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Kündigung wegen Betriebsschließung - Schließung einer Krankenkasse
26.11.2013. Wird ein Betrieb geschlossen, erhalten die Arbeitnehmer im Normalfall betriebsbedingte Kündigungen, und diese Kündigungen sind normalerweise rechtlich kaum angreifbar.
Auch ordentlich unkündbare Arbeitnehmer müssen dann mit einer Entlassung rechnen, nämlich in Form einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung (die natürlich nicht fristlos ausgesprochen werden darf).
Hoffnung besteht aus Arbeitnehmersicht aber dann, wenn der Arbeitgeber trotz der Betriebsstilllegung noch Möglichkeiten hat, die Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen oder sie bei einem anderen Arbeitgeber "unterzubringen".
Bei den Massenentlassungen der City BKK und der BKK Heilberufe war das der Fall, weshalb die Krankenkassen vor einigen Tagen beim Bundesarbeitsgericht (BAG) gescheitert sind: BAG, Urteile vom 21.11.2013, 2 AZR 474/12, 2 AZR 495/12, 2 AZR 598/12, 2 AZR 966/12.
- Wann sind Entlassungen wegen der Schließung einer Krankenkasse möglich?
- Der Streitfall: Massenentlassungen bei der City BKK und der BKK Heilberufe infolge der Schließung zum 30.06.2011
- BAG: Ohne zumutbares Beschäftigungsangebot beim Landesverband oder einer anderen Betriebskrankenkasse keine gesetzliche Beendigung
Wann sind Entlassungen wegen der Schließung einer Krankenkasse möglich?
Wenn ein Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fällt und daher Kündigungsschutz genießt, kann der Arbeitgeber auch unter Einhaltung der Kündigungsfristen nur kündigen, wenn er dafür einen vernünftigen Grund hat. Ist die weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers wegen einer Betriebsschließung oder wegen der ersatzlosen Streichung bisheriger Aufgabenbereiche dauerhaft unmöglich, ist eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung möglich.
Auch Arbeitnehmer, die aufgrund eines Tarifvertrags oder einer arbeitsvertraglichen Regelung ordentlich unkündbar sind, können in solchen Fällen gekündigt werden, allerdings nur im Wege einer außerordentlichen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen. Grundlage der Kündigung ist dann nicht § 1 KSchG, sondern § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dabei muss der Arbeitgeber eine Auslauffrist gewähren, die mindestens so lang ist wie die Kündigungsfrist, die er bei einer (aufgrund der Unkündbarkeit ausgeschlossenen) ordentlichen Kündigung des unkündbaren Arbeitnehmers beachten müsste.
Wird eine Krankenkasse von dem Bundesversicherungsamt wegen Überschuldung geschlossen, wie das bei der City BKK und der BKK Heilberufe Mitte 2011 geschehen ist, müssen die betroffenen Krankenkassen abgewickelt werden. Allerdings ist die "Schließung" der Krankenkasse durch die staatliche Aufsicht nicht gleichbedeutend mit einer Betriebsschließung im arbeitsrechtlichen Sinne, denn wenn noch Rest- und Abwicklungsarbeiten zu verrichten sind, braucht die "geschlossene" Krankenkasse dennoch vorübergehend weiterhin Arbeitnehmer.
Über die allgemeinen arbeitsrechtlichen Kündigungsmöglichkeiten hinaus sieht das Gesetz für den Fall der Schließung einer Krankenkasse eine Sonderregelung vor, der zufolge die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten "mit dem Tag der Auflösung oder Schließung" der Krankenkasse automatisch (kraft Gesetzes) enden, d.h. ohne dass es dazu eine Kündigung braucht (§ 164 Abs.4 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V).
