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ARBEITSRECHT AKTUELL // 08/067

Sach­grund­lo­se An­schluss­be­fris­tung nach be­fris­te­tem Pro­be­ar­beits­ver­hält­nis

Wer die ers­ten sechs Mo­na­te mit Sach­grund be­fris­tet, kann da­nach auf ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung um­schwen­ken: Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg, Ur­teil vom 19.03.2008, 4 Sa 673/07
Abrisskalender Zeit­ver­trä­ge sind bei je­der Ver­län­ge­rung feh­ler­an­fäl­lig

01.07.2008. Ar­beit­ge­ber, die ei­nen Ar­beit­neh­mer neu ein­stel­len und den Ar­beits­ver­trag be­fris­ten wol­len, brau­chen da­zu ge­mäß § 14 Abs.2 Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) kei­nen sach­li­chen Grund.

Viel­mehr kön­nen sie ei­ne Be­fris­tung bis zur Ge­samt­dau­er von zwei Jah­ren auch oh­ne Sach­grund ver­ein­ba­ren, wo­bei die­ser Zwei­jah­res­zeit­raum auch ge­stü­ckelt wer­den kann.

Na­tür­lich kann man Be­fris­tun­gen auch bei Neu­ein­stel­lun­gen auf ei­nen Sach­grund stüt­zen, d.h. auf § 14 Abs.1 Tz­B­fG.

Frag­lich ist dann aber, ob man sich mit ei­ner sol­chen Be­fris­tungs­be­grün­dung fest­ge­legt hat, d.h. ob dann für wei­te­re be­fris­te­te Ver­län­ge­run­gen im­mer ein Sach­grund er­for­der­lich ist, oder ob man wie­der auf ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung um­schwen­ken kann. Zu die­ser Fra­ge hat sich in ei­ner ak­tu­el­len Ent­schei­dung das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Nürn­berg ge­äu­ßert: LAG Nürn­berg, Ur­teil vom 19.03.2008, 4 Sa 673/07.

Ein­mal mit Sach­grund be­fris­tet, im­mer mit Sach­grund be­fris­tet?

01.07.2008. Ar­beits­verträge können grundsätz­lich be­fris­tet ab­ge­schlos­sen wer­den. Die Vor­aus­set­zun­gen hier­zu er­ge­ben sich da­bei in ers­ter Li­nie aus den §§ 14 bis 21 des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz­tes (Tz­B­fG). Da­nach können Be­fris­tun­gen ent­we­der oh­ne Sach­grund ver­ein­bart wer­den, dafür aber im All­ge­mei­nen nur für die Ge­samt­dau­er von ma­xi­mal zwei Jah­ren (§ 14 Abs.2 Tz­B­fG), oder aber mit ei­nem sach­li­chen Grund gemäß § 14 Abs.1 Tz­B­fG. In die­sem Fall gibt es kei­ne all­ge­mein gülti­ge Zeit­be­schränkung.

Ab­ge­se­hen von der Zwei­jah­res­gren­ze steht die Wirk­sam­keit ei­ner sach­grund­lo­sen Be­fris­tung wei­ter­hin un­ter der Be­din­gung, dass zwi­schen den Par­tei­en nicht be­reits zu­vor ein be­fris­te­tes oder un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­stan­den hat (§ 14 Abs.2 Satz 2 Tz­B­fG). Frag­lich ist, ob im An­schluss an ei­ne mit Sach­grund ver­ein­bar­te Be­fris­tung ei­ne sach­grund­lo­se Verlänge­rung tre­ten kann, ob al­so bei­spiels­wei­se ei­ne sechs­mo­na­ti­ge Pro­be­zeit­be­fris­tung, die ei­nen Fall der Sach­grund­be­fris­tung dar­stellt, mit ei­ner an­sch­ließen­den (sach­grund­lo­sen) „Verlänge­rung“ der Pro­be­zeit kom­bi­niert wer­den kann - oder ob die­se sach­grund­lo­se An­schluss­be­fris­tung we­gen des be­reits zu­vor be­ste­hen­den be­fris­te­ten Pro­be­ar­beits­verhält­nis­ses gemäß § 14 Abs.2 Satz 2 Tz­B­fG aus­ge­schlos­sen ist.

Zu die­ser Fra­ge hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Nürn­berg mit ei­nem Ur­teil vom 19.03.2008 (4 Sa 673/07) Stel­lung ge­nom­men.

