HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

HANDBUCH ARBEITSRECHT

Wei­ter­be­schäf­ti­gung

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Wei­ter­be­schäf­ti­gung: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht

Auf die­ser Sei­te fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu der Fra­ge, was man un­ter Wei­ter­be­schäf­ti­gung ver­steht, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein An­spruch auf Wei­ter­be­schäf­ti­gung be­steht und was den all­ge­mei­nen Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch vom be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch un­ter­schei­det.

Au­ßer­dem fin­den Sie Hin­wei­se da­zu, was der Be­triebs­rat be­ach­ten soll­te, wenn er ei­ner vom Ar­beit­ge­ber in Aus­sicht ge­nom­me­nen Kün­di­gung wi­der­spricht, und wel­che Mög­lich­kei­ten der Ar­beit­ge­ber hat, wenn er sich ge­gen den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch zur Wehr set­zen will.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Was ver­steht man un­ter Wei­ter­beschäfti­gung?

So­lan­ge das Ar­beits­verhält­nis be­steht, hat der Ar­beit­neh­mer nicht nur An­spruch auf Lohn und Ge­halt. Er kann auch die An­nah­me sei­ner Ar­beits­leis­tung ver­lan­gen, d.h. er hat ei­nen An­spruch auf Beschäfti­gung.

Der Beschäfti­gungs­an­spruch en­det mit dem En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses. Ob das Ar­beits­verhält­nis wirk­sam be­en­det wur­de oder nicht, ist aber oft nicht klar und zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer strei­tig. Das ist vor al­lem so, wenn es nach ei­ner vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung zum Kündi­gungs­schutz­pro­zess kommt.

Mit Wei­ter­beschäfti­gung ist die vorüber­ge­hen­de, d.h. vorläufi­ge wei­te­re Tätig­keit des Ar­beit­neh­mers während der Zeit ge­meint, in der un­klar ist, ob das Ar­beits­verhält­nis noch be­steht oder auf­grund ei­ner Kündi­gung oder Be­fris­tung be­reits nicht mehr in Kraft ist. Da­her ist der An­spruch auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung ty­pi­scher Be­stand­teil ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge oder ei­ner Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge.

War­um gibt es ei­nen An­spruch auf Wei­ter­beschäfti­gung?

Der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch soll ver­hin­dern, dass der gekündig­te Ar­beit­neh­mer auch dann, wenn er (mögli­cher­wei­se) im Recht ist, auf­grund der vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung fak­tisch „draußen“ ist.

Denn Kündi­gungs­schutz­kla­ge hin oder her: Der Ar­beit­ge­ber händigt dem Ar­beit­neh­mer die Ar­beits­pa­pie­re aus und mel­det ihn bei der So­zi­al­ver­si­che­rung ab, so dass der Ar­beit­neh­mer Ar­beits­lo­sen­geld be­zie­hen oder sich ei­nen an­de­ren (Zwi­schen-)Job su­chen muss.

In die­ser Si­tua­ti­on hilft dem Ar­beit­neh­mer der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch. Denn auf­grund die­ses An­spruchs kann der gekündig­te Ar­beit­neh­mer ver­lan­gen, vorläufig bis zur rechts­kräfti­gen ge­richt­li­chen Ent­schei­dung wei­ter­beschäftigt zu wer­den. Denn bis über die Kündi­gung rechts­kräftig ent­schie­den ist, können Jah­re ver­ge­hen, und nach ei­ner so lan­gen Zeit der Ab­we­sen­heit vom Be­trieb hat sich das al­te Ar­beits­verhält­nis prak­tisch meist er­le­digt.

Wann be­steht ein An­spruch auf Wei­ter­beschäfti­gung?

Es gibt zwei ver­schie­de­ne Ansprüche auf Wei­ter­beschäfti­gung, die auf un­ter­schied­li­chen Vor­aus­set­zun­gen be­ru­hen.

  • Der ei­ne die­ser bei­den Ansprüche folgt aus § 102 Abs.5 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) und wird be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­cher Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ge­nannt. Vor­aus­set­zung für den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ist das Be­ste­hen ei­nes Be­triebs­rats, der der Kündi­gung wi­der­spro­chen ha­ben muss.
  • Der an­de­re An­spruch auf Wei­ter­beschäfti­gung gilt für al­le Ar­beit­neh­mer und greift da­her auch dann ein, wenn ein Be­triebs­rat nicht be­steht. Er heißt all­ge­mei­ner Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch.

