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HANDBUCH ARBEITSRECHT

Kün­di­gung - Au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung

In­for­ma­tio­nen und Tipps zum The­ma Kün­di­gung - Au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Rechte Hand mit roter Karte

Le­sen Sie hier, was ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung ist, wann Sie als Ar­beit­ge­ber oder als Ar­beit­neh­mer zu ei­ner au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung be­rech­tigt sind und wel­che Fris­ten und For­ma­li­tä­ten Sie da­bei be­ach­ten müs­sen.

Im Ein­zel­nen fin­den Sie In­for­ma­tio­nen da­zu, was ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung von ei­ner frist­lo­sen Kün­di­gung un­ter­schei­det, un­ter wel­chen ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gun­gen im All­ge­mei­nen zu­läs­sig sind und in wel­chen Fäl­len ein sol­cher Schritt für Ar­beit­ge­ber und für Ar­beit­neh­mer in Be­tracht kommt.

Au­ßer­dem fin­den Sie Hin­wei­se da­zu, wann ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung im Ein­zel­fall ver­hält­nis­mä­ßig ist und wor­auf Sie als Ar­beit­neh­mer ach­ten soll­ten, wenn ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung er­hal­ten ha­ben.

von Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht

Was ist ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung?

Ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist ei­ne Kündi­gung, bei der die für ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung vor­ge­schrie­be­ne Kündi­gungs­frist nicht oder nicht vollständig ein­ge­hal­ten oder bei der ein Ar­beits­verhält­nis gekündigt wird, das ei­gent­lich (d.h. "or­dent­lich") gar nicht künd­bar ist.

Außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen sind da­her in vie­len Fällen, aber kei­nes­wegs im­mer zu­gleich auch frist­lo­se Kündi­gun­gen.

Ei­ne außer­or­dent­li­che, da­bei aber nicht frist­lo­se Kündi­gung liegt z.B. vor, wenn der Ar­beit­ge­ber aus be­trieb­li­chen Gründen ei­nen Mit­ar­bei­ter kündigt, der auf­grund ta­rif­li­cher oder ge­setz­li­cher Vor­schrif­ten unkünd­bar ist. Bei ei­ner sol­chen außer­or­dent­li­chen be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung ist die ("hy­po­the­ti­sche") Kündi­gungs­frist ein­zu­hal­ten, die der Ar­beit­ge­ber ein­hal­ten müss­te, wenn kei­ne Unkünd­bar­keit ge­ge­ben wäre. Man spricht in sol­chen Fällen von ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung mit Aus­lauf­frist.

Wer kann außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen aus­spre­chen?

Außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen können so­wohl vom Ar­beit­ge­ber als auch vom Ar­beit­neh­mer aus­ge­spro­chen wer­den.

In der Pra­xis wer­den außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen meis­tens vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­chen.

Ist für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung im­mer ein Pflicht­ver­s­toß des gekündig­ten Ver­trags­part­ners nötig?

Nein. Es können auch Ver­trags­part­ner außer­or­dent­lich gekündigt wer­den, die über­haupt nichts "aus­ge­fres­sen" ha­ben.

BEISPIEL: Ein Ar­beit­neh­mer ist auf­grund ta­rif­ver­trag­li­cher Vor­schrif­ten or­dent­lich unkünd­bar. Da der Be­trieb still­ge­legt und al­le Ar­beit­neh­mer ent­las­sen wer­den sol­len, kündigt der Ar­beit­ge­ber dem or­dent­lich unkünd­ba­ren Ar­beit­neh­mer außer­or­dent­lich aus be­triebs­be­ding­te Kündi­gung un­ter Gewährung ei­ner Aus­lauf­frist. Die Aus­lauf­frist ent­spricht der Kündi­gungs­frist, die der Ar­beit­ge­ber be­ach­ten müss­te, wenn der Ar­beit­neh­mer nicht unkünd­bar wäre und da­her or­dent­lich gekündigt wer­den könn­te.

Wie das Bei­spiel der Be­triebs­sch­ließung zeigt, set­zen außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen nicht un­be­dingt ei­nen Pflicht­ver­s­toß vor­aus, und sie müssen auch nicht in al­len Fällen frist­los aus­ge­spro­chen wer­den.

An­de­rer­seits sind aber frist­lo­se Kündi­gun­gen im­mer außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen, denn dem gekündig­ten Ver­trags­part­ner wer­den die Kündi­gungs­fris­ten ge­nom­men. Da­her sind außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen nur un­ter be­son­de­ren ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen zulässig.

Da­her gilt: Je­de frist­lo­se Kündi­gung ist zu­gleich auch ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung. Da­ge­gen ist nicht je­de außer­or­dent­li­che Kündi­gung zu­gleich auch ei­ne frist­lo­se Kündi­gung. Viel­mehr gibt es auch außer­or­dent­li­che "frist­gemäße" Kündi­gun­gen, d.h. außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen mit Aus­lauf­frist.

Wel­che ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen sind bei ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung zu be­ach­ten?

Wenn Sie als Ar­beit­ge­ber oder als Ar­beit­neh­mer das Ar­beits­verhält­nis außer­or­dent­lich kündi­gen möch­ten, brau­chen Sie dafür gemäß § 626 Abs.1 BGB (Bürger­li­ches Ge­setz­buch) ei­nen "wich­ti­gen Grund".

Ein wich­ti­ger Grund ist ein ganz be­son­ders schwer­wie­gen­der An­lass für ei­ne Kündi­gung, der dem kündi­gen­den Ver­trags­part­ner das Ab­war­ten der Kündi­gungs­frist un­zu­mut­bar macht. Bei ei­nem Zeit­ver­trag kommt es dar­auf an, ob man dem Kündi­gen­den zu­mu­ten kann, das Ar­beits­verhält­nis bis zum En­de der ver­ein­bar­ten Ver­trags­lauf­zeit auf­recht zu er­hal­ten.

