr als 15 Jah­ren durch den Ar­beit­ge­ber nur aus ei­nem wich­ti­gen Grund gekündigt wer­den."

An­de­re Unkünd­bar­keits­re­ge­lun­gen sind ge­setz­lich fest­ge­schrie­ben. Ei­ne ge­setz­li­che Unkünd­bar­keits­re­ge­lung enthält z.B. § 15 Abs. 3 Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG). Da­nach ist die or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses für den Ar­beit­ge­ber wie für den Ar­beit­neh­mer aus­ge­schlos­sen. Al­ler­dings kann man die­se ge­setz­li­che Re­ge­lung im Ar­beits­ver­trag auf­he­ben, was auch bei den meis­ten be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen ge­schieht.

Manch­mal ist die Unkünd­bar­keit ei­nes Ar­beit­neh­mers auch im Ar­beits­ver­trag ge­re­gelt, doch kommt das eher sel­ten vor.

Was ist der Un­ter­schied zwi­schen dem all­ge­mei­nen Kündi­gungs­schutz und Unkünd­bar­keit?

Wer

  • länger als sechs Mo­na­te und
  • in ei­nem Be­trieb mit mehr als zehn Ar­beit­neh­mern

beschäftigt ist, ge­nießt Kündi­gungs­schutz nach dem KSchG.

Die­ser sog. all­ge­mei­ne Kündi­gungs­schutz hat zur Fol­ge, dass der Ar­beit­ge­ber das Ar­beits­verhält­nis auch un­ter Be­ach­tung der Kündi­gungs­fris­ten nicht mehr „ein­fach so“ kündi­gen kann. Viel­mehr braucht der Ar­beit­ge­ber, wenn das KSchG an­wend­bar ist, auch für ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung trif­ti­ge Sach­gründe.

Das KSchG bie­tet dem Ar­beit­ge­ber drei sach­li­che Gründe für ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung an, nämlich

Lie­gen ei­ner oder meh­re­re die­ser Gründe vor, ist ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung nach dem KSchG er­laubt („so­zi­al ge­recht­fer­tigt“). Al­ler­dings be­steht darüber oft Streit, und der gekündig­te Ar­beit­neh­mer kann durch ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge ge­richt­lich über­prüfen las­sen, ob die vom Ar­beit­ge­ber ge­nann­ten Gründe auch tatsächlich vor­lie­gen.

Der Kündi­gungs­schutz nach dem KSchG be­steht da­her dar­in, ei­ne ge­richt­li­che Über­prüfung der vom Ar­beit­ge­ber be­haup­te­ten Gründe für ei­ne von ihm aus­ge­spro­che­ne or­dent­li­che Kündi­gung möglich zu ma­chen. Und weil ei­ne sol­che ge­richt­li­che Über­prüfung oft zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers aus­geht, er­schwert der all­ge­mei­ne Kündi­gungs­schutz nach dem KSchG die or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beit­neh­mers, schließt sie aber nicht ge­ne­rell aus.

Im Un­ter­schied da­zu be­deu­tet Unkünd­bar­keit, dass ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch den Ar­beit­ge­ber von vorn­her­ein und un­ter al­len Umständen recht­lich aus­ge­schlos­sen ist. Aus Sicht des Ar­beit­neh­mers kann man da­her sa­gen: All­ge­mei­ner Kündi­gungs­schutz ist gut, Unkünd­bar­keit ist bes­ser.

Was ist der Un­ter­schied zwi­schen dem ge­setz­li­chen Son­derkündi­gungs­schutz und Unkünd­bar­keit?

Un­ter ge­setz­li­chem Son­derkündi­gungs­schutz ver­steht man Kündi­gungs­be­schränkun­gen, die in spe­zi­el­len Ge­set­zen ge­re­gelt sind und nur für be­stimm­te „be­son­de­re“ Ar­beit­neh­mer­grup­pen gel­ten, d.h. nicht für al­le Ar­beit­neh­mer. Sol­che spe­zi­el­len ge­setz­li­chen Kündi­gungs­be­schränkun­gen be­ste­hen z.B. zu­guns­ten von Schwan­ge­ren, von Be­triebs­rats­mit­glie­dern oder auch von Schwer­be­hin­der­ten.

Kon­kret heißt das, dass ei­ne schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin vor or­dent­li­chen und auch vor außer­or­dent­li­chen Kündi­gun­gen si­cher ist, es sei denn, die zuständi­ge Ar­beits­schutz­behörde stimmt ei­ner vom Ar­beit­ge­ber be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung vor­her, d.h. vor Aus­spruch der Kündi­gung zu. Das er­gibt sich aus § 17 Mut­ter­schutz­ge­setz (MuSchG). Ei­ne sol­che Zu­stim­mung ist auf sel­te­ne Aus­nah­mefälle be­schränkt und wird in der Pra­xis kaum er­teilt.

Ähn­lich stark sind Be­triebs­rats­mit­glie­der vor Kündi­gun­gen geschützt. Sie können gemäß § 15 Abs.4 und Abs.5 KSchG nur bei Still­le­gung des Be­triebs oder ei­ner gan­zen Be­triebs­ab­tei­lung or­dent­lich gekündigt wer­den. Lie­gen die­se Vor­aus­set­zun­gen nicht vor, ist ei­ne Kündi­gung nur möglich, wenn der Ar­beit­ge­ber dafür ei­nen „wich­ti­gen Grund“ gemäß § 626 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) hat, d.h. der Ar­beit­ge­ber kann nur außer­or­dent­lich kündi­gen. Und auch das kann er auch nur nach vor­he­ri­ger aus­drück­li­cher Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes sei­ner Mit­glie­der (§ 103 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz - Be­trVG).

Et­was schwächer ist der ge­setz­li­che Son­derkündi­gungs­schutz für schwer­be­hin­der­te Ar­beit­neh­mer. Sie können zwar im Prin­zip wie je­der Ar­beit­neh­mer, d.h. auch or­dent­lich gekündigt wer­den, doch muss zu­vor das In­te­gra­ti­ons­amt ei­ner sol­chen Kündi­gung zu­stim­men (§ 168 Neun­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch - SGB IX). Außer­dem muss die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung vor­ab zu der vom Ar­beit­ge­ber ge­plan­ten Kündi­gung an­gehört wer­den (§ 178 Abs.2 Satz 3 SGB IX).

