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Anspruch auf Wiedereinstellung für Arbeitnehmer der City BKK
17.10.2013. Jahrelang hatte sich der Senat von Berlin geweigert, Arbeitnehmer der Mitte 2011 geschlossenen City BKK zu übernehmen, obwohl diese auf eine Wiedereinstellungszusage des Landes Berlin verweisen konnten.
Nachdem bereits das Arbeitsgericht Berlin im Jahre 2011 und danach das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Jahre 2012 die eigenwillige Interpretation der 1998 gegebenen Rückkehrzusage durch den Berliner Senat zurückgewiesen hatten, zog dieser vorgestern auch beim Bundesarbeitsgericht (BAG) den Kürzeren.
Damit steht rechtskräftig fest, dass etwa 200 Mitarbeiter der ehemaligen City BKK, die bis 1998 beim Land Berlin beschäftigt waren, wieder Arbeitnehmer des Landes Berlin sind: BAG, Urteil vom 15.10.2013, 9 AZR 564/12.
- Umfasst ein "unbefristetes" Rückkehrrecht "für den Fall der Schließung/Auflösung" einer Betriebskrankenkasse auch die Schließung eines Rechtsnachfolgers?
- Der Streitfall: 200 Berliner Landesangestellte wechseln 1998 zur BKK Berlin, die 2004 mit der BKK Hamburg zu City BKK fusioniert und 2011 abgewickelt wird
- BAG: Nach Sinn und Zweck der 1998 gegebenen Wiedereinstellungszusage ist das Land Berlin auch nach der Fusion der BKK Berlin zur City BKK an die Zusage gebunden
Umfasst ein "unbefristetes" Rückkehrrecht "für den Fall der Schließung/Auflösung" einer Betriebskrankenkasse auch die Schließung eines Rechtsnachfolgers?
§ 147 Abs.2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sieht die Möglichkeit vor, dass Verwaltungsangestellte von ihrem bisherigen Arbeitgeber zu "dessen" Betriebskrankenkasse (BKK) als neuem Arbeitgeber überwechseln - allerdings nur dann, wenn sie zustimmen.
Erteilen die Angestellten ihre Zustimmung zum Arbeitgeberwechsel, tritt die Krankenkasse als neuer Arbeitgeber in die Arbeitsverhältnisse in entsprechender Anwendung von § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein, d.h. die Rechtslage ist im Falle einer Zustimmung so wie bei einem Betriebsübergang.
Für einen Arbeitgeber, der Angestellte dazu bewegen möchte, zu "seiner" BKK zu wechseln, ist es daher wichtig, Vertrauen herzustellen. Am besten geeignet ist hier eine Wiedereinstellungszusage: Hat die BKK als neuer Arbeitgeber keinen Erfolg oder wird sie im schlimmsten Fall aufgelöst bzw. geschlossen, können die Arbeitnehmer wieder zu ihrem alten Arbeitgeber zurückkehren, d.h. sie haben ein Rückfahrticket in der Tasche.
Fraglich ist allerdings, wie lange und für welche Fälle eine solche Zusage gilt. Denn nicht nur in der Privatwirtschaft kommt es zu Fusionen, sondern auch bei öffentlichen Arbeitgebern wie z.B. bei einer Krankenkasse.
Konkret fragt sich, ob eine Wiedereinstellungszusage, die für den Fall der Schließung oder Auflösung einer BKK abgegeben wurde, auch dann noch gilt, wenn es diese BKK gar nicht mehr gibt, weil sie inzwischen mit anderen Kassen fusioniert wurde, und wenn schließlich der Rechtsnachfolger geschlossen bzw. aufgelöst wird.
Um diese Frage ging es in den arbeitsrechtlichen Wiedereinstellungsprozessen, die viele ehemalige Berliner Landesangestellten seit 2011 geführt haben, nachdem die City BKK geschlossen wurde.
Der Streitfall: 200 Berliner Landesangestellte wechseln 1998 zur BKK Berlin, die 2004 mit der BKK Hamburg zu City BKK fusioniert und 2011 abgewickelt wird
1998 wollte das Land Berlin auf der Grundlage von § 147 Abs.2 SGB V etwa 200 Arbeitnehmer auf seine damalige BKK Berlin überleiten. Der Arbeitgeberwechsel sollte zum 01.01.1999 stattfinden.
Mit Schreiben vom 20.04.1998 gab der Innensenator für das Land gegenüber den betroffenen Arbeitnehmer folgende Erklärung ab:
„Vorausgesetzt, dass Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die BKK Berlin zugestimmt haben, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass der Senat von Berlin Ihnen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin für den Fall der Schließung/Auflösung der BKK Berlin einräumt.“
Zum 01.01.2004 fusionierte die BKK Berlin mit der BKK Hamburg zu City BKK, der sich später noch zwei weitere kleinere Betriebskrankenkassen anschlossen. Aufgrund der zum 01.01.2004 erfolgten Fusion gab das Land Berlin gegenüber der Gewerkschaft ver.di am 21.06.2004 folgende Zusage ab:
„Scheidet ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergegangen ist, aus dem Arbeitsverhältnis bei der City BKK aus und wird in unmittelbaren Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, wird das Land Berlin die bis zum 31. Dezember 2003 bei der BKK Berlin verbrachte Zeit als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O bzw. § 6 BMT-G-O und als Dienstzeit nach § 20 BAT berücksichtigen."
