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Abmahnung
Lesen Sie hier, was eine Abmahnung im Arbeitsrecht ist, warum Arbeitgeber und Arbeitnehmer Abmahnungen aussprechen können, welche Formalien man dabei beachten sollte und wann eine Abmahnung rechtens ist.
Weiterhin finden Sie auf dieser Seite Hinweise dazu, welche Auswirkungen eine berechtigte Abmahnung auf den Kündigungsschutz hat, den Arbeitnehmer genießen, sowie einige praktische Ratschläge, die Sie beachten sollten, wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Was versteht man im Arbeitsrecht unter einer Abmahnung?
- Abmahnung und Ermahnung - worin besteht der Unterschied?
- Wer kann eine Abmahnung aussprechen?
- Warum werden Abmahnungen ausgesprochen?
- Wie wirkt sich eine Abmahnung auf den Kündigungsschutz aus?
- Ist eine Abmahnung auch außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes von Bedeutung?
- Sollten Arbeitgeber auch vor einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung aussprechen?
- Ist eine mündliche Abmahnung möglich?
- Muss man vor einer Kündigung mehrfach oder gar dreimal abmahnen?
- Ist eine vorherige Anhörung des abgemahnten Arbeitnehmers erforderlich?
- Wegen welcher Vorfälle kann eine Abmahnung ausgesprochen werden?
- Kann man wegen lange zurückliegender Vorfälle abmahnen?
- Gibt es Fristen, die man bei einer Abmahnung beachten sollte?
- Was tun bei Erhalt einer Abmahnung?
- Was geschieht, wenn der abgemahnte Arbeitnehmer nichts unternimmt?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Abmahnung?
- Was können wir für Sie tun?
Was versteht man im Arbeitsrecht unter einer Abmahnung?
Mit einer Abmahnung beanstandet ein Arbeitgeber oder Arbeitnehmer einen konkreten Pflichtverstoß seines Vertragspartners und fordert ihn auf, derartige Pflichtverstöße künftig zu unterlassen, um eine Kündigung zu vermeiden. Abmahnungen können von beiden Vertragsparteien ausgesprochen werden und sollten möglichst genau sein.
Daher ist nicht jeder Rüffel eine Abmahnung und gefährdet den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Rechtlich "gefährlich" ist ein Vorwurf nur, wenn eine Abmahnung im Rechtssinne vorliegt.
Damit eine Abmahnung vorliegt, sind nach der Rechtsprechung folgende drei Voraussetzungen erforderlich:
Erstens muss das abgemahnte Verhalten möglichst genau beschrieben werden, d.h. es müssen Datum und Uhrzeit des Vertragsverstoßes genannt werden. Pauschale Hinweise auf "häufiges Zuspätkommen", auf "unpünktliche Gehaltszahlungen in der Vergangenheit" oder auf "mangelhafte Arbeitsleistungen" sind keine Abmahnungen.
Zweitens muss das abgemahnte Verhalten deutlich als Vertragsverstoß bezeichnet werden und der angemahnte Vertragspartner muss aufgefordert werden, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen.
Drittens muss aus der Abmahnung deutlich werden, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung droht.
Abmahnung und Ermahnung - worin besteht der Unterschied?
Manche Arbeitgeber sprechen oft anstelle einer "harten" Abmahnung lieber eine Ermahnung aus. Dann stellt sich die Frage, vor allem natürlich für den betroffenen Arbeitnehmer, ob diese Rüge vielleicht trotz ihrer weniger "hart" klingenden Bezeichnung eine echte Abahmung ist oder nicht.
Bei dieser Frage (Abmahnung oder bloße Ermahung?) kommt es nicht auf die Bezeichnung der Rüge an, sondern auf die Frage, ob die o.g. drei Voraussetzungen einer Abmahnung gegeben sind. Ist das der Fall, liegt eine Abmahnung vor, egal wie sie bezeichnet wird.
Nähere Informationen zu der Frage, wodurch sich Abmahnungen von Ermahnungen unterscheiden und was man gegen Ermahnungen unternehmen kann, finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Ermahnung.
Wer kann eine Abmahnung aussprechen?