Die o.g. Vor­schrif­ten des Son­derkündi­gungs­schut­zes sind un­ter­schied­lich stark und gel­ten im­mer nur für be­stimm­te Ar­beit­neh­mer­grup­pen. Man kann da­her nicht all­ge­mein sa­gen, dass sie stärker noch schwächer wären als ei­ne Unkünd­bar­keits­re­ge­lung.

Viel­mehr können sich Son­derkündi­gungs­schutz und Unkünd­bar­keit ergänzen: Will der Ar­beit­ge­ber ei­ne unkünd­ba­re Schwan­ge­re oder ei­nen unkünd­ba­ren schwer­be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mer kündi­gen, muss er die Ar­beits­schutz­behörde bzw. das In­te­gra­ti­ons­amt da­von über­zeu­gen, dass er zu ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung auf der Grund­la­ge von § 626 BGB be­rech­tigt ist, d.h. er braucht

  • ei­ne behörd­li­che Zu­stim­mung
  • zu ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung.

Ein An­trag auf Zu­stim­mung zur or­dent­li­chen Kündi­gung würde ihm hier nicht hel­fen.

Heißt Unkünd­bar­keit, dass auch der Ar­beit­neh­mer nicht or­dent­lich kündi­gen kann?

Nein, ei­ne Kündi­gung durch den Ar­beit­neh­mer wird durch Unkünd­bar­keits­re­ge­lun­gen im All­ge­mei­nen nicht aus­ge­schlos­sen. Die Unkünd­bar­keit soll nur den Ar­beit­neh­mer vor (or­dent­li­chen) Kündi­gun­gen schützen und nicht den Ar­beit­ge­ber.

Ei­ne Aus­nah­me ist § 15 Abs. 3 Tz­B­fG. Die or­dent­li­che Unkünd­bar­keit ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses gemäß die­ser Vor­schrift gilt für Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer in glei­cher Wei­se.

Kann ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che oder ta­rif­li­che Re­ge­lung zur Unkünd­bar­keit auch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­sch­ließen?

Nein, das ist nach der Recht­spre­chung aus­ge­schlos­sen.

Denn ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist nur in Aus­nah­mefällen zulässig, d.h. wenn es dafür ei­nen „wich­ti­gen Grund“ im Sin­ne von § 626 BGB gibt. Das ist ein Kündi­gungs­grund, der es für die kündi­gen­de Ver­trags­par­tei (Ar­beit­ge­ber oder Ar­beit­neh­mer) im All­ge­mei­nen un­zu­mut­bar macht, das Ar­beit­verhält­nis auch nur vorüber­ge­hend, d.h. bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist fort­zu­set­zen. Außer­dem ist Vor­aus­set­zung für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung, dass im kon­kre­ten Ein­zel­fall das In­ter­es­se der kündi­gen­den Ver­trags­par­tei schwe­rer wiegt als das In­ter­es­se des Gekündig­ten an ei­ner Fort­set­zung.

Es muss al­so schon „ziem­lich di­cke“ kom­men, da­mit ein Ar­beits­verhält­nis außer­or­dent­lich gekündigt wer­den kann. Ei­ne sol­che Not­maßnah­me durch Unkünd­bar­keits­re­ge­lun­gen aus­zu­sch­ließen, ist recht­lich nicht möglich. Außer­or­dent­lich kündi­gen kann man da­her im­mer, vor­aus­ge­setzt natürlich, die Vor­aus­set­zun­gen von § 626 BGB lie­gen vor.

BEISPIEL: Ein Ar­beit­neh­mer ist 55 Jah­re alt und über 20 Jah­re beschäftigt und da­her nach ei­nem Ta­rif­ver­trag, der auf sein Ar­beits­verhält­nis an­wend­bar ist, unkünd­bar. Er stiehlt aus dem Wa­ren­la­ger des Ar­beit­ge­bers Sa­chen im Wert von 500,00 EUR. Dar­auf­hin zur Re­de ge­stellt ver­sucht er, leug­net er den Dieb­stahl, kann da­mit aber den Ar­beit­ge­ber nicht über­zeu­gen, da es Zeu­gen gibt. Da­her erklärt der Ar­beit­ge­ber ei­ne außer­or­dent­li­che und frist­lo­se Kündi­gung.

Ei­ne sol­che Kündi­gung ist rech­tens, trotz der be­ste­hen­den ta­rif­li­chen Unkünd­bar­keit. Sie wäre auch dann rech­tens, wenn im Ta­rif­ver­trag nicht nur die or­dent­li­che, son­dern auch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­ge­schlos­sen wäre, denn ein Aus­schluss der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ist recht­lich wir­kungs­los.

Schützt Unkünd­bar­keit ge­ne­rell vor be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen?

Dass unkünd­ba­re Ar­beit­neh­mer we­gen ei­ner Straf­tat oder we­gen ei­ner an­de­ren er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung außer­or­dent­lich und frist­los gekündigt wer­den können, ist ja noch ein­zu­se­hen. Vie­le unkünd­ba­re Ar­beit­neh­mer würden aber er­war­ten, dass sie vor al­len Kündi­gun­gen si­cher sind, die aus be­triebs­be­ding­ten Gründen aus­ge­spro­chen wer­den.

Das stimmt aber nicht, je­den­falls nicht in al­len Fällen. Denn auch ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung kann auf § 626 BGB gestützt wer­den und dem­ent­spre­chend als außer­or­dent­li­che (be­triebs­be­ding­te) Kündi­gung aus­ge­spro­chen wer­den.

BEISPIEL: Der Ar­beit­ge­ber schließt den Be­trieb und möch­te da­her al­le 120 im Be­trieb beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer ent­las­sen. Das ist recht­lich zulässig. Wenn es ei­nen Be­triebs­rat gibt, muss der Ar­beit­ge­ber zwar über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich ver­han­deln und der Be­triebs­rat kann ei­nen So­zi­al­plan ver­lan­gen. Aber ab­ge­se­hen da­von er­hal­ten in­fol­ge der Be­triebs­sch­ließung al­le 120 Ar­beit­neh­mer die be­triebs­be­ding­te Kündi­gung - auch die Unkünd­ba­ren. Dem Ar­beit­ge­ber ist es zwar recht­lich nicht möglich, die unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mer im We­ge ei­ner or­dent­li­chen be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung zu kündi­gen. Aber statt des­sen kann er un­ter Be­ru­fung auf § 626 BGB ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus be­triebs­be­ding­ten Gründen aus­spre­chen.

War­um ist bei außer­or­dent­li­chen be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen ei­ne Aus­lauf­frist zu gewähren?

