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Skandalpresse und Schmähungen als Kündigungsgrund
Das gleiche Risiko geht allerdings auch ein, wer zu weniger öffentlichen Mitteln greift: Auch die falsche Wortwahl kann als Beleidigung oder "Schmähkritik" eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
Zwar ist "im Kampf ums Recht" viel erlaubt, doch die Grenzen zu verbotenem und damit kündigungsrelevanten Verhalten sind fließend. Ein Fall des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Niedersachsen zeigt sehr schön, wie schnell die Wahrnehmung berechtigter Interessen in inakzeptable Entgleisungen umschlagen kann: LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.03.2010, 10 Sa 676/09.
- Meinungsfreiheit (fast) ohne Grenzen
- Der Fall: pressefreudiger Arbeitnehmer gegen "verabscheuungswürdiger" Arbeitgeber
- LAG Niedersachsen: Der Arbeitnehmer ist zu weit gegangen, aber ...
Meinungsfreiheit (fast) ohne Grenzen
Die Meinungsfreiheit, also das das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Abs.1 Grundgesetz - GG) ist ein wichtiger verfassungsrechtlicher Grundsatz, der insbesondere bei Streitigkeiten und Diskussionen immer wieder gern ins Feld geführt wird. Er erlaubt es, Missstände auch auf überspitzte, unsachliche oder sogar polemische Weise zu kritisieren. Aber auch hier gibt es Grenzen.
Wenn es nicht mehr um die Auseinandersetzung in der Sache geht, sondern nur noch die die Herabsetzung des Gegner im Vordergrund steht, dann ist die Äußerung eine Schmähkritik, die nicht mehr von Art.5 GG geschützt wird.
Bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber liegen nicht selten die Nerven blank und aggressive Worte werden gewechselt. Im späteren Rechtsstreit ist "im Kampf ums Recht" so manche drastische Äußerung unabhängig von der Frage erlaubt, ob gewisse Unsachlichkeiten tatsächlich noch einer Konfliktlösung dienen können.
Die genaue Grenze zwischen geschützter Meinungsäußerung und nicht geschützter Schmähkritik ist schwer zu ziehen. Grundsätzlich gilt, dass Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber zur Loyalität verpflichtet sind. Andererseits müssen sie auch nicht jedes Problem klaglos ertragen.
In diesem Zusammenhang entschied kürzlich das Niedersächsische Landesarbeitsgericht darüber, ob Methoden wie außergerichtliche Pressemitteilungen und gerichtliche Schmähkritik so weit gehen, dass sie eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (Urteil vom 12.03.2010, 10 Sa 676/09 und 10 Sa 675/09).
Der Fall: pressefreudiger Arbeitnehmer gegen "verabscheuungswürdiger" Arbeitgeber
Zwischen einem anwaltlich vertretenen, gewerblichen Arbeitnehmer und seiner Arbeitgeberin herrschten zunehmend eskalierende Meinungsverschiedenheiten, insbesondere über bestimmte Überwachungsmaßnahmen. Der Arbeitnehmer war hier der Auffassung, die Überwachung sei eine von mehreren Aktionen gewesen, ältere und teuere Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen und forderte unter anderem Schadensersatz.
Ohne Vorwarnung an seine Arbeitgeberin wandte sich der Anwalt des Arbeitnehmers an die Presse und erwähnte dabei insbesondere den seinerzeit geforderten, ungewöhnlich hohen Betrag von 500.000 EUR. Das Thema wurde vielfach aufgegriffen und in Veröffentlichungen erörtert.
Es kam zum Prozess, in dessen Verlauf der Anwalt weiter mit harten Bandagen kämpfte. In seinen Schriftsätzen finden sich Formulierungen wie "unmenschlich und verabscheuungswürdig" oder "menschlich zutiefst verwerflich und verachtenswert".
Die Arbeitgeberin fühlte sich an die Berichterstattung über Terroranschläge erinnert und erklärte wegen der Pressemitteilung und der prozessualen Äußerungen außerordentliche Kündigungen.
Es kam zum Kündigungsschutzprozess, den der klagende Arbeitnehmer in erster Instanz gewann. Die Beklagte legte Berufung vor dem LAG Niedersachsen ein.