Allerdings gilt diese Regelung nur für diejenigen Arbeitnehmer, die nicht bei dem Krankenkassen-Landesverband oder einer anderen Kasse "untergebracht werden" konnten, und darum muss sich die geschlossene Krankenkasse bemühen (§ 164 Abs.3 Satz 3 SGB V). Wird eine Betriebskrankenkasse geschlossen, gilt diese Unterbringungspflicht nur für ordentlich unkündbare Arbeitnehmer (§ 155 Abs.4 Satz 9 SGB V).
Vor diesem Hintergrund würde man erwarten, dass es den geschlossenen Krankenkassen möglich sein sollte, Arbeitsverhältnisse im Zuge ihrer Abwicklung zu beenden, denn rechtliche Möglichkeiten dazu gibt es ja genug. Wenn man sich dabei aber an die rechtlichen Spielregeln nicht hält, fällt man dabei auf die Nase, wie das Beispiel City BKK und BKK Heilberufe zeigt.
Der Streitfall: Massenentlassungen bei der City BKK und der BKK Heilberufe infolge der Schließung zum 30.06.2011
2004 entstand die City BKK aus einer Fusion der Betriebskrankenkassen BKK Berlin und BKK Hamburg. Zum 30.06.2011 wurde sie vom Bundesversicherungsamt wegen drohender Insolvenz geschlossen. Dasselbe Schicksal traf Ende 2011 die BKK-Heilberufe. 2011 beschäftigte die City BKK etwa 400 Arbeitnehmer und die BKK-Heilberufe 270 Arbeitnehmer.
Infolge der Schließung erhielten sämtliche 400 bzw. 270 Arbeitnehmer die Mitteilung, dass ihre Arbeitsverhältnisse zum Schließungszeitpunkt enden würden. Vorsorglich sprachen die City BKK und die BKK-Heilberufe den ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern außerordentliche Kündigungen mit Auslauffristen aus. Arbeitnehmer, die ordentlich kündbar waren, erhielten ordentliche Kündigungen zum Schließungszeitpunkt, hilfsweise zum Ablauf der regulären Kündigungsfristen.
Dagegen erhoben Hunderte von Arbeitnehmern vor den Arbeitsgerichten Klagen. Verklagt wurden die in Abwicklung befindlichen beiden Krankenkassen. Die Klage hatten vor den Arbeits- und Landesarbeitsgerichten (LAGs) überwiegend Erfolg.
So gab das LAG Berlin-Brandenburg einer ordentlich unkündbaren Arbeitnehmerin recht, die außerordentlich zum 30.06.2011, hilfsweise zu Ende 2011 gekündigt worden war und die außerdem eine Beendigungsmitteilung unter Verweis auf § 164 Abs.3 Satz 3 SGB V erhalten hatte (Urteil vom 12.04.2012, 5 Sa 2555/11).
In diesem Sinne entschied auch das LAG Hamburg in einem ähnlich gelagerten Fall über eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung und eine Beendigungsmitteilung (LAG Hamburg, Urteil vom 31.05.2012, 1 Sa 55/11).
Ebenfalls im Mai 2012 hatten Arbeitnehmer der City BKK vor dem LAG Baden-Württemberg Erfolg (Urteil vom 21.05.2012, 1 Sa 2/12). Hier ging es um eine ordentlich kündbare Arbeitnehmerin der City BKK, die gleichwohl eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung erhalten hatte, weil der Arbeitgeber von einer Unkündbarkeit ausging. Das LAG bewertete die Kündigung als unwirksam und interpretierte die gesetzlichen Auflösungsvorschriften (§ 164 Abs.3 Satz 3 SGB V, § 155 Abs.4 Satz 9 SGB V) in der Weise, dass sie nur auf Unkündbare Anwendung finden. Denn wenn sich die Pflicht zur Unterbringung nach dem Gesetz nur auf die Unkündbaren bezieht, dann sind auch nur die Unkündbaren "automatisch" zum Schließungszeitpunkt ihren Job los geworden, wenn die Unterbringung keinen Erfolg hat, so das LAG.
