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Wiedereinstellung im Kleinbetrieb
20.10.2017. Manchmal ändern sich die Umstände, die zum Ausspruch einer Kündigung geführt haben, in der Zeit zwischen Kündigungserklärung und Ablauf der Kündigungsfrist.
So ist es z.B. dann, wenn der der Arbeitgeber eine Betriebsschließung plant und daher einige Monate zuvor betriebsbedingte Kündigungen ausspricht, es sich dann aber anders überlegt.
Unter solchen Umständen können die gekündigten Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung Wiedereinstellung verlangen. Aber kann man von einem nachträglichen Wegfall des Kündigungsgrundes auch dann sprechen, wenn der Arbeitgeber gar keine Begründung für eine (ordentliche) Kündigung braucht, weil der Betrieb als Kleinbetrieb vom Kündigungsschutz ausgenommen ist?
Nein, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom gestrigen Tage: BAG, Urteil vom 19.10.2017, 8 AZR 845/15 (Pressemeldung des BAG).
- Setzt der Anspruch auf Wiedereinstellung voraus, dass der gekündigte Arbeitnehmer Kündigungsschutz hat?
- Der Streitfall: Langjährig beschäftigter Apothekenangestellter wird ordentlich gekündigt und verlangt nach Verkauf der Apotheke Wiedereinstellung
- BAG: Ein Wiedereinstellungsanspruch steht grundsätzlich nur Arbeitnehmern zu, die bei Zugang der Kündigung Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen
Setzt der Anspruch auf Wiedereinstellung voraus, dass der gekündigte Arbeitnehmer Kündigungsschutz hat?
Ob eine betriebsbedingte Kündigung wirksam ist oder nicht, hängt bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) vor allem davon ab, ob sie zum Zeitpunkt ihrer Erklärung sozial gerechtfertigt ist im Sinne von § 1 KSchG. Das wiederum setzt im Normalfall voraus, dass der Arbeitgeber eine Unternehmerentscheidung getroffen hat, die zum dauerhaften Wegfall von Arbeitsbedarf führt, dass eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen auf einem freien Arbeitsplatz nicht möglich ist und dass die Sozialauswahl in Ordnung ist.
Liegen diese drei Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vor, fallen aber später (noch vor Ablauf der Kündigungsfrist) wieder weg, ist die betriebsbedingte Kündigung wirksam, denn dafür kommt es ausschließlich auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung an. Das wiederum hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer noch vor Ablauf der Kündigungsfrist mit ansehen muss, dass es am Ende doch keine vernünftige sachliche Rechtfertigung für seine Entlassung gibt.
Unter solchen Umständen hat der gekündigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Wiedereinstellung, d.h. auf erneute Begründung des (wirksam gekündigten) Arbeitsverhältnisses. Der Anspruch ergibt sich aus dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), d.h. als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis.
Fraglich ist, ob ein solcher Wiedereinstellungsanspruch auch Arbeitnehmern in Kleinbetrieben zusteht, d.h. in Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern (§ 23 Abs.1 KSchG), auf die das KSchG keine Anwendung findet.
Dafür spricht, dass der nachträgliche Wegfall jeglicher Entlassungsbegründung auch für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben eine Zumutung ist. Dagegen spricht, dass Arbeitgeber in Kleinbetrieben den Kündigungsschutz nach dem KSchG nicht beachten müssen, d.h. sie haben Kündigungsfreiheit, so dass sie rechtlich gesehen gar keine sachliche Begründung für ihre Kündigungsentscheidung brauchen. So gesehen kann auch keine "Kündigungsbegründung" nach Ausspruch der Kündigung wegfallen.
Der Streitfall: Langjährig beschäftigter Apothekenangestellter wird ordentlich gekündigt und verlangt nach Verkauf der Apotheke Wiedereinstellung
Im Streitfall war ein über 27 Jahre beschäftigter Apothekenangestellter im November 2013 ordentlich zum 30.06.2014 gekündigt worden, da seine Chefin die Apotheke aus gesundheitlichen Gründen aufgeben wollte. Weil in der Apotheke nicht mehr als zehn Arbeitnehmer tätig waren, musste die Apothekerin im Prinzip keinen Kündigungsschutz gemäß dem KSchG beachten.
Zwar konnte sich der Apothekenangestellte aufgrund seiner langen Beschäftigungsdauer noch auf die ehemalige, bis zum 31.12.2003 geltende Kleinbetriebsgrenze (fünf oder weniger Arbeitnehmer) berufen (§ 23 Abs.1 Satz 2 KSchG), doch half ihm das nichts, denn von den bereits am 31.12.2003 betriebsangehörigen Alt-Arbeitnehmern waren im November 2013 nur noch genau fünf beschäftigt und damit zu wenig. Daher erhob der Angestellte keine Kündigungsschutzklage.