LAG Niedersachsen: Der Arbeitnehmer ist zu weit gegangen, aber ...
Das LAG Niedersachsen bestätigte die Vorinstanz im Ergebnis. Die Kündigungen des Arbeitnehmers war damit unwirksam und er musste weiterbeschäftigt werden. Die Revision lies das Gericht nicht zu.
In seiner Begründung rügt es zunächst deutlich das außergerichtliche und gerichtliche Verhalten des Klägers. Beides sei an sich als Kündigungsgrund geeignet.
Hinsichtlich der Pressemitteilung weist das Gericht darauf hin, dass die Meinungsfreiheit zwar in der betrieblichen Arbeitswelt eine überragende Bedeutung hat. Verfassungsrechtlich geschützt ist aber auch die Unternehmerfreiheit des Arbeitgebers. Er hat daher ein geschütztes Interesse daran, nur mit Arbeitnehmern zusammenzuarbeiten, die seine Ziele fördern und ihn vor Schaden bewahren. Vor diesem Hintergrund sind Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber zur Loyalität verpflichtet und müssen sich bei der Schilderung von Missständen etwas zurückhalten. Dagegen habe, so das Gericht, der Kläger verstoßen, als er den Vorgang durch die hohe Entschädigungssumme öffentlich als besonders sensationell dargestellt hatte.
Ebenso war die Wortwahl des Beklagten im Prozess laut LAG Niedersachsen nicht mehr von seiner Meinungsfreiheit gedeckt. Auch das Gericht fühlte sich an die Berichterstattung über Terroranschläge erinnert und empfand die Wortwahl im vorliegenden Zusammenhang als "deutlich unangemessen und unangebracht". Zu solcher beleidigender Schmähkritik dürfe sich auch in einem spannungsgeladenen Arbeitsverhältnis niemand hinreißen lassen. Verschärft wurde die Verletzung der Loyalitätspflicht dadurch, dass sich der Arbeitnehmer nie von den Äußerungen seines Anwalts distanziert hat.
Trotz dieser deutlichen Pflichtverletzungen waren die Kündigungen unwirksam, denn es fehlte schlicht an einer Abmahnung. Nach Auffassung des Gerichts konnte auf diese hier nicht verzichtet werden. Es sei nicht erkennbar, dass der Kläger (nach einem entsprechenden "Warnschuss") künftig eine innerbetriebliche Klärung vergleichbarer Vorkommnisse ablehnen würde. Auch habe der Kläger nicht mit der Einschaltung der Presse gedroht und damit gezeigt, dass es nicht in erster Linie darum ging, unberechtigte Zahlungen zu erzwingen. Schließlich hielt das Gericht ihm auch zu Gute, dass die Wortwahl letztlich doch nicht von ihm selbst stammte.
Fazit: Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland von grundlegender Bedeutung, aber selbst sie gilt nicht schrankenlos. Arbeitgeber müssen daher damit leben, wenn Missstände in ihren Betrieben von Arbeitnehmern - auch öffentlich - angeprangert werden. Diese sollten dabei aber die Form waren. Zwischen engagierter und sensationsheischender oder ehrverletzender Berichterstattung liegt so manches Mal nur ein schmaler Grad. Auch wenn hier im Zweifelsfall eine Kündigung noch verhindert werden kann, besteht stets das Risiko, dass der Arbeitgeber mit Erfolg einen Auflösungsantrag stellt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 12.03.2010, 10 Sa 676/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/159 Kündigung wegen übler Nachrede per WhatsApp
- Arbeitsrecht aktuell: 17/134 Beleidigung des Arbeitgebers als Kündigungsgrund
- Arbeitsrecht aktuell: 16/274 Fristlose Kündigung wegen Beleidigung auf Facebook
- Arbeitsrecht aktuell: 11/175 Verpfeifen / Whistleblowing ohne Risiko einer Kündigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/154 Kündigung wegen Beleidigung nicht ohne Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/019 Behauptung "menschenverachtenden Umgangs" wird durch Meinungsfreiheit geschützt
Letzte Überarbeitung: 3. August 2019
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