Ebenso wie das LAG Baden-Württemberg entschied auch das LAG Düsseldorf. Hier ging es um eine ordentliche und eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung, die eine ordentlich kündbare Angestellte der BKK Heilberufe erhalten hatte. Auch in ihrem Fall hatte der Arbeitgeber die Entlassung ergänzend mit § 164 Abs.3 Satz 3 SGB V bzw. § 155 Abs.4 Satz 9 SGB V gerechtfertigt (Urteil vom 07.09.2012, 6 Sa 138/12).
BAG: Ohne zumutbares Beschäftigungsangebot beim Landesverband oder einer anderen Betriebskrankenkasse keine gesetzliche Beendigung
Die allen o.g. vier Fällen gingen die Arbeitnehmer in Erfurt als Sieger vom Platz. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Ohne zumutbares Angebot einer weiteren Beschäftigung beim Landesverband der Betriebskrankenkassen oder bei einer anderen, zur Aufnahme gesetzlich verpflichteten Betriebskrankenkasse kann sich eine durch die Staatsaufsicht geschlossene Krankenkasse nicht auf die gesetzliche bzw. automatisch eintretende Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen. In den vorliegenden Streitfällen hatte die City BKK aber in dieser Hinsicht zu wenig getan.
Die ordentlich kündbaren Arbeitnehmer, so das BAG weiterhin, sind ohnehin nicht von den die gesetzlichen Auflösungsvorschriften (§ 164 Abs.3 Satz 3 SGB V, § 155 Abs.4 Satz 9 SGB V) betroffen, denn diese gelten von vornherein nur für die ordentlich unkündbaren Mitarbeiter der Krankenkassen.
Demzufolge hätten sich die verklagten beiden Krankenkassen nur per Kündigung von ihren Arbeitnehmern trennen können, d.h. durch ordentliche betriebsbedingte Kündigungen und/oder (gegenüber den Unkündbaren) durch außerordentliche betriebsbedingte Kündigungen. Dazu wäre es erforderlich gewesen, dass der Bedarf an der Arbeitsleistung der gekündigten Arbeitnehmer dauerhaft wegfällt. Das war hier aber nicht der Fall, denn es waren trotz der Schließung der Kassen weiterhin Abwicklungsarbeiten zu verrichten.
Fazit: So leicht werden Krankenkassen ihre Arbeitnehmer nicht los, auch wenn eine Kasse infolge einer Schließung durch die Aufsichtsbehörde nicht mehr operativ tätig werden kann und daher abgewickelt werden muss. Das gilt nicht nur für die sog. Dienstordnungsangestellten, die ohnehin einen beamtenähnlichen Status haben, sondern auch für "normale" Arbeitnehmer.
Im Fall der City BKK kommt noch hinzu, dass es für etwa 200 gekündigte Arbeitnehmer letztlich egal ist, ob sie wirksam gekündigt wurden oder nicht, da sie auf der Grundlage einer Wiedereinstellungszusage des Landes Berlin aus dem Jahre 2004 Wiedereinstellung durch das Land Berlin verlangen können (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 13/296 Anspruch auf Wiedereinstellung für Arbeitnehmer der City BKK).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 21.11.2013, 2 AZR 474/12, 2 AZR 495/12, 2 AZR 598/12, 2 AZR 966/12 (Pressemitteilung)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.11.2013, 2 AZR 495/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.11.2013, 2 AZR 598/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.11.2013, 2 AZR 966/12
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.05.2012, 1 Sa 2/12 (Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.04.2012, 5 Sa 2555/11
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.09.2012, 6 Sa 138/12
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 31.05.2012, 1 Sa 55/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsstilllegung, Betriebsschließung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsfristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Unkündbarkeit
- Handbuch Arbeitsrecht: Wiedereinstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/079 Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsschließung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/296 Anspruch auf Wiedereinstellung für Arbeitnehmer der City BKK
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 30. November 2020
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