Wenn der Ar­beit­ge­ber den ge­sam­ten Bei­spiel schließt und da­her auch den "unkünd­ba­ren" Mit­ar­bei­tern kündigt, nur eben außer­or­dent­lich, kann ei­ne sol­che außer­or­dent­li­che Kündi­gung nicht als frist­lo­se Kündi­gung aus­ge­spro­chen wer­den. Denn dann würden die außer­or­dent­lich gekündig­ten Ar­beit­neh­mer in­fol­ge ih­rer Unkünd­bar­keit schlech­ter be­han­delt wer­den als ih­re or­dent­lich künd­ba­ren Kol­le­gen, die frist­gemäße be­triebs­be­ding­te Kündi­gun­gen er­hal­ten.

Aber außer­or­dent­lich zu kündi­gen heißt nicht in je­dem Fall, auch frist­los zu kündi­gen. Die unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mer müssen da­her im obi­gen Bei­spiel da­mit rech­nen, ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung un­ter Gewährung ei­ner Aus­lauf­frist zu er­hal­ten. Die­se Aus­lauf­frist muss min­des­tens so lang sein, wie die re­guläre Kündi­gungs­frist, die der Ar­beit­ge­ber be­ach­ten müss­te, wenn er zur or­dent­li­chen Kündi­gung be­rech­tigt wäre.

Im Er­geb­nis wird durch die Möglich­keit, ei­ne außer­or­dent­li­che be­triebs­be­ding­te Kündi­gung un­ter Gewährung ei­ner Aus­lauf­frist aus­zu­spre­chen, der Wert ei­ner be­ste­hen­den Unkünd­bar­keit bei Be­triebs­sch­ließun­gen prak­tisch be­sei­tigt.

Wert­voll bleibt die Unkünd­bar­keit aber, wenn der Ar­beit­ge­ber nicht den ge­sam­ten Be­trieb schließen möch­te, son­dern nur ein­zel­ne Ab­tei­lun­gen. Dann wird er zwar mögli­cher­wei­se auch ver­su­chen, unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mern außer­or­dent­lich mit Aus­lauf­frist zu kündi­gen. Sol­che Kündi­gun­gen las­sen sich vor Ge­richt aber oft nicht hal­ten, d.h. be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer ha­ben hier gu­te Chan­cen, ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu ge­win­nen.

Schützt Unkünd­bar­keit ge­ne­rell vor krank­heits­be­ding­ten Kündi­gun­gen?

Unkünd­bar­keit schützt nicht vor ei­ner außer­or­dent­li­chen (frist­lo­sen) Kündi­gung, wenn der Ar­beit­neh­mer er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zun­gen be­gan­gen hat, und sie schützt auch nicht vor ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung (mit Aus­lauf­frist), wenn der Be­trieb ge­schlos­sen wird und es da­her für nie­man­den mehr Ar­beit gibt.

Aber schützt Unkünd­bar­keit we­nigs­tens vor al­len krank­heits­be­ding­ten Kündi­gun­gen? Oder kann der Ar­beit­ge­ber bei lan­ger oder dau­ern­der krank­heits­be­ding­ter Ar­beits­unfähig­keit und/oder bei häufi­gen Kurz­er­kran­kun­gen und/oder bei krank­heits­be­ding­ter Min­de­rung der Leis­tungsfähig­keit außer­or­dent­lich kündi­gen?

Da ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung nie aus­ge­schlos­sen wer­den kann und weil im Aus­gangs­punkt al­le mögli­chen Umstände als „wich­ti­ger Grund“ für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung in Be­tracht kom­men können, sind unkünd­ba­re Ar­beit­neh­mer vor ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung aus krank­heits­be­ding­ten Gründen nicht ab­so­lut si­cher. Aber vor Ge­richt kommt der Ar­beit­ge­ber mit ei­ner sol­chen Kündi­gung oft nicht durch.

War­um schützt Unkünd­bar­keit bes­ser vor Kündi­gun­gen we­gen lang an­dau­ern­der Krank­hei­ten als vor Kündi­gun­gen we­gen häufi­ger Kurz­er­kran­kun­gen?

Wenn ein unkünd­ba­rer Ar­beit­neh­mer während ei­ner sehr lan­gen Zeit, z.B. über meh­re­re Jah­re hin­weg, we­gen ei­ner Er­kran­kung nicht mehr ar­bei­ten kann und der Ar­beit­ge­ber we­gen die­ser lang an­dau­ern­den Er­kran­kung ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­spricht, wird er vor Ge­richt be­gründen müssen, war­um ihm die wei­te­re Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann.

Die­ser Nach­weis wird ihm nicht leicht fal­len, denn der Ar­beit­ge­ber muss ja nur für ma­xi­mal sechs Wo­chen Krank­heit Ent­gelt­fort­zah­lung leis­ten (§ 3 Abs.1 Satz 1 Ent­gelt­fort­zah­lung - EFZG), da­nach be­kommt der Ar­beit­neh­mer Kran­ken­geld von der Kran­ken­kas­se. Da­her ist der Ar­beit­ge­ber bei Dau­er­er­kran­kun­gen nach Ab­lauf der sechswöchi­gen Ent­gelt­fort­zah­lung nicht mehr mit (wei­te­ren) Lohn- bzw. Lohn­fort­zah­lungs­kos­ten be­las­tet.

Darüber hin­aus sind auch die Ur­laubs­ansprüche lang­fris­tig er­krank­ter Ar­beit­neh­mer im All­ge­mei­nen nur 15 Mo­na­te nach Ab­lauf des je­wei­li­gen Ka­len­der­jah­res ge­si­chert sind, d.h. auch ein end­lo­ses An­sam­meln von Ur­laubs­ansprüchen ist bei lan­ger Krank­heit aus­ge­schlos­sen.

Im Er­geb­nis ist ei­ne außer­or­dent­li­che krank­heits­be­ding­te Kündi­gung ei­nes unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mers we­gen ei­ner jah­re­lan­gen Dau­er­er­kran­kung vor Ge­richt meist nicht halt­bar.

Und auch ei­ne krank­heits­be­ding­te Min­de­rung der Leis­tungsfähig­keit ak­zep­tie­ren die Ge­rich­te meist nicht als aus­rei­chen­den ("wich­ti­gen") Grund für die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mers. Be­vor der Ar­beit­ge­ber aus ei­nem sol­chen Grund kündi­gen kann, muss er erst ein­mal sei­ne be­trieb­li­chen Abläufe so ändern, dass der ge­min­dert leis­tungsfähi­ge Ar­beit­neh­mer mit sei­nen „lei­dens­ge­rech­ten“ Ar­beits­auf­ga­ben zu­recht kommt. In die­sem Sin­ne hat z.B. das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) ent­schie­den (Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 25.01.2010, 16 Sa 389/09 - wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/152 Lei­dens­ge­rech­te Beschäfti­gung schließt außer­or­dent­li­che krank­heits­be­ding­te Kündi­gung aus).

