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ARBEITSRECHT AKTUELL // 12/183

LAG Mün­chen zu Kün­di­gungs­schutz­kla­ge und Rück­nah­me der Kün­di­gung

Bei ei­ner Kün­di­gungs­schutz­kla­ge müs­sen Ar­beit­neh­mer die Rück­nah­me der Kün­di­gung nicht an­neh­men: Lan­des­ar­beits­ge­richt Mün­chen, Ur­teil vom 13.10.2011, 3 Sa 1187/10
Stempelabdruck auf Papier WIDERRUFEN, Holzstempel Was tun bei Wi­der­ruf oder Rück­nah­me ei­ner Kün­di­gung?

07.05.2012. Ge­gen ei­ne Kün­di­gung hilft nur ei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge. Ar­beit­ge­ber, de­nen im Kün­di­gungs­schutz­pro­zess die Fel­le da­von schwim­men, er­klä­ren oft die "Rück­nah­me der Kün­di­gung" und for­dern den Ar­beit­neh­mer auf, wie­der zu ar­bei­ten. Meist ist dann klar, dass das auf ei­nen wei­te­re Kün­di­gung hin­aus­läuft, wenn näm­lich gleich ei­ne Ab­mah­nung an­ge­droht wird für den Fall ei­ner "Ar­beits­ver­wei­ge­rung".

Der ge­kün­dig­te Ar­beit­neh­mer ist ei­ner sol­chen Pro­zesstak­tik aber nicht wehr­los aus­ge­lie­fert. Denn ist die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge ein­mal er­ho­ben, kann er frei ent­schei­den, ob er ei­ne "Rück­nah­me der Kün­di­gung" an­nimmt oder nicht. Dies be­stä­tigt ei­ne ak­tu­el­le Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Mün­chen: LAG Mün­chen, Ur­teil vom 13.10.2011, 3 Sa 1187/10.

Erklärt der gekündig­te Ar­beit­neh­mer mit ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge vor­ab sein OK zu ei­ner Rück­nah­me der Kündi­gung?

Die Kündi­gung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges ist ei­ne ein­sei­ti­ge Erklärung, die das das Ar­beits­verhält­nis be­en­det, wenn sie wirk­sam ist. Aber auch rechts­wid­ri­ge Kündi­gun­gen be­en­den das Ar­beits­verhält­nis, wenn der gekündig­te Ar­beit­neh­mer nicht in­ner­halb von drei Wo­chen Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­hebt, § 4 in Verb. mit 7 Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG).

Er­hebt der Ar­beit­neh­mer frist­ge­recht Kündi­gungs­schutz­kla­ge und nimmt der Ar­beit­ge­ber dann die Kündi­gung zurück, kann der Ar­beit­neh­mer im­mer noch ein Ur­teil er­strei­ten, das die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung fest­stellt. Denn mit ei­ner Rück­nah­me der Kündi­gung ist noch nicht ge­sagt, dass sie von vorn­her­ein un­wirk­sam war.

Das gilt so­gar dann, wenn der Ar­beit­ge­ber sie "we­gen ih­rer Un­wirk­sam­keit" zurück­nimmt und fei­er­lich erklärt, kei­ne Rech­te aus ihr her­zu­lei­ten, denn dann kann der Ar­beit­neh­mer im­mer noch ei­nen Auflösungs­an­trag gemäß § 9 KSchG stel­len. Und die­ser An­trag setzt vor­aus, dass das Ge­richt über die Wirk­sam­keit der Kündi­gung ent­schei­det. Al­ler­dings soll­te der Ar­beit­neh­mer, wenn er der Kündi­gungsrück­nah­me nicht zu­stimmt und den Pro­zess lie­ber fort­setzt, dann auch ei­nen Auflösungs­an­trag stel­len, doch hat ein sol­cher An­trag nur in sel­te­nen Aus­nah­mefällen Er­folg.

Je­den­falls kann ei­ne Kündi­gung durch "Rück­nah­me" nicht wie­der aus der Welt ge­schafft wer­den. Viel­mehr ist die "Rück­nah­me der Kündi­gung“ ein An­ge­bot des Ar­beit­ge­bers, das Ar­beits­verhält­nis un­gekündigt fort­zu­set­zen. Wie das LAG München klar­ge­stellt hat, ist der Ar­beit­neh­mer bei ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge nicht ver­pflich­tet, ein sol­ches An­ge­bot an­zu­neh­men.

LAG München: Der Ar­beit­neh­mer kann auch nach Kündi­gungsrück­nah­me die Kündi­gungs­schutz­kla­ge fort­set­zen

Im Fall des LAG München hat­te ein Ar­beit­ge­ber gleich nach Er­he­bung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge sei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung „ver­bind­lich für ge­gen­stand­los“ erklärt. Nach­dem der Ar­beit­neh­mer das dar­in lie­gen­de Fort­set­zungs­an­ge­bot nicht an­nahm und da­her nicht zur Ar­beit er­schien, er­hielt er nach zwei Ab­mah­nun­gen ei­ne frist­lo­se Kündi­gung we­gen Ar­beits­ver­wei­ge­rung.

Auch ge­gen die­se er­hob er Kündi­gungs­schutz­kla­ge, über die al­ler­dings durch ei­ne Ver­ket­tung un­gewöhn­li­cher Umstände erst fünf Jah­re später (!) erst­in­stanz­lich ent­schie­den wur­de. Der Fall ging durch die In­stan­zen und wur­de schließlich vom Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) an das LAG München zurück­ver­wie­sen (BAG, Ur­teil vom 25.11.2010, 2 AZR 323/09).

Das LAG München ent­schied, dass we­gen der be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung kei­ne Ar­beits­pflicht be­stand. Ei­ne Pflicht, das Fort­set­zungs­an­ge­bot an­zu­neh­men, hat­te der Ar­beit­neh­mer auch nicht. Denn die die Kündi­gung war nicht „we­gen ih­rer Rechts­un­wirk­sam­keit für ge­gen­stands­los erklärt“ wor­den war, so das LAG München. Des­halb konn­te der Ar­beit­neh­mer die Kündi­gungs­schutz­kla­ge fort­set­zen, um die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung fest­stel­len zu las­sen. Da­her be­wer­te­te das LAG München die frist­lo­se Fol­gekündi­gung als un­wirk­sam, da kei­ne Ar­beits­ver­wei­ge­rung vor­lag.

Fa­zit: Auf ei­ne Kündi­gung können Ar­beit­neh­mer auf ver­schie­de­ne Wei­se re­agie­ren. Sie können die Kündi­gung wirk­sam wer­den las­sen oder Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben, und dann je nach den Umständen ei­nen Auflösungs­an­trag stel­len. Ist ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein­mal er­ho­ben, müssen Ar­beit­neh­mer ei­ne „Rück­nah­me“ der Kündi­gung nicht an­neh­men.

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Letzte Überarbeitung: 13. Dezember 2017

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