Abmahnungen werden zwar in den meisten Fällen vom Arbeitgeber ausgesprochen. Aber auch Arbeitnehmer sind zum Ausspruch einer Abmahnung berechtigt, wenn der Arbeitgeber gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat.
Denn auch Arbeitnehmer können auf Pflichtverstöße wie z.B. auf (erhebliche) Gehaltsrückstände nur mit einer - außerordentlichen und fristlosen - Kündigung reagieren und dann Schadensersatz gemäß § 628 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verlangen, wenn sie dem Arbeitgeber vorher durch eine Abmahnung die Chance gegeben haben, durch eine Änderung seines Verhaltens eine Kündigung zu vermeiden.
Auf der Seite des Arbeitgebers sind nicht nur diejenige Personen, die auch eine Kündigung aussprechen könnten, zur Abmahnung berechtigt, sondern alle Vorgesetzten, die dem abgemahnten Arbeitnehmer Weisungen erteilen können.
Warum werden Abmahnungen ausgesprochen?
Verstöße gegen den Arbeitsvertrag sollte man - ganz allgemein - nicht einfach stillschweigend hinnehmen.
Ein Verhalten, das ursprünglich einmal vertragswidrig war, kann nämlich durch schweigendes Dulden über längere Zeit zu einer Änderung des Vertrages führen: Was ursprünglich vertragswidrig war, ist dann vertragsgemäß (aufgrund einer Vertragsänderung durch "schlüssiges Verhalten", wie die Juristen sagen).
Wie wirkt sich eine Abmahnung auf den Kündigungsschutz aus?
Wie erwähnt werden Abmahnungen in den meisten Fällen nicht vom Arbeitnehmer ausgesprochen, sondern vom Arbeitgeber. Und aus einem bestimmten Grund:
Eine Abmahnung ist in der Regel eine notwendige Voraussetzung dafür, dass der Arbeitgeber im Wiederholungsfall aus verhaltensbedingten Gründen ordentlich kündigen kann.
Für Arbeitgeber gilt daher die Regel: Zunächst muss ein Pflichtverstoß abgemahnt werden, und erst im Wiederholungsfall ist eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung zulässig. Die Abmahnung gibt dem abgemahnten Arbeitnehmer die Chance, das beanstandete Verhalten zu ändern und dadurch eine Kündigung zu vermeiden.
BEISPIEL: Ein Arbeitnehmer überzieht seine Pausen hin und wieder ohne Entschuldigung um eine Viertelstunde. Das ist zwar ein Pflichtverstoß, aber kein besonders schwerer. Hat der Arbeitgeber dieses Fehlverhalten abgemahnt, d.h. dem Arbeitnehmer wegen des Überziehens von Pausen die gelbe Karte gezeigt, darf er im Falle eines nach der Abmahnung erneut begangenen Arbeitszeitverstoßes (unentschuldigte Verspätung, unentschuldigtes Pausenüberziehen) kündigen. Denn aufgrund der schon erteilten Abmahnung ist nicht zu erwarten, dass eine weitere Abmahnung eine Verhaltensänderung bewirkt, und daher ist dem Arbeitgeber auch eine weitere Abmahnung nicht zuzumuten.
Wie das Pausen-Beispiel zeigt, gilt die Regel "erst abmahnen, dann kündigen" nur bei nicht besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen. Bei gravierenden ("krassen") Pflichtverstößen ist sofort eine (fristlose) Kündigung zulässig, d.h. auch ohne vorherige Abmahnung. Das sind Pflichtverstöße, die es dem Arbeitgeber unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis auch nur vorübergehend bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
Wenn das Arbeitsverhältnis dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) untersteht, verschlechtert eine (berechtigte) Abmahnung daher die kündigungsrechtliche Situation des eines abgemahnten Arbeitnehmers. Abmahnungen gefährden den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber kann nämlich nach der Abmahnung im Wiederholungsfall eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen aussprechen.
Ist eine Abmahnung auch außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes von Bedeutung?
Ja. Auch dann, wenn ein Arbeitsverhältnis nicht oder nicht nur durch das KSchG geschützt wird, kann eine (berechtigte) Abmahnung das Arbeitsverhältnis gefährden.
