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Fristlose Kündigung wegen übler Nachrede
15.06.2015. Immer wieder führt öffentliche Kritik am Arbeitgeber, an Vorgesetzten oder an angeblichen betrieblichen Missständen zum Ausspruch von verhaltensbedingten Kündigungen, die dann meist fristlos erklärt werden.
Solche Kündigungsfälle sind für die damit befassten Arbeitsgerichte nicht leicht zu entscheiden, denn dann geht es um die Grenzen der Meinungsfreiheit.
In einem aktuellen Fall hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) deutlich gemacht, dass Arbeitnehmer im Wahlkampf ihre Vorgesetzten mit drastischen Worten angreifen dürfen, wenn sie mit ihnen um ein politisches Amt konkurrieren: BAG, Urteil vom 18.12.2014, 2 AZR 265/14.
- Scharfe Vorwürfe im Wahlkampf - üble Nachrede oder zulässige Meinungsäußerung?
- Im Streit: Fristlose Kündigung wegen der Aussage, der amtierende Landrat decke "Betrügereien im Kreis"
- BAG: Kandidieren Arbeitnehmer für ein öffentliches Amt, dürfen sie im Wahlkampf ihre Mitbewerber auch dann mit drastischen Worten angreifen, wenn diese zugleich ihre Vorgesetzten sind
Scharfe Vorwürfe im Wahlkampf - üble Nachrede oder zulässige Meinungsäußerung?
Arbeitnehmer, die ihren Arbeitgeber, seine Repräsentanten oder Arbeitskollegen grob beleidigen, verstoßen durch solche Ehrverletzungen in erheblicher Weise gegen ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Dies kann eine außerordentliche und fristlose Kündigung zur Folge haben.
Grundlage für eine solche Kündigung ist § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach kann der Arbeitgeber "aus wichtigem Grund" ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist.
Bei der Anwendung dieser Vorschrift prüfen die Arbeitsgerichte zunächst, ob der Kündigungssachverhalt „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist, wobei die besonderen Umstände des Einzelfalls zunächst ausgeblendet werden. Ist das der Fall, ist auf einer zweiten Stufe der Prüfung abzuwägen, ob das Interesse des Kündigenden an einer sofortigen Vertragsbeendigung oder das Fortsetzungsinteresse des Gekündigten Vorrang haben (Interessenabwägung).
Bei der Bewertung von herabsetzenden Äußerungen ist dabei immer die im Grundgesetz (GG) geschützt Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers (Art.5 Abs.1 GG) zu beachten. Die Meinungsfreiheit schützt im Allgemeinen auch öffentlich vorgebrachte Kritik am Arbeitgeber und an betrieblichen Verhältnissen, und zwar gerade auch dann, wenn sie überspitzt oder polemisch vorgebracht wird.
Dabei fällt eine bewusst falsche Tatsachenbehauptung, d.h. eine "üble Nachrede" allerdings von vornherein aus dem Schutz der Meinungsfreiheit heraus. Liegt eine Äußerung daher auf der Grenze zwischen Tatsachenbehauptung und wertender Meinungsäußerung, steht sich der Gekündigte rechtlich besser, wenn die Gerichte seine Äußerung als wertende Aussage bzw. als Werturteil ansehen. Denn dann steht sie unter dem Schutz der Meinungsfreiheit.
In einem aktuellen Fall hat das BAG einer Arbeitnehmerin, die als Wahlbewerberin im Kommunalwahlkampf den amtierenden Landrat in die Nähe krimineller Machenschaften rückte, zugute gehalten, Werturteile zu äußern.
Im Streit: Fristlose Kündigung wegen der Aussage, der amtierende Landrat decke "Betrügereien im Kreis"
In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es um eine Diplom-Verwaltungswirtin, die bei einem Landkreis seit Oktober 2010 als Angestellte beschäftigt war. Sie war als Leiterin der Erhebungsstelle Zensus tätig.
