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Fristlose Kündigung ohne Abmahnung bei unklaren Pflichten des Arbeitnehmers?
Die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung werden zweistufig geprüft. Auf der ersten Stufe steht die Frage, ob der vom Arbeitgeber für die Kündigung ins Feld geführte Grund "an sich", also losgelöst vom konkreten Fall, ausreichen kann. Auf der zweiten Stufe werden dann alle für und gegen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sprechenden Gesichtspunkte abgewogen. Wiegt das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers schwerer, ist ihm also die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar, dann ist die Kündigung wirksam.
Seit Mitte 2010 wird diese Abwägung von den Arbeitsgerichten (wieder) bemerkenswert differenziert und umsichtig durchgeführt. In dem damals entschiedenen, allgemein bekannten Fall der Kassiererin mit dem Spitznamen "Emmely" hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) betont, dass durch ein langes, unbeanstandet gebliebenes Arbeitsverhältnis ein großes "Vertrauenskapital" nicht zwingend durch eine einmalige Fehlleistung des Arbeitnehmers aufgebraucht sein muss (BAG, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09; wir berichteten über den Fall zuletzt in: Arbeitsrecht aktuell: 10/136 Emily arbeitet wieder als Kassiererin.).
Formal hatte das BAG damit seine Rechtsprechung nicht geändert, aber den Gerichten sehr wohl verdeutlicht, dass selbst bei Vermögensdelikten genau hingesehen werden muss und es eben keine "absoluten" Kündigungsgründe gibt, die eine Kündigung stets rechtfertigen. Bei verhaltensbedingten Kündigungen gehört zu diesem "genauen Hinsehen", dass eine Abmahnung gegenüber einer Kündigung ein milderes Mittel und daher grundsätzlich vorzuziehen ist.
Auch die Drohung mit einer Kündigung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Konflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu lösen bzw. künftige, ähnliche Konflikte zu vermeiden. Sie ist daher nur ausnahmsweise entbehrlich. Erst wenn der Arbeitnehmer nach einer solchen Abmahnung bzw. ggf. sogar erst nach mehreren Abmahnungen erneut gegen eine gleich gelagerte Pflicht verstößt, kann der Arbeitgeber guten Gewissens davon ausgehen, dass nur noch eine Kündigung künftig für Ruhe sorgt.
Es gibt jedoch hin und wieder Fälle, in denen der Arbeitgeber noch nicht einmal ernsthaft von einem Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten ausgehen darf, d.h. selbst eine Abmahnung eine unverhältnismäßig harte Reaktion ist. Ein solcher Fall lag dem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein vom 24.11.2010 (3 Sa 204/10) zugrunde.
Im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses stritten ein Schulhausmeister und sein Arbeitgeber um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Diese war ohne vorherige einschlägige Abmahnung ausgesprochen worden, weil der Kläger angeblich die Schulwerkstatt jahrelang auch privat genutzt hatte. In der Tat hatte der Kläger die Werkstatt auch mit privaten Geräten ausgestattet. Allerdings trug er vor, mit dieser Ausrüstung seit fast anderthalb Jahrzehnten Holzarbeiten für die Schule durchgeführt zu haben. Streitig war insbesondere die Herstellung von Feuerholz. Hiervon wollte der Arbeitgeber nichts gewusst haben.
Das LAG Schleswig-Holstein bestätigte seine Vorinstanz (Arbeitsgericht Elmshorn, Urteil vom 22.04.2010, 3 Ca 105 b/10) und hielt die Kündigung wegen Unverhältnismäßigkeit für unwirksam. Es bemängelte, dass der Arbeitgeber sich zu keinen Zeitpunkt über die Herkunft des unstreitig für die Schule verwendeten Brennholzes Gedanken gemacht und es insbesondere auch nicht extern besorgt hatte. Er hatte damit die Nutzung von privaten Gegenständen im Betriebsinteresse stillschweigend hingenommen. Es fehlten jegliche Anweisungen oder Regelungen, in welchem Maße die "Vermischung privater und dienstlicher Angelegenheiten geduldet, erlaubt, erwünscht oder unerwünscht ist", so das Gericht.
Das LAG stellte klar: "Solange ... derartige klare Anweisung überhaupt fehlen, fehlt auch die Berechtigung, ein Verhalten als 'Pflichtverstoß' zu ahnden, dass niemals zuvor als Pflichtverstoß definiert wurde; im Gegenteil vielmehr in der Vergangenheit, wenn nicht gar befürwortend, jedenfalls latent dankend entgegengenommen wurde."
Fazit: Es ist durchaus weit verbreitet, dienstliche und private Angelegenheiten miteinander zu vermengen. Dabei ist nicht immer eindeutig klar, welche Arbeitsvertragspartei hiervon mehr hat. Viele Abläufe laufen reibungsloser, wenn nicht allzu genau hingesehen wird. Wer das als Arbeitgeber so handhabt und keine klaren Spielregeln aufstellt, muss sich dann aber auch "an die eigene Nase fassen", wenn etwas nicht so wie gewünscht läuft. Im vorliegenden Fall wäre nach diesen Grundsätzen wohl noch nicht einmal eine Ermahnung verhältnismäßig gewesen, sondern lediglich eine arbeitgeberseitige Klarstellung. Eine solche, effektive Ausübung des Direktionsrechtes vermeidet im Zweifel mehr Streit als eine Kündigung.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.11.2010, 3 Sa 204/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Diebstahl
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Ermahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Weisungsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/139 Kündigung eines Chefarztes wegen Verschweigens einer Straftat
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Letzte Überarbeitung: 23. April 2019
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