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Kündigung wegen übler Nachrede per WhatsApp
05.07.2019. Beleidigende Äußerungen gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten sind immer wieder Anlass dafür, dass Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen.
Dies gilt auch dann, wenn die Ehrverletzung nicht in einer herabsetzenden Bewertung (z.B. „Penner“, „Versager“), sondern in einer unzutreffenden rufschädigenden Tatsachenbehauptung besteht (z.B. „Spesenbetrüger“, „Alkoholiker“).
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beleidigung oder rufschädigende Tatsachenbehauptung gegenüber dem Betroffenen oder aber in dessen Abwesenheit gegenüber Dritten geäußert wird.
Über einen solchen Fall der rufschädigenden Äußerung über einen Arbeitskollegen per WhatsApp hatte vor kurzem das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg zu entscheiden: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.2019, 17 Sa 52/18.
- Wie weit geht die Vertraulichkeit eines Gesprächs unter Kollegen?
- Der Streitfall: Arbeitnehmerin gibt per WhatsApp das Gerücht an eine Kollegin weiter, der im Betrieb beschäftigte Vater des Geschäftsführers sei ein verurteilter Vergewaltiger
- LAG Baden-Württemberg: Verbreitet eine Arbeitnehmerin per WhatsApp das Gerücht, ein Kollege sei wegen Vergewaltigung verurteilt worden, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen
Wie weit geht die Vertraulichkeit eines Gesprächs unter Kollegen?
Arbeitnehmer, die einen Kollegen, Vorgesetzten oder den Arbeitgeber beleidigen, müssen mit einer außerordentlichen und fristlos ausgesprochenen Kündigung rechnen, denn ein solches Fehlverhalten ist im Allgemeinen ein „wichtiger Grund“ im Sinne von § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Dies gilt nach der Rechtsprechung vor allem bei schwerwiegenden, insbesondere bei rassistischen bzw. fremdenfeindlichen Beleidigungen, oder auch dann, wenn der Betrieb des Arbeitgeber mit den Zuständen in einem KZ verglichen wird.
Bewegt sich eine Beleidigung dagegen „nur“ im Bereich von Fäkalinjurien und ähnlichen Formalbeleidigungen (z.B. „Arschloch“, „Fettsack“), die spontan bzw. unüberlegt geäußert werden, spricht dies bei der rechtlichen Bewertung des Vorfalls für den Arbeitnehmer. Entlastend ist es auch zu bewerten, wenn die Beleidigung in einem vertraulichen Gespräch unter Kollegen über einen nicht anwesenden Dritten (Arbeitgeber, Vorgesetzter, Kollege) geäußert wird (BAG, Urteil vom 17.02.2000, 2 AZR 927/98, Rn.23; BAG, Urteil vom 10.10.2002, 2 AZR 418/01, Rn.26).
In solchen Fällen kommen die Arbeitsgerichte oft zu dem Ergebnis, dass die vom Arbeitnehmer begangene Beleidigung bei einer umfassenden Abwägung aller Umstände des Einzelfalles letztlich nicht ausreicht für eine fristlose Kündigung. Dann muss sich der Arbeitgeber sagen lassen, dass die fristlose Kündigung unverhältnismäßig war, und dass als milderes Mittel auch eine ordentliche Kündigung oder auch eine Abmahnung ausreichend gewesen wären.
Fraglich ist, ob sich der Arbeitnehmer bei gravierenden Beleidigungen und/oder der Äußerung extrem rufschädigender Tatsachenbehauptungen noch auf die Vertraulichkeit der Äußerung berufen kann. Durch solche Äußerungen kann der Gesprächspartner in einen Gewissenskonflikt geraten und sich veranlasst sehen, außenstehende Dritte zu informieren.
Der Streitfall: Arbeitnehmerin gibt per WhatsApp das Gerücht an eine Kollegin weiter, der im Betrieb beschäftigte Vater des Geschäftsführers sei ein verurteilter Vergewaltiger
In dem vom LAG Baden-Württemberg entschiedenen Fall hatte eine erst wenige Tage beschäftigte Arbeitnehmerin einer dort bereits länger tätigen Kollegin, Frau S.D., per WhatsApp das (unzutreffende) Gerücht mitgeteilt, der im Betrieb als Arbeitnehmer beschäftigte Vater des Geschäftsführers sei wegen Vergewaltigung verurteilt worden. In der WhatsApp-Kommunikation hieß es dazu:
„Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber er [Herr R. S., Mitarbeiter der Beklagten und Vater des Geschäftsführers; Anm. des Gerichts] soll ein verurteilter Vergewaltiger sein, deswegen will ganz L. nichts mehr mit ihm zu tun haben.
S. [Frau S. D.; Anmerkung des Gerichts], ich werde jetzt ALLES unternehmen, dass wir BEIDE dort rauskommen.
...
Jetzt bin ich geschockt. Ich wusste das er viel scheisse gebaut hat aber das ..