Wer ein Ar­beits­verhält­nis aus ei­nem sol­chen ("wich­ti­gen") Grund be­en­den möch­te, würde er sich wi­dersprüchlich ver­hal­ten, wenn er die­sen Grund länge­re Zeit auf sich be­ru­hen läßt, um dann "ur­plötz­lich" ei­ne außer­or­dent­lich Kündi­gung zu erklären.

Das Ge­setz schreibt da­her vor, daß ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung nur in­ner­halb von zwei Wo­chen aus­ge­spro­chen wer­den kann, nach­dem der zur Kündi­gung Be­rech­tig­te den wich­ti­gen Grund er­fah­ren hat. § 626 BGB lau­tet:

"§ 626 Frist­lo­se Kündi­gung aus wich­ti­gem Grund
(1) Das Dienst­verhält­nis kann von je­dem Ver­trags­teil aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf Grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Dienst­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist oder bis zu der ver­ein­bar­ten Be­en­di­gung des Dienstsverhält­nis­ses nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann.
(2) Die Kündi­gung kann nur in­ner­halb von zwei Wo­chen er­fol­gen. Die Frist be­ginnt mit dem Zeit­punkt, in dem der Kündi­gungs­be­rech­tig­te von den für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen Kennt­nis er­langt. Der Kündi­gen­de muß dem an­de­ren Teil auf Ver­lan­gen den Kündi­gungs­grund un­verzüglich schrift­lich mit­tei­len."

Wann können Sie als Ar­beit­ge­ber außer­or­dent­lich aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen kündi­gen?

Nach der Recht­spre­chung können Sie als Ar­beit­ge­ber ei­nen Ar­beit­neh­mer aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen, d.h. we­gen ei­nes Pflicht­ver­s­toßes des Ar­beit­neh­mers, nur dann außer­or­dent­lich kündi­gen, wenn die fol­gen­den fünf Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen. Fehlt auch nur ei­ne die­ser Vor­aus­set­zun­gen, ist die Kündi­gung un­wirk­sam:

  1. Der gekündig­te Ar­beit­neh­mer muss in so gra­vie­ren­der Wei­se ge­gen sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­s­toßen ha­ben, dass dem Ar­beit­ge­ber das Ab­war­ten der Kündi­gungs­frist im all­ge­mei­nen nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann (gra­vie­ren­der Pflicht­ver­s­toß). An­dern­falls kommt nur ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung in Be­tracht.
  2. Der Pflicht­ver­s­toß des Ar­beit­neh­mers muß rechts­wid­rig sein, d.h. es darf kei­ne recht­fer­ti­gen­den Umstände ge­ben. Außer­dem muß der Pflicht­ver­s­toß schuld­haft, d.h. vorsätz­lich oder zu­min­dest fahrlässig be­gan­gen wor­den sein.
  3. Die Kündi­gung muß verhält­nismäßig sein, d.h. es darf kein mil­de­res Mit­tel ge­ben, um das Ar­beits­verhält­nis trotz des Pflicht­ver­s­toßes wei­ter fort­zu­set­zen, al­so für die Zu­kunft wie­der zu re­pa­rie­ren (ne­ga­ti­ve Pro­gno­se). Ein mil­de­res Mit­tel kann je nach La­ge der Din­ge ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung, ei­ne Ände­rungskündi­gung oder ei­ne Ab­mah­nung des Ar­beit­neh­mers sein. Manch­mal kommt auch ei­ne Ver­set­zung des Ar­beit­neh­mers auf ei­nen an­de­ren Ar­beits­platz als mil­de­res Mit­tel in Be­tracht.
  4. Bei der Abwägung der wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen, d.h. des In­ter­es­ses des Ar­beit­ge­bers an ei­ner so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses und des In­ter­es­ses des Ar­beit­neh­mers an der Ein­hal­tung der Kündi­gungs­fris­ten, muss das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an ei­ner so­for­ti­gen Be­en­di­gung über­wie­gen. Die­ser Schritt der recht­li­chen Prüfung wird "In­ter­es­sen­abwägung" ge­nannt. Sie muss zu­guns­ten des Ar­beit­ge­bers aus­ge­hen, da­mit die Kündi­gung rech­tens ist.
  5. Sch­ließlich muss der Ar­beit­ge­ber die Kündi­gung in­ner­halb der Zwei­wo­chen­frist des § 626 Abs.2 BGB erklären, d.h. in­ner­halb von zwei Wo­chen, nach­dem er von den für die Kündi­gung maßgeb­li­chen Umständen Kennt­nis er­langt hat.

Wann können Sie als Ar­beit­neh­mer außer­or­dent­lich kündi­gen?

Auch für Sie Ar­beit­neh­mer kann es Si­tua­tio­nen ge­ben, in de­nen ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen in Be­tracht kommt. Dann gel­ten die oben ge­nann­ten fünf Vor­aus­set­zun­gen für Sie als Ar­beit­neh­mer eben­falls.

Auch als Ar­beit­neh­mer können Sie da­her nicht "ein­fach so" frist­los kündi­gen, son­dern müssen sich vor­ab über­le­gen, ob Sie dem Ar­beit­ge­ber nicht erst ein­mal ei­ne Ab­mah­nung aus­spre­chen müss­ten.

BEISPIEL: Der Ar­beit­ge­ber ist mit drei Ge­halts­zah­lun­gen in Ver­zug, d.h. er schul­det dem Ar­beit­neh­mer mitt­ler­wei­le ein vol­les Quar­tals­ge­halt. Das wäre an sich ein "wich­ti­ger Grund" im Sin­ne von § 626 Abs.1 BGB für ei­ne außer­or­dent­li­che und frist­lo­se Kündi­gung durch den Ar­beit­neh­mer.

Würde der Ar­beit­neh­mer hier im Bei­spiel oh­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung ei­ne außer­or­dent­li­che frist­lo­se Kündi­gung aus­spre­chen, wäre die Kündi­gung un­verhält­nismäßig und da­her rechts­wid­rig, so dass der Ar­beit­neh­mer mit de Ein­stel­lung der Ar­beits­leis­tung ge­gen den Ar­beits­ver­trag ver­s­toßen würde.

