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Ungewolltes Mithören eines Telefonats kann vor Gericht verwertet werden.
15.06.2009. Wer heimlich, d.h. ohne Kenntnis des Gesprächspartners am anderen Ende der Leitung, ein Telefonat mit anhört, ist im Allgemeinen kein brauchbarer Zeuge für den Inhalt des Telefongesprächs.
Denn in einem solchen Fall wird die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes und damit das Persönlichkeitsrecht des belauschten Gesprächspartners so massiv verletzt, dass der Rechtsbrecher hiervon keinen Vorteil haben soll, insbesondere nicht in Form eines Zeugen für den Inhalt des belauschten Gesprächs.
Vor kurzem hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) von diesen Grundsätzen eine Ausnahme gemacht und entschieden, dass der Inhalt eines von einem Zeugen heimlich mitgehörten Telefonats vor Gericht durch Vernehmung des Zeugen verwertet werden kann, falls das Mithören nicht zielgerichtet bzw. "zufällig" geschah: BAG, Urteil vom 23.04.2009, 6 AZR 189/08.
- Wer durch heimliches Belauschen eines Telefonats dessen Inhalt kennt, wird als Zeuge vor Gericht nicht gehört - aber auch dann, wenn das Belauschen "zufällig" geschah?
- Der Streitfall: Eine Leiharbeitnehmerin erleidet in der Wartezeit einen Wegeunfall und wird gekündigt - angeblich wegen der Krankmeldung
- BAG: Das der Kündigung vorausgegangene Telefonat ist durch Vernehmung des heimlichen Ohrenzeugen aufzuklären, da das Mithören "zufällig" geschah
Wer durch heimliches Belauschen eines Telefonats dessen Inhalt kennt, wird als Zeuge vor Gericht nicht gehört - aber auch dann, wenn das Belauschen "zufällig" geschah?
Ob man einen Prozess gewinnt, hängt oft nicht von der juristischen Bewertung des Geschehens, sondern vielmehr davon ab, ob man es beweisen kann. Daher gibt es für alle rechtlich relevanten Umstände Regeln darüber, welche Partei sie im Streitfall beweisen müsste.
So kann man z.B. gegen die Wirksamkeit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung einwenden, sie sei „sittenwidrig“ gemäß § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - etwa deshalb, weil der Arbeitgeber mit einer zuvor ausgesprochenen Kündigungsandrohung den krankgeschriebenen Arbeitnehmer zur Arbeitsaufnahme bewegen wollte und dann mit der Kündigung auf dessen Weigerung reagierte. Beweisen muss all das der Arbeitnehmer, der sich im Prozess auf die Sittenwidrigkeit der Kündigung beruft.
Für den Arbeitnehmer ist es solchen Fällen schwer zu beweisen, dass hinter der Kündigung die Absicht einer verbotenen Maßregelung stand (mit der Folge der Sittenwidrigkeit). Meistens erfährt der Arbeitnehmer von dem Kündigungsgrund, wenn überhaupt, in einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Arbeitgeber. Und wenn es doch einmal Zeugen für ein solches Gespräch geben sollte, stehen sie auf der Arbeitgeberseite und können sich vor Gericht möglicherweise an nichts Konkretes mehr erinnern.
Bessere Chancen, den Inhalt eines Gesprächs zu beweisen, hat die dafür beweispflichtige Partei, wenn das Gespräch telefonisch geführt und mitgehört wurde - und zwar auf Seiten der beweispflichtigen Partei. Hier steht die Rechtsprechung aber auf dem Standpunkt, dass das Mithören von Telefongesprächen ohne vorherige Information des Gesprächspartner hierüber das in Art. 1 und Art. 2 Grundgesetz (GG) geschützte Persönlichkeitsrecht des „abgehörten“ Gesprächspartners verletzt. Die Kenntnis eines heimlichen Ohrenzeugen über ein von ihm mitgehörtes Telefonat stellt daher eine unzulässig gewonnene Information dar und darf vom Gericht nicht verwendet werden (Beweisverwertungsverbot).
Fraglich ist, ob das auch gilt, wenn ein Zeuge ein Telefongespräch zufällig mithört. Mit dieser Frage befasst sich eine aktuelle Entscheidung des BAG (Urteil vom 23.04.2009, 6 AZR 189/08).
Der Streitfall: Eine Leiharbeitnehmerin erleidet in der Wartezeit einen Wegeunfall und wird gekündigt - angeblich wegen der Krankmeldung
Die Klägerin war als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Noch während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (Juli 2006) erlitt sie auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall und war deswegen krankgeschrieben. Das beklagte Leiharbeitnehmen rief die Klägerin daraufhin an. Der Inhalt des Telefonats war zwischen den Parteien streitig.
Wenige Tage nach dem Telefongespräch kündigte die Beklagte der Klägerin mit einer Frist von zwei Wochen. Da die Klägerin noch keine sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt war, konnte sie Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht in Anspruch nehmen. Dennoch erhob sie Kündigungsschutzklage und berief sich im Prozess auf die Sittenwidrigkeit der Kündigung.
