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ArbG Bochum, Urteil vom 19.10.2017, 4 Ca 930/17
Schlagworte: | Abmahnung, Verhaltensbedingte Kündigung | |
Gericht: | Arbeitsgericht Bochum | |
Aktenzeichen: | 4 Ca 930/17 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 19.10.2017 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Arbeitsgericht Bochum
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 13.03.2017 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 3.000,00 EURO festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Verbleib einer Abmahnung in der Personalakte der Klägerin.
Die im Jahr 1968 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 18.05.1998 bei der Beklagten als Arbeitnehmerin gegen ein Bruttoentgelt in Höhe von ca. 3.000 EURO pro Monat tätig.
Im Hinblick auf Geschehnisse am 13.02.2017 sprach die Beklagte zunächst gegenüber der Klägerin die Abmahnung vom 23.02.2017 aus. Bezüglich des Wortlauts der Abmahnung wird auf die Anlage 1 zur Klageschrift verwiesen. Die Klägerin widersprach dieser Abmahnung mit Schreiben vom 06.03.2017. Daraufhin teilte die Beklagte der Kläger mit Schreiben vom 13.03.2017 mit, die Abmahnung vom 23.02.2017 werde aus der Personalakte der Klägerin entfernt. Gleichzeitig sprach die Beklagte mit Schreiben vom 13.03.2017 erneut eine Abmahnung gegenüber der Klägerin aus. Bezüglich des Wortlauts der Abmahnung wird auf die Anlage 4 zur Klageschrift verwiesen. Der vorletzte Absatz im Text der Abmahnung vom 13.03.2017 lautet: „Sollten Sie sich einen weiteren Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu Schulden kommen lassen, der nicht auf die Wiederholung der oben genannten Pflichtverletzung beschränkt ist, müssen Sie damit rechnen, dass das Arbeitsverhältnis von uns - ggf. auch fristlos – gekündigt wird.“
Die Klägerin macht geltend, dass ihr im Hinblick auf die Geschehnisse am 13.02. 2017 kein Vorwurf zu machen sei. Jedenfalls sei die Beklagte nicht berechtigt, ihr gegenüber mit der Abmahnung vom 13.03.2017 weitergehende Bedrohungen auszusprechen als im Abmahnungsschreiben vom 23.02.2017. Anders als zuvor bedrohe die Beklagte der Klägerin nunmehr sogar mit einer fristlosen Kündigung und dies noch dazu für den Fall einer jeden weiteren Pflichtverletzung.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 13.03.2017 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Klägerin sei im Hinblick auf ihre Arbeitsleistung während der Spätschicht am 13.02.2017 der Vorwurf mangelhafter Arbeitsergebnisse zu machen. Dem stünde auch nicht entgegen, dass die Klägerin zwischen einer Unterweisung hinsichtlich der Arbeitsabläufe am 29.11.2016 und der genannten Spätschicht in einem anderen Bereich tätig war, erst wieder am dem 09.02.2017 erstmals dem in der Abmahnung thematisierten Arbeitsbereich tätig war und mit denjenigen Mitarbeitern, die kontinuierlich in dem genannten Arbeitsbereich tätig waren, die Arbeitsabläufe mehrere Wochen eingeübt wurden, bis sie reibungslos liefen und Probleme mit den kontinuierlich in diesem Arbeitsbereich beschäftigten Mitarbeitern in Gesprächsrunden besprochen und gelöst wurden, bis die Abläufe Ende Januar 2017 stabil liefen. Denn die Klägerin habe an vier Tagen im Dezember 2016 und auch im Februar 2017 bereits die fragliche Arbeit korrekt ausgeführt.
Zu Ausmaß und Intensität der Bedrohung der Klägerin im Abmahnungstext nimmt die Beklagte nicht Stellung.
Das Gericht hat mit Hinweisschreiben vom 30. August 2017 darauf hingewiesen, dass die Wendungen im vorletzten Absatz der Abmahnung schwerlich verständlich seien und das Schreiben vom 13.03.2017 hierdurch einen Charakter gewinnt, der mit einer Abmahnung im arbeitsrechtlichen Sinnen eventuell nicht zu vereinbaren ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
In diesem Urteil kann zunächst dahinstehen, ob der Klägerin im Hinblick auf ihre Arbeitsleistung am 13.02.2017 ein von ihr zu verantwortender Arbeitsfehler unterlaufen ist und ob es angesichts ihrer zeitweiligen Abwesenheit während der Einübung der seit dem 29.11.2016 eingeführten Praxis ein abmahnungswürdiger Vorwurf zu machen ist.