Er­for­der­lich ist erst ein­mal ei­ne Ab­mah­nung we­gen des Ge­haltsrück­stan­des, und ei­ne in der Ab­mah­nung erklärte letz­te Frist, die of­fe­nen Gehälter zu zah­len. Erst wenn die Frist er­folg­los ver­stri­chen ist und die Ab­mah­nung da­her kei­ne Wir­kung ge­zeigt hat, ist der Weg zu ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung frei.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen hier­zu fin­den Sie un­ter den Stich­wor­ten Zah­lungs­ver­zug des Ar­beit­ge­bers, Mus­ter­schrei­ben: Ab­mah­nung we­gen Zah­lungs­ver­zugs und Mus­ter­schrei­ben: Frist­lo­se Kündi­gung durch den Ar­beit­neh­mer.

Wel­che Pflicht­verstöße sind im All­ge­mei­nen aus­rei­chend für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung?

Nach der Recht­spre­chung gibt es kei­ne ab­so­lu­ten Kündi­gungs­gründe, d.h. Pflicht­verstöße, die oh­ne wei­te­res ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung recht­fer­ti­gen. In den fol­gen­den Bei­spielsfällen kommt ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aber "im All­ge­mei­nen" in Be­tracht.

Als aus­rei­chend für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung durch den Ar­beit­ge­ber wur­den in der Recht­spre­chung an­ge­se­hen:

  • Dieb­stahl und Un­ter­schla­gung zu­las­ten des Ar­beit­ge­bers oder zu­las­ten von Kol­le­gen
  • (Schwe­re) Be­lei­di­gun­gen, (er­heb­li­che) Tätlich­kei­ten oder se­xu­el­le Belästi­gun­gen während der Ar­beit
  • Geschäftsschädi­gen­de Äußerun­gen, An­zei­ge des Ar­beit­ge­bers bei Behörden
  • An­nah­me von Schmier­gel­dern
  • An­dro­hung von Krank­heit
  • Grund­lo­se und "be­harr­li­che" Ar­beits­ver­wei­ge­rung
  • Selbst­be­ur­lau­bung

Als aus­rei­chend für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung durch den Ar­beit­neh­mer wur­den in der Recht­spre­chung an­ge­se­hen:

  • Wie­der­holt unpünkt­li­che Zah­lung der Vergütung
  • Be­harr­li­che Nicht-Abführung von So­zi­al­ab­ga­ben
  • Be­lei­di­gun­gen
  • Tätlich­kei­ten
  • Se­xu­el­le Belästi­gun­gen

Ausführ­li­che In­for­ma­tio­nen zu den mögli­chen Gründen für ei­ne frist­lo­se Kündi­gung fin­den Sie in un­se­rem Hand­buch Ar­beits­recht un­ter "Frist­lo­se Kündi­gung - Kündi­gungs­gründe".

Wann sind Pflicht­verstöße rechts­wid­rig und schuld­haft?

Wenn ein Ver­trags­part­ner ob­jek­tiv ei­nen der oben ge­nann­ten Pflicht­verstöße be­gan­gen hat, so wird ver­mu­tet, dass der Pflicht­ver­s­toß auch rechts­wid­rig und schuld­haft be­gan­gen wur­de. Das be­deu­tet, dass der be­tref­fen­de Ver­trags­part­ner dar­le­gen muss, dass es Recht­fer­ti­gungs­gründe gab oder dass ihn kein Ver­schul­den traf.

Ei­ne Ar­beits­ver­wei­ge­rung durch den Ar­beit­neh­mer ist bei­spiels­wei­se ge­recht­fer­tigt oder zu­min­dest ent­schul­digt, wenn sie auf­grund ei­nes ernst­haf­ten Ge­wis­sens­kon­flikts erklärt wur­de. Die Umstände, aus de­nen sich der Ge­wis­sens­kon­flikt er­gibt, sind aber vom Ar­beit­neh­mer dar­zu­le­gen.

Kann ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­nahms­wei­se auch oh­ne Ver­schul­den des Gekündig­ten wirk­sam sein?

Ja. Wie be­reits ge­sagt, kann ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung auch oh­ne Pflicht­ver­s­toß und oh­ne Ver­schul­den des Gekündig­ten zulässig sein, so z.B. dann, wenn der Be­trieb still­ge­legt wer­den soll und da­her al­le Ar­beit­neh­mer ent­las­sen wer­den sol­len.

Sind in dem Be­trieb unkünd­ba­re Ar­beit­neh­mer beschäftigt, kann ih­nen nur außer­or­dent­lich gekündigt wer­den. Hier liegt (selbst­verständ­lich) we­der ein Pflicht­ver­s­toß noch ein Ver­schul­den der gekündig­ten Ar­beit­neh­mer vor. Da­her muss der Ar­beit­ge­ber ei­ne Aus­lauf­frist gewähren, die der Kündi­gungs­frist ent­spricht, die gel­ten würde, wenn die be­tref­fen­den Ar­beit­neh­mer nicht unkünd­bar wären. Denn die or­dent­lich unkünd­ba­ren und da­her außer­or­dent­lich gekündig­ten Ar­beit­neh­mer sol­len nicht schlech­ter ste­hen als die Kol­le­gen, die or­dent­lich künd­bar sind und die da­her ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung aus be­triebs­be­ding­ten Gründen er­hal­ten.

Ein wei­te­res Bei­spiel für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung oh­ne Pflicht­ver­s­toß und oh­ne Ver­schul­den ist die außer­or­dent­li­che Ver­dachtskündi­gung: Hier be­steht der wich­ti­ge Grund für die Kündi­gung nicht in ei­nem Pflicht­ver­s­toß des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers, son­dern in der Tat­sa­che, dass sich ein sehr drin­gen­der ("er­drücken­der") Ver­dacht ei­nes er­heb­li­chen Pflicht­ver­s­toßes er­ge­ben hat, und dass die­ser Ver­dacht auch nach ei­ner (zwin­gend er­for­der­li­chen) Anhörung des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers wei­ter­hin be­steht.