Als die City BKK zum 30.06.2011 vom Bundesversicherungsamt wegen Insolvenz geschlossen und in der Folge abgewickelt wurde, hagelte es betriebsbedingte Kündigungen, gegen die viele Betroffene Kündigungsschutzklagen erhoben. Wer im Jahre 1998 eine Wiedereinstellungszusage erhalten hatte, verlangte zugleich vom Land Berlin Wiedereinstellung.
Das Land lehnte aber grundsätzlich ab, da es der Meinung war, die Rückkehrzusage hätte nur für eine Schließung oder Auflösung der BKK Berlin Geltung und nicht für die Schließung bzw. Auflösung der City BKK.
In den meisten Prozessen zog das Land den Kürzeren, d.h. die mit den Fällen befassten Kammern des Arbeitsgerichts Berlin und des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg legten die Wiedereinstellungszusage weitherzig und damit im Sinne der klagenden Arbeitnehmer aus (so z.B. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.04.2012, 4 Sa 2440/11 u.a.). Einige Urteile gingen aber in der zweiten Instanz auch zulasten der Arbeitnehmer aus (so z.B. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.05.2012, 15 Sa 180/12).
BAG: Nach Sinn und Zweck der 1998 gegebenen Wiedereinstellungszusage ist das Land Berlin auch nach der Fusion der BKK Berlin zur City BKK an die Zusage gebunden
Das BAG schloss sich der Meinung der klagenden Arbeitnehmer an und bestätigte daher die LAG-Entscheidungen, mit denen das beklagte Land dazu verurteilt wurde, seine Ex-Arbeitnehmer zum 01.07.2011 wieder einstellen. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung heißt es zur Begründung:
Zwar erwähnt die Rückkehrzusage ausdrücklich nur den Fall einer Schließung/Auflösung der BKK Berlin, doch sollte die Zusage die etwa 200 Beschäftigten dazu veranlassen, ihren sicheren Arbeitsplatz beim beklagten Land aufzugeben. Daher ist die Zusage nach ihrem "Sinn und Zweck" weit auszulegen, d.h. in der Weise, dass das Land Berlin auch nach der Fusion der BKK Berlin zur City BKK zur Wiedereinstellung verpflichtet ist, so das BAG.
Außerdem segnete das BAG die LAG-Urteile auch in dem Punkt ab, dass das Land Berlin verpflichtet wurde, entsprechend der gegenüber ver.di gemachten Zusage die bei der BKK Berlin bis Ende 2003 zurückgelegten Dienstzeiten als Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen.
Fazit: Ob es um europarechtswidrige Dienstzeiten bei der Feuerwehr geht, um die Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer durch die Lebensaltersstufen des BAT oder um die rechtswidrige Verweigerung der Erfüllung einer in 200 Fällen gegebenen Wiedereinstellungszusage - das Land Berlin verhält sich gegenüber seinen Beschäftigten immer wieder rüpelhaft und fällt damit juristisch auf die Nase.
Auch diesmal kommt die Rechtsverweigerung das Land letztlich teuer zu stehen: Hätte der Senat bereits Mitte 2011 die Rechtslage realistisch eingeschätzt und sich zugleich als Arbeitgeber honorig verhalten, hätte man das Problem der Wiedereingliederung von 200 Arbeitnehmern mittlerweile gelöst. Statt dessen hat man über zwei Jahre ohne Erfolg prozessiert, muss rückwirkend ab Mitte 2011 Gehälter nachbezahlen und hat mit der Eingliederung der ungewollten "neuen" Arbeitnehmer noch nicht einmal begonnen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.10.2013, 9 AZR 564/12 (BAG-Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.04.2012, 4 Sa 2440/11, 4 Sa 514/12, 4 Sa 2440/11, 4 Sa 514/12
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.05.2012, 15 Sa 180/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsübergang
- Handbuch Arbeitsrecht: Wiedereinstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/268 Wiedereinstellung im Kleinbetrieb
- Arbeitsrecht aktuell: 14/119 Aufhebungsvertrag mit Abfindung beim Zweitarbeitgeber und dann zurück zum alten?
- Arbeitsrecht aktuell: 13/351 Kündigung wegen Betriebsschließung - Schließung einer Krankenkasse
- Arbeitsrecht aktuell: 12/210 Wiedereinstellung aufgrund Wiedereinstellungszusage
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 21. Oktober 2017
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