Der Streit­fall: Pfle­ge­kraft wird für sechs Mo­na­te be­fris­tet zur Er­pro­bung ein­ge­stellt, später wird die Pro­be­zeit­be­fris­tung verlängert

Der kla­gen­de Ar­beit­neh­mer hat­te mit der be­klag­ten Ar­beit­ge­be­rin erst­mals zum 19.06.2006 mit schrift­li­chem Ar­beits­ver­trag ein Ar­beits­verhält­nis als Pfle­ge­kraft be­gründet. Die­ses war als be­fris­te­tes Pro­be­ar­beits­verhält­nis aus­ge­stal­tet, d.h. das Ar­beits­verhält­nis wur­de gemäß ei­ner im Ver­trag schrift­lich fest­ge­hal­te­nen Klau­sel für die Dau­er von sechs Mo­na­ten zur Pro­be ab­ge­schlos­sen und soll­te da­her mit Ab­lauf der sechs­mo­na­ti­gen Pro­be­zeit en­den, so­fern es nicht zu­vor verlängert wer­den würde.

Noch vor Ab­lauf der sechs­mo­na­ti­gen Ver­trags­lauf­zeit ver­ein­bar­ten die Par­tei­en mit schrift­li­chem Zu­satz­ver­trag vom 28.11.2006, dass sich die Pro­be­zeit um ein hal­bes Jahr verlängern soll­te, und zwar bis zum 18.06.2007. Die übri­gen Ver­trags­be­din­gun­gen soll­ten un­verändert fort­be­ste­hen.

In der Fol­ge ent­stand Streit zwi­schen den Par­tei­en, u.a. auch über die Fra­ge, ob die zwei­te Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung, der zu­fol­ge das Ar­beits­verhält­nis mit dem Ab­lauf des 18.06.2007 en­den soll­te, wirk­sam war oder nicht. Der Ar­beit­neh­mer er­hob recht­zei­tig gemäß § 17 Tz­B­fG Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge und be­gehr­te die Fest­stel­lung, dass die letz­te Be­fris­tung sei­nes Ar­beits­ver­tra­ges un­wirk­sam sei.

Das Ar­beits­ge­richt Nürn­berg wies die Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge mit Ur­teil vom 14.08.2007 ab (Ar­beits­ge­richt Nürn­berg, Ur­teil vom 14.08.2007, 8 Ca 1759/07 A). Da­ge­gen er­hob der Kläger Be­ru­fung zum LAG Nürn­berg.

LAG Nürn­berg: Wer die ers­ten sechs Mo­na­te mit Sach­grund be­fris­tet, kann da­nach auf ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung um­schwen­ken

Das LAG bestätig­te das erst­in­stanz­li­che Ur­teil, d.h. es war eben­falls der Mei­nung, dass die Fol­ge­be­fris­tung wirk­sam war. Al­ler­dings ließ es we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der An­ge­le­gen­heit die Re­vi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt gemäß § 72 Abs.2 Ziff. 1 Ar­beits­ge­richts­ge­setz (ArbGG) zu. Auch nach Auf­fas­sung des LAG hat der Zu­satz­ver­trag vom 28.11.2006 die ursprüng­li­che Lauf­zeit des Ver­trags­verhält­nis­ses wirk­sam um ein hal­bes Jahr verlängert.

Zunächst legt das LAG die von den Par­tei­en ver­ein­bar­te „Verlänge­rung der Pro­be­zeit“ im Sin­ne ei­ner Verlänge­rung der Ver­trags­lauf­zeit aus. Da­zu sieht es sich als be­rech­tigt an, da die Par­tei­en aus­drück­lich die übri­gen Ver­trags­be­stim­mun­gen des ers­ten Ver­trags auf­recht er­hal­ten woll­ten. In­so­fern sei mit „Verlänge­rung der Pro­be­zeit“ in Wirk­lich­keit die Verlänge­rung des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags ge­meint ge­we­sen.