An­ders als bei lang an­dau­ern­den Krank­hei­ten (und bei krank­heits­be­ding­ter Min­de­rung der Leis­tungsfähig­keit) ist es nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) aber bei häufi­gen Kurz­er­kran­kun­gen. Denn hier muss der Ar­beit­ge­ber im­mer wie­der Lohn­fort­zah­lung leis­ten. Bei häufi­gen Kurz­er­kran­kun­gen tritt ja im­mer wie­der ei­ne neue Er­kran­kung auf, so dass im­mer wie­der ein neu­er Sechs­wo­chen­zeit­raum be­ginnt, für den der Ar­beit­ge­ber Ent­gelt­fort­zah­lung leis­ten muss.

Da­her hat das BAG im Jah­re 2018 fol­gen­de Re­gel auf­ge­stellt: Ist der Ar­beit­ge­ber in­fol­ge häufi­ger Kurz­er­kran­kun­gen über ei­ne Be­ob­ach­tung­zeit von drei Jah­ren (vor Aus­spruch der Kündi­gung) mit Ent­gelt­fort­zah­lun­gen von mehr als ei­nem Drit­tel der jähr­li­chen Ar­beits­zeit bzw. von (= 52 Wo­chen : 3 =) 17,33 Wo­chen be­las­tet, d.h. bei ei­ner Fünf­ta­ge­wo­che mit mehr als 86,6 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ta­gen pro Jahr, kann er auch ei­nem ta­rif­lich unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mer außer­or­dent­lich aus krank­heits­be­ding­ten Gründen kündi­gen (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 18/211 Häufi­ge Kurz­er­kran­kun­gen als Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung).

Bei ei­ner sol­chen außer­or­dent­li­chen krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung muss der Ar­beit­ge­ber ei­ne Aus­lauf­frist gewähren, die der Kündi­gungs­frist ent­spricht, die er dem Ar­beit­neh­mer einräum­en müss­te, wenn er or­dent­lich künd­bar wäre.

Ähn­lich wie im Fal­le von ex­trem gehäuf­ten Kurz­er­kran­kun­gen ha­ben Ar­beit­ge­ber auch dann ei­ne Chan­ce, mit der außer­or­dent­li­chen krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung ei­nes unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mers vor Ge­richt durch­zu­kom­men, wenn endgültig aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass der Ar­beit­neh­mer je­mals wie­der in sei­nen Be­ruf zurück­kehrt, und wenn auch ei­ne lei­dens­ge­rech­te Beschäfti­gung aus­ge­schlos­sen wer­den kann.

BEISPIEL: Ein ta­rif­lich unkünd­ba­rer Gerüstbau­er ist auf­grund ei­nes Stur­zes quer­schnitts­gelähmt und kann da­her sei­nen Be­ruf vor­aus­sicht­lich nie mehr ausüben. Der Ar­beit­ge­ber hat in sei­nem klei­nen Be­trieb kei­ne Schon­ar­beitsplätze, und außer­dem wäre der Gerüstbau­er selbst dann, wenn es sol­che Schon­ar­beitsplätze gäbe, dafür nicht ge­eig­net. In ei­nem sol­chen Fall kommt aus­nahms­wei­se ein­mal ei­ne krank­heits­be­ding­te außer­or­dent­li­che Kündi­gung in Be­tracht.

Schützt Unkünd­bar­keit vor ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gun­gen?

Wie oben schon ge­sagt, schützen Unkünd­bar­keits­re­ge­lun­gen den Ar­beit­neh­mer nicht da­vor, auf­grund ei­ner er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung außer­or­dent­lich gekündigt zu wer­den. Sol­che Kündi­gun­gen wer­den in al­ler Re­gel frist­los aus­ge­spro­chen.

Da­ge­gen sind unkünd­ba­re Ar­beit­neh­mer da­vor si­cher, dass sie we­gen eher ge­ringfügi­ger Pflicht­verstöße ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung be­kom­men. Kündi­gun­gen we­gen klei­ner Ver­feh­lun­gen set­zen prak­tisch im­mer ei­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung vor­aus, so dass der ei­gent­li­che An­lass der Kündi­gung meist nicht sehr schwer­wie­gend ist.

BEISPIEL: Ein Ar­beit­neh­mer kommt manch­mal zu spät, so dass der Ar­beit­ge­ber ihm vor ei­nem hal­ben Jahr ei­ne Ab­mah­nung er­teilt hat. Trotz­dem ist er an ei­nem Mon­tag­mor­gen er­neut zwei St­un­den zu spät bei der Ar­beit er­schie­nen, weil er ver­schla­fen hat. Der Ar­beit­ge­ber hat ge­nug und möch­te ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung aus­spre­chen.

Ei­ne sol­che Kündi­gung wäre ge­genüber ei­nem or­dent­lich unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mer nicht rech­tens bzw. un­wirk­sam.

Das heißt al­ler­dings nicht, dass unkünd­ba­re Ar­beit­neh­mer das Recht zu fort­ge­setz­ten (leich­ten) Ver­trags­verstößen hätten. So kann z.B. ei­ne be­harr­li­che Ar­beits­ver­wei­ge­rung nach drei­fa­cher Ab­mah­nung auch ei­nen unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mer den Job kos­ten, denn dann kann der Ar­beit­ge­ber ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­spre­chen.

Da­zu hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) mehr­fach ent­schie­den, dass der Ar­beit­ge­ber sei­ne Chan­cen, mit ei­ner sol­chen Kündi­gung vor Ge­richt durch­zu­kom­men, da­durch ver­bes­sern kann, dass er dem außer­or­dent­lich gekündig­ten Ar­beit­neh­mer ei­ne Aus­lauf­frist gewährt (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 16/036 Aus­lauf­frist bei außer­or­dent­li­cher ver­hal­tens­be­ding­ter Kündi­gung und in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 17/055 Kündi­gung mit Aus­lauf­frist bei ta­rif­li­cher Unkünd­bar­keit). Die Aus­lauf­frist muss min­des­tens so lang sein wie die Kündi­gungs­frist, die der Ar­beit­ge­ber oh­ne die Unkünd­bar­keit be­ach­ten müss­te.

