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Kündigung - Verdachtskündigung
Lesen Sie hier, was eine Verdachtskündigung ist, was Sie als Arbeitgeber vor Ausspruch einer Verdachtskündigung und insbesondere bei der Anhörung des Arbeitnehmers beachten müssen, und woran Sie als Arbeitnehmer denken sollten, wenn Sie angehört werden oder wenn Ihnen bereits gekündigt worden ist.
Außerdem finden Sie Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen eine ordentliche Verdachtskündigung und wann eine außerordentliche Verdachtskündigung zulässig ist, was bei der vorherigen Anhörung des Betriebsrats zu beachten ist und was Arbeitnehmer im Falle einer Verdachtskündigung tun können.
Auf dieser Seite können Sie auch ein kostenloses Musterschreiben „Verdachtskündigung“ herunterladen.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Was ist eine Verdachtskündigung?
- Sind Verdachtskündigungen nicht unfair, da sie Unschuldige treffen können?
- Müssen Sie als Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor einer Verdachtskündigung anhören?
- Was müssen Arbeitgeber bei der Anhörung beachten?
- Welche Fristen und Formalitäten müssen Arbeitgeber bei der Anhörung beachten?
- Müssen Arbeitgeber vor einer Verdachtskündigung eine Abmahnung aussprechen?
- Wann ist eine außerordentliche Verdachtskündigung zulässig?
- Wann ist eine ordentliche Verdachtskündigung zulässig?
- Woran sollten Arbeitgeber bei der Vorbereitung einer Verdachtskündigung denken?
- Was müssen Arbeitgeber bei der Anhörung des Betriebsrats zu einer Verdachtskündigung beachten?
- Wann ist eine Verdachtskündigung auf jeden Fall unwirksam?
- Was tun bei Erhalt einer Verdachtskündigung?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Verdachtskündigung?
- Was können wir für Sie tun?
Was ist eine Verdachtskündigung?
Wenn ein Arbeitnehmer in gravierender Weise gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen hat, d.h. zum Beispiel im Zusammenhang mit der Arbeit eine Straftat zulasten des Arbeitgebers, eines Arbeitskollegen oder Kunden begangen hat, kann der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde aussprechen. Diese wird der Arbeitgeber zumeist, aber nicht unbedingt als fristlose Kündigung aussprechen.
Ist der Pflichtverstoß nicht ganz so gravierend, dass er für eine außerordentliche Kündigung "ausreicht", kommt - nach vorheriger erfolgloser Abmahnung - eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung in Betracht.
Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den zur Kündigung führenden Pflichtverstoß nachweisen kann.
Oft haben Arbeitgeber aber keine zwingenden Beweise für einen Pflichtverstoß, sondern können sich nur auf mehr oder weniger gravierende Verdachtsmomente stützen. So zum Beispiel, wenn Geld abhanden gekommen ist, das unter der alleinigen Obhut eines Arbeitnehmers stand, so dass kein anderer es hätte wegnehmen können.
Wenn der Arbeitnehmer in solchen Fällen den Pflichtverstoß bestreitet, hat der Arbeitgeber meist keinen zwingenden Beweis, sondern nur einen dringenden Tatverdacht. Dann besteht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die Möglichkeit, eine - außerordentliche bzw. fristlose - Kündigung wegen des Verdachts auszusprechen (Verdachtskündigung).
Voraussetzung ist der dringende Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung, die, falls sie beweisbar wäre, eine außerordentliche und fristlose Kündigung rechtfertigen würde.
Als "Verdachtskündigung" bezeichnet man daher eine - meist fristlose und vom Arbeitgeber erklärte - Kündigung, die auf den dringenden Verdacht eines erheblichen Pflichtverstoßes gestützt wird, d.h. der Kündigungsgrund ist nicht der Pflichtverstoß, sondern der Verdacht.
Sind Verdachtskündigungen nicht unfair, da sie Unschuldige treffen können?
Ja, das kann man so sehen. Und man kann darauf verweisen, dass ein Strafgericht schließlich auch einen Angeklagten nicht wegen des bloßen Verdachts verurteilen darf, sondern nur dann, wenn es von seiner Schuld vollständig überzeugt ist. Andernfalls muss es den Angeklagten nach der Devise „im Zweifel für den Angeklagten“ (in dubio pro reo) freisprechen.
Andererseits sollte man bedenken, dass der Arbeitgeber eine Privatperson und nicht der Staat ist. Der Staat kann Straftaten mit Hilfe seiner Behörden, d.h. durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte aufklären, während Arbeitgeber solche Aufklärungsmöglichkeiten nicht haben.
Und während es sich der Staat aus Achtung vor der dem Rechtsstaatsprinzip bzw. der Unschuldsvermutung erlauben kann, einen der Tat verdächtigen, aber nicht überführten Angeklagten „in dubio“ bzw. im Zweifelsfall laufen zu lassen, da er mit ihm nicht vertraglich verbunden ist, wäre das für Arbeitgeber kaum zumutbar. Denn dann wäre er rechtlich gezwungen, weiter mit einem Arbeitnehmer unter einem Dach zusammenzuarbeiten, der dringend erheblicher Pflichtverstöße verdächtig ist.