Der stärke­re die­ser bei­den Ansprüche ist der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch. Der all­ge­mei­ne Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ist im Ver­gleich da­zu nur ein An­spruch zwei­ter Klas­se. Er greift nämlich in al­ler Re­gel nur ein, wenn der Ar­beit­neh­mer den Kündi­gungs­schutz­pro­zess in der ers­ten In­stanz vor dem Ar­beits­ge­richt ge­won­nen hat. Da­ge­gen ist der vom Be­triebs­rats­wi­der­spruch aus­gelöste be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch von die­ser Vor­aus­set­zung un­abhängig.

Da­her hilft der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch dem Ar­beit­neh­mer früher: Er muss nicht ab­war­ten, bis das Ar­beits­ge­richt sein Ur­teil gefällt hat. Und der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ist un­abhängig vom Pro­zess­ver­lauf. Auch wenn das Ar­beits­ge­richt in der ers­ten In­stanz die Kla­ge ab­weist, kann der Ar­beit­neh­mer Wei­ter­beschäfti­gung ver­lan­gen.

Wie al­le gu­ten Din­ge im Le­ben ist auch der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch sel­ten. In den meis­ten Fällen können sich Ar­beit­neh­mer im Kündi­gungs­schutz­pro­zess nur auf den all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch be­ru­fen.

Wann greift der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ein?

Gemäß § 102 Abs.1 Be­trVG ist der Be­triebs­rat vor je­der Kündi­gung zu hören. Im Rah­men der Anhörung hat der Ar­beit­ge­ber hat dem Be­triebs­rat die Gründe für die Kündi­gung mit­zu­tei­len. Ei­ne oh­ne Anhörung des Be­triebs­rats aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung ist un­wirk­sam.

Hat der Be­triebs­rat ge­gen ei­ne be­ab­sich­tig­te or­dent­li­che Kündi­gung Be­den­ken, so hat er die­se un­ter An­ga­be der Gründe dem Ar­beit­ge­ber spätes­tens in­ner­halb ei­ner Wo­che schrift­lich mit­zu­tei­len. In­ner­halb die­ser Frist kann er ei­ner in Aus­sicht ge­nom­me­nen or­dent­li­chen Kündi­gung wi­der­spre­chen, wenn ei­ner der fol­gen­den, im Ge­setz ab­sch­ließend auf­geführ­ten fünf Wi­der­spruchs­gründe ge­ge­ben sind (bei ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung gibt es kein Wi­der­spruchs­recht des Be­triebs­rats):

  1. Der Ar­beit­ge­ber hat bei der Aus­wahl des zu kündi­gen­den Ar­beit­neh­mers so­zia­le Ge­sichts­punk­te ent­ge­gen § 1 Abs.3 Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) nicht oder nicht aus­rei­chend berück­sich­tigt.
  2. Die Kündi­gung verstößt ge­gen ei­ne im Be­trieb gel­ten­de, in der Re­gel von der Geschäfts­lei­tung ge­mein­sam mit dem Be­triebs­rat fest­ge­leg­te Per­so­nal­aus­wahl­richt­li­nie.
  3. Der zu kündi­gen­de Ar­beit­neh­mer kann an ei­nem an­de­ren frei­en Ar­beits­platz im Be­trieb oder in ei­nem an­de­ren Be­trieb des Un­ter­neh­mens wei­ter­beschäftigt wer­den.
  4. Die Wei­ter­beschäfti­gung des zu kündi­gen­den Ar­beit­neh­mers ist nach zu­mut­ba­ren Um­schu­lungs- oder Fort­bil­dungs­maßnah­men möglich.
  5. Ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung des zu kündi­gen­den Ar­beit­neh­mers ist un­ter geänder­ten Ver­trags­be­din­gun­gen möglich und der Ar­beit­neh­mer hat sein Ein­verständ­nis hier­mit erklärt.

Der Be­triebs­rat kann ei­ne vom Ar­beit­ge­ber be­ab­sich­tig­te or­dent­li­che Kündi­gung zwar nicht ver­hin­dern, doch kann er der Kündi­gung wi­der­spre­chen, falls ei­ner der oben ge­nann­ten fünf Wi­der­spruchs­gründe vor­lie­gen. Erklärt der Ar­beit­ge­ber trotz des Wi­der­spruchs die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung, so hat er dem Ar­beit­neh­mer zu­sam­men mit dem Kündi­gungs­schrei­ben die Stel­lung­nah­me bzw. den Wi­der­spruchs des Be­triebs­rats in Ko­pie zu­zu­lei­ten (§ 102 Abs.4 Be­trVG). Nähe­re In­for­ma­tio­nen zu die­sem The­ma fin­den Sie un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Anhörung des Be­triebs­rats.

