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Arbeitsgericht Bochum beanstandet ungenaue Abmahnung
16.07.2018. Abmahnungen muss man genau formulieren, andernfalls sind sie wenig wert.
Das gilt nicht nur für die Beschreibung des angeblichen Pflichtverstoßes, den der abgemahnte Vertragspartner begangen haben soll, sondern auch für die Androhung einer Kündigung für den Wiederholungsfall.
Diese Regel hatte ein Bochumer Arbeitgeber missachtet und wurde daher dazu verurteilt, eine Abmahnung aus der Personalakte der abgemahnten Arbeitnehmerin zu entfernen: Arbeitsgericht Bochum, Urteil vom 19.10.2017, 4 Ca 930/17.
- Stolperfalle Abmahnung - Pflichtverstöße und Erwartungshaltungen müssen genau formuliert werden
- Der Streitfall: Arbeitnehmerin wird wegen angeblicher Schlechtleistung und für den Fall weiterer Verstöße gegen ihre Pflichten eine Kündigung angedroht
- Arbeitsgericht Bochum: Die uferlose Androhung einer Kündigung gehört nicht in eine Abmahnung
Stolperfalle Abmahnung - Pflichtverstöße und Erwartungshaltungen müssen genau formuliert werden
Wer als Arbeitnehmer in erheblicher Weise und/oder immer wieder gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt, riskiert eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen, in extremen Fällen sogar eine außerordentliche und fristlos ausgesprochene Kündigung.
Obwohl Arbeitgeber und Arbeitnehmer derartige Kündigungen als eine Art Strafe für das Fehlverhalten ansehen, sind sie das rechtlich gesehen nicht. Denn im Kündigungsschutzrecht gilt das Prognoseprinzip. Danach ist eine Kündigung keine Strafe, sondern eine in die Zukunft gerichtete, vorbeugende Maßnahme. Zweck der Kündigung ist die Prävention. Es geht nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft. Künftige Vertragsstörungen sollen verhindert werden.
Mit dem Prognoseprinzip verbunden ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Eine Kündigung muss verhältnismäßig sein, d.h. es darf kein milderes Mittel geben, um künftige Vertragsstörungen zu vermeiden. Gibt es ein milderes Mittel als eine Kündigung, um dieses Ziel zu erreichen, wäre eine Kündigung unverhältnismäßig und daher unwirksam.
Das praktisch wichtigste mildere Mittel gegenüber einer verhaltensbedingten (ordentlichen oder fristlosen) Kündigung ist die Abmahnung. Denn auch mit einer Abmahnung kann der Arbeitgeber erreichen, dass der Arbeitnehmer künftig seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt.
Allerdings ist eine Abmahnung nur dann ein gleichtaugliches milderes Mittel, wenn der Arbeitnehmer nicht bereits in der Vergangenheit wegen gleichartiger Pflichtverstöße abgemahnt worden ist. Denn in einem solchen Fall kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass eine erneute Abmahnung keine Verhaltensänderung bewirken würde. Einen vor kurzem wegen ähnlicher Pflichtverstöße bereits abgemahnten Arbeitnehmer erneut abzumahnen wäre voraussichtlich nutzlos, so dass der Arbeitgeber in einem solchen Fall verhaltensbedingt kündigen kann.
Es ist daher rechtlich anerkannt, dass eine rechtlich korrekte Abmahnung folgende Anforderungen erfüllen muss.
- Sie muss den abgemahnten Arbeitnehmer auf ein genau beschriebenes Fehlverhalten hinweisen (Hinweisfunktion).
- Sie muss das abgemahnte Verhalten als pflichtwidrig rügen und den abgemahnten Arbeitnehmer auffordern, sich künftig vertragsgerecht zu verhalten (Rügefunktion, Aufforderungsfunktion).
- Sie muss dem abgemahnten Arbeitnehmer klarmachen, dass er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung rechnen muss (Warnfunktion).
Nur wenn eine Abmahnung die obigen Voraussetzungen bzw. Funktionen erfüllt, hat der Arbeitnehmer eine Chance, sein Verhalten zu ändern, so dass der Arbeitgeber in einem Wiederholungsfall kündigen kann, weil der Arbeitnehmer seine Chance nicht genutzt hat.
Vor diesem Hintergrund müssen Arbeitgeber bei der Formulierung einer Abmahnung der Versuchung widerstehen, von dem Arbeitnehmer weitergehende Verhaltensänderungen zu verlangen, als sich aus einem konkreten Pflichtverstoß ergibt. Allgemeine Vorwürfe wie „schlampiges Arbeiten“, „Unfreundlichkeit“ oder „Unpünktlichkeit“ müssen aus Abmahnungen herausgehalten werden. Arbeitgeber, die solche Fehler begehen, müssen die Abmahnung aus der Personalakte entfernen. Über einen solchen Fall hatte vor kurzem das Arbeitsgericht Bochum zu entscheiden.
