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Sachgrundlose Befristung und Vorbeschäftigung
02.04.2014. Vor drei Jahren überraschte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die arbeitsrechtliche Fachwelt mit einer weitgehenden Erleichterung von sachgrundlosen Befristungen gemäß § 14 Abs.2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Nach Satz 2 dieser Vorschrift versperrt ein früheres Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung. Dem BAG zufolge gilt das aber nicht für Arbeitsverträge, die länger als drei Jahre zurückliegen (BAG, Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/074 Sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen erleichtert).
Dieses Urteil ist auf heftige Kritik gestoßen. Und manche Gerichte folgen dem BAG in dieser Frage nicht, so z.B. das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014, 7 Sa 64/13.
- Sachgrundlose Befristung mit Arbeitnehmern, deren letztes Arbeitsverhältnis länger als drei Jahre zurückliegt?
- Der Fall des LAG Baden-Württemberg: Verwaltungsangestellter wird nach sechs Jahren Pause erneut befristet eingestellt
- LAG Baden-Württemberg: Entgegen der Ansicht des BAG gilt das Anschlussverbot des § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG zeitlich unbeschränkt
Sachgrundlose Befristung mit Arbeitnehmern, deren letztes Arbeitsverhältnis länger als drei Jahre zurückliegt?
Gemäß § 14 Abs.1 TzBfG dürfen Arbeitsverhältnisse im Allgemeinen nur befristet werden, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt. Denn eine Befristung nimmt den Arbeitnehmern den Kündigungsschutz, und dafür sollte es triftige Gründe geben.
Von dieser Regel macht § 14 Abs.2 TzBfG eine Ausnahme. Die ersten beiden Sätze dieser Vorschrift lauten:
"Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat."
Bis zu dem BAG-Urteil vom 06.04.2011 (7 AZR 716/09) wurde § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG allgemein so verstanden, dass sachgrundlose Befristungen nur bei "lupenreinen" Neueinstellungen möglich sind, d.h. dass jede zuvor einmal bestehende Beschäftigung eine sachgrundlose Befristung ausschließt (sog. Anschlussverbot oder Vorbeschäftigungsverbot). Auch eine 20 Jahre zurückliegende kurze Beschäftigung als Werkstudent hatte demnach den Effekt, dass eine sachgrundlose Befristung nicht zulässig war.
Dem o.g. BAG-Urteil zufolge steht ein früheres Arbeitsverhältnis einem erneuten, ohne Sachgrund befristeten Arbeitsvertrag dagegen nicht im Weg, wenn das alte Arbeitsverhältnis länger als drei Jahre zurückliegt. Begründung des BAG: Mit § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG sollen Kettenbefristungen verhindert werden, d.h. der Missbrauch, eine Befristung an die andere zu hängen. Zur Erreichung dieses Ziels ist es aber nicht nötig, auch bei länger als drei Jahre zurückliegenden Arbeitsverhältnissen eine sachgrundlose Befristung zu verbieten.
Ein so weitgehendes Verbot sachgrundloser Befristungen würde über das Ziel hinausschießen und wäre daher unangemessen, so die Erfurter Richter. In einem späteren Urteil setzte das BAG noch eins drauf und behauptete, ein zeitlich unbeschränktes Anschlussverbot sei mit der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers (Art.12 GG) unvereinbar (BAG, Urteil vom 21.09.2011, 7 AZR 375/10).
Mit dieser Rechtsprechung bewegt sich das BAG allerdings hart an der Grenze zwischen richterlicher Rechtsfortbildung und offener Gesetzesmissachtung, so die Kritiker des BAG. Ihre Argumente lauten:
Das Wort "zuvor" in § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG bezeichnet ganz allgemein einen vorherigen, früheren Zustand und bedeutet nicht etwa "unmittelbar zuvor". Dass länger zurückliegende Arbeitsverhältnis von § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG ausgenommen sein sollten, ist der Vorschrift nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, geschweige eine konkrete Dreijahresgrenze.
Außerdem hat sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine zeitliche Grenze entschieden. Denn eine solche Möglichkeit wurde im Gesetzgebungsverfahren diskutiert, konnte sich aber nicht durchsetzen. So hatte der Sachverständige Prof. Preis darauf hingewiesen, dass Kettenbefristungen auch durch eine zweijährige Karenzzeit verhindert werden könnten (BT-Drucks. 14/4625, S.18), und die FDP kritisierte an der Regelung, dass künftig "jeder Betrieb nachprüfen müsse, ob er den betreffenden Arbeitnehmer bereits als Aushilfskraft beschäftigt habe" (BT-Drucks. 14/4625, S.20).
