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Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung?
10.08.2009. Eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nur wirksam, wenn der Arbeitnehmer zuvor vergeblich abgemahnt wurde.
Fraglich ist allerdings häufig, ob die bereits ausgesprochene Abmahnung konkret genug war, wie ein Fall zeigt, der kürzlich vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verhandelt wurde.
Es hatte zu entscheiden, ob die Kündigung eines langjährig beschäftigten Pressefotografen, der sich unberechtigter Weise gegenüber der Polizei nicht ausgewiesen hatte, unwirksam ist: BAG, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 283/08.
- Kündigung als "ultima ratio"
- Der Fall: Kündigung eines Pressefotografen wegen seines Auftretens in der Öffentlichkeit
- BAG: Kündigung nur nach konkreter Abmahnung
Kündigung als "ultima ratio"
Ordentliche bzw. fristgerechte Kündigungen, die auf einem arbeitsvertragswidrigen Verhalten des gekündigten Arbeitnehmers beruhen (verhaltensbedingte Kündigung), setzen bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) in aller Regel voraus, dass das der Kündigung zugrunde liegende Fehlverhalten zuvor abgemahnt wurde.
Liegt eine solche Abmahnung vor, ist davon auszugehen, dass sich der Arbeitnehmer von einem solchen, im Vergleich zur Kündigung milderen Mittel der Verhaltensbeeinflussung nicht von seinem Fehlverhalten abbringen lässt, so dass nunmehr im Wiederholungsfall die Kündigung als letztes Mittel („ultima ratio“) zulässig ist. Mit der Forderung nach einer der Kündigung vorausgegangenen Abmahnung trägt die Rechtsprechung daher dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung, dem zufolge kein milderes Mittel als das der Kündigung zur Verfügung stehen darf, um auf einen Arbeitsvertragsverstoß zu reagieren.
Die Kündigung eines vom KSchG in seinem Bestand geschützten Arbeitsverhältnisses aus verhaltensbedingten Gründen setzt somit
- ein gravierendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers sowie
- eine zuvor wegen eines ähnlichen Pflichtverstoßes (ohne Verhaltensänderung und damit ohne Erfolg) ausgesprochene Abmahnung
voraus. In einem letzten Schritt sind das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers und das Fortsetzungsinteresse des Arbeitnehmers gegeneinander abzuwägen. Hier sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen, u.a. auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Da Abmahnungen das Arbeitsklima belasten, scheuen Arbeitgeber oft mit guten Gründen davor zurück. Ordentliche verhaltensbedingte Kündigungen werden daher nicht selten ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen, was allerdings nur in seltenen Ausnahmen rechtlich zulässig ist, nämlich dann, wenn der Arbeitnehmer einen besonders schweren Pflichtverstoß begangen hat und es für den Arbeitnehmer daher klar sein musste, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis unter solchen Umständen nicht würde fortsetzen können bzw. wollen. Hier wird aber in aller Regel keine ordentliche, sondern eine außerordentliche Kündigung die angemessene Reaktion sein, so dass Arbeitgeber mit „abmahnungslosen“ ordentlichen Kündigungen praktisch nie vor Gericht Erfolg haben.
Eine andere Strategie, eine verhaltensbedingte Kündigung auch ohne wirksame vorausgegangene Abmahnung vor Gericht zu verteidigen, besteht in der These, dass die verhaltenssteuernde Wirkung auch von Ermahnungen, unkonkreten Rüffeln oder auch von unberechtigten oder unklaren Abmahnungen ausgehen könne. Über einen Fall, in dem der kündigende Arbeitgeber seine verhaltensbedingte Kündigung in dieser Weise vor Gericht zu rechtfertigen versuchte, hatte das BAG mit Urteil vom 23.06.2009 (2 AZR 283/08) zu entscheiden. Die Entscheidung ist derzeit nur in Gestalt einer Pressemittelung bekannt (Pressemittelung 63/09).