Der Ar­beit­ge­ber kann da­her die außer­or­dent­li­che frist­lo­se Kündi­gung ei­nes or­dent­lich unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mers, die er auf ver­hal­tens­be­ding­te Gründe stützt, mit ei­ner hilfs­wei­se aus­ge­spro­che­nen außer­or­dent­li­chen Kündi­gung kom­bi­nie­ren, die dem Ar­beit­neh­mer ei­ne Aus­lauf­frist gewährt.

Gel­ten Unkünd­bar­keits­re­ge­lun­gen auch dann, wenn sie das Prin­zip der So­zi­al­aus­wahl aus­he­beln?

Will der Ar­beit­ge­ber z.B. sei­ne Ver­kaufs­ab­tei­lung ver­klei­nern und sich künf­tig nur noch auf ein Pro­dukt kon­zen­trie­ren statt wie bis­her auf meh­re­re, dann kann sich die Not­wen­dig­keit er­ge­ben, 20 von 40 Ver­kaufs­mit­ar­bei­tern zu kündi­gen. Dann ist ei­ne or­dent­li­che be­triebs­be­ding­te Kündi­gung von 20 Ver­kaufs­mit­ar­bei­tern zulässig, doch muss der Ar­beit­ge­ber die Ar­beit­neh­mer, die es letzt­lich tref­fen soll, un­ter Be­ach­tung ih­rer so­zia­len Schutz­bedürf­tig­keit auswählen. Das Prin­zip der So­zi­al­aus­wahl be­sagt, dass der Ar­beit­ge­ber eher die­je­ni­gen kündi­gen muss, die noch nicht so lan­ge beschäftigt sind, die noch nicht so alt sind, die kei­ne Un­ter­halts­pflich­ten ha­ben und die nicht schwer­be­hin­dert sind (§ 1 Abs.3 KSchG).

Ei­ne ta­rif­li­che oder ar­beits­ver­trag­li­che Unkünd­bar­keit kann da­zu führen, dass die So­zi­al­aus­wahl verfälscht wird. Denn wenn z.B. ein kin­der­lo­ser drei­undfünf­zigjähri­ger Ar­beit­neh­mer mit 15jähri­ger Be­triebs­zu­gehörig­keit al­ters­be­dingt ta­rif­lich unkünd­bar ist, ist er vor ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gungs­wel­le von vorn­her­ein si­cher und wird da­her gar nicht erst in die So­zi­al­aus­wahl ein­be­zo­gen. Statt dass es ei­nen sol­chen Unkünd­ba­ren er­wischt, kann es ei­nen 51jähj­ri­gen Ar­beit­neh­mer mit 30jähri­ger Be­triebs­zu­gehörig­keit und zwei un­ter­halts­pflich­ti­gen Kin­dern tref­fen. Denn die­ser ist nicht unkünd­bar, ob­wohl er nach den Re­geln der So­zi­al­aus­wahl stärker vor ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung geschützt wer­den müss­te als der Unkünd­ba­re.

Sol­che Bei­spie­le zei­gen, dass Unkünd­bar­keits­re­ge­lun­gen das Prin­zip der So­zi­al­aus­wahl bei be­triebs­be­ding­ten Kündi­gungs­wel­len im Ein­zel­fall aus­he­beln können. Bei ei­nem sol­chen Wi­der­spruch zwi­schen So­zi­al­aus­wahl und Unkünd­bar­keit geht die Unkünd­bar­keit nach der Recht­spre­chung vor. Ei­ne Aus­nah­me ma­chen die Ge­rich­te nur dann, wenn die Unkünd­bar­keit ge­zielt („rechts­miss­bräuch­lich“) da­zu ein­ge­setzt wird, um den Kündi­gungs­schutz zu um­ge­hen.

BEISPIEL: Ein bun­des­weit täti­ges In­ge­nieurbüro beschäftigt 20 In­ge­nieu­re als Pro­jekt­lei­ter und muss sich we­gen Auf­trags­man­gels von ei­nem Geschäfts­be­reich tren­nen. Rech­ne­risch wer­den da­durch zehn In­ge­nieu­re überflüssig. Um die an­ste­hen­de Kündi­gungs­wel­le zu ei­ner „Ver­bes­se­rung“ der Per­so­nal­struk­tur zu nut­zen, trifft das In­ge­nieurbüro kurz vor Aus­spruch der Kündi­gun­gen mit zehn jünge­ren und eher ge­ring ver­die­nen­den In­ge­nieu­ren ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Zu­satz­ver­ein­ba­rung, der zu­fol­ge die­se zehn In­ge­nieu­re or­dent­lich nicht künd­bar sein sol­len.

In die­sem Bei­spiel hätte die ar­beits­ver­trag­li­che Unkünd­bar­keits­re­ge­lung nicht die Fol­ge, die So­zi­al­aus­wahl aus­zu­he­beln, d.h. die be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen der älte­ren In­ge­nieu­re wären wahr­schein­lich gemäß den Grundsätzen der So­zi­al­aus­wahl un­wirk­sam.

Ein sol­cher miss­bräuch­li­cher Ein­satz ar­beits­ver­trag­li­cher Unkünd­bar­keits­ver­ein­ba­run­gen ist aber auch des­halb nicht zu emp­feh­len, weil die hier im Bei­spiel mit den jünge­ren In­ge­nieu­ren ge­trof­fe­nen Unkünd­bar­keits­re­ge­lun­gen die­sen ge­genüber wirk­sam sind.

Wel­che Ar­beit­neh­mer sind kraft Ge­set­zes or­dent­lich unkünd­bar oder nur un­ter be­son­de­ren Vor­aus­set­zun­gen or­dent­lich künd­bar?

Wie oben erwähnt, schrei­ben vie­le ar­beits­recht­li­che Ge­set­ze vor, dass be­stimm­te Ar­beit­neh­mer

  • ge­ne­rell or­dent­lich unkünd­bar sind (und da­her nur aus wich­ti­gem Grun­de bzw. außer­or­dent­lich gekündigt wer­den können),
  • oder nur in Aus­nah­mefällen, d.h. un­ter be­son­de­ren Vor­aus­set­zun­gen ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung er­hal­ten können.

