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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 15|2024

Update Arbeitsrecht 15|2024 vom 30.09.2024

Leitsatzreport

LAG Berlin-Brandenburg: Rückzahlung gewährter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.07.2024, 12 Sa 1266/23

§ 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)

Leitsätze des Gerichts:

1. Im Rechtsstreit über die Rückforderung vom Arbeitgeber gezahlter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall konkretisieren sich die Darlegungslasten zur Leistungskondiktion wie folgt:
Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss der Arbeitgeber durch von ihm darzulegende und ggf. zu beweisende Umstände in ihrem Beweiswert erschüttern.
Ansonsten widerlegt sie das behauptete Fehlen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.
Außerdem muss der Arbeitgeber konkreten Vortrag des Arbeitnehmers zu den Umständen der Erkrankung und einer daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit ggf. durch erfolgreiche Beweisführung widerlegen.

2. Erklärt sich der Arbeitnehmer nicht zu den konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit, so gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei nicht infolge Krankheit arbeitsunfähig gewesen, und damit die Rechtsgrundlosigkeit der Entgeltfortzahlung als zugestanden.

Hintergrund:

Ein seit November 2021 als Produktionsleiter beschäftigter Angestellter wurde am 26.10.2022 (Mittwoch) mündlich durch den Geschäftsführer seines Arbeitgebers gekündigt, woraufhin er sich am 27.10.2022 arbeitsunfähig krank meldete und seitdem nicht mehr bei der Arbeit erschien. Am folgenden 28.10.2022 erhielt der Angestellte dann die schriftliche Kündigung zum 30.11.2022. Während seiner Krankschreibung, im November 2022, nahm er als Spieler an einem Handballspiel teil und einige Tage später als Schiedsrichter. Der Arbeitgeber klagte auf Rückzahlung der gewährten Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Denn wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen mündlicher Kündigung und Krankmeldung, der „Passgenauigkeit“ der Krankschreibung bis zum Ende der Kündigungsfrist am 30.11.2022 und wegen der sportlichen Aktivitäten während der Krankschreibung sei der Beweiswert der vom Angestellten vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen über die (angebliche) Arbeitsunfähigkeit (AU) erschüttert, so der Arbeitgeber. Das Arbeitsgericht Cottbus ließ sich davon nicht überzeugen und entschied zugunsten des Angestellten (Urteil vom 16.11.2023, 1 Ca 1125/22). Dagegen gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg dem Arbeitgeber recht. Der Beweiswert der ärztlichen AU-Bescheinigung war erschüttert, so dass der Kläger im Prozess hätte vortragen müssen, welche tatsächlichen physischen oder psychischen Hintergründe vorgelegen haben, so dass er im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 EFZG infolge Krankheit an der Arbeitsleistung gehindert war. Dazu hatte er nichts gesagt.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.07.2024, 12 Sa 1266/23

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