Der Fall des LAG Baden-Württemberg: Verwaltungsangestellter wird nach sechs Jahren Pause erneut befristet eingestellt
Im Streitfall ging es um einen Verwaltungsangestellten, der beim Land Baden-Württemberg schon einmal im Rahmen von projektbezogenen Befristungen beschäftigt war, nämlich vom 17.09.2001 bis zum 30.06.2005.
Mehr als fünf Jahre später wurde eine noch einmal vom Land Baden-Württemberg befristet eingestellt, nämlich mit Arbeitsvertrag vom 24.08.2011 für die Zeit vom 01.09.2011 bis zum 31.08.2013. Einen Sachgrund für diese Befristung im Sinne von § 14 Abs.1 TzBfG gab es nicht.
Der Angestellte erhob noch vor Ablauf der Vertragslaufzeit eine Entfristungsklage mit dem Ziel einer gerichtlichen Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht zum 31.08.2013 befristet ist. Das Arbeitsgericht Stuttgart wies die Klage ab (Urteil vom 18.09.2013, 11 Ca 3647/13), wobei es sich auf die Rechtsprechung des BAG stützt.
LAG Baden-Württemberg: Entgegen der Ansicht des BAG gilt das Anschlussverbot des § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG zeitlich unbeschränkt
Das LAG hob das Urteil des Arbeitsgerichts auf, stellte den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses fest und verurteilte das beklagte Land dazu, den Angestellten vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen. Außerdem ließ das LAG die Revision zum BAG zu.
Zur Begründung dafür, dass es von der Rechtsprechung des BAG abweicht, beruft sich das LAG auf die o.g. beiden Argumente der Kritiker des BAG, d.h. auf den Wortlaut des § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG und auf die Gesetzgebungsgeschichte. Mit seiner Rechtsprechung geht das BAG über seine Befugnisse als Gericht hinaus, so das LAG Baden-Württemberg, und verstößt damit gegen die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Gesetzesbindung der Justiz (Art.20 Abs.3 GG).
Fazit: Bereits im September 2013 ist die Sechste Kammer des LAG Baden-Württemberg offen von den Vorgaben des BAG abgewichen (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.09.2013, 6 Sa 28/13), und nun hat sich die Siebte Kammer des LAG dieser Kritik angeschlossen. Damit können Arbeitgeber nicht darauf vertrauen, dass die Rechtsprechung des BAG zum Anschlussverbot in Zukunft Bestand haben wird.
Das BAG bzw. sein Siebter Senat steht damit vor Wahl, seine Rechtsprechung angesichts der massiven Kritik zu ändern oder aber zu riskieren, dass diese Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) überprüft wird. Und es wäre nicht unwahrscheinlich, dass das BVerfG die BAG-Rechtsprechung als unzulässigen Verstoß gegen die Gesetzesbindung der Gerichte bewerten würde.
Arbeitnehmern ist daher zu raten, bei einem Verstoß gegen das Anschlussverbot eine Entfristungsklage zu erheben und in diesen Verfahren auch nicht vorschnell die Waffen zu strecken.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014, 7 Sa 64/13
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.09.2013, 6 Sa 28/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.09.2011, 7 AZR 375/10
- Deutscher Bundestag, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, vom 15.11.2000, Bundestags-Drucks. 14/4625
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Weiterbeschäftigung
- Mustervertrag: Sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 19/194 Sachgrundlose Befristung bei Vorbeschäftigung vor langer Zeit
- Arbeitsrecht aktuell: 19/025 Neue BAG-Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung 2019
- Arbeitsrecht aktuell: 18/143 BAG-Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbot gekippt
- Arbeitsrecht aktuell: 16/347 Stuttgarter LAG contra Bundesarbeitsgericht
- Arbeitsrecht aktuell: 16/333 Tarifvertragliche Regelung zu sachgrundloser Befristung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/200 Befristung nach Arbeitgeberwechsel als Missbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 12/283 Befristung und Tarifvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 11/098 Sachgrundlose Befristung trotz Vereinbarung eines Sachgrundes möglich
- Arbeitsrecht aktuell: 11/074 Sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen erleichtert
- Arbeitsrecht aktuell: 10/238 Neueinstellung statt Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist nicht rechtsmissbräuchlich
- Arbeitsrecht aktuell: 08/123 Folgen einer objektiv falschen Antwort des Arbeitnehmers auf die Frage nach vorangegangenen Beschäftigungen
- Arbeitsrecht aktuell: 08/067 Sachgrundlose Anschlussbefristung nach befristetem Probearbeitsverhältnis
Letzte Überarbeitung: 29. August 2019
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