Er­hebt der gekündig­te Ar­beit­neh­mer ge­gen die Kündi­gung Kündi­gungs­schutz­kla­ge, führt der frist- und ord­nungs­gemäße Wi­der­spruch des Be­triebs­rats da­zu, dass der Ar­beit­ge­ber auf Ver­lan­gen des Ar­beit­neh­mers die­sen nach Ab­lauf der Kündi­gungs­frist bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Rechts­streits bei un­veränder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen wei­ter­beschäfti­gen muss, § 102 Abs.5 Satz 1 Be­trVG.

Was soll­te der Be­triebs­rat bei Er­he­bung ei­nes Wi­der­spruchs be­ach­ten?

Ent­schei­det sich der Be­triebs­rat für ei­nen Wi­der­spruch, so soll­te er die­sen nicht nur flos­kel­haft, d.h. un­ter bloßer Wie­der­ho­lung des Ge­set­zes­wort­lau­tes er­he­ben, son­dern die tatsächli­chen, für den Wi­der­spruch ge­gen die kon­kre­te Kündi­gung maßgeb­li­chen Gründe an­ge­ben.

Be­gründet der Be­triebs­rat sei­nen Wi­der­spruch bei­spiels­wei­se dar­auf, dass der Ar­beit­ge­ber ei­nen Feh­ler bei der So­zi­al­aus­wahl be­gan­gen ha­be, muss er die aus sei­ner Sicht we­ni­ger schutz­bedürf­ti­gen Ar­beit­neh­mer na­ment­lich be­nen­nen oder zu­min­dest als Grup­pe von Ar­beit­neh­mern an­hand abs­trak­ter Merk­ma­le so be­schrei­ben, dass der Ar­beit­ge­ber weiß, wel­che Ar­beit­neh­mer ge­meint sind.

Wird der Wi­der­spruch mit der an­geb­li­chen Möglich­keit der Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers be­gründet, genügt der all­ge­mei­ne Hin­weis auf „Neu­ein­stel­lun­gen“ nicht. Viel­mehr muss der Be­triebs­rat den frei­en Ar­beits­platz kon­kret be­zeich­nen und in et­wa be­gründen, war­um die­ser Ar­beits­platz für den Ar­beit­neh­mer, den der Ar­beit­ge­ber kündi­gen möch­te, ge­eig­net wäre.

Die von der Recht­spre­chung ge­stell­ten An­for­de­run­gen an die Be­gründung des vom Be­triebs­rat erklärten Wi­der­spruchs sind sehr hoch. Oh­ne in­ten­si­ve Be­fas­sung mit dem je­weils ins Au­ge ge­fass­ten Wi­der­spruchs­grund und den im Ein­zel­fall ge­ge­be­nen Umständen, die ei­nen Wi­der­spruch nach­voll­zieh­bar ma­chen, ist ein Wi­der­spruch nicht „ord­nungs­gemäß“ und ver­hilft dem be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer da­her nicht zu ei­nem be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch.

Da­ge­gen kommt es für die aus­rei­chen­de Be­gründung des Wi­der­spruchs nicht dar­auf an, ob die im Ge­setz ge­nann­ten Wi­der­spruchs­gründe im Ein­zel­fall auch tatsächlich vor­lie­gen. Es genügt, wenn der Be­triebs­rat der Mei­nung ist, sie lägen vor. Die­se sub­jek­ti­ve Rechts­mei­nung muss er aber durch An­ga­be von kon­kre­ten, auf den je­wei­li­gen Ein­zel­fall be­zo­ge­nen Tat­sa­chen nach­voll­zieh­bar ma­chen.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen zu die­sem The­ma fin­den Sie un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Anhörung des Be­triebs­rats.

Was soll­ten Ar­beit­neh­mer be­ach­ten, wenn sie ih­ren be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch durch­set­zen wol­len?

Der Ar­beit­neh­mer kann sei­nen be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch zu­sam­men mit der Kündi­gungs­schutz­kla­ge oder auch, falls das Kla­ge­ver­fah­ren be­reits in der ers­ten In­stanz vor­aus­sicht­lich über den Ab­lauf der Kündi­gungs­frist hin­aus dau­ern wird, im ar­beits­ge­richt­li­chen Eil­ver­fah­ren ge­richt­lich gel­tend ma­chen, d.h. An­trag auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung stel­len.