Die Arbeitsgerichte verlangen nämlich auch für die verhaltensbedingte Kündigung von Arbeitnehmern, die als Schwangere, als Betriebsratsmitglieder oder als schwerbehinderte Menschen einen besonderen Kündigungsschutz genießen, eine vorherige Abmahnung durch den Arbeitgeber.
Sollten Arbeitgeber auch vor einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung aussprechen?
Ja, im Allgemeinen schon. Nach der Rechtsprechung müssen Arbeitgeber (und Arbeitnehmer!) in vielen Fällen auch vor einer außerordentlichen Kündigung zuvor eine Abmahnung aussprechen.
Auch erhebliche Pflichtverstöße wie z.B. strafbare Handlung sind nicht immer ein ausreichender Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung. Denn das Vertrauen als Basis des Arbeitsverhältnisses ist nicht durch einen einmaligen "Ausrutscher" zerstört,
- wenn der angerichtete Schaden gering ist (Bagatelldiebstahl, Bagatellbetrug),
- und wenn das Arbeitsverhältnis zuvor lange Zeit ohne Beanstandungen durchgeführt wurde.
In solchen Fällen müssen Arbeitgeber sogar einen Diebstahl oder einen Betrug abmahnen, d.h. sie können aus einem solchen Grund nur kündigen, wenn es zuvor eine einschlägige Abmahnung gab. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Diebstahl.
Notwendige Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung ist eine zuvor ausgesprochene Abmahnung auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften ordentlich unkündbar ist.
Dann kann der Arbeitgeber nämlich nur aus wichtigem Grunde außerordentlich kündigen, und wenn der wichtige Grund nicht z.B. in einer Betriebsschließung besteht, sondern in einem erheblichen Pflichtverstoß, setzt eine solche verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung eines unkündbaren Arbeitnehmers voraus, dass er in der Vergangenheit wegen einen ähnlichen Pflichtverstoßes bereits abgemahnt worden ist.
Ist eine mündliche Abmahnung möglich?
Eine Abmahnung muss nicht unbedingt schriftlich erteilt werden. Auch eine mündlich ausgesprochene Abmahnung ist wirksam.
Allerdings empfiehlt sich eine mündliche Abmahnung in aller Regel nicht, denn ihr genauer Inhalt kann später nur schwer nachvollzogen werden.
Auf den Inhalt der Abmahnung kommt es aber an, wenn sie keine Verhaltensänderung bewirkt hat und daher im weiteren Verlauf eine Kündigung nachgeschoben wurde.
Muss man vor einer Kündigung mehrfach oder gar dreimal abmahnen?
Nein. Eine Abmahnung genügt, um im Wiederholungsfall eine Kündigung aussprechen zu können.
Allerdings ist eine Kündigung nur möglich, wenn der gekündigte Vertragspartner nach (zurecht) erteilter Abmahnung dieselbe Art von Pflichtverstoß begangen hat. Eine Abmahnung wegen unentschuldigter Verspätungen rechtfertigt keine Kündigung, die wegen unsachgemäßen Umgangs mit Firmeneigentum ausgesprochen wird.
Weitere Informationen zu der Frage, was Arbeitgeber auf dem Weg von der Abmahnung bis hin zu einer Kündigung beachten müssen, finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung.
Ist eine vorherige Anhörung des abgemahnten Arbeitnehmers erforderlich?
Einige Tarifverträge sehen vor, dass Arbeitnehmer vorher zu einem angeblichen Pflichtverstoß angehört werden müssen, wenn deshalb eine Abmahnung ausgesprochen und zur Personalakte genommen werden soll. So heißt es in § 3 Abs.6 Satz 4 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L):
"Die Beschäftigten müssen über Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art, die für sie ungünstig sind oder ihnen nachteilig werden können, vor Aufnahme in die Personalakten gehört werden."
Außerhalb des Anwendungsbereichs solcher tariflichen Regelungen besteht aber keine solche Pflicht zur vorherigen Anhörung, weder vor dem Ausspruch einer Abmahnung noch vor einer Dokumentation der Abmahnung in der Personalakte.