In ei­nem sol­chen Fall kann der Ar­beit­ge­ber so­gar zum Aus­spruch ei­ner frist­lo­sen (Ver­dachts-)Kündi­gung be­rech­tigt sein, oh­ne dass der Ar­beit­neh­mer ei­nen vor Ge­richt be­weis­ba­ren Pflicht­ver­s­toß be­gan­gen hat. Denn die Ver­dachtskündi­gung ist ei­ne Kündi­gung aus per­so­nen­be­ding­ten Gründen. Für ei­nen Ver­dacht, der sich ge­gen ei­nen zu­sam­men­ge­braut hat, trägt man kein Ver­schul­den.

In den meis­ten Fällen spielt die­ser recht­li­che Un­ter­schied aber kei­ne Rol­le, denn Ar­beit­ge­ber spre­chen frist­lo­se Ver­dachtskündi­gun­gen zu­sam­men mit ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung we­gen des Pflicht­ver­s­toßes selbst aus ("Tatkündi­gung").

Wann ist ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung verhält­nismäßig?

Auch wenn ein rechts­wid­ri­ger und schuld­haf­ter Pflicht­ver­s­toß des gekündig­ten Ver­trags­part­ners vor­liegt, kann Kündi­gen­de nur dann ist ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­spre­chen, wenn die­se verhält­nismäßig ist. Sie muß das "letz­te Mit­tel" sein, d.h. es darf kein mil­de­res Mit­tel ge­ben, um die durch den Pflicht­ver­s­toß ent­stan­de­ne Störung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu be­sei­ti­gen.

Als mil­de­res Mit­tel ist in vie­len Fällen ei­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung denk­bar, so vor al­lem dann, wenn sich ver­schie­de­ne gleich­ar­ti­ge Pflicht­verstöße erst im Lau­fe der Zeit zu ei­nem wich­ti­gen Grund "auf­sum­mie­ren". Dann ist ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung nur zulässig, wenn der Ab­ge­mahn­te das be­an­stan­de­te Ver­hal­ten trotz vor­he­ri­ger Ab­mah­nung wie­der­holt.

In be­stimm­ten Fällen ist ei­ne Ab­mah­nung al­ler­dings kein taug­li­ches "mil­de­res Mit­tel", so vor al­lem bei Pflicht­verstößen im Ver­trau­ens­be­reich (Dieb­stahl, Spe­sen­be­trug etc.) oder et­wa dann, wenn ein Ar­beit­neh­mer wei­te­re gleich­ar­ti­ge Pflicht­verstöße "ankündigt". In sol­chen Fällen geht die Recht­spre­chung da­von aus, dass ei­ne Ab­mah­nung nicht zu ei­ner Ver­bes­se­rung des gestörten Ar­beits­verhält­nis­ses bei­tra­gen kann.

Auch ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung kann ein mil­de­res Mit­tel im Ver­gleich zu ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung sein. Auch sie be­en­det das Ar­beits­verhält­nis, doch lässt sie dem Gekündig­ten die Kündi­gungs­frist und be­las­tet ihn da­her nicht so sehr wie ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung. Wenn der Ar­beit­neh­mer zum Bei­spiel noch Ur­laubs­ansprüche hat, die ei­ne Be­ur­lau­bung für die Dau­er der Kündi­gungs­frist er­lau­ben, kann der Ar­beit­ge­ber ge­hal­ten sein, statt ei­ner außer­or­dent­li­chen ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung aus­zu­spre­chen.

Sch­ließlich be­steht ei­ne Al­ter­na­ti­ve zu ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers manch­mal in sei­ner Ver­set­zung an ei­nen an­de­ren Ar­beits­platz oder ei­ner Ände­rungskündi­gung.

BEISPIEL: Ein Ar­beit­neh­mer hat im Kon­takt mit Kun­den durch geschäftsschädi­gen­de Äußerun­gen ge­gen den Ar­beits­ver­trag ver­s­toßen. Es gibt ei­nen frei­en Ar­beits­platz oh­ne Kun­den­kon­takt, an dem de Ar­beit­neh­mer gemäß sei­nem Ar­beits­ver­trag ein­ge­setzt wer­den könn­te.

Hier könn­te der Ar­beit­ge­ber, an­statt ei­ne Kündi­gung aus­zu­spre­chen, den Ar­beit­neh­mer durch An­wei­sung auf den frei­en Ar­beits­platz um­set­zen, so dass die Ge­fahr künf­ti­ger ähn­li­cher Pflicht­verstöße be­sei­tigt wäre. Dies wäre ein mil­de­res Mit­tel.

Wann ist das In­ter­es­se an der so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­ran­gig?

Auch wenn die bis­he­ri­gen Prüfungs­punk­te für den Ver­trags­part­ner spre­chen, der sich durch ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom Ar­beits­verhält­nis lösen möch­te, ist ei­ne um­fas­sen­de Abwägung zwi­schen den In­ter­es­sen der bei­den Ver­trags­part­ner er­for­der­lich.

Da außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen in den meis­ten Fällen meis­tens vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­chen wer­den, ist ab­zuwägen zwi­schen

  • dem In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an ei­ner so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses, und
  • dem ent­ge­gen­ge­setz­ten In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an ei­ner Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses, zu­min­dest aber an der Ein­hal­tung der Kündi­gungs­fris­ten.

Wie die­se Abwägung aus­geht, hängt von den Umständen des Ein­zel­falls ab.

So kann es zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers spre­chen, wenn er be­reits sehr lan­ge oh­ne Be­an­stan­dun­gen beschäftigt war und/oder wenn die ne­ga­ti­ven Aus­wir­kun­gen, die sein Pflicht­ver­s­toß auf das Ar­beits­verhält­nis hat, nicht so gra­vie­rend sind. Außer­dem spielt auch die so­zia­le Si­tua­ti­on des Ar­beit­neh­mers ei­ne Rol­le, d.h. sein Le­bens­al­ter, sei­ne Un­ter­halts­ver­pflich­tun­gen so­wie sei­ne Chan­cen auf dem Ar­beits­markt.