Der Fall: Kündigung eines Pressefotografen wegen seines Auftretens in der Öffentlichkeit
Der 1944 geborene Arbeitnehmer war seit 1965 und damit seit mehr als 40 Jahren bei einer Nachrichtenagentur als Pressefotograf und Bildredakteur beschäftigt.
In den Jahren 2004 und 2005 stritten die Parteien gerichtlich über zwei von der Agentur ausgesprochene Abmahnungen, deren Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt wurde. Im September 2005 mahnte die Arbeitgeberin ein weiteres Verhalten des Fotografen bei einer Preisverleihung ab. Auch diese Abmahnung erklärte das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen für unwirksam.
Im November 2005 kam es in Hildesheim zu einem Eisenbahnunglück. Der Fotograf begab sich zur Unfallstelle, um Fotos zu machen. Auf Befragen der Polizisten gab der Kläger an, Fotojournalist zu sein, zeigte allerdings seinen Presseausweis nicht vor. Die Polizei erteilte einen mündlichen Platzverweis, woraufhin er den Gleisbereich verließ. Die zuvor gefertigten Fotos veröffentlichte die Nachrichtenagentur.
Weil sich der Arbeitnehmer nicht durch Vorlage des Presseausweises zu erkennen gegeben hatte, worin die Nachrichtenagentur ein unangemessenes dienstliches Verhalten sah, kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß.
Gegen die Kündigung erhob der Fotograf Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Hannover, das der Klage stattgab (Urteil vom 20.12.2006, 5 Ca 193/06). Das LAG Niedersachsen wies die Berufung der Agentur mit Urteil vom 18.12.2007 (11 Sa 372/07) zurück. Wie bereits das Arbeitsgericht sah auch das LAG den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Dabei geht das LAG aber zugunsten des Arbeitgebers davon aus, dass auch eine unwirksame Abmahnung dem Arbeitnehmer „deutlich machen“ könne, „dass der Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten nicht zu dulden bereit ist“.
BAG: Kündigung nur nach konkreter Abmahnung
Das BAG schloss sich im Ergebnis der Auffassung der Vorinstanzen an und gab der Klage statt.
Dabei geht auch das BAG wie schon das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht davon aus, dass der Fotograf mit seinem Verhalten, das der Arbeitgeber der Kündigung zugrunde legte, bei dem Ortstermin in Hildesheim gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen habe.
Allerdings genügt ein einzelner Pflichtverstoß nicht, d.h. die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nur wirksam, wenn der Arbeitnehmer zuvor vergeblich abgemahnt wurde. Die der Kündigung vorausgegangenen drei Abmahnungen waren aus Sicht des BAG nicht konkret genug im Sinne einer vom Arbeitnehmer zu beachtenden Verhaltensregelung.
Das BAG nahm dabei nicht Stellung zu der vom LAG aufgestellten These, dass ausnahmsweise auch eine (nur formell?) unwirksame Abmahnung den Arbeitnehmer für den Wiederholungsfall ausreichend warnen könnte. Die Rechtsprechung des BAG geht allerdings tendenziell davon aus, dass rein verfahrensrechtliche (Form-)Fehler einer Abmahnung, die im übrigen sachlich berechtigt und auch klar genug hinsichtlich der für den Wiederholungsfall angedrohten Kündigung ist, in einem Wiederholungsfall bzw. beim Streit um eine verhaltensbedingte Kündigung keine Rolle spielen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 283/08
- Bundesarbeitsgericht (Website)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Diebstahl
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Ermahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/172 Arbeitsgericht Bochum beanstandet ungenaue Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/265 Vorsorgliche Abmahnung in arbeitsvertraglichen AGB
- Arbeitsrecht aktuell: 11/154 Kündigung wegen Beleidigung nicht ohne vorherige Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/047 Fristlose Kündigung ohne Abmahnung bei unklaren Pflichten des Arbeitnehmers?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/027 Keine Kündigung nach nicht einschlägiger Abmahnung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 16. Juli 2018
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