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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 25|2021

Update Arbeitsrecht 25|2021 vom 15.12.2021

Leitsatzreport

LAG Hamm: Die Möglichkeit des Abrufs einer digitalen Lohnabrechnung genügt nicht für § 108 GewO

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.09.2021, 2 Sa 179/21

§ 108 Abs.1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO); §§ 126b; 362 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Leitsätze des Gerichts:

1. Unter Erteilen einer Lohnabrechnung in Textform im Sinne des § 108 GewO ist nicht bereits die bloße Bereitstellung in ein elektronisches Postfach zum Abruf durch ein aktives Tun des Arbeitnehmers, sondern auch deren Zugang bei Arbeitnehmer zu verstehen. Der Arbeitgeber muss daher die Lohnabrechnung so auf den Weg zum Arbeitnehmer bringen, dass sie so in seinen Machtbereich gelangt, dass er unter gewöhnlichen Umständen von der Erklärung Kenntnis nehmen konnte.

2. Die in elektronischer Form übermittelte Erklärung geht dem Empfänger nur dann zu, wenn er zuvor ausdrücklich oder konkludent zu erkennen gegeben hat, dass er mit der elektronischen Übermittlung der Lohnabrechnung einverstanden ist.

3. Die bloße Zurverfügungstellung der Lohnabrechnung in elektronischer Form zum Abruf durch den Arbeitnehmer ist keine Erfüllung der Pflicht zur Erteilung einer Lohnabrechnung im Sinne des § 362 Abs.1 BGB.

Hintergrund:

Ein Unternehmen informierte seine Mitarbeiter im März 2019 darüber, dass die Verdienstabrechnungen künftig verschlüsselt in einem Online-Portal zum Abruf bereitgestellt und nicht wie bisher in Papierform erteilt würden. Ein Arbeitnehmer wollte das nicht hinnehmen und klagte auf Erteilung von Lohnabrechnungen in Papierform für die Zeit von September 2019 bis November 2020. Das Arbeitsgericht Dortmund gab der Klage teilweise statt, indem es den Arbeitgeber zur Erteilung der verlangten Abrechnungen verurteilte, allerdings nicht wie vom Kläger beantragt in Papierform (Urteil vom 04.12.2020, 3 Ca 1606/20). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm wies die Berufung des Arbeitgebers zurück und ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu. Denn der Arbeitgeber hatte zwar durch Verwendung des Online-Portals Lohnabrechnungen als PDFs erzeugt und damit die Pflicht zur Erstellung von Lohnabrechnungen „in Textform“ (§ 108 Abs.1 Satz 1 Gewerbeordnung - GewO) erfüllt, denn ein PDF erfüllt die gesetzliche Textform im Sinne von § 126b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Allerdings muss der Arbeitgeber Lohnabrechnungen nicht nur (mindestens in Textform) erstellen, sondern sie dem Arbeitnehmer auch „erteilen“ (§ 108 Abs.1 Satz 1 GewO). Und „Erteilung“ einer Lohnabrechnung heißt, dass der Arbeitgeber dafür sorgt, dass die Abrechnung (sei es in Papierform oder als PDF) den Arbeitnehmer erreicht. Hier mussten sich der Arbeitnehmer aber selbst um den Download kümmern, und dass ist keine „Erteilung“ der Abrechnung durch den Arbeitgeber.

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.09.2021, 2 Sa 179/21

 

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