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Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte wegen Datenschutzes nach der DS-GVO
19.07.2019. In der Vergangenheit endete der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung einer unberechtigten Abmahnung aus der Personalakte zeitlich mit dem Austritt aus dem Arbeitsverhältnis.
Denn trennen sich die Wege von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, gehen keine beruflichen Nachteile mehr von einer Abmahnung aus, die irgendwo in der Personalakte seines Ex-Arbeitgebers "vergraben" ist.
Das hat sich infolge des neuen Arbeitnehmer-Datenschutzrechts nach der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) geändert, wie ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Sachsen-Anhalt zeigt: LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.11.2018, 5 Sa 7/17.
- Woraus folgt der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte und wie lange kann er geltend gemacht werden?
- Der Streitfall: Marktleiter eines Einzelhandelsunternehmens klagt auf Reisekostenerstattung und Entfernung einer Abmahnung
- LAG Sachsen-Anhalt: Arbeitnehmer können nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß Art.17 Abs.1 DS-GVO die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte verlangen
Woraus folgt der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte und wie lange kann er geltend gemacht werden?
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) können Arbeitnehmer die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen, wenn sie zu Unrecht ausgesprochen wurde und/oder durch Zeitablauf (vollkommen) unerheblich geworden ist. Denn eine solche unrichtige oder unnötige Fehler-Dokumentation durch den Arbeitgeber verletzt das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und ist daher rechtswidrig.
Rechtliche Grundlage ("Anspruchsgrundlage") für den Anspruch auf Entfernung der Abmahnung ist eine entsprechende Anwendung von § 1004 Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der den Anspruch auf Beseitigung von "Störungen" des Eigentums regelt, und zudem § 242 BGB ("Treu-und-Glauben"), so das BAG (BAG, Urteil vom 19.7.2012, 2 AZR 782/11, zu I.1. der Gründe).
Im Einzelnen besteht ein Entfernungsanspruch gemäß § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB in Verb. mit § 242 BGB laut BAG (Urteil vom 19.7.2012, 2 AZR 782/11, zu I.1. der Gründe), wenn die Abmahnung
- inhaltlich (zu) unbestimmt ist (denn dann weiß der abgemahnte Arbeitnehmer nicht, was er künftig anders machen soll), und/oder
- unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, und/oder
- auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des abgemahnten Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, und/oder
- eine Lappalie betrifft und daher unverhältnismäßig ist, und/oder
- ursprünglich zwar zurecht ausgesprochen wurde, aber aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeit vollkommen bedeutungslos geworden ist.
Was den Zeitablauf nach Ausspruch einer ursprünglich berechtigten Abmahnung angeht, muss man zwei Dinge auseinanderhalten:
- Die Abmahnung verliert ihre kündigungsschutzrechtliche Bedeutung als milderes Mittel gegenüber einer verhaltensbedingten Kündigung bereits nach etwa zwei bis drei Jahren, wenn sich der Arbeitnehmer während dieser Zeit korrekt verhalten hat. Kommt es dann erneut zu einem Pflichtverstoß von der Art, wie er (vor z.B. drei Jahren) abgemahnt wurde, muss der Arbeitgeber erneut abmahnen, anstatt "vorschnell" bzw. unverhältnismäßig zu kündigen.
- Die Abmahnung verliert dagegen ihre Bedeutung als Nachweis einer Störung des Arbeitsverhältnisses erst nach viel längerer Zeit, ggf. erst nach z.B. 20 Jahren, denn auch nach einer so langen Zeit kann es vorkommen, dass der Arbeitgeber eine außerordentliche und fristlose Kündigung wegen eines erheblichen Pflichtverstoßes im Vertrauensbereich ausspricht, z.B. wegen eines Vermögensdelikts. Wenn ein solcher Pflichtverstoß im sog. Bagatellbereich begangen wurde, kann eine Kündigung trotz der vom Arbeitnehmer begangenen Straftat unverhältnismäßig sein, wenn das Arbeitsverhältnis bisher ohne Beanstandungen verlaufen ist (BAG, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09 - "Emmely"). Daraus folgt, dass Arbeitgeber berechtigt sind, Abmahnungen sehr viel länger als nur zwei oder drei Jahre aufzubewahren, um in einem solchen Fall nachweisen zu können, dass das Arbeitsverhältnis nicht völlig "beanstandungsfrei" verlaufen ist (BAG, Urteil vom 19.7.2012, 2 AZR 782/11, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 13/020 Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte).
Aus der o.g. juristischen Herleitung des Anspruchs auf Entfernung der Abmahnung (Schutz des Persönlichkeitsrechts, Gefahr der Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens) folgt eine zeitliche Begrenzung des Anspruchs aus § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB in Verb. mit § 242 BGB: Ist das Arbeitsverhältnis beendet, kann es dem Arbeitnehmer arbeitsrechtlich nicht mehr schaden, wenn eine unrichtige und/oder durch Zeitablauf (vollkommen) bedeutungslos gewordene Abmahnung weiter in der Personalakte des Ex-Arbeitgebers "schlummert".
Diese zeitliche Begrenzung gilt allerdings nicht, wenn der Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus dem Arbeitnehmer-Datenschutzrecht hergeleitet wird.