Im Sommer 2014 kam es dann aber anders als geplant, denn die alte Chefin führte die Apotheke im Juli und August 2015 mit einigen wenigen Arbeitnehmern fort und übergab sie Anfang September 2014 an eine Nachfolgerin. Diese übernahm nur drei Angestellte, darunter nicht den im Streitfall betroffenen Arbeitnehmer. Der war sauer und verklagte im Sommer 2014 seine ehemalige Chefin und auch die Nachfolgerin auf Wiedereinstellung.
Mit dieser Klage hatte er in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Duisburg keinen Erfolg: Das Arbeitsgericht wies die Klage gegen beide Beklagten ab (Urteil vom 05.11.2014, 4 Ca 1607/14). Damit stand der Angestellte vor der Entscheidung, ob er seine Klage auch in der Berufungsinstanz gegen beide potentiellen Arbeitgeberinnen fortführen sollte. Er entschied sich dafür, den Prozess nur noch gegen die Erwerberin fortzuführen. Damit wurde das klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts teilweise rechtskräftig, nämlich in der Hinsicht, dass die Klage gegen die alte Apothekerin abgewiesen wurde.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf entschied ebenfalls gegen den Kläger, und zwar mit der Begründung, dass ein Wiedereinstellungsanspruch wegen eines nachträglichen Wegfalls von Sachgründen für eine Kündigung nur von Arbeitnehmern geltend gemacht werden kann, die unter das KSchG fallen und damit Kündigungsschutz haben (LAG Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2015, 4 Sa 1289/14).
BAG: Ein Wiedereinstellungsanspruch steht grundsätzlich nur Arbeitnehmern zu, die bei Zugang der Kündigung Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen
Auch in der Revision in Erfurt hatte der Angestellte kein Glück. Das BAG wies seine Revision zurück. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung heißt es zur Begründung:
Ein Wiedereinstellungsanspruch kann grundsätzlich nur Arbeitnehmern zustehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen. Das schließt einen Wiedereinstellungsanspruch in Kleinbetrieben im Allgemeinen aus.
Umgekehrt heißt das: In Ausnahmefällen könnte auch im Kleinbetrieb ein Wiedereinstellungsanspruch bestehen, doch wollte sich das BAG hier nicht festlegen. Denn der Kläger hatte die falsche Beklagte "erwischt". Sollte er nämlich einen (ausnahmsweise auch im Kleinbetrieb denkbaren) Anspruch auf Wiedereinstellung haben, hätte er ihn jedenfalls gegenüber seiner Vertragspartnerin geltend machen müssen, denn sie hatte ihn ja auch gekündigt. Das aber hatte er nicht getan, denn Berufung und Revision richteten sich nur noch gegen die Erwerberin der Apotheke.
Fazit: Arbeitgeber in Kleinbetrieben brauchen ordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen, so dass nach Ausspruch der Kündigung auch keine Rechtfertigung fortfallen kann. Damit scheiden Ansprüche auf Wiedereinstellung in aller Regel aus.
Außerdem zeigt dieser Prozessverlauf, dass gekündigte Arbeitnehmer bei Betriebsübergängen ihre Kündigungsschutzklagen, Klagen auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und Klagen auf Wiedereinstellung immer gegenüber beiden Arbeitgebern geltend machen sollten, d.h. man sollte immer den Betriebsveräußerer verklagen und zugleich auch den Erwerber. Denn ob überhaupt ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht, weiß man erst dann, wenn der Prozess rechtskräftig abgeschlossen ist. Dabei wird die Klage gegen einen der beiden Beklagten zwar unvermeidlich abgewiesen. Außer (meist überschaubaren) Prozesskosten hat das aber keine Nachteile für den Arbeitnehmer.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.10.2017, 8 AZR 845/15 (Pressemeldung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.10.2017, 8 AZR 845/15
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2015, 4 Sa 1289/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsschließung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsübergang
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsfristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Weiterbeschäftigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Wiedereinstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 16/045 Kein Anspruch auf Wiedereinstellung unmittelbar aus der Menschenrechtskonvention
- Arbeitsrecht aktuell: 13/296 Anspruch auf Wiedereinstellung für Arbeitnehmer der City BKK
- Arbeitsrecht aktuell: 12/210 Wiedereinstellung aufgrund Wiedereinstellungszusage
- Arbeitsrecht aktuell: 10/192 Wiedereinstellungszusage als sachlicher Grund
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 28. März 2018
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