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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 08|2024

Update Arbeitsrecht 08|2024 vom 17.04.2024

Leitsatzreport

LAG Niedersachsen: Bereitstellung digitaler Lohnabrechnungen in der Cloud

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16.01.2024, 9 Sa 575/23

§§ 126b, 130 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 108 Gewerbeordnung (GewO)

Leitsätze des Gerichts:

1. Eine Entgeltanrechnung gem. § 108 Abs.1 S.1 GewO kann auch in Textform nach § 126b BGB erteilt werden.

2. Eine in Textform erteilte Entgeltabrechnung geht dem Arbeitnehmer aber nur dann im digitalen Mitarbeiterpostfach im Sinne von § 130 BGB zu, wenn er hierzu sein Einverständnis gegeben hat. Andernfalls muss er nicht damit rechnen, dass ihm Entgeltabrechnungen auf digitalem Weg übermittelt werden.

3. Die fehlende Einwilligung kann mangels Mitbestimmungsrecht nicht durch eine (Konzern-)Betriebsvereinbarung ersetzt werden.

Hintergrund:

Eine bei einem Lebensmitteleinzelhändler tätige Verkäuferin hatte ihre letzte Gehaltsabrechnung in Papierform für Februar 2022 erhalten. Die folgenden Abrechnungen erteilte der Arbeitgeber nur noch digital und speicherte sie in einem Mitarbeiterpostfach ab, das er für die Verkäuferin wie für alle anderen Mitarbeiter in einer Cloud eingerichtet hatte. Grundlage dieses Vorgehens war eine Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) vom April 2021 über die Einführung und Anwendung eines digitalen Mitarbeiterpostfachs. Die Verkäuferin widersprach der Erteilung von Abrechnungen über das digitale Mitarbeiterpostfach und forderte den Arbeitgeber zur Erteilung schriftlicher Abrechnungen auf. Das Arbeitsgericht Braunschweig wies ihre Klage auf Klage auf Erteilung von Abrechnungen für die Zeit nach Februar 2022 ab (Urteil vom 26.07.2023, 3 Ca 163/23), während das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen ihr stattgab. Außerdem ließ das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu, wo der Fall inzwischen liegt (Aktenzeichen des BAG: 1 AZR 48/24). Aus Sicht des LAG durfte sich der Arbeitgeber nicht über das nein der Verkäuferin zur Nutzung des digitalen Mitarbeiterpostfachs hinwegsetzen. Auch die KBV war keine Rechtsgrundlage für das streitige Vorgehen. Schließlich war die Bereitstellung digitaler Abrechnungen für sich genommen nicht ausreichend, um die den Arbeitgeber gemäß § 308 Abs.1 Gewerbeordnung (GewO) treffende einer „Erteilung“ von Lohnabrechnungen zu erfüllen. Hier beruft sich das LAG Niedersachsen auf eine Entscheidung des LAG Hamm vom September 2021 (Urteil vom 23.09.2021, 2 Sa 179/21; s. dazu Update Arbeitsrecht 25|2021).

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16.01.2024, 9 Sa 575/23

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.09.2021, 2 Sa 179/21

 

Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt

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