Die wich­tigs­ten die­ser Vor­schrif­ten zur ge­setz­li­chen Unkünd­bar­keit bzw. zum ge­setz­li­chen Son­derkündi­gungs­schutz be­tref­fen die fol­gen­den Beschäftig­ten­grup­pen und/oder be­trieb­li­chen bzw. persönli­chen Si­tua­tio­nen:

  • Aus­zu­bil­den­der: Das Aus­bil­dungs­verhält­nis be­ginnt im­mer mit ei­ner Pro­be­zeit, die je nach Ver­ein­ba­rung zwi­schen ei­nem Mo­nat (Min­dest­frist) und vier Mo­na­ten (Höchst­frist) beträgt. Nach Ab­lauf die­ser Pro­be­zeit kann das Aus­bil­dungs­verhält­nis vom Aus­bil­den­den gemäß § 22 Abs.2 Nr.1 Bu­rufs­bil­dungs­ge­setz (BBiG) nur noch aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, d.h. für den Aus­bil­den­den ist nach Ab­lauf der Pro­be­zeit die or­dent­li­che Kündi­gung aus­ge­schlos­sen.
  • Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses: Ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis kann nur or­dent­lich gekündigt wer­den, wenn die Möglich­keit ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung im Ar­beits­ver­trag aus­drück­lich ver­ein­bart ist oder sich aus ei­nem Ta­rif­ver­trag er­gibt, der auf das Ar­beits­verhält­nis an­wend­bar ist (§ 15 Abs. 3 Tz­B­fG). An­dern­falls ist die or­dent­li­che Kündi­gung bei be­fris­te­ten Verträgen bzw. bei Zeit­verträgen aus­ge­schlos­sen.
  • Be­triebs­rat: Im All­ge­mei­nen kann der Ar­beit­ge­ber ein Be­triebs­rats­mit­glied nur außer­or­dent­lich kündi­gen. Da­zu braucht er ers­tens ei­nen wich­ti­gen Grund gemäß § 626 BGB und zwei­tens die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung (§ 103 Be­trVG). Aus­nahms­wei­se können aber auch Be­triebs­rats­mit­glie­der or­dent­lich gekündigt wer­den, und das so­gar oh­ne vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats, und zwar im Fal­le der Still­le­gung des Be­triebs oder ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung (§ 15 Abs.4 und Abs.5 KSchG).
  • Be­triebsüber­gang: Wird ein Be­trieb oder Be­triebs­teil ver­kauft und geht da­her "durch Rechts­geschäft" auf ei­nen an­de­ren In­ha­ber über, so über­nimmt der Er­wer­ber gemäß § 613a Abs.1 BGB als neu­er Ar­beit­ge­ber al­le be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­se. Die­se ge­setz­li­che Rechts­fol­ge ist zwin­gend, d.h. sie kann nicht zu­las­ten der Ar­beit­neh­mer ver­trag­lich aus­ge­he­belt wer­den. Da­her ist auch ei­ne Kündi­gung durch den al­ten oder neu­en Ar­beit­ge­ber ge­setz­lich aus­ge­schlos­sen, wenn sie "we­gen" des Über­gangs ei­nes Be­triebs oder ei­nes Be­triebs­teils aus­ge­spro­chen wird (§ 613a Abs.4 BGB).
  • El­tern­zeit: Mütter und Väter von Klein­kin­dern können bis zum drit­ten Le­bens­jahr El­tern­zeit in An­spruch neh­men, d.h. vom Ar­beit­ge­ber ver­lan­gen, von der Ar­beit oh­ne Be­zah­lung frei­ge­stellt zu wer­den. Für die ers­ten zwölf, ma­xi­mal 14 Mo­na­te gibt es ei­ne staat­li­che Lohn­er­satz­leis­tung, das El­tern­geld. Die Kündi­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers während der El­tern­zeit ist gemäß § 18 Abs.1 Bun­des­el­tern­geld- und El­tern­zeit­ge­setz (BEEG) aus­ge­schlos­sen, d.h. ei­ne Kündi­gung ist nur in be­son­de­ren Fällen aus­nahms­wei­se möglich, wenn sie von der zuständi­gen Ar­beits­schutz­behörde vor­ab für zulässig erklärt wur­de. Die­ser Kündi­gungs­schutz gilt be­reits vor der ei­gent­li­chen El­tern­zeit, nämlich ab dem Zeit­punkt, ab dem Ar­beit­neh­mer El­tern­zeit ver­lan­gen, wo­bei die­ser Schutz al­ler­dings auf höchs­tens acht Wo­chen vor Be­ginn der El­tern­zeit be­grenzt ist.
  • Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te (Frau­en­be­auf­trag­te): Ei­ne Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te bzw. Frau­en­be­auf­trag­te ist ei­ne Beschäftig­te, die in ei­ner Behörde oder Ein­rich­tung oder ei­nem Be­trieb die Gleich­be­rech­ti­gung bzw. Gleich­stel­lung von Frau­en und Männern un­terstützen soll. Ih­re Rechts­stel­lung ist durch be­son­de­re Ge­set­ze des Bun­des und der Länder ab­ge­si­chert, im Be­reich der Bun­des­ver­wal­tung durch das Ge­setz zur Gleich­stel­lung von Frau­en und Männern in der Bun­des­ver­wal­tung und in den Ge­rich­ten des Bun­des (BGleiG). Gemäß § 28 Abs.4 BGleiG sind Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te vor Kündi­gun­gen eben­so wie ein Mit­glied der Per­so­nal­ver­tre­tung geschützt. Das be­deu­tet, dass ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung gemäß § 15 Abs.4 und Abs.5 KSchG nur bei Still­le­gung des Be­triebs oder ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung zulässig ist. Ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist zwar möglich, be­darf al­ler­dings der vor­he­ri­gen Zu­stim­mung des Per­so­nal­rats (§ 28 Abs.4 BGleiG in Verb. mit § 47 Abs.1 Bun­des­per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­setz - BPers­VG).
  • Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung (JAV): Mit­glie­der der JAV sind vor Kündi­gun­gen in der­sel­ben Wei­se geschützt wie Be­triebs­rats­mit­glie­der. Dies er­gibt sich aus § 15 Abs.1 Satz 1 KSchG (für die Pri­vat­wirt­schaft) und aus § 15 Abs.2 Satz 1 KSchG (für den öffent­li­chen Dienst). Dem­zu­fol­ge können JAV-Mit­glie­der or­dent­lich nur bei Still­le­gung des Be­triebs oder ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung gekündigt wer­den (§ 15 Abs.4 und Abs.5 KSchG). In al­len an­de­ren Fällen ist nur ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung möglich. Für ei­ne sol­che Kündi­gung braucht der Ar­beit­ge­ber ers­tens ei­nen wich­ti­gen Grund im Sin­ne von § 626 BGB und zwei­tens die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats gemäß § 103 Be­trVG (in der Pri­vat­wirt­schaft) bzw. die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Per­so­nal­rats gemäß § 62 Satz 2 BPers­VG in Verb. mit § 47 Abs.1 BPers­VG (im öffent­li­chen Dienst).
  • Mas­sen­ent­las­sung: In § 17 Abs.1 KSchG ist fest­ge­legt, ab wel­cher Größen­ord­nung ei­ne Kündi­gungs­wel­le als Mas­sen­ent­las­sung an­zu­se­hen ist. Im Fal­le ei­ner Mas­sen­ent­las­sung muss der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat recht­zei­tig vor Aus­spruch der Kündi­gun­gen kon­sul­tie­ren und er ist zu ei­ner Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge ver­pflich­tet. Verstößt er ge­gen die­se Rechts­pflich­ten, sind Kündi­gun­gen im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung nach der Recht­spre­chung un­wirk­sam.
  • Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung (MAV): In Be­trie­ben ei­nes kirch­li­chen Trägers gibt es statt ei­nes Be­triebs­rats ei­ne Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung (MAV). Die MAV wird in evan­ge­li­schen bzw. zur Dia­ko­nie gehören­den Ein­rich­tun­gen auf der Grund­la­ge des Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tungs­ge­set­zes (MVG) und in ka­tho­li­schen bzw. zur Ca­ri­tas gehören­den Ein­rich­tun­gen auf der Grund­la­ge der Mit­ar­beit­ver­tre­tungs­ord­nung (MA­VO) tätig. Mit­glie­der MAV sind ähn­lich wie Be­triebs­rats­mit­glie­der vor Kündi­gun­gen geschützt. Denn ih­nen kann im All­ge­mei­nen nur außer­or­dent­lich gekündigt wer­den (§ 21 Abs.2 MVG, § 19 MA­VO). Außer­dem müssen Ar­beit­ge­ber, die das MVG zu be­ach­ten ha­ben, die Zu­stim­mung der MAV zu der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ein­ho­len (§ 21 Abs.2 MVG).