Wegen welcher Vorfälle kann eine Abmahnung ausgesprochen werden?
Abmahnungen können nur wegen Vertragsverstößen ausgesprochen werden.
Von einem Vertragsverstoß kann nur die Rede sein, wenn das beanstandete Verhalten willentlich gesteuert werden kann. Krankheitsbedingte Fehlzeiten berechtigen daher von vornherein nicht zu einer Abmahnung. Für eine Erkrankungen "kann man nichts".
Außerdem müssen die Vertragsverstöße einigermaßen schwer sein. Bloße Lappalien können nicht abgemahnt werden.
Für Arbeitgeber kommen daher Abmahnungen zum Beispiel bei Verspätungen in Betracht, bei der Verweigerung von Anweisungen oder wegen der Verletzung der Anzeige- und Nachweispflicht bei Krankheiten. Arbeitnehmer können zum Beispiel Gehaltsrückstände abmahnen.
Einzelheiten zu der Frage, unter welchen Umständen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Abmahnungen aussprechen können, finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Gründe, Abmahnungsgründe.
HINWEIS: Kündigen Sie als Arbeitgeber aus verhaltensbedingten Gründen wegen eines Pflichtverstoßes, nachdem sie einen gleichartigen Pflichtverstoßes bereits zuvor abgemahnt hatten, und erhebt der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage, müssen Sie nicht nur den Pflichtverstoß darlegen und ggf. beweisen, der Anlass der streitigen Kündigung war, sondern darüber hinaus auch, dass es einen sachlichen Grund für die Abmahnung gab.
Es empfiehlt sich daher, zusammen mit einer Abmahnung begleitende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um später den Pflichtverstoß beweisen zu können, der Gegenstand einer Abmahnung ist. Sinnvoll ist hier vor allem, die Aussagen von Zeugen schriftlich zu protokollieren, damit sich die Zeugen später wieder konkret an den Pflichtverstoß erinnern und etwas dazu sagen können.
Kann man wegen lange zurückliegender Vorfälle abmahnen?
Ja. Es gibt im Prinzip keine zeitliche Begrenzung für die Erteilung einer Abmahnung.
So kommt es zum Beispiel vor, dass Arbeitgeber, nachdem sie Kündigungsschutzprozess wegen einer verhaltensbedingten Kündigung verloren haben, nach Abschluss des Verfahrens, d.h. lange Zeit nach dem fraglichen Vorfall, die im Prozess streitige Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nachträglich abmahnen. Aber auch Arbeitnehmer können länger zurückliegende Verzögerungen bei der Lohnzahlung zum Gegenstand einer Abmahnung machen.
Gibt es Fristen, die man bei einer Abmahnung beachten sollte?
Abmahnungen können zwar wegen lange zurückliegender Pflichtverstöße erteilt werden, so dass man in dieser Hinsicht keine Fristen zu beachten braucht. In Richtung auf die Zukunft hin sind aber Fristen ein Thema: "Normale" Abmahnungen verlieren nämlich nach einer gewissen Zeit ihre Wirkung als milderes Mittel im Verhältnis zu einer Kündigung. Hat sich der abgemahnte Vertragspartner über eine längere Zeit hinweg keine erneuten gleichartigen Pflichtverstöße zuschulden kommen lassen und erlaubt er sich dann wieder einen Fehltritt, kann eine Kündigung unverhältnismäßig sein.
BEISPIEL: Der Arbeitgeber mahnt eine unentschuldigte Verspätung des Arbeitnehmers ab, der sich die Abmahnung zu Herzen nimmt: Er kommt und geht immer pünktlich und hält Pausenzeiten korrekt ein. Das tut er fünf Jahre lang, und dann kommt es zu einer erneuten unentschuldigten Verspätung. Der Arbeitgeber will daher eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Das kann er aber nicht: Er muss den Arbeitnehmer erneut abmahnen, weil die bereits fünf Jahre zurückliegende Abmahnung wegen einer "harmlosen" Verspätung keine Warnfunktion mehr hat und eine Kündigung daher unverhältnismäßig wäre.