Seit dem Grund­satz­ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) in dem Fall der Ber­li­ner Kas­sie­re­rin Bar­ba­ra ("Em­me­ly") Em­me ist an­er­kannt, dass bei Vermögens­de­lik­ten mit eher ge­rin­gen (Ba­ga­tell-)Schäden ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung bei lan­ger und störungs­frei­er Beschäfti­gung meis­tens un­verhält­nismäßig ist (BAG, Ur­teil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09, wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/136 Em­me­ly ar­bei­tet wie­der als Kas­sie­re­rin).

Wann ist die Zwei­wo­chen­frist ein­ge­hal­ten?

Gemäß § 626 Abs.2 Satz 1 BGB kann die Kündi­gung kann nur in­ner­halb von zwei Wo­chen erklärt wer­den. Die Frist be­ginnt, wenn die zum Aus­spruch der Kündi­gung be­rech­tig­te Per­son (Geschäftsführer, Per­so­nal­chef oder Be­triebs­lei­ter) von den Umständen er­fah­ren hat, die zur Kündi­gung be­rech­ti­gen.

Vor Ge­richt wird oft darüber ge­strit­ten, ob die zweiwöchi­ge Erklärungs­frist ein­ge­hal­ten wur­de. Da­zu hat die Recht­spre­chung u.a. Fol­gen­des ent­schie­den:

Bei nicht ent­schul­dig­tem Fern­blei­ben des Ar­beit­neh­mers oder bei Selbst­be­ur­lau­bung be­ginnt die Frist erst dann, wenn der Ar­beit­neh­mer wie­der bei der Ar­beit er­scheint.

Er­ge­ben wie­der­hol­te gleich­ar­ti­ge Pflicht­verstöße erst in ih­rer Ge­samt­heit ei­nen "wich­ti­gen Grund", be­ginnt die Frist erst dann, wenn der zur Kündi­gung Be­rech­tig­te den letz­ten Ver­s­toß er­fah­ren hat.

Ar­beit­ge­ber dürfen außer­dem vor Be­ginn der Zwei­wo­chen­frist den Sach­ver­halt aufklären, ins­be­son­de­re in­dem sie den Ar­beit­neh­mer zu den Umständen anhören, aus de­nen sich ein Ver­dacht ei­ner er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung er­gibt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter "Hand­buch Ar­beits­recht: Kündi­gung - Ver­dachtskündi­gung".

Bei straf­ba­ren Hand­lun­gen des Ar­beit­neh­mers können Ar­beit­ge­ber so­gar das En­de des Straf­ver­fah­rens ab­war­ten. Erst dann be­ginnt die Zwei­wo­chen­frist.

Sch­ließlich kann sich die Zwei­wo­chen­frist in Aus­nah­mefällen auch verlängern, wenn die Par­tei­en in zeit­lich fest be­grenz­ten Gesprächen nach Möglich­kei­ten su­chen, das Ar­beits­verhält­nis oh­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung zu be­en­den.

Muss der Kündi­gen­de den Kündi­gungs­grund in der Kündi­gung mit­tei­len?

Die Kündi­gungs­erklärung selbst muss kei­ne An­ga­be von Gründen ent­hal­ten, um recht­lich wirk­sam zu sein. Er­for­der­lich für die Wirk­sam­keit ist nicht die Mit­tei­lung, son­dern das ob­jek­ti­ve Vor­lie­gen ei­nes wich­ti­gen Grun­des zum Zeit­punkt der Kündi­gung.

Nach § 626 Abs.2 Satz 2 BGB ist die kündi­gen­de Ver­trags­par­tei - in der Re­gel der Ar­beit­ge­ber - aber ver­pflich­tet, der gekündig­ten Ver­trags­par­tei auf Ver­lan­gen den Kündi­gungs­grund un­verzüglich schrift­lich mit­zu­tei­len. Der Ver­s­toß ge­gen die­se Pflicht führt aber nicht da­zu, daß die Kündi­gung un­wirk­sam ist.

So oder so: Spätes­tens im Kündi­gungs­schutz­pro­zess muss der Ar­beit­ge­ber die von ihm an­ge­nom­me­nen Gründe für sei­ne Kündi­gung auch of­fen­le­gen, d.h. sich darüber aus­spre­chen, da er an­sons­ten den Pro­zess ver­liert.

Müssen Sie als Ar­beit­ge­ber den Ar­beit­neh­mer vor der Kündi­gung anhören?

Als Ar­beit­ge­ber können Sie rein recht­lich ei­nen Ar­beit­neh­mer we­gen er­heb­li­cher Pflicht­ver­let­zun­gen auch oh­ne vor­he­ri­ge Anhörung zu dem (an­geb­li­chen) Pflicht­ver­let­zun­gen außer­or­dent­lich kündi­gen. Zu ei­ner Anhörung sind Sie recht­lich nicht ver­pflich­tet. Von ei­nem sol­chen Vor­ge­hen ist aber meist drin­gend ab­zu­ra­ten, und zwar aus fol­gen­den Gründen:

In den meis­ten Fällen ei­ner außer­or­dent­li­chen ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung gibt es zwar (mehr oder we­ni­ger hand­fes­te) An­halts­punk­te für ei­nen schwe­ren Pflicht­ver­s­toß des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers, doch weiß man zum Zeit­punkt der Kündi­gung noch nicht, ob sich der Pflicht­ver­s­toß später vor Ge­richt auch hieb- und stich­fest be­wei­sen lässt.

Da­her soll­ten Ar­beit­ge­ber bei der Pla­nung ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen nicht nur ei­ne sog. (frist­lo­se) Tatkündi­gung, son­dern gleich­zei­tig auch ei­ne (frist­lo­se) Ver­dachtskündi­gung vor­be­rei­ten und aus­spre­chen.