An­ge­sichts der re­la­tiv ein­fa­chen Tätig­keit ei­ner Pfle­ge­kraft ist aus­zu­sch­ließen, dass die Verlänge­rung der Lauf­zeit des Ver­trags noch durch den Sach­grund des § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.5 Tz­B­fG (Er­pro­bung) ab­ge­deckt bzw. ge­recht­fer­tigt ist. Die Recht­spre­chung nimmt hier zu­meist an, dass für die Er­pro­bung kürze­re, in der Re­gel bis zu sechs Mo­na­te dau­ern­de Zeiträume aus­rei­chen. Dem­gemäß kam es dar­auf an, ob die Verlänge­rung als sach­grund­lo­se Be­fris­tung bzw. als Verlänge­rungs­ver­ein­ba­rung oh­ne Sach­grund gemäß § 14 Abs.2 Satz 2 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt war.

Da­ge­gen spricht nach An­sicht des Ge­richts nicht, dass die Par­tei­en mögli­cher­wei­se (irrtümlich) an­ge­nom­men ha­ben, ih­re Verlänge­rungs­ver­ein­ba­rung sei als Sach­grund­be­fris­tung ge­recht­fer­tigt. Mit der An­ga­be ei­nes Sach­grun­des schließen die Par­tei­en nämlich in der Re­gel nicht die An­wend­bar­keit der Vor­schrif­ten über die sach­grund­lo­se Be­fris­tung (§ 14 Abs.2 Tz­B­fG) aus.

Die Vor­aus­set­zun­gen für die sach­grund­lo­se Verlänge­rung des be­fris­te­ten Ver­trags­verhält­nis­ses gemäß § 14 Ab­satz 2 Satz 1, 2. Halb­satz Tz­B­fG sah das LAG als ge­ge­ben an. Zwi­schen den Par­tei­en ha­be vor Ab­schluss des ers­ten Zeit­ver­tra­ges vom 19.06.2006 we­der ein be­fris­te­tes noch ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­stan­den, so dass ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung zulässig ge­we­sen sei. Während der Lauf­zeit die­ses (mit Sach­grund oder zulässig oh­ne Sach­grund) be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses hätten die Par­tei­en mit dem Zu­satz­ver­trag vom 28.11.2006 die (eben­falls sach­grund­lo­se) Verlänge­rung des Ver­trags­verhält­nis­ses um ein hal­bes Jahr ver­ein­bart.

Die Ein­ord­nung des Zu­satz­ver­tra­ges als Verlänge­rung ei­nes ka­len­dermäßig be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges wer­de auch da­durch nicht in Fra­ge ge­stellt, dass durch die (ver­meint­li­che) Verlänge­rung der „Pro­be­zeit“ be­stimm­te ta­rif­li­che Leis­tun­gen, die die Be­en­di­gung der Pro­be­zeit vor­aus­set­zen, erst später be­an­sprucht wer­den könn­ten. In dem Verlänge­rungs­ver­trag hätten die Par­tei­en ge­ra­de kei­ne Re­ge­lun­gen über die Verlänge­rung des Ar­beits­verhält­nis­ses hin­aus tref­fen wol­len.

Im Er­geb­nis ist der Ab­schluss ei­nes Verlänge­rungs­ver­tra­ges bis zur Ge­samt­dau­er von zwei Jah­ren gemäß § 14 Abs.2 Satz 1 Tz­B­fG nach Auf­fas­sung des LAG Nürn­berg auch dann möglich, wenn es sich bei dem ers­ten be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag um ei­nen mit sach­li­chem Grund be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag gemäß § 14 Abs.1 Tz­B­fG ge­han­delt ha­ben soll­te. Dies er­ge­be sich be­reits aus dem ge­setz­ge­be­ri­schen Ziel, durch die Möglich­keit sach­grund­lo­ser Be­fris­tun­gen Neu­ein­stel­lun­gen oder die Wei­ter­beschäfti­gung von an­sons­ten ar­beits­lo­sen Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mern zu fördern.

Im Er­geb­nis dürf­te die Ent­schei­dung des LAG Nürn­berg rich­tig sein. Kri­tisch ist al­ler­dings an­zu­mer­ken, dass es sich bei der ver­wen­de­ten Klau­sel in der Verlänge­rungs­ver­ein­ba­rung um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen im Sin­ne der §§ 305 ff. Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) han­deln dürf­te. Da­zu äußert sich das Ur­teil nicht. Falls man zu dem Er­geb­nis kommt, dass die Zu­satz­ver­ein­ba­rung nicht hin­rei­chend klar und verständ­lich ist, d.h. ge­gen § 307 Abs.1 Satz 2 BGB verstößt, könn­te man al­ler­dings auch zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis kom­men.

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Letzte Überarbeitung: 29. Januar 2019

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