Der Streitfall: Marktleiter eines Einzelhandelsunternehmens klagt auf Reisekostenerstattung und Entfernung einer Abmahnung
Im Streitfall war ein Marktleiter nach gut vierjähriger Tätigkeit für ein Einzelhandelsunternehmen ordentlich gekündigt wurden und hatte dagegen mit Erfolg Kündigungsschutzklage erhoben. Außerdem konnte er seine Weiterbeschäftigung erstreiten und erreichen, dass das Arbeitsgericht den Arbeitgeber zur Zeugniserteilung und zur Entfernung einer Abmahnung aus dem Jahre 2015 verurteilte. Dagegen hatte er mit der gleichfalls erhobenen Klage auf Erstattung von Reisekosten keinen Erfolg (Arbeitsgericht Magdeburg, Urteil vom 29.11.2016, 9 Ca 1235/16).
Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens vor dem LAG Sachsen-Anhalt sprach der Marktleiter eine Eigenkündigung zum 30.06.2017 aus. Daher ging es vor dem LAG nur noch um die Reisekosten, die der Arbeitnehmer haben wollte, sowie um die Pflicht zur Entfernung der Abmahnung, gegen die sich der Arbeitgeber wehrte.
LAG Sachsen-Anhalt: Arbeitnehmer können nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß Art.17 Abs.1 DS-GVO die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte verlangen
Vor dem LAG zogen beide Parteien den Kürzeren, d.h. das LAG wies beide Berufungen zurück. Reisekostenerstattung gab es daher nicht, und der Arbeitgeber musste es akzeptieren, dass er zur Entfernung der Abmahnung verurteilt wurde.
Den Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus dem Jahr 2015 stützt das LAG dabei auf Art.17 Abs.1 Buchstabe a) DS-GVO. Diese Vorschrift lautet:
"Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:
a) Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig."
Dazu heißt es in dem Urteil (Rn.67):
"Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Beklagte noch ein Interesse an einem Beibehalt des Abmahnungsschreibens in der Personalakte des Klägers hat. (...) Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die Warnfunktion entfallen. Hinsichtlich der Rüge- und Dokumentationsfunktion könnte sich noch ein Interesse am Erhalt der Abmahnung für den Arbeitgeber ergeben, soweit dies zur Abwehr von etwaigen Ansprüchen des Arbeitnehmers oder zur Begründung eigener Ansprüche gegen den Arbeitnehmer erforderlich erscheint. Im vorliegenden Fall sind solche Gründe offensichtlich nicht gegeben."
Fazit: Das Urteil des LAG Sachsen-Anhalt dreht den Spieß beim Thema Abmahnungsentfernung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses um:
Musste sich der Arbeitnehmer auf der Grundlage der bisherigen Anspruchsbegründung (§ 1004 Abs.1 Satz 1 BGB, § 242 BGB) vorhalten lassen, dass ihm die in der Personalakte seines Ex-Arbeitgebers befindliche Abmahnung nach der beruflichen Trennung doch nicht mehr schaden könne, muss jetzt umgekehrt der Arbeitgeber nachweisen, welchen Nutzen die weitere Abmahnungs-Dokumentation nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers noch haben könnte.
Da es einen solchen Nutzen meist nicht geben wird, sind Abmahnungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in aller Regel aus der Personalakte zu entfernen, und zwar aus der Papierakte ebenso wie aus der digitalen Akte. Diese Pflicht trifft den Arbeitgeber auch ohne entsprechende Aufforderung durch den Arbeitnehmer. Und sie erstreckt sich nicht nur auf etwaige Abmahnungen oder Ermahnungen, sondern auf alle Dokumente, die nicht aus steuerlichen oder sonstigen berechtigten Gründen der ordnungsgemäßen Lohnbuchhaltung weiterhin aufbewahrt werden müssen (s. dazu Handbuch Arbeitsrecht: Datenschutz im Arbeitsrecht).
Die Stammdaten des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber übrigens sehr lange bzw. "so gut wie ewig" aufbewahren, da er ansonsten nicht sicher ausschließen kann, im Falle einer späteren Neu-Einstellung des entlassenen Arbeitnehmers auf der Grundlage eines sachgrundlos befristeten Vertrags in die "Vorbeschäftigungs-Falle" zu tappen (s. dazu Arbeitsrecht aktuell: 18/143 BAG-Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbot gekippt).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.11.2018, 5 Sa 7/17
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.7.2012, 2 AZR 782/11
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09 ("Emmely")
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Fristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Rechtsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Datenschutz im Arbeitsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Weiterbeschäftigung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/025 Neue BAG-Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung 2019
- Arbeitsrecht aktuell: 18/172 Arbeitsgericht Bochum beanstandet ungenaue Abmahnung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/143 BAG-Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbot gekippt
- Arbeitsrecht aktuell: 17/265 Vorsorgliche Abmahnung in arbeitsvertraglichen AGB
- Arbeitsrecht aktuell: 16/221 Einsicht in die Personalakte
- Arbeitsrecht aktuell: 13/154 Fristlose Kündigung wegen Tätlichkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 13/020 Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte
- Arbeitsrecht aktuell: 10/136 Emmely arbeitet wieder als Kassiererin
Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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