Während bei der Ver­dachtskündi­gung der (gra­vie­ren­de) Ver­dacht als sol­cher der Kündi­gungs­grund ist, stützen sich Ar­beit­ge­ber bei der Tatkündi­gung auf die Pflicht­ver­let­zung selbst. Die­se ist aus ih­rer Sicht er­wie­sen, auch wenn man später vor Ge­richt mit der Be­weisführung viel­leicht kei­nen Er­folg ha­ben wird.

Nach der Recht­spre­chung setzt ei­ne Ver­dachtskündi­gung aber not­wen­dig vor­aus, dass

  • der er­heb­li­che bzw. "er­drücken­de" Ver­dacht
  • ei­nes er­heb­li­chen Pflicht­ver­s­toßes be­steht, und
  • dass der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer vor Aus­spruch der Kündi­gung zu den Ver­dachts­mo­men­ten an­gehört wur­de.

Da in sich in Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren über ei­ne außer­or­dent­li­che Ver­hal­tenskündi­gung oft her­aus­stellt, dass der Pflicht­ver­s­toß zwar sehr wahr­schein­lich ist, aber letzt­lich nicht mit Si­cher­heit zu be­wei­sen, hängt die Wirk­sam­keit der vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­che­nen außer­or­dent­li­chen Kündi­gung im Er­geb­nis oft da­von ab, dass der Ar­beit­ge­ber ne­ben der außer­or­dent­li­chen Tatkündi­gung auch ei­ne außer­or­dent­li­che Ver­dachtskündi­gung aus­ge­spro­chen hat, und de­ren Wirk­sam­keit wie­der­um setzt zwin­gend ei­ne vor­he­ri­ge Anhörung des Ar­beit­neh­mers vor­aus.

Im Er­geb­nis heißt das: Ei­ne vor­he­ri­ge Anhörung des Ar­beit­neh­mers ist bei ei­ner ge­plan­ten außer­or­dent­li­chen ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung zwar nicht zwin­gend recht­lich vor­ge­schrie­ben, noch ist Ar­beit­ge­bern drin­gend da­zu zu ra­ten, ei­ne sol­che Anhörung durch­zuführen.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen zu die­sen Fra­gen fin­den Sie un­ter dem Stich­wort "Hand­buch Ar­beits­recht: Kündi­gung - Ver­dachtskündi­gung".

Wann ist ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung auf je­den Fall un­wirk­sam?

Ar­beit­ge­ber können bei je­der Kündi­gung an be­stimm­ten "Stol­per­stei­nen" schei­tern, d.h. an zwin­gend vor­ge­schrie­be­nen Ver­fah­rens­re­geln.

Die­se Re­geln soll­ten Ar­beit­ge­ber vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ge­nau im Au­ge be­hal­ten (denn die Kündi­gung soll ja wirk­sam sein), während sie nach Aus­spruch der Kündi­gung für den gekündig­ten Ar­beit­neh­mer wich­tig sind (denn dar­aus kann sich die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung er­ge­ben).

So ist zum Bei­spiel ei­ne Kündi­gung ge­ne­rell un­wirk­sam, wenn in dem Be­trieb ein Be­triebs­rat be­steht und der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat vor Aus­spruch der Kündi­gung nicht (oder nicht ord­nungs­gemäß) an­gehört hat, wo­zu er gemäß § 102 Abs.1 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) ver­pflich­tet ist. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter: Hand­buch Ar­beits­recht: Anhörung des Be­triebs­rats.

Un­wirk­sam ist oft auch die Kündi­gung be­stimm­ter Ar­beit­neh­mer­grup­pen (Mit­glie­der des Be­triebs­rats, schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen, schwer­be­hin­der­te Men­schen), wenn der Ar­beit­ge­ber die spe­zi­el­len Ver­fah­rens­vor­schrif­ten nicht be­ach­tet hat, die zu­guns­ten die­ser Beschäftig­ten­grup­pen gel­ten.

So muss vor Aus­spruch der Kündi­gung ei­nes schwer­be­hin­der­ten oder gleich­ge­stell­ten Men­schen nicht nur der Be­triebs­rat an­gehört wer­den (gemäß § 102 Be­trVG), son­dern gemäß § 178 Abs.2 Satz 1 und 3 Neun­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB IX) auch die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung, und außer­dem muss In­te­gra­ti­ons­amt vor­ab sei­ne Zu­stim­mung zu der Kündi­gung er­tei­len (§ 168 SGB IX).

An­ders, aber ähn­lich kom­pli­ziert sind die Vor­aus­set­zun­gen für die Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds. Denn Be­triebsräte können (ab­ge­se­hen von ei­ner Be­triebs­sch­ließung oder Ab­tei­lungs­sch­ließung) nur außer­or­dent­lich gekündigt wer­den (§ 15 Abs.1 KSchG), und außer­dem muss der Be­triebs­rat - als Gre­mi­um - der ge­plan­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung vor­ab zu­stim­men (§ 103 Be­trVG). Macht der Be­triebs­rat das nicht, muss der Ar­beit­ge­ber die ge­richt­li­che Er­set­zung der Zu­stim­mung er­strei­ten. Im Er­geb­nis ist da­her die Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds nicht nur von der Ein­hal­tung ei­nes kom­pli­zier­ten Ver­fah­rens abhängig, son­dern or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te oder per­so­nen­be­ding­te Kündi­gun­gen sind ge­ne­rell aus­ge­schlos­sen, d.h. möglich sind nur außer­or­dent­li­che Kündi­gun­gen.

Sch­ließlich brau­chen Ar­beit­ge­ber für die Kündi­gung ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung der obers­ten Lan­des­behörde für den Ar­beits­schutz, d.h. es gilt ein ähn­li­ches Ver­fah­ren wie bei der Kündi­gung ei­nes Schwer­be­hin­der­ten, nur dass für Schwan­ge­re ei­ne an­de­re Behörde zuständig ist (§ 17 Mut­ter­schutz­ge­setz - MuSchG).