  • Per­so­nal­rat: Wer Mit­glied ei­nes Per­so­nal­rats ist, ist vor Kündi­gun­gen in der­sel­ben Wei­se wie ein Be­triebs­rats­mit­glied geschützt. Ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung kann der Ar­beit­ge­ber gemäß § 15 Abs.4 und Abs.5 KSchG nur bei Still­le­gung des Be­triebs oder ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung aus­spre­chen, d.h. in al­len an­de­ren Fällen kann er nur außer­or­dent­lich kündi­gen. Ei­ne sol­che Kündi­gung ist nur bei Vor­lie­gen ei­nes wich­ti­gen Grun­des im Sin­ne von § 626 BGB zulässig und wei­ter­hin auch nur dann, wenn der Per­so­nal­rat der ge­plan­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung vor­her zu­ge­stimmt hat (§ 47 Abs.1 BPers­VG). Das Zu­stim­mungs­er­for­der­nis gilt auch zu­guns­ten der Per­so­nal­ver­tre­tun­gen, die in Dienst­stel­len der Länder be­ste­hen (§ 108 Abs.1 BPers­VG).
  • Pfle­ge­zeit: Ar­beit­neh­mer, die auf der Grund­la­ge des Pfle­gen­zeit­ge­set­zes (Pfle­geZG) ei­ne kurz­zei­ti­ge Ar­beits­ver­hin­de­rung bis zu zehn Ta­gen zur Un­terstützung ei­nes pfle­ge­bedürf­ti­gen An­gehöri­gen gel­tend ma­chen (§ 2 Pfle­geZG) oder ei­ne länge­re Pfle­ge­zeit in An­spruch neh­men, die bis zu sechs Mo­na­ten dau­ern kann (§ 3 Pfle­geZG), ge­nießen ei­nen be­son­de­ren Kündi­gungs­schutz. Denn der Ar­beit­ge­ber darf das Ar­beits­verhält­nis von der Ankündi­gung bis zur Be­en­di­gung der kurz­zei­ti­gen Ar­beits­ver­hin­de­rung so­wie von der Ankündi­gung bis zur Be­en­di­gung ei­ner Pfle­ge­zeit nicht kündi­gen. Das er­gibt sich aus § 5 Abs.1 Pfle­geZG. In be­son­de­ren Fällen kann ei­ne Kündi­gung von der zuständi­gen Behörde aus­nahms­wei­se für zulässig erklärt wer­den (§ 5 Abs.2 Pfle­geZG).
  • Schwan­ge­re: Gemäß § 17 Abs.1 MuSchG sind schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen vor je­der (or­dent­li­chen wie außer­or­dent­li­chen) Kündi­gung si­cher, vor­aus­ge­setzt, dem Ar­beit­ge­ber ist bei Aus­spruch der Kündi­gung die Schwan­ger­schaft be­kannt. War sie ihm nicht be­kannt, kann die Schwan­ge­re ihm ih­re Schwan­ger­schaft noch bis zu zwei Wo­chen nach Zu­gang der Kündi­gung mit­tei­len. Nur in sehr sel­te­nen Aus­nah­mefällen, prak­tisch bei ei­ner Be­triebs­sch­ließung oder bei sehr gro­ben Pflicht­verstößen, kann der die zuständi­ge Behörde ei­ne Kündi­gung für zulässig erklären.
  • Schwer­be­hin­der­te: Ar­beit­neh­mer mit ei­nem Grad der Be­hin­de­rung von 50 oder mehr sind schwer­be­hin­dert (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Will der Ar­beit­ge­ber ih­nen kündi­gen, braucht er dafür die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­amt (§ 168 SGB IX) und muss zu­vor die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung anhören (§ 178 Abs.2 Satz 3 SGB IX). Die­ser be­son­de­re Kündi­gungs­schutz gilt bei al­len Kündi­gun­gen, d.h. bei or­dent­lich und bei außer­or­dent­li­chen Kündi­gun­gen. Auch gleich­ge­stell­te Ar­beit­neh­mer sind in die­ser Wei­se geschützt, d.h. Ar­beit­neh­mer mit ei­nem Grad der Be­hin­de­rung von min­des­tens 30, bei de­nen die Ar­beits­agen­tur ent­schie­den hat, dass sie schwer­be­hin­der­ten gleich­ge­stellt sind (§ 2 Abs.3 SGB IX). Der be­son­de­re Kündi­gungs­schutz von schwer­be­hin­der­ten und gleich­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mern greift erst ab ei­ner Beschäfti­gungs­dau­er von mehr als sechs Mo­na­ten (§ 173 Abs.1 Nr.1 SGB IX).
  • Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung: Mit­glie­der der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung, d.h. die Ver­trau­ens­per­so­nen der schwer­be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mer des Be­triebs, ha­ben gemäß § 179 Abs.3 SGB IX den­sel­ben Kündi­gungs­schutz wie Be­triebs­rats­mit­glie­der. Sie können da­her or­dent­lich nur im Fal­le der Still­le­gung des Be­triebs oder ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung gekündigt wer­den (§ 15 Abs.4 und Abs.5 KSchG) und an­sons­ten nur außer­or­dent­lich. Da­zu braucht der Ar­beit­ge­ber ei­nen wich­ti­gen Grund im Sin­ne von § 626 BGB und die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung (§ 103 Be­trVG).
  • Spre­cher­aus­schuss: Die Mit­glie­der des Spre­cher­aus­schus­ses der lei­ten­den An­ge­stell­ten ge­nießen im Un­ter­schied zu Be­triebs­rats­mit­glie­dern kei­nen be­son­de­ren Kündi­gungs­schutz, wie ihn § 15 KSchG für Be­triebs­rats­mit­glie­der vor­sieht. Im­mer­hin dürfen Mit­glie­der des Spre­cher­aus­schus­ses gemäß § 2 Abs.3 Satz 2 Spre­cher­aus­schuss­ge­setz (SprAuG) we­gen ih­rer Tätig­keit nicht be­nach­tei­ligt wer­den. Ei­ne Kündi­gung, die der Ar­beit­ge­ber ei­nem Mit­glied des Spre­cher­aus­schus­ses we­gen sei­ner Tätig­keit im Spre­cher­aus­schuss er­teilt, ist da­her gemäß § 134 BGB un­wirk­sam, da sie ge­gen ein ge­setz­li­ches Ver­bot verstößt.
  • Wahl­be­wer­ber: Wer sich um das Amt ei­nes Be­triebs­rats oder Per­so­nal­rats be­wirbt, d.h. in ein sol­ches Gre­mi­um gewählt wer­den möch­te, ist als Wahl­be­wer­ber gemäß § 15 Abs.3 KSchG eben­so wie ein be­reits gewähl­tes Be­triebs­rats- bzw. Per­so­nal­rats­mit­glied vor Kündi­gun­gen geschützt. Die­ser Son­derkündi­gungs­schutz für Wahl­be­wer­ber be­ginnt mit der Auf­stel­lung des Wahl­vor­schlags und en­det mit der Be­kannt­ga­be des Wahl­er­geb­nis­ses. Während die­ser Zeit können Wahl­be­wer­ber or­dent­lich nur bei Still­le­gung des Be­triebs oder ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung gekündigt wer­den (§ 15 Abs.4 und Abs.5 KSchG) und an­sons­ten nur außer­or­dent­lich. Da­zu braucht der Ar­beit­ge­ber ei­nen wich­ti­gen Grund im Sin­ne von § 626 BGB und die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung (§ 103 Be­trVG). In den sechs Mo­na­ten nach Be­kannt­ga­be des Wahl­er­geb­nis­ses ist der (nicht gewähl­te) Wahl­be­wer­ber im­mer noch vor or­dent­li­chen Kündi­gun­gen weit­ge­hend si­cher bzw. kann (ab­ge­se­hen vom Fall der Be­triebs­sch­ließung oder der Sch­ließung ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung) nur außer­or­dent­lich aus wich­ti­gem Grun­de gekündigt wer­den, doch braucht der Ar­beit­ge­ber während die­ser sechs­mo­na­ti­gen "Abkühlungs­zeit" nicht mehr die Zu­stim­mung des Be­triebs- bzw. Per­so­nal­rats. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Be­triebs­rats­wahl - Be­triebs­größe und Wahl­ver­fah­ren.
  • Wahl­vor­stand: Der Wahl­vor­stand hat die Auf­ga­be, die Wahl des Be­triebs­rats bzw. Per­so­nal­rats zu or­ga­ni­sie­ren und ist gemäß § 15 Abs.3 KSchG eben­so wie ein Wahl­be­wer­ber vor Kündi­gun­gen geschützt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Be­triebs­rats­wahl - Wahl­vor­stand.
  • Wöch­ne­rin: Nicht nur schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen sind auf­grund von § 17 Abs.1 MuSchG vor Kündi­gun­gen si­cher, son­dern auch Wöch­ne­rin­nen, d.h. Frau­en kurz nach der Ge­burt. Die­ser Schutz en­det vier Mo­na­te nach der Ent­bin­dung. Wie bei der Schwan­ger­schaft ist Vor­aus­set­zung die­ses Kündi­gungs­schut­zes, dass dem Ar­beit­ge­ber bei Aus­spruch der Kündi­gung die Ent­bin­dung be­kannt war. In sel­te­nen Aus­nah­mefällen kann der die zuständi­ge Behörde die Kündi­gung ei­ner Wöch­ne­rin für zulässig erklären.