Ein zusätz­lich zur Kündi­gungs­schutz­kla­ge an­ge­streng­tes Eil­ver­fah­ren ist auch bei lan­gen Kündi­gungs­fris­ten oft sinn­voll, da man nie wis­sen kann, wie lan­ge sich das Ver­fah­ren bis zum Er­lass des Ur­teils in der ers­ten In­stanz hin­zie­hen wird. Hat der Ar­beit­ge­ber erklärt, den Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch des Ar­beit­neh­mers erfüllen zu wol­len, emp­fiehlt sich ein Teil­ver­gleich oder ein An­er­kennt­nis­teil­ur­teil, da­mit der Ar­beit­neh­mer später nach Ab­lauf der Kündi­gungs­frist ei­nen voll­streck­ba­ren Ti­tel in der Hand hat.

Wich­tig: Der Ar­beit­neh­mer muss vom Ar­beit­ge­ber aus­drück­lich sei­ne Wei­ter­beschäfti­gung ver­lan­gen, al­so erklären, dass er nach Ab­lauf der Kündi­gungs­frist bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens bei un­veränder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen wei­ter­beschäftigt wer­den möch­te. Und da der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che An­spruch auf Wei­terbeschäfti­gung ei­ne Lücke in der Beschäfti­gung ver­hin­dern soll, for­dert die Recht­spre­chung vom Ar­beit­neh­mer, dass er sei­ne Wei­ter­beschäfti­gung noch in­ner­halb der Kündi­gungs­frist ver­langt, al­ler­spätes­tens aber am ers­ten Tag nach Ab­lauf der Kündi­gungs­frist (BAG, Ur­teil vom 11.05.2000, 2 AZR 54/99).

BEISPIEL: Ein Ar­beit­neh­mer wird or­dent­lich aus be­triebs­be­ding­ten Gründen zum 31. De­zem­ber 2016 gekündigt, und der Be­triebs­rat hat der Kündi­gung in­ner­halb der einwöchi­gen Anhörungs­frist mit ausführ­li­cher Be­gründung wi­der­spro­chen. Der Ar­beit­neh­mer er­hebt Kündi­gungs­schutz­kla­ge, aber er (bzw. sein An­walt) stellt ei­nen An­trag auf Wei­ter­beschäfti­gung erst Mit­te Fe­bru­ar 2017. Vor­her hat der Ar­beit­neh­mer vom Ar­beit­ge­ber sei­ne Wei­ter­beschäfti­gung nicht ver­langt. Dann hat der Ar­beit­neh­mer sei­nen be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch durch ei­ge­nes Ver­schul­den (bzw. das Ver­schul­den sei­nes An­walts) ver­lo­ren.

Zu­sam­men­ge­fasst kann ein gekündig­ter Ar­beit­neh­mer da­her un­ter fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen un­ter Be­ru­fung auf § 102 Abs.5 Satz 1 Be­trVG Wei­ter­beschäfti­gung ver­lan­gen:

  • Der Ar­beit­ge­ber spricht ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung aus. Bei be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gun­gen greift der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch nicht ein.
  • Der Be­triebs­rat hat der Kündi­gung frist­gemäß, schrift­lich und mit ausführ­li­cher Be­gründung wi­der­spro­chen, d.h. er hat in­ner­halb ei­ner Wo­che nach ent­spre­chen­der Mit­tei­lung durch den Ar­beit­ge­ber ("Anhörung des Be­triebs­rats") un­ter Ver­weis auf ei­nen der in § 102 Abs.3 Be­trVG ge­nann­ten fünf Wi­der­spruchs­gründe ausführ­lich und "schlüssig" be­gründet, war­um im vor­lie­gen­den Ein­zel­fall ein ge­setz­li­cher Wi­der­spruchs­grund vor­liegt.
  • Der Ar­beit­neh­mer hat Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben.
  • Der Ar­beit­neh­mer hat vom Ar­beit­ge­ber in­ner­halb der Kündi­gungs­frist (spätes­tens am ers­ten Tag da­nach) aus­drück­lich die Wei­ter­beschäfti­gung ver­langt, al­so erklärt, dass er nach Ab­lauf der Kündi­gungs­frist bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens bei un­veränder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen wei­ter­beschäftigt wer­den möch­te.

Kann sich der Ar­beit­ge­ber ge­gen den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch weh­ren?

Auch bei ord­nungs­gemäßem Wi­der­spruch des Be­triebs­rats ge­gen ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung müssen Ar­beit­ge­ber den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch des Ar­beit­neh­mers nicht kampf­los erfüllen, son­dern können sich da­ge­gen ge­richt­lich zur Wehr set­zen.