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie zu den Ar­beit­neh­mer­grup­pen, die in be­son­de­rer Wei­se vor Kündi­gun­gen geschützt sind, fin­den Sie un­ter den Stich­wor­ten "Unkünd­bar­keit", "Schwer­be­hin­de­rung, schwer­be­hin­der­ter Mensch", "Hand­buch Ar­beits­recht: Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung", "Be­triebs­rat - Kündi­gungs­schutz" und "Mut­ter­schutz".

Was tun bei Er­halt ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung?

Wenn Sie als Ar­beit­neh­me­rin oder Ar­beit­neh­mer ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung er­hal­ten ha­ben, stellt sich die Fra­ge, ob bzw. wie Sie da­ge­gen vor­ge­hen wol­len, d.h. ob Sie Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben wol­len oder nicht.

Die­se Fra­ge muss spätes­tens in­ner­halb von drei Wo­chen nach Zu­gang der Kündi­gung geklärt sein. Wenn Sie die­se in §§ 4 Satz 1, 13 Abs.1 Satz 2 KSchG be­stimm­te Frist für die Er­he­bung der Kla­ge versäum­en, wird un­wi­der­leg­lich ver­mu­tet, dass es für die Kündi­gung ei­nen wich­ti­gen Grund gab und dass der Ar­beit­ge­ber die Zwei­wo­chen­frist des § 626 Abs.2 BGB ein­ge­hal­ten hat (§ 7 KSchG).

Die­se kur­ze Frist gilt nach auch für Ar­beit­neh­mer, die kei­nen all­ge­mei­nen Kündi­gungs­schutz nach dem KSchG ge­nießen, d.h. bei ei­ner Kündi­gung in der War­te­zeit (= während der ers­ten sechs Mo­na­te des Ar­beits­verhält­nis­ses) und/oder in ei­nem Klein­be­trieb (= Be­trieb mit zehn oder we­ni­ger Ar­beit­neh­mern).

Es ist da­her ex­trem wich­tig, dass Sie die ge­setz­li­che Drei­wo­chen­frist für die Er­he­bung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge be­ach­ten.

Dies gilt nicht nur dann, wenn Sie mit ei­ner Kla­ge Ih­re wei­te­re Beschäfti­gung durch­set­zen wol­len. Die Ein­hal­tung der Frist ist ge­nau­so wich­tig, wenn Sie das Ziel ver­fol­gen, ei­ne gu­te Ab­fin­dung aus­zu­han­deln. Ist die Kla­ge­frist nämlich ein­mal versäumt, ist ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge prak­tisch aus­sichts­los. In ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on wird sich Ihr Ar­beit­ge­ber nor­ma­ler­wei­se auf kei­ne Ab­fin­dung mehr ein­las­sen.

Wenn Sie ei­ne Rechts­schutz­ver­si­che­rung ha­ben oder recht­li­che Ver­tre­tung durch Ih­re Ge­werk­schaft be­an­spru­chen können, ris­kie­ren Sie durch ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge in der Re­gel nichts. Auf der an­de­ren Sei­te er­hal­ten Sie in vie­len Fällen durch ei­ne Kla­ge die Chan­ce auf ei­ne Ab­fin­dung.

Ha­ben Sie kei­ne Möglich­keit ei­ner Kos­ten­er­stat­tung durch ei­ne Rechts­schutz­ver­si­che­rung oder durch die Ge­werk­schaft, ste­hen Sie vor der Ent­schei­dung, ent­we­der nichts zu un­ter­neh­men oder selbst zu kla­gen oder sich auf ei­ge­ne Kos­ten von ei­nem Rechts­an­walt ver­tre­ten zu las­sen. We­gen der Schwie­rig­kei­ten des Kündi­gungs­schutz­rechts soll­ten Sie sich zu­min­dest an­walt­lich über die Er­folgs­aus­sich­ten ei­ner Kla­ge be­ra­ten las­sen. Außer­dem be­steht in je nach Ih­rer fi­nan­zi­el­len La­ge die Möglich­keit, dass der Staat die Kos­ten für Ih­ren Rechts­an­walt im We­ge der Pro­zess­kos­ten­hil­fe über­nimmt.

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zum The­ma Kos­ten fin­den Sie un­ter in un­se­rem Rat­ge­ber Gebühren.

Droht Ih­nen ei­ne Sperr­zeit bei ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung?

Wenn Sie als Ar­beit­neh­me­rin oder Ar­beit­neh­mer ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung we­gen ei­nes an­geb­li­chen Pflicht­ver­s­toßes er­hal­ten ha­ben und die­se Kündi­gung auf sich be­ru­hen las­sen, wird die Agen­tur für Ar­beit in al­ler Re­gel ei­ne Sperr­zeit von zwölf Wo­chen verhängen, da Sie (je­den­falls aus Sicht der Ar­beits­ver­wal­tung) "durch ein ar­beits­ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten An­laß für die Lösung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses ge­ge­ben" und "da­durch vorsätz­lich oder grob fahrlässig die Ar­beits­lo­sig­keit her­bei­geführt", § 159 Abs.1 Satz 1 Nr.1 Drit­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB III).

In der dro­hen­den Sperr­zeit liegt ein wei­te­rer Grund, Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu er­he­ben, um den Ar­beit­ge­ber zu­min­dest zur Rück­nah­me der ge­gen Sie er­ho­be­nen Vorwürfe zu be­we­gen.

Wenn Sie da­her nach dem En­de der Beschäfti­gung auf den Be­zug von Ar­beits­lo­sen­geld an­ge­wie­sen sind, ist es für Sie prak­tisch im­mer von Vor­teil, ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung mit der Kündi­gungs­schutz­kla­ge an­zu­grei­fen. Auch dann nämlich, wenn Ih­re Chan­cen, den Pro­zeß zu ge­win­nen, eher ge­ring sind und an ei­ne Ab­fin­dung kaum zu den­ken ist, kann doch oft ein Ver­gleich aus­ge­han­delt wer­den, in dem zu­min­dest fest­ge­hal­ten wird, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht we­gen ei­nes Pflicht­ver­s­toßes des Ar­beit­neh­mers en­det, son­dern aus an­de­ren bzw. be­triebs­be­ding­ten Gründen.