Zur Begründung behauptete die Arbeitnehmerin, dass die Arbeitgeberin sie in dem streitigen Telefonat dazu aufgefordert hätte, trotz der Krankschreibung zur Arbeit zu kommen. Die Beklagte soll gesagt haben, dass sie die Krankschreibung nicht interessiere. Als die Arbeitnehmerin erklärte, sie bleibe zu Hause, soll die Beklagte ihr mit der Kündigung gedroht haben. Die Beklagte bestritt den Inhalt des Telefongesprächs.
Nach dem Vortrag der Arbeitnehmerin befand sich eine Freundin während des Telefonats neben ihr und hörte das gesamte Gespräch mit, weil das Handy auf maximale Lautstärke eingestellt war. Dies, so die Klägerin, hatte sie nicht bemerkt, weil ihr das Handy nicht vertraut war und sie außerdem über das Gespräch zu erregt gewesen war. Zum Beweis für den Inhalt des Telefonats beantragte die Klägerin, ihre Freundin, die das Telefongespräch mitgehört haben soll, als Zeugin zu vernehmen.
Sowohl das Arbeitsgericht Regensburg als auch das Landesarbeitsgericht (LAG) München (Urteil vom 24.01.2008, 3 Sa 800/07) hörten die Freundin der Klägerin nicht als Zeugin, da sie dies wegen des ohne Wissen der Beklagten mitgehörten Telefongesprächs für unzulässig hielten. Das LAG führt dazu aus, dass es gar nicht darauf ankommt, ob das Telefongespräch zufällig oder bewusst mitgehört wurde.
Denn eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Gesprächspartners liegt, so das LAG, immer dann vor, wenn der Gesprächspartner über das Mithören nicht informiert ist, egal aus welchem Grund mitgehört wurde. Deswegen konnte die Klägerin das Geschehen nicht beweisen und verlor in beiden Instanzen.
BAG: Das der Kündigung vorausgegangene Telefonat ist durch Vernehmung des heimlichen Ohrenzeugen aufzuklären, da das Mithören "zufällig" geschah
Das BAG entschied anders als die Vorinstanzen. Seiner Ansicht nach hätte die Freundin der Klägerin als Zeugin gehört werden müssen. Daher hob das BAG das Urteil des LAG auf und verwies den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung zurück.
Das BAG unterscheidet dabei zwischen einem zielgerichteten heimlichen Mithören, bei dem auch weiterhin ein Beweisverwertungsverbot gelten soll, und dem nur zufälligen Mithören eines Telefongesprächs. In diesem Fall darf, so das BAG, der zufällige Ohrenzeuge gehört werden.
Ob die Freundin das Telefonsgespräch allerdings tatsächlich nur zufällig mitgehört hat, ist eine Frage, die die Vorinstanzen aufklären müssen. Hier ist wiederum die Klägerin beweispflichtig.
Da die Urteilsgründe derzeit noch nicht vorliegen, sind die Einzelheiten der Auffassung des BAG derzeit noch nicht bekannt. Wahrscheinlich ist das BAG der Meinung, dass die Verletzung des Persönlichkeitsrechts, die in jedem heimlichen Mithören eines Telefonats liegt, bei einem nicht zielgerichteten Mithören weniger schwer wiegt, so dass einer Prozesspartei unter solchen Umständen ihr Beweismittel nicht genommen werden darf. Damit trägt das BAG der Beweisnot Rechnung, in der sich Arbeitnehmer in Fällen wie dem vorliegenden oft befinden.
Fazit: Was im Einzelfall richtig ist, kann trotzdem als allgemeine Regel falsch sein. Immerhin verleitet eine solche Rechtsprechung, wie sie hier vom BAG befürwortet wird, regelrecht zur Anwendung unlauterer Mittel, um Beweise zu gewinnen. Außerdem könnten sich unredliche Parteien künftig auf der Grundlage dieses Urteils auch bei einem zielgerichteten heimlichen Mithören damit herausreden, der Zeuge habe das heimlich mitgehörte Telefonat nur „aus Versehen“ mitbekommen.
Schließlich muss man bei der Bewertung solcher prozessualer Fragen auch bedenken, dass es auf beiden Seiten des Arbeitsverhältnisses Gewinner und Verlierer geben kann. So wurden in der Vergangenheit Fälle, in denen Arbeitnehmer in rechtlich unzulässiger Weise unter Umgehung des Betriebsrats ausspioniert worden waren, zugunsten des Arbeitgebers entschieden, weil dieser sein illegal erworbenes Wissen im Prozess gegen den Arbeitnehmer verwenden durfte (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2007, 2 AZR 537/06).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.04.2009, 6 AZR 189/08
- Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 24.01.2008, 3 Sa 800/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung des Arbeitsvertrages
- Arbeitsrecht aktuell: 19/159 Kündigung wegen übler Nachrede per WhatsApp
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 3. August 2019
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