Da­zu können Ar­beit­ge­ber beim Ar­beits­ge­richt be­an­tra­gen, sie durch ei­ne einst­wei­li­ge Verfügung von der Ver­pflich­tung zur Wei­ter­beschäfti­gung zu ent­bin­den. Vor­aus­set­zung für den Er­folg ei­nes sol­chen An­trags ist nach § 102 Abs.5 Satz 2 Be­trVG, dass ei­ner der fol­gen­den drei im Ge­setz ge­nann­ten Gründe vor­lie­gen:

  1. Die Kla­ge des Ar­beit­neh­mers hat kei­ne hin­rei­chen­de Aus­sicht auf Er­folg oder er­scheint so­gar mut­wil­lig.
  2. Die Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers würde zu ei­ner un­zu­mut­ba­ren wirt­schaft­li­chen Be­las­tung des Ar­beit­ge­bers führen.
  3. Der Wi­der­spruch des Be­triebs­rats war of­fen­sicht­lich un­be­gründet.

Wann greift der all­ge­mei­ne Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ein?

Auch wenn die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch gemäß § 102 Abs.5 Be­trVG nicht vor­lie­gen, muss sich der Ar­beit­neh­mer nicht da­mit ab­fin­den, dass er während der Dau­er ei­nes Streits um die Be­en­di­gung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses einst­wei­len nicht mehr beschäftigt wird. Denn er hat ei­nen all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch.

Den all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) 1985 an­er­kannt (BAG, Großer Se­nat, Be­schluss vom 27.02.1985, GS 1/84). Die­ser An­spruch gehört seit­dem - trotz teil­wei­se hef­ti­ger Kri­tik - zum gel­ten­den Ar­beits­recht. Der all­ge­mei­ne Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch kann vom Ar­beit­neh­mer eben­so wie der An­spruch aus § 102 Abs.5 Be­trVG im We­ge der Kla­ge und da­ne­ben auch im ar­beits­ge­richt­li­chen Eil­ver­fah­ren gel­tend ge­macht wer­den.

Nach der Ent­schei­dung des BAG vom 27.02.1985 greift der all­ge­mei­ne Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch al­ler­dings nur dann ein, wenn das Beschäfti­gungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers im Ein­zel­fall das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Nicht­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers über­wiegt.

Da­mit die­se In­ter­es­sen­abwägung in den häufigs­ten Fall­kon­stel­la­tio­nen be­re­chen­bar ist, hat das BAG hier­zu fol­gen­de Grundsätze auf­ge­stellt:

  1. Das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Nicht­beschäfti­gung über­wiegt im All­ge­mei­nen, bis das Ar­beits­ge­richt, d.h. die ers­te In­stanz, die Kündi­gung für un­wirk­sam erklärt hat. Bis zur Be­en­di­gung der ers­ten In­stanz muss sich der Ar­beit­neh­mer, wenn er sei­nen all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch durch­set­zen will, ge­dul­den, d.h. er muss sich mit der vorüber­ge­hen­den Nicht­beschäfti­gung ab­fin­den.
  2. Be­reits vor ei­nem erst­in­stanz­li­chen Er­folg des Ar­beit­neh­mers im Kündi­gungs­schutz­pro­zess über­wiegt aus­nahms­wei­se das Beschäfti­gungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers, wenn die Kündi­gung of­fen­sicht­lich un­wirk­sam war, was ins­be­son­de­re der Fall ist, wenn der Ar­beit­neh­mer durch Vor­schrif­ten des Son­derkündi­gungs­schut­zes - et­wa als schwer­be­hin­der­ter Mensch oder als Schwan­ge­re - geschützt ist und die er­for­der­li­chen behörd­li­chen Zu­stim­mun­gen nicht vor­lie­gen.
  3. Hat das Ar­beits­ge­richt der Kündi­gungs­schutz­kla­ge statt­ge­ge­ben, über­wiegt im All­ge­mei­nen das Beschäfti­gungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers ge­genüber den In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Nicht­beschäfti­gung. Dar­aus folgt die Emp­feh­lung für den kla­gen­den Ar­beit­neh­mer, den An­trag auf Wei­ter­beschäfti­gung un­ter Ver­weis auf die Vor­aus­set­zun­gen des all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruchs mit der Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu ver­bin­den. Gibt das Ge­richt nämlich der Kündi­gungs­schutz­kla­ge statt, wird es auch dem Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch statt­ge­ben.

Was soll­ten Ar­beit­neh­mer be­ach­ten, wenn sie ih­ren all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch durch­set­zen wol­len?

Wie eben erwähnt, können Sie als Ar­beit­neh­mer, wenn Sie ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge oder ei­nen Be­fris­tungs­kon­troll­pro­zess in der ers­ten In­stanz ge­won­nen ha­ben, Ih­re vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung bis zum Ab­schluss des Pro­zes­ses ver­lan­gen. Die­ser An­spruch hängt nicht da­von ab, der Be­triebs­rat Ih­rer Kündi­gung wi­der­spro­chen hat.