Der Streitfall: Arbeitnehmerin wird wegen angeblicher Schlechtleistung und für den Fall weiterer Verstöße gegen ihre Pflichten eine Kündigung angedroht
In dem Fall des Arbeitsgerichts Bochum hatte sich der Arbeitgeber über eine Arbeitnehmerin geärgert, weil diese während einer Spätschicht im Februar 2017 angeblich nicht richtig gearbeitet haben soll. Daher sprach er am 13.03.2017 eine Abmahnung aus. Der vorletzte Absatz der Abmahnung lautete:
„Sollten Sie sich einen weiteren Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu Schulden kommen lassen, der nicht auf die Wiederholung der oben genannten Pflichtverletzung beschränkt ist, müssen Sie damit rechnen, dass das Arbeitsverhältnis von uns - ggf. auch fristlos - gekündigt wird.“
Die Arbeitnehmerin klagte vor dem Arbeitsgericht Bochum auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Arbeitsgericht Bochum: Die uferlose Androhung einer Kündigung gehört nicht in eine Abmahnung
Das Arbeitsgericht Bochum gab der Klägerin Recht und verurteilte den Arbeitgeber dazu, die Abmahnung vom 13.03.2017 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
In den Urteilsgründen lässt das Arbeitsgericht Bochum die Frage ausdrücklich offen, ob die Arbeitnehmerin in der fraglichen Spätschicht Fehler gemacht hatte oder nicht, und ob ihr deswegen Vorwürfe gemacht werden konnten oder nicht. Hier waren der Arbeitnehmerin zwar möglicherweise Fehler unterlaufen, doch entschuldigte sie das damit, dass sie - angeblich - seit einigen Monaten nicht mehr mit diesen Arbeiten befasst war, und dass in der Zwischenzeit die Arbeitsabläufe geändert worden waren.
Alles egal, so das Arbeitsgericht, denn den wesentlichen Fehler hatte hier der Arbeitgeber gemacht, und zwar bei der Formulierung der Abmahnung.
Denn in der umstrittenen Abmahnung drohte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin nicht nur für den Fall einer Wiederholung der (angeblichen) Pflichtverletzung am 13.03.2017 eine Kündigung an, sondern auch für den Fall anderer Verstöße gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten. Zu einer solchen „uferlosen“ Kündigungsandrohung war der Arbeitgeber aber nicht befugt, so das Arbeitsgericht Bochum. Denn die Arbeitnehmerin musste auf der Grundlage einer solchen Abmahnung, so die Kritik des Arbeitsgerichts,
„für jeden beliebigen Fall einer auch nur geringfügigen und gänzlichen anders gelagerten Pflichtwidrigkeit mit einer gegebenenfalls fristlosen Kündigung rechnen. Eine solche uferlose Androhung einer Kündigung entspricht nicht der für die Rechtswirksamkeit einer Abmahnung erforderlichen korrekten Erfüllung der Warn- bzw. Abkündigungsfunktion.“
Eine derartig weitgefasste Kündigungsandrohung geht über das zulässige Maß hinaus, so das Gericht.
Dem Arbeitsgericht Bochum ist zuzustimmen. Auf der Grundlage einer korrekten Abmahnung muss der abgemahnte Arbeitnehmer konkret wissen, was er künftig anders machen soll. Eine solche Verhaltensänderung kann der Arbeitgeber aber nicht erwarten, wenn er global bzw. pauschal „vertragsgerechtes“ Verhalten fordert bzw. eine Kündigung androht für den Fall irgendwelcher Pflichtverstöße.
Fazit: Bei Abmahnungen müssen Arbeitgeber genau arbeiten, d.h. den abgemahnten Pflichtverstoß genau beschreiben und sich natürlich auch bei der Kündigungsandrohung darauf beschränken, eine Kündigung für den Fall der Wiederholung des abgemahnten Verhaltens in Aussicht zu stellen.
Eine andere Frage ist, ob es aus Arbeitnehmersicht ratsam ist, gegen Abmahnungen wie die hier ausgesprochene überhaupt gerichtlich vorzugehen. Dagegen spricht, dass Arbeitgeber von einem solchen Prozess letztlich immer mehr Vorteile hat als der Arbeitnehmer:
Denn entweder wird die Klage abgewiesen, dann steht fest, dass die Abmahnung rechtens war (was der Arbeitgeber vorher nicht rechtssicher wissen konnte). Oder die Klage hat Erfolg, dann steht fest, dass sich der Arbeitgeber im Fall einer möglichen künftigen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen auf diese Abmahnung nicht berufen könnte, so dass er gewarnt ist. Und er kann den abgemahnten Vorfall erneut zum Gegenstand einer anderen Abmahnung machen, falls die ursprüngliche Abmahnung aus formaljuristischen Gründen (wie hier im Streitfall) vom Gericht kassiert wurde.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Bochum, Urteil vom 19.10.2017, 4 Ca 930/17
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.06.2017, 5 Sa 5/17
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.08.2012, 12 Sa 697/12
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.11.2010, 10 Sa 1823/10
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 21.10.1997, 4 Sa 707/97
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Diebstahl
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht Muster: Musterschreiben: Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/170 Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte wegen Datenschutzes nach der DS-GVO
- Arbeitsrecht aktuell: 17/265 Vorsorgliche Abmahnung in arbeitsvertraglichen AGB
- Arbeitsrecht aktuell: 14/250 Abmahnung wegen Unfreundlichkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 12/137 Entfernung einer Ermahnung aus der Personalakte
- Arbeitsrecht aktuell: 11/154 Kündigung wegen Beleidigung nicht ohne Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/151 Entfernung einer diskriminierenden Ermahnung aus der Personalakte
- Arbeitsrecht aktuell: 11/139 Erst Abmahnung, dann Kündigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/051 LAG Berlin-Brandenburg: Kündigung nach vorweggenommener Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/009 Öffentlicher Widerruf von Abmahnung oder Kündigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/027 Keine Kündigung nach nicht einschlägiger Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/223 Unverhältnismäßige Abmahnung eines Arbeitnehmers
- Arbeitsrecht aktuell: 09/218 Rechtswidrige Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/141 Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung?
Letzte Überarbeitung: 3. August 2019
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