Will der abgemahnte Vertragspartner, in der Praxis meist der Arbeitnehmer, gegen die Abahnung rechtliche Schritte unternehmen, hat er dabei im Allgemeinen keine Fristen zu beachten. Das gilt insbesondere für Ausschlussfristen, die Ansprüche auf Entfernung einer unberechtigten Abmahnung aus der Personalakte nicht erfassen. Auch Fristen für eine Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gibt es nicht.
Nähere Informationen zu dem Thema Abmahnung und Fristen finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Fristen.
Was tun bei Erhalt einer Abmahnung?
Wenn Sie als Arbeitnehmer eine Abmahnung erhalten haben, sollten Sie dies nicht einfach auf sich beruhen lassen. Vielmehr sollten Sie sich überlegen, ob und wie Sie gegen diese Abmahnung vorgehen. Dazu kommen folgende Schritte in Betracht:
1.) Sicherung von Beweisen
Sinnvoll ist es immer, nach Erhalt der Abmahnung geeignete Beweise (Zeugen, E-Mails, Schriftstücke) zu sichern, aus denen sich ergibt, dass die Abmahnung nicht berechtigt war. So kann man zum Beispiel mit einem Kollegen über die Abmahnung sprechen, wenn er bei dem abgemahnten Vorfall anwesend war.
Umgekehrt sollte man keine schriftlichen Abmahnungen unterschreiben, wenn mit der Unterschrift nicht bloß den Erhalt der Abmahnung bestätigt wird, sondern die Berechtigung der Abmahnung bestätigt wird.
2.) Abgabe einer Gegendarstellung
Wenn der Arbeitgeber die Abmahnung in die Personalakte aufgenommen hat, kann es sinnvoll sein, eine Gegendarstellung zu verfassen und vom Arbeitgeber zu verlangen, dass er sie zur Personalakte gibt. Dieses Recht folgt aus § 83 Abs.2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Hier heißt es:
"Erklärungen des Arbeitnehmers zum Inhalt der Personalakte sind dieser auf sein Verlangen beizufügen."
Eine solche Gegendarstellung ist immer möglich, d.h. sogar dann, wenn die Abmahnung berechtigt sein sollte. Dann ändert die Gegendarstellung zwar nichts an den Wirkungen der Abmahnung, doch ist dann immerhin die Version des Arbeitnehmers in der Personalakte dokumentiert.
3.) Beschwerde beim Betriebsrat
Besteht in dem Betrieb ein Betriebsrat, kann man sich bei ihm wegen einer unberechtigten Abmahnung beschweren. Als Arbeitnehmer haben Se das Recht, den Betriebsrat um Unterstützung und Vermittlung zu bitten. Dies folgt aus § 85 Abs.1 BetrVG.
4.) Klage auf Rücknahme der Abmahnung
Wenn die Abmahnung nicht berechtigt war, haben Sie als Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Den Anspruch auf Entfernung einer (nicht berechtigten) Abmahnung kann man im Wege einer Klage durchsetzen. In einem solchen Verfahren muss der beklagte Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die Abmahnung berechtigt war.
Nähere Informationen zu den rechtlichen Möglichkeiten, die Sie als abgemahnter Arbeitnehmer haben, finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Rechtsschutz und in unserer Rubrik Tipps und Tricks unter "Was tun bei Abmahnung?".
Was geschieht, wenn der abgemahnte Arbeitnehmer nichts unternimmt?
Aus Arbeitgebersicht hat eine nicht berechtigte Abmahnung keinen Nutzen. Denn kommt es nach der Abmahnung zur Verhaltenskündigung und zum Kündigungsschutzprozess, musss der Arbeitgeber (und nicht etwa der Arbeitnehmer) darlegen und beweisen, dass die Abmahnung genau genug formuliert und sachlich berechtigt war.
Daher kann man als abgemahnter Arbeitnehmer auch entscheiden, gegen die Abmahnung als solche erst einmal nichts zu unternehmen. Denn wenn es später zu einer Kündigung und zum Kündigungsschutzprozess kommen sollte, genügt es, in diesem Prozess zu bestreiten, dass die Abmahnung berechtigt war.