War­um soll­ten Sie als Ar­beit­ge­ber die Nach­tei­le be­den­ken, die Ar­beit­neh­mern durch ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ent­ste­hen?

Durch ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen ver­lie­ren Ar­beit­neh­mer ihr Ge­halt während der Kündi­gungs­fris­ten, müssen mit ei­ner Sperr­zeit rech­nen und mit ei­nem kaum ver­wert­ba­ren Ar­beits­zeug­nis, das ein un­gewöhn­li­ches Be­en­di­gungs­da­tum enthält und da­her den Rück­schluss dar­auf zulässt, dass das Ar­beits­verhält­nis außer­or­dent­lich gekündigt wur­de.

Da­her liegt es für außer­or­dent­lich gekündig­te Ar­beit­neh­mer na­he, ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu er­he­ben. Das gilt vor al­lem, wenn das Ar­beits­verhält­nis schon lan­ge be­stan­den hat, denn dann ist der Ge­halts­ver­lust durch den Ver­lust der Kündi­gungs­fris­ten be­son­ders schwer­wie­gend. Ein wei­te­rer Grund für ei­ne Kla­ge kann die Aus­sicht auf ei­ne Ab­fin­dung sein.

Da­her müssen Ar­beit­ge­ber bei ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung mit ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge rech­nen. Ein sol­cher Pro­zess ist mit dem Ri­si­ko ver­bun­den, den Lohn für die Zeit ab der Ent­las­sung nachträglich zah­len zu müssen. Aber auch ab­ge­se­hen da­von sind sol­che Ver­fah­ren für bei­de Par­tei­en be­las­tend.

Als Ar­beit­ge­ber soll­ten Sie da­her über ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag als Al­ter­na­ti­ve zu ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung nach­den­ken. Ein Auf­he­bungs­ver­trag schafft rasch Rechts­si­cher­heit, denn es ist nicht er­for­der­lich, dem Ar­beit­neh­mer ei­ne Be­denk­zeit oder ein Wi­der­rufs­recht ein­zuräum­en.

Ist der Ar­beit­neh­mer zu ei­nem Auf­he­bungs­ver­trag zur Ver­mei­dung ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung be­reit, kann es sinn­voll sein, ei­ne Kündi­gungs­frist für die Dau­er ei­ni­ger Wo­chen ein­zuräum­en, und den Ar­beit­neh­mer bis da­hin un­ter An­rech­nung von Ur­laubs­ansprüchen frei­zu­stel­len.

Ein­zel­hei­ten da­zu können Sie un­ter „Auf­he­bungs­ver­trag“ und „Mus­ter­ver­trag: Auf­he­bungs­ver­trag“ nach­le­sen.

Wo fin­den Sie mehr zum The­ma außer­or­dent­li­che Kündi­gung?

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen, die Sie im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma außer­or­dent­li­che Kündi­gung in­ter­es­sie­ren könn­ten, fin­den Sie hier:

Kom­men­ta­re un­se­res An­walts­teams zu ak­tu­el­len Fra­gen rund um das The­ma außer­or­dent­li­che Kündi­gung fin­den Sie hier:

Ar­beits­recht ak­tu­ell 2022

Ar­beits­recht ak­tu­ell 2021

Ar­beits­recht ak­tu­ell 2020

Ar­beits­recht ak­tu­ell 2019

Ar­beits­recht ak­tu­ell 2018

Ar­beits­recht ak­tu­ell 2017

Ar­beits­recht ak­tu­ell 2016

Ei­ne vollständi­ge Über­sicht un­se­rer Beiträge zum The­ma Außer­or­dent­li­che Kündi­gung fin­den Sie un­ter:
Ur­tei­le und Kom­men­ta­re: Außer­or­dent­li­che Kündi­gung

Letzte Überarbeitung: 9. September 2022

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie als Ar­beit­ge­ber ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung aus­spre­chen wol­len und Fra­gen zu den recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen und Ab­läu­fen ha­ben, oder wenn man Ih­nen als Ar­beit­neh­mer oder Ge­schäfts­füh­rer ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung in Aus­sicht ge­stellt oder aus­ge­spro­chen hat und Sie da­her rasch re­agie­ren müs­sen, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Wir un­ter­stüt­zen Sie auch bei der Aus­ar­bei­tung ei­nes Auf­he­bungs­ver­trags, mit dem ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung ver­mie­den oder güt­lich ge­re­gelt wer­den soll, an­ge­fan­gen von der Be­wer­tung ei­nes ers­ten Ver­trags­ent­wurfs bis hin zur un­ter­schrifts­rei­fen Aus­ar­bei­tung von um­fas­sen­den Aus­schei­dens­ver­ein­ba­run­gen. Ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen be­ra­ten wir Sie rein in­tern oder ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit der Ge­gen­sei­te.

Falls sich ei­ne güt­li­che au­ßer­ge­richt­li­che Ei­ni­gung über ei­ne au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung nicht er­rei­chen lässt, ver­tre­ten wir Sie deutsch­land­weit vor Ge­richt, ins­be­son­de­re im Rah­men von Kün­di­gungs­schutz­pro­zes­sen.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag (mit Er­gän­zun­gen / Än­de­run­gen, falls vor­han­den)
  • Ge­halts­nach­wei­se der letz­ten drei Mo­na­te
  • Kün­di­gungs­schrei­ben (falls be­reits vor­han­den)
  • An­ge­bot ei­nes Ab­wick­lungs­ver­trags oder Auf­he­bungs­ver­trags (falls be­reits vor­han­den)

Ei­ne Bit­te an Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer: Be­ach­ten Sie un­be­dingt die Drei­wo­chen­frist zur Er­he­bung ei­ner Kün­di­gungs­schutz­kla­ge, die mit Er­halt des Kün­di­gungs­schrei­bens be­ginnt, und neh­men Sie vor Ab­lauf die­ser Frist Kon­takt zu uns auf, wenn wir Sie recht­lich be­ra­ten sol­len.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Christoph Hildebrandt
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