Update Arbeitsrecht 10|2021 vom 19.05.2021
Leitsatzreport
Arbeitsgericht Köln: Arbeitgeber dürfen Betriebsräte nicht zu Präsenzsitzungen statt zu Video-Sitzungen drängen
Arbeitsgericht Köln, Beschluss vom 24.03.2021, 18 BVGa 11/21
§§ 78, 129 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG); § 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV)
Leitsätze des Gerichts:
1. Bis zum 30.06.2021 sind Betriebsratsmitglieder regelmäßig berechtigt, an Betriebsratssitzungen per Videokonferenz von zu Hause aus teilzunehmen, wenn im Betrieb die Vorgaben der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) vom 21. Januar 2021 für Sitzungen des Betriebsrats nicht eingehalten werden können.
2. Es stellt eine unzulässige Behinderung der Betriebsratsarbeit dar, wenn ein Arbeitgeber unter diesen Umständen wegen der Teilnahme von zu Hause aus Betriebsratsmitgliedern Abmahnungen erteilt oder Gehaltskürzungen vornimmt.
Hintergrund:
Ein siebenköpfiger Betriebsrat stritt mit dem Arbeitgeber darüber, ob die - meist zweimal wöchentlich durchgeführten - Betriebsratssitzungen im Betrieb, einem Einzelhandelsgeschäft, abgehalten werden müssten (so der Arbeitgeber), oder ob die Betriebsratsmitglieder daran von zu Hause aus durch Videoschaltungen teilnehmen könnten (so der Betriebsrat). Nachdem der Arbeitgeber fünf Betriebsratsmitglieder wegen Teilnahme an einer Video-Betriebsratssitzung im März 2021 abgemahnt und das Gehalt in drei Fällen wegen der Teilnahme an Betriebsratssitzungen von zu Hause aus gekürzt hatte, zog der Betriebsrat mit einem Eilantrag vor das Arbeitsgericht Köln. Das Gericht verpflichtete den Arbeitgeber im Eilverfahren, es bis zum 30.06.2021 zu unterlassen, Mitglieder des Betriebsrats abzumahnen, zu kündigen oder ihr Gehalt zu kürzen, weil sie von zu Hause aus per Video- oder Telefonkonferenz an Betriebsratssitzungen teilgenommen haben. Denn es steht im Ermessen des Betriebsrats, seine Sitzungen als Präsenzsitzungen oder per Videokonferenz abzuhalten, denn Video-Betriebsratssitzungen sind gemäß § 129 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) - derzeit bis zum 30.06.2021 - zulässig. Der Betriebsrat durfte außerdem auch entscheiden, dass seine Mitglieder von zu Hause aus an Video-Sitzungen teilnehmen, denn es gab im Betrieb keinen mindestens 70 Quadratmeter großen Raum für die Sitzungen, was wegen der Mindestfläche von 10 Quadratmetern pro Person in geschlossenen Räumen gemäß § 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) erforderlich wäre. Daher sah das Gericht die streitigen Arbeitgebermaßnahmen (Abmahnungen, Gehaltskürzungen) als unzulässige Behinderung des Betriebsrats im Sinne von § 78 BetrVG an.
Arbeitsgericht Köln, Beschluss vom 24.03.2021, 18 BVGa 11/21
Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
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