Die­sen all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch soll­ten Sie als Ar­beit­neh­mer spätes­tens vor dem Kam­mer­ter­min im We­ge der Kla­ge­er­wei­te­rung gel­tend ma­chen. Denn sonst müss­ten Sie, falls Ihr Ar­beit­ge­ber in Be­ru­fung geht, in ei­nem ge­son­der­ten (Eil-)Ver­fah­ren die vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung durch­set­zen. Da­mit hätten Sie wert­vol­le Zeit ver­lo­ren.

Was soll­ten Ar­beit­ge­ber beim The­ma Wei­ter­beschäfti­gung be­ach­ten?

Nicht nur gekündig­te Ar­beit­neh­mer, auch Ar­beit­ge­ber können sich beim The­ma Wei­ter­beschäfti­gung die Fin­ger ver­bren­nen.

Die größte Ge­fahr be­steht dar­in, dass die Erfüllung des An­spruchs auf Wei­ter­beschäfti­gung im Nach­hin­ein als neu­er Ver­trags­schluss aus­ge­legt wird. Ge­gen ei­ne sol­che In­ter­pre­ta­ti­on sei­nes Ver­hal­tens können sich Ar­beit­ge­ber ab­si­chern, in­dem sie klar­stel­len, dass sie nur auf­grund des (all­ge­mei­nen oder be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen) Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruchs da­zu be­reit sind, dem Ar­beit­neh­mer Ar­beit zu­zu­wei­sen und ihm dafür Lohn zu be­zah­len.

Am si­chers­ten steht sich der Ar­beit­ge­ber, wenn er die Wei­ter­beschäfti­gung so lan­ge ver­wei­gert, bis der Ar­beit­neh­mer sei­nen An­spruch auf Wei­ter­beschäfti­gung ge­richt­lich durch­ge­setzt hat, d.h. wenn er ei­nen Ti­tel in der Hand hält.

Dann droht nämlich die Zwangs­voll­stre­ckung, und in ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on kann der Ar­beit­ge­ber durch ei­ne ent­spre­chen­de Erklärung deut­lich ma­chen, dass er nur zur Ab­wehr der Zwangs­voll­stre­ckung („zähne­knir­schend“) zur vorläufi­gen Wei­ter­beschäfti­gung be­reit ist.

Wei­ter­beschäfti­gung, Wie­der­ein­stel­lung und Pro­zess­beschäfti­gung - wor­in be­steht der Un­ter­schied?

Wei­ter­beschäfti­gung heißt, dass der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer vorläufig bis zum Ab­schluss des Pro­zes­ses Ar­beits­auf­ga­ben zu­weist und ihn dafür auch be­zahlt. Ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen sind für die Durchführung der Wei­ter­beschäfti­gung nicht er­for­der­lich.

Wie­der­ein­stel­lung be­deu­tet, dass ein recht­lich wirk­sam un­ter­bro­che­nes Ar­beits­verhält­nis durch ei­nen neu­en Ar­beits­ver­trag wie­der in Kraft ge­setzt wird, und zwar in der Re­gel dau­er­haft bzw. un­be­fris­tet. Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie un­ter dem Stich­wort "Wie­der­ein­stel­lung".

Pro­zess­beschäfti­gung heißt,

Der Un­ter­schied zwi­schen der Ver­ein­ba­rung über ei­ne Pro­zess­beschäfti­gung und der Erfüllung des (all­ge­mei­nen oder be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen) An­spruchs auf Wei­ter­beschäfti­gung liegt dar­in, dass der Ar­beit­ge­ber mit dem Ar­beit­neh­mer kei­nen Ver­trag ab­sch­ließt, wenn er den Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch erfüllt.

Wor­in be­ste­hen die wirt­schaft­li­chen Vor­tei­le ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung für den Ar­beit­ge­ber?

Wer als be­klag­ter Ar­beit­ge­ber kurz nach Zu­stel­lung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge dem gekündig­ten Ar­beit­neh­mer ei­ne Pro­zess­beschäfti­gung an­bie­tet, verhält sich ziem­lich „cool“. Denn mit der Möglich­keit, trotz der strei­ti­gen Kündi­gung gleich wie­der beim Ar­beit­ge­ber ar­bei­ten zu können, rech­nen die we­nigs­ten Ar­beit­neh­mer. Und oft ha­ben sie da­zu auch we­nig Lust.