Ich habe auch die Augen aufgerissen. Habe erzählt, wo ich arbeite und die Leute erzählen mir sowas.
Ja gibt’s da irgendein Urteil oder so und wann soll das denn gewesen sein?
Keine Ahnung, das haben die Leute nicht dazu gesagt, aber ganz EHRLICH für so jemanden werde ich nicht arbeiten.
Und DU auch nicht.
Ich lasse mir etwas einfallen. Mäuschen.
So was ist schon eine krasse Behauptung
Das haben mir mehrere Leute unabhängig von einander erzählt.
Er soll früher wohl auch Betrug in der Versicherungsbranche durchgeführt haben. Das soll aber nie angezeigt worden sein.
Ich weiß es auch nicht, aber die Leute, die mir das erzählt haben, haben noch nie Mist erzählt. Bin auch schockiert gewesen, als ich das gehört habe. Hab sogar kurzzeitig überlegt, ihn mit den Behauptungen zu konfrontieren.“
Die WhatsApp-Gesprächspartnerin, Frau S.D., offenbarte sich daraufhin dem Geschäftsführer, der die Arbeitnehmerin fristlos kündigte. Hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung erklärte er eine ordentliche Kündigung, und zwar mit zweiwöchiger Frist, da die Parteien eine Probezeit vereinbart hatten (§ 622 Abs.3 BGB).
Die gekündigte Arbeitnehmerin erhob gegen die fristlose Kündigung Kündigungsschutzklage und hatte damit vor dem Arbeitsgericht Stuttgart Erfolg (Urteil vom 10.04.2018, 24 Ca 1481/18). Das Arbeitsgericht bewertete dabei die Vertraulichkeit der Kommunikation zugunsten der Klägerin, da sie nur mit einer Gesprächspartnerin per WhatsApp kommuniziert hatte, nicht aber im Gruppen-Chat.
LAG Baden-Württemberg: Verbreitet eine Arbeitnehmerin per WhatsApp das Gerücht, ein Kollege sei wegen Vergewaltigung verurteilt worden, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen
Das LAG hob das Urteil des Arbeitsgericht Stuttgart auf und wies die Klage ab. Zur Begründung heißt es in dem Urteil:
Die Klägerin hatte eine sehr schwerwiegende sog. üble Nachrede begangen, d.h. sie hatte unrichtige und (extrem) rufschädigende Tatsachenbehauptungen über den Vater des Geschäftsführers verbreitet. Dabei verwies das Gericht darauf, dass das hier gestreute Gerücht einer (Verurteilung wegen) Vergewaltigung immerhin ein erhebliches, mit einer Mindestfreiheitsstrafe von zwei Jahren bedrohtes Verbrechen betraf (Urteil, Rn.57).
Aufgrund der kurzen Beschäftigungsdauer sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin außerdem - als weiteres Gerücht - behauptet hatte, der Vater des Geschäftsführers habe schon einmal einen Versicherungsbetrug begangen, bewertete LAG die fristlose Kündigung als wirksam.
Zu der (möglichen) Vertraulichkeit der WhatsApp-Kommunikation äußert sich das LAG nicht, obwohl es dazu aufgrund der oben erwähnten BAG-Rechtsprechung Anlass gehabt hätte. Im Ergebnis liegt hier aber kein Widerspruch zum BAG vor, und zwar aus folgendem Grund:
Wer gegenüber einem Kollegen im „vertraulichen Gespräch“ das (unwahre) Gerücht weitergibt, ein anderer Betriebsangehöriger sei wegen eines Verbrechens (!) verurteilt worden, bringt seinen Gesprächspartner in einen Gewissenskonflikt. Denn der mit einer solchen Information konfrontierte Gesprächspartner wird sich nicht mehr in der Lage sehen, die Vertraulichkeit des Gespräches zu wahren, sondern er wird vielmehr in Betracht ziehen (müssen), den Gesprächsinhalt Dritten zu offenbaren, um dadurch die Berechtigung der Anschuldigungen aufzuklären. Unter solchen Umständen kann sich der Arbeitnehmer nicht (mehr) auf die Vertraulichkeit des Gesprächs berufen (vgl. BAG, Urteil vom 10.12.2009, 2 AZR 534/08, Rn.26; BAG, Urteil vom 10.10.2002,2 AZR 418/01, Rn.27).
Fazit: Wer eine gravierende üble Nachrede begeht, d.h. (sehr) rufschädigende unwahre Tatsachenbehauptungen über Arbeitskollegen, Vorgesetzte oder Kunden verbreitet, muss auch dann mit einer fristlosen Kündigung rechnen, wenn er diese (strafbaren) Äußerungen in einem (vermeintlich) vertraulichen Gespräch vorbringt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.2019, 17 Sa 52/18
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Datenschutz im Arbeitsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung - Kündigungsgründe
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
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- Handbuch Arbeitsrecht: Probezeit
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Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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