Wo finden Sie mehr zum Thema Abmahnung?
Musterschreiben zum Thema Abmahnung finden Sie hier:
Arbeitgeberschreiben:
- Musterschreiben: Abmahnung wegen Alkoholkonsums
- Musterschreiben: Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung
- Musterschreiben: Abmahnung wegen Beleidigung
- Musterschreiben: Abmahnung wegen Verspätung
Arbeitnehmerschreiben:
- Musterschreiben: Abmahnung wegen vertragswidriger Beschäftigung
- Musterschreiben: Abmahnung wegen Zahlungsverzugs
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Abmahnung interessieren könnten, finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Diebstahl
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Ermahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Fristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Gründe, Abmahnungsgründe
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Rechtsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verdachtskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Abmahnung - Kanzlei für Arbeitsrecht in Berlin
- Abmahnung - Kanzlei für Arbeitsrecht in Frankfurt
- Abmahnung - Kanzlei für Arbeitsrecht in Hamburg
- Abmahnung - Kanzlei für Arbeitsrecht in Hannover
- Abmahnung - Kanzlei für Arbeitsrecht in Köln
- Abmahnung - Kanzlei für Arbeitsrecht in München
- Abmahnung - Kanzlei für Arbeitsrecht in Nürnberg
- Abmahnung - Kanzlei für Arbeitsrecht in Stuttgart
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Abmahnung finden Sie hier:
Arbeitsrecht aktuell 2022
- Update Arbeitsrecht 01|2022 Arbeitsgericht Hamburg: Kündigung wegen Verweigerung eines Corona-Schnelltests
- Update Arbeitsrecht 04|2022 Arbeitsgericht Magdeburg: Anspruch auf Entfernung einer betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung?
Arbeitsrecht aktuell 2021
Arbeitsrecht aktuell 2020
- Update Arbeitsrecht 20|2020 LAG Schleswig-Holstein: Abmahnungen sind auch in den ersten Tagen eines Arbeitsverhältnisses nötig
- Arbeitsrecht aktuell: 20/089 Kündigung einer Pflegekraft wegen Misshandlung
- Arbeitsrecht aktuell: 20/088 Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erst nach Gleichstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 20/086 Kündigung wegen verspäteter Anzeige einer Krankheit
Arbeitsrecht aktuell 2019
- Arbeitsrecht aktuell: 19/170 Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte wegen Datenschutzes nach der DS-GVO
- Arbeitsrecht aktuell: 19/159 Kündigung wegen übler Nachrede per WhatsApp
- Arbeitsrecht aktuell: 19/013 Keine einseitige Weisung, im Home-Office zu arbeiten
Arbeitsrecht aktuell 2018
- Arbeitsrecht aktuell: 18/172 Arbeitsgericht Bochum beanstandet ungenaue Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/023 Kündigung wegen heimlicher Aufnahme eines Personalgesprächs
Eine vollständige Übersicht unserer Beiträge zum Thema Abmahnung finden Sie unter:
Urteile und Kommentare: Abmahnung
Letzte Überarbeitung: 12. August 2022
Was können wir für Sie tun?
Wenn Sie als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer eine Abmahnung aussprechen wollen und dabei rechtlich korrekt vorgehen wollen, oder wenn Sie als Arbeitnehmer eine Abmahnung erhalten haben und sich überlegen, dagegen vorzugehen, beraten wir Sie jederzeit gerne. Wir planen mit Ihnen auch die nächsten Schritte, die auf die Erteilung einer Abmahnung folgen (sollten), und unterstützen Sie dabei anwaltlich, insbesondere wenn es Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung einer Abmahnung gibt oder wenn von Ihnen oder Ihrem Vertragspartner eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewünscht ist, sei es durch eine Kündigung oder durch einen Aufhebungsvertrag. Je nach Lage des Falles bzw. entsprechend Ihren Wünschen treten wir entweder nach außen nicht in Erscheinung oder aber wir verhandeln in Ihrem Namen mit Ihrem Vertragspartner. Für eine möglichst rasche und effektive Beratung benötigen wir folgende Unterlagen:
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