Der wirt­schaft­li­che Vor­teil für den Ar­beit­ge­ber be­steht dar­in, dass der An­spruch auf An­nah­me­ver­zugs­lohn, den der Ar­beit­neh­mer nach Ab­lauf der Kündi­gungs­fris­ten bei Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung hat, um ei­nen zu­mut­ba­ren Zwi­schen­ver­dienst ge­min­dert ist. Das er­gibt sich aus § 615 Satz 2 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) und aus § 11 KSchG. Mit sei­nem An­ge­bot ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung hat der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer ei­nen sol­chen zu­mut­ba­ren Zwi­schen­ver­dienst ermöglicht.

BEISPIEL: Der Ar­beit­ge­ber kündigt ei­nen Ver­triebs­lei­ter or­dent­lich aus be­triebs­be­ding­ten Gründen, wo­bei ei­ner nur ei­ne kur­ze Kündi­gungs­frist von ei­nem Mo­nat zu be­ach­ten hat­te. Der Ver­triebs­lei­ter er­hebt Kündi­gungs­schutz­kla­ge. Der Ar­beit­ge­ber möch­te sein Ri­si­ko ver­rin­gern, das beträcht­li­che Ge­halt des Ver­triebs­lei­ters für vie­le Mo­na­te nach­zah­len zu müssen, falls das Ge­richt nach ei­nem drei­vier­tel Jahr der Kündi­gungs­schutz­kla­ge statt­ge­ben soll­te. Da­her bie­tet er dem Ver­triebs­lei­ter an, vorüber­ge­hend während der Dau­er des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens als nor­ma­le Ver­triebs­kraft für 80 Pro­zent sei­nes bis­he­ri­gen Ge­halts zu ar­bei­ten.

In die­sem Bei­spiel wäre das An­ge­bot ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung zu­mut­bar, da der Ar­beit­ge­ber kei­ne ver­hal­tens­be­ding­te, son­dern ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung aus­ge­spro­chen hat und der Ar­beit­neh­mer da­her „er­ho­be­nen Haup­tes“ im Be­trieb ar­bei­ten könn­te. Dass er dies nicht mehr in sei­ner al­ten Funk­ti­on ma­chen soll, ent­spricht der be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung: Die Ver­triebs­lei­ter­stel­le ist ja weg­ge­fal­len.

Das An­ge­bot ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung min­dert das An­nah­me­ver­zugs­ri­si­ko des Ar­beit­ge­bers auch dann, wenn der Ar­beit­neh­mer ei­ne Pro­zess­beschäfti­gung oh­ne trif­ti­ge Gründe ab­lehnt. Dann ver­rin­gert sich der An­nah­me­ver­zugs­lohn um den Zwi­schen­ver­dienst, den der Ar­beit­neh­mer hätte er­zie­len können, wenn er das vom Ar­beit­ge­ber un­ter­brei­te­te An­ge­bot ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung an­ge­nom­men hätte. 

Im obi­gen Bei­spiel wäre der Ver­triebs­lei­ter da­her schlecht be­ra­ten, wenn er das An­ge­bot ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung als Ver­triebs­kraft nicht an­neh­men würde. Dann müss­te ihm der Ar­beit­ge­ber nämlich, falls die Kla­ge Er­folg hat, nur 20 Pro­zent des vor­ent­hal­te­nen Lohns na­ch­en­trich­ten. Für 80 Pro­zent sei­nes Ge­halts hätte der Ver­triebs­lei­ter ja ar­bei­ten und da­durch den An­nah­me­ver­zugs­scha­den min­dern können. Dem­ent­spre­chend ent­spannt kann der Ar­beit­ge­ber über das The­ma Ab­fin­dung ver­han­deln.

Wor­in be­ste­hen die recht­li­chen Ri­si­ken ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung für den Ar­beit­ge­ber?

Die Be­gren­zung des An­nah­me­ver­zugs­ri­si­kos durch ei­ne Pro­zess­beschäfti­gung ist aus Ar­beit­ge­ber­sicht al­ler­dings teu­er er­kauft, denn Ar­beit­ge­ber ha­ben hier zwei Ri­si­ken:

Ers­tens kann das Ar­beits­ge­richt aus dem An­ge­bot ei­ner Pro­zess­beschäfti­gung her­lei­ten, dass die Kündi­gung gar nicht nötig war. An­schei­nend gibt es ja Ar­beit für den gekündig­ten Ar­beit­neh­mer. Die­ses Ri­si­ko trägt der Ar­beit­ge­ber be­reits dann, wenn er dem Ar­beit­neh­mer ei­ne Pro­zess­beschäfti­gung an­bie­tet, d.h. auf die An­nah­me die­ses An­ge­bots durch den Ar­beit­neh­mer kommt es nicht an.