Denn die streitbefangene Abmahnung vom 13.03.2017 ist schon deshalb aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen, da die Beklagte sich bei der Formulierung dieser Abmahnung nicht an die rechtlich zulässigen Vorgaben gehalten hat. In nahezu einheitlicher Art und Weise sind die Voraussetzungen an eine rechtswirksame Abmahnung in Rechtsprechung und Literatur gleicherweise definiert. Bei Ascheid u.a., Kündigungsrecht, § 1 KSchG, Bearbeiter Dörner/Vossen, heißt es unter der Überschrift „Anforderungen an eine wirksame Abmahnung“, dass eine Abmahnung dann, aber auch nur dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber u.a. in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise Leistungs- oder Verhaltensmängel beanstandet und damit den eindeutigen Hinweis verbindet, dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Die Abmahnung beinhaltet neben der Dokumentationsfunktion und der Hinweisfunktion vor allem die Warn- und Ankündigungsfunktion mittels derer der Arbeitgeber den Arbeitnehmer davor warnt, dass im Wiederholungsfalle eine Gefährdung des Arbeitsverhältnisses droht (a.a.O., bei Rdnr. 348 zu § 1 KSchG). Weiterhin heißt es, hinsichtlich der mit einer vorangegangenen Abmahnung unter anderem begründeten Kündigung, dass der Wiederholungsfall vergleichbar gewesen sein muss bzw. nach Ausspruch der Abmahnung eines weiteren einschlägigen Fehlverhaltens des Arbeitnehmers bedarf, um eine Kündigung sozial rechtfertigen zu können. Denn nur dann steht fest, dass die Warnfunktion der Abmahnung, die gerade das zukünftige Verhalten des Arbeitnehmers verändern soll, nicht erfüllt worden ist. Erforderlich ist, dass das abgemahnte Fehlverhalten auf der gleichen Ebene gelegen hat, wie der Kündigungsvorwurf. Der auf eine Abmahnung folgende Wiederholungsfall muss gleichartig und vergleichbar sein (a.a.O., bei Rdnr. 425, zu § 1 KSchG). Auch Fischermeier, in KR, Rdnr. 295 zu § 626 BGB, formuliert, dass der auf eine Abmahnung folgende Wiederholungsfall gleichartig bzw. vergleichbar sein muss. In der Rechtsprechung des BAG wird ebenfalls darauf verwiesen, dass einer Kündigung vorangegangene Abmahnungen sich auf gleichartige Pflichtverletzungen beziehen müssen. Die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten müssen aus demselben Bereich stammen und somit müssen Abmahnung und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG, Urt. vom 13.12.2007, 2 AZR 818/06 und BAG, Urt. vom 09.06.2011, 2 AZR 323/10). Gemessen an diesen Grundsätzen, denen die Kammer folgt, war die Beklagte nicht berechtigt, die Klägerin, wie im Schreiben vom 13.03.2017 geschehen, mit einer Kündigung zu bedrohen. Denn die Beklagte bedroht die Klägerin in diesem Schreiben vom 13.03.2017 nicht nur für den Fall einer Wiederholung der von der Beklagten angenommenen Pflichtverletzung sondern für jeden weiteren Verstoß gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, der nicht auf eine Wiederholung beschränkt ist. Zu einer solchen Kündigungsandrohung ist die Beklagte im Rahmen einer Abmahnung nicht befugt. Sie geht weit über das zulässige Maß hinaus. Die Klägerin muss nicht nur bei zukünftigen, aus Sicht der Beklagten weiteren Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich mit einer gegebenenfalls sogar fristlosen Kündigung rechnen. Die Klägerin müsste vielmehr auf Basis des in ihre Personalakte aufgenommenen Abmahnungsschreiben vom 13.03.2017 für jeden beliebigen Fall einer auch nur geringfügigen und gänzlichen anders gelagerten Pflichtwidrigkeit mit einer gegebenenfalls fristlosen Kündigung rechnen. Eine solche uferlose Androhung einer Kündigung entspricht nicht der für die Rechtswirksamkeit einer Abmahnung erforderlichen korrekten Erfüllung der Warn- bzw. Abkündigungsfunktion.
Die Formulierung der Kündigungsandrohung im Abmahnungsschreiben vom 13.03.2017 ist auch nicht etwa einem Versehen oder einem Formulierungsfehler zuzuschreiben. Denn die Kündigungsandrohung im Abmahnungsschreiben vom 13.03.2017 unterscheidet sich deutlich von derjenigen im Abmahnungsschreiben vom 23.02.2017. In dem Abmahnungsschreiben vom 23.02.2017 wurde die Klägerin lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass sie im Falle einer Wiederholung mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisses rechnen müsse. Diese Abmahnung aber hat die Beklagte zurückgezogen und sodann die neu und - wie anzunehmen ist - sorgfältig formulierte streitbefangene Abmahnung vom 13.03.2017 ausgesprochen. Die maßlose Kündigungsandrohung für den Fall jedweden Verstoßes gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, der nicht auf eine Wiederholung der abmahnungsauslösenden Pflichtverletzung beschränkt ist, ist somit das Ergebnis einer bewussten, sorgfältigen und auf Gewinnung möglichst umfangreicher Rechte der Beklagten gegenüber der Klägerin gerichteten Abmahnungsformulierung. Damit aber kann die Beklagte aus den dargestellten Gründen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Streitwert wird gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG in Höhe eines Monatseinkommens der Klägerin festgesetzt.
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
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