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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 12|2024

Update Arbeitsrecht 12|2024 vom 12.06.2024

Leitsatzreport

LAG Berlin-Brandenburg: Kein anteiliger Urlaub während der Freistellungsphase eines Sabbaticals

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2024, 1 Sa 1108/23

§§ 1, 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG); Art.7 Richtlinie 2003/88/EG

Leitsätze des Gerichts:

1. Ein Sabbatical, also eine verblockte Teilzeit aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, führt nicht zu einer vergütungspflichtigen Mehrarbeit in der Ansparphase. Vielmehr vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitnehmer während der gesamten Laufzeit des Sabbaticals in Teilzeit arbeitet.
Während der aktiven Phase wird dabei ein Wert- bzw. Zeitguthaben aufgebaut durch Erhöhung der vereinbarten Teilzeit, während in der passiven Phase eine völlige Freistellung unter Weiterzahlung der vereinbarten (Teilzeit)Vergütung erfolgt.

2. Urlaubsrechtlich besteht für die Zeit der völligen Freistellung kein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Erholungsurlaub. Da der gesetzliche Urlaubsanspruch jahresbezogen zu ermitteln ist, ist bei einer geringeren völligen Freistellung als 12 Monate der Urlaubsanspruch für das betreffende Jahr nach der Formel Anzahl der Urlaubstage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht : 312 Werktage bzw. 260 Arbeitstage bei einer 5-Tage-Woche zu errechnen (im Anschluss an BAG 19.03.2019 - 9 AZR 315/17 - sowie BAG 3.12.2019 - 9 AZR 33/19 - und die Rechtsprechung des EuGH 8.11.2012 - C-229/11 - und C-230/11 - sowie zuletzt vom 25.11.2021 - C-233/20 - ).

Hintergrund:

Eine Angestellte des Landes Berlin verklagte ihren Arbeitgeber auf die Feststellung, dass ihr für 2022 weitere 14 Urlaubstage zur Verfügung stehen. Hintergrund des Streits war ein vereinbartes Sabbatical, das insgesamt von November 2019 bis September 2022 dauerte und nach einer Ansparphase von November 2019 bis April 2022 eine fünfmonatige Freistellungsphase vorsah. Während der gesamten knapp zweijährigen Dauer des Sabbaticals war eine Teilzeitquote von 65,26 Prozent einer Vollzeitbeschäftigung vereinbart und während der Ansparphase 76,14 Prozent. Die Angestellte meinte, dass ihr auch für die fünfmonatige Freistellungsphase von Mai bis September 2022 anteilige Urlaubsansprüche zustünden, die sie mit 14 Tagen berechnete und gerichtlich festgestellt sehen wollte. Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 19.09.2023, 58 Ca 1902/23) und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16.02.2024, 1 Sa 1108/23) wiesen die Klage ab. Dabei beriefen sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Denn das BAG hatte bereits 2019 entschieden, dass Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs regelmäßig mit „null“ Arbeitstagen zu berechnen sind, so dass ein Urlaubsanspruch für die Dauer eines unbezahlten Sonderurlaubs in der Regel nicht besteht (BAG, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 315/17, Rn.30).

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2024, 1 Sa 1108/23

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 315/17

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