Zwei­tens kann der Ar­beit­ge­ber for­mal­ju­ris­ti­sche Feh­ler bei der Ver­ein­ba­rung der Pro­zess­beschäfti­gung ma­chen.

Denn da­bei han­delt es sich um ei­nen für die Dau­er des Ge­richts­ver­fah­rens be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag, und die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags muss schrift­lich ver­ein­bart wer­den (§ 14 Abs.4 Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz - Tz­B­fG).

Außer­dem muss ei­ne schrift­li­che Ver­ein­ba­rung über die Pro­zess­beschäfti­gung vor Ar­beits­be­ginn vor­lie­gen, sonst ist die Be­fris­tung eben­falls un­wirk­sam.

Sch­ließlich kann ei­ne "vorüber­ge­hen­de" Pro­zess­beschäfti­gung auf ei­ne jah­re­lan­ge Ver­trags­fort­set­zung hin­aus­lau­fen, falls das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) die Re­vi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) zulässt.

Das heißt im Er­geb­nis: Wer als Ar­beit­ge­ber auf ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge oder Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge re­agiert, in­dem er „cool“ ei­ne Pro­zess­beschäfti­gung an­bie­tet, kann den Ar­beit­neh­mer zwar un­ter Druck set­zen, sich aber auch ver­zo­cken.

Was soll­ten Sie als Ar­beit­neh­mer be­ach­ten, wenn Ih­nen der Ar­beit­ge­ber ei­ne Pro­zess­beschäfti­gung an­bie­tet?

Nor­ma­ler­wei­se schla­gen Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­ge­ber nicht von sich aus ei­ne Pro­zess­beschäfti­gung vor. Ein sol­ches An­ge­bot geht fast im­mer vom Ar­beit­ge­ber aus. Ar­beit­neh­mer müssen da­her auf ein An­ge­bot des Ar­beit­ge­bers re­agie­ren, und zwar oft un­ter Zeit­druck.

Wich­tig ist für Ar­beit­neh­mer in ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on vor al­lem die Be­ant­wor­tung der Fra­ge, ob die an­ge­bo­ten Pro­zess­beschäfti­gung zu­mut­bar ist oder nicht. Ist sie es nicht, kann man sie ab­leh­nen. Hier soll­ten sich Ar­beit­neh­mer un­be­dingt an­walt­lich be­ra­ten las­sen, da die Ab­leh­nung ei­ner zu­mut­ba­ren Pro­zess­beschäfti­gung den An­spruch auf die An­nah­me­ver­zugs­vergütung ver­rin­gert oder ganz ent­fal­len lässt.

Im nächs­ten Schritt sind die Ein­zel­hei­ten der Ver­ein­ba­rung über die Pro­zess­beschäfti­gung wich­tig. Denn hier geht es im­mer­hin um den Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags, d.h. ge­nau­er ge­sagt um ei­nen Ar­beits­ver­trag, der un­ter der auflösen­den Be­din­gung der rechts­kräfti­gen Ver­fah­rens­be­en­di­gung steht. Auch an die­ser Stel­le soll­ten sich Ar­beit­neh­mer un­be­dingt an­walt­lich be­ra­ten las­sen.

Wo fin­den Sie mehr zum The­ma Wei­ter­beschäfti­gung?

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen, die Sie im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Wei­ter­beschäfti­gung in­ter­es­sie­ren könn­ten, fin­den Sie hier:

Kom­men­ta­re un­se­res An­walts­teams zu ak­tu­el­len Fra­gen rund um das The­ma Wei­ter­beschäfti­gung fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 22. Oktober 2021

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie Fra­gen im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Kün­di­gung, Kün­di­gungs­schutz­kla­ge und Wei­ter­be­schäf­ti­gung ha­ben oder wenn Sie mög­li­cher­wei­se nicht in ei­ner Ih­rem Ar­beits­ver­trag ent­spre­chen­den Wei­se be­schäf­tigt wer­den, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Je nach La­ge des Fal­les bzw. ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir ent­we­der nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder aber wir ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit Ih­rem Ar­beit­ge­ber bzw. mit den Ver­tre­tern der Per­so­nal­ab­tei­lung.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag
  • Ge­halts­nach­wei­se
  • Kün­di­gungs­schrei­ben
  • Wi­der­spruch des Be­triebs­rats zur Kün­di­gung (falls vor­han­den)
  • Schrift­ver­kehr zur Wei­ter­be­schäf­ti­gung (falls vor­han­den)
  • Schrift­ver­kehr zur Wie­der­ein­stel­lung (falls vor­han­den)

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
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