Am 22.04.2012 fand die Wahl des Landrats statt, wobei sich der Amtsinhaber zur Wiederwahl stellte. Die parteilose Angestellte kandidierte ebenfalls und warb mit einem Flyer für sich. In dem Flugblatt stellte sie die „Säulen“ ihrer Politik vor, nämlich „Transparenz in der Verwaltung“, „Bürgernahe Politik“ und „Jugend, Familien und Senioren“.
Zum Punkt „Transparenz in der Verwaltung“ hieß es in dem Flyer:
„Wie der jüngste Umweltskandal in [B.] und der Subventionsbetrug am [Rathaus in C.] beweist, deckt der amtierende Landrat sogar die Betrügereien im Kreis. Ich stehe für eine transparente Politik, die Gesetze einhält und die Pflichtaufgaben des Landkreises überprüft.“
Der Landkreis als Arbeitgeber warf ihr üble Nachrede zulasten eines Repräsentanten vor und sprach daher eine fristlose Kündigung aus. Die Angestellte erhob Kündigungsschutzklage. Diese scheiterte in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Jena (Urteil vom 20.09.2012, 2 Ca 128/12), hatte aber in der Berufung vor dem Thüringer Landesarbeitsgericht (LAG) Erfolg (Urteil vom 26.11.2013, 7 Sa 444/12).
Dabei meinte das LAG zwar zulasten der Klägerin, dass ihre außerdienstliche Äußerungen zwar einen unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis hatten und daher als Kündigungsgrund in Betracht kommen könnten. Zugunsten der Klägerin bewertete das LAG die streitigen Aussagen allerdings als Werturteile im Wahlkampf, mit denen die Klägerin letztlich ihr Recht auf Meinungsfreiheit gebraucht hatte. Daher hatte sie nicht gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.
BAG: Kandidieren Arbeitnehmer für ein öffentliches Amt, dürfen sie im Wahlkampf ihre Mitbewerber auch dann mit drastischen Worten angreifen, wenn diese zugleich ihre Vorgesetzten sind
Der Landkreis zog auch vor dem BAG den Kürzeren, denn das BAG war ebenso wie das LAG der Ansicht, dass die Klägerin mit den streitigen Aussagen in dem Wahl-Werbeflyer in zulässiger Weise von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hatte. Sie habe Werturteile geäußert und dabei die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten, so das BAG.
Entscheidend für diese Bewertung der Aussagen war, dass der Vorwurf des Deckens von "Betrügereien im Kreis" nach Ansicht des BAG unter Berücksichtigung der Wahlkampfsituation nicht als üble Nachrede, d.h. als Tatsachenbehauptung einer vom Landrat verübten Strafvereitelung, zu verstehen war, sondern als Werturteil ohne greifbaren Tatsachenkern. Letztlich habe die Klägerin, so die Erfurter Richter, dem amtierenden politischen Konkurrenten vorwerfen wollen,
"bei Betrügereien im Landkreis das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen und damit demokratische Kontrolle zu behindern." (Urteil, Randnummer 23)
So gesehen konnte man die strittigen Äußerungen als ein politisches Werturteil ansehen, der Landrat habe politisch nicht genügend zur Aufklärung angeblicher Missstände unternommen. Dieses Verständnis wird dadurch gestützt, dass auch der angebliche Gegenstand der angeblichen Inaktivität des Landrats ("Betrügereien", "Umweltskandal") keinen greifbaren Tatsachenkern hatten.
Fazit: Im Wahlkampf darf der Meinungskampf mit harten Bandagen geführt werden. Das (große) Gewicht der Meinungsfreiheit ist dann noch höher zu bewerten als in anderen Situationen. Bewerben sich Arbeitnehmer für ein öffentliches Amt und ist ihr politischer Konkurrent zugleich ihr Dienstvorgesetzter, dürfen sie ihn mit drastischen politischen Bewertungen angreifen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.12.2014, 2 AZR 265/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung - Kündigungsgründe
- Handbuch Arbeitsrecht: Whistleblowing, Anzeige gegen den Arbeitgeber
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Letzte Überarbeitung: 3. August 2019
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