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Letzte Überarbeitung: 12. Oktober 2021

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie Fra­gen im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Un­künd­bar­keits­re­ge­lung ha­ben und/oder mit dem Ih­nen zu­ste­hen­den Kün­di­gungs­schutz, oder wenn Ih­nen ei­ne Kün­di­gung aus­ge­spro­chen wur­de und Sie da­her vor der Ent­schei­dung ste­hen, ob Sie ei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben soll­ten oder sich bes­ser auf ei­ne au­ßer­ge­richt­li­che (Ab­fin­dungs-)Lö­sung ein­las­sen, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Wir kön­nen Sie auch im Vor­feld ei­ner Kün­di­gung, et­wa im Rah­men der An­hö­rung des Be­triebs­rats, un­ter­stüt­zen. Je nach La­ge des Fal­les bzw. ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir ent­we­der nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder aber wir ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit Ih­rem Ar­beit­ge­ber bzw. mit den Ver­tre­tern der Ge­sell­schaf­ter. Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag / Ge­schäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trag
  • Ta­rif­ver­trag (falls an­wend­bar)
  • Ge­halts­nach­wei­se
  • An­hö­rung zu den ge­gen Sie er­ho­be­nen Vor­wür­fen (falls vor­han­den)
  • Kün­di­gungs­schrei­ben (falls vor­han­den)
  • An­ge­bot Ab­wick­lungs­ver­trag (falls vor­han­den)
  • An­ge­bot Auf­he­bungs­ver­trag (falls vor­han­den)

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
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