Und schließlich muss der bestehende Verdacht für eine Verdachtskündigung "dringend" bzw. "erdrückend" sein. Praktisch sind das oft Fälle, in denen der Arbeitnehmer unstreitig z.B. eine Sache des Arbeitgebers in die Tasche gesteckt, eine falsche Spesenabrechnung eingereicht oder in die Kasse gegriffen hat, allerdings abstreitet, dies in der Absicht der rechtswidrigen Bereicherung getan zu haben.
Wenn diese Rechtfertigungsversuche fadenscheinig sind, d.h. den Eindruck von Schutzbehauptungen erwecken, ist der Verdacht ausreichend dringend, um darauf eine Verdachtskündigung zu stützen. Bloße Verdächtigungen genügen für eine Verdachtskündigung nicht.
Müssen Sie als Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor einer Verdachtskündigung anhören?
Ja, das müssen Sie. Denn Verdachtskündigungen sind immer mit dem Risiko verbunden ist, dass sie einen Unschuldigen treffen.
Um diese Gefahr möglichst gering zu halten, sind Arbeitgeber vor Ausspruch einer Verdachtskündigung rechtlich verpflichtet, alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes zu unternehmen.
Zu diesen rechtlich vorgeschriebenen Bemühungen um die Sachverhaltsaufklärung gehört auch die Anhörung des Arbeitnehmers. Sie ist bei einer Verdachtskündigung unabdingbar.
Arbeitnehmer müssen vor Ausspruch der Verdachtskündigung zu den gegen sie bestehenden Verdachtsmomenten angehört werden, damit sie die Möglichkeit hat, den Verdacht zu entkräften. Eine ohne vorherige Anhörung des verdächtigten Arbeitnehmers ausgesprochene Verdachtskündigung ist unwirksam.
Was müssen Arbeitgeber bei der Anhörung beachten?
Damit die Anhörung des Arbeitnehmers einen Sinn ergibt, müssen Arbeitgeber die ihnen vorliegenden Verdachtsmomente dem Arbeitnehmer konkret mitteilen. Völlig vage Angaben oder gar reine Bewertungen genügen nicht.
BEISPIEL: Ein Arbeitnehmer steht im Verdacht, Ware aus dem Lager gestohlen zu haben, nachdem er von einem Kollegen beobachtet wurde, wie er größere Pakete aus dem Lager getragen und in seinem Pkw verstaut haben soll. Dazu soll er angehört werden.
Hier muss dem Arbeitnehmer in der Anhörung zumindest mitgeteilt werden, wann er was beiseite geschafft haben soll. Ohne diese konkreten Angaben kann sich der Arbeitnehmer zu dem Verdacht nicht sinnvoll äußern, etwa durch die Angabe eines Alibis.
Andererseits gehen die Informationspflichten des Arbeitgebers im Rahmen der Anhörung eines Arbeitnehmers nicht so weit wie die Pflicht zur Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Während die Anhörung des Betriebsrats diesen nämlich in die Lage versetzen muss, sich ohne eigene Nachforschungen ein Bild von der Rechtmäßigkeit der vom Arbeitgeber geplanten Kündigung zu machen, können Arbeitgeber von einem verdächtigen Arbeitnehmer durchaus verlangen, eigene Nachforschungen anzustellen. Das ist sogar sinnvoll, wenn die Anhörung wirklich zu einer Sachverhaltsaufklärung führen soll.
Welche Fristen und Formalitäten müssen Arbeitgeber bei der Anhörung beachten?
Sollen sich der Arbeitnehmer zu komplizierten Sachverhalten äußern, z.B. zu verschiedenen, länger zurückliegenden (angeblichen) Pflichtverstößen, sollten Arbeitgeber im eigenen Interesse eine angemessene Frist zur Aufklärung und Stellungnahme einräumen. Etwa zehn bis 14 Kalendertage sind in den meisten Fällen, bei einer schriftlichen Anhörung, eine angemessen lange Frist zur Stellungnahme.
Setzt der Arbeitgeber gar keine oder eine zu kurze Frist, läuft trotzdem diejenige Frist, die bei objektiver Bewertung angemessen lang ist, in der Regel also eine Frist von zehn bis 14 Kalendertagen. Eine Kündigung vor Ablauf dieser (ausdrücklich eingeräumten oder nach objektivem Recht laufenden) Frist ist unwirksam.
Eine Anhörung muss nicht schriftlich erfolgen, d.h. durch Austausch von Briefen oder E-Mails. Meist finden Anhörungen, was rechtlich zulässig ist, im Rahmen eines Personalgesprächs statt.
In diesem Fall ist eine Protokollierung zwar nicht rechtlich vorgeschrieben, aber dringend zu empfehlen. Das Protokoll sollte von einer zuverlässigen Person geschrieben werden, der den Gesprächsverlauf später falls nötig auf der Grundlage des Protokolls bezeugen könnte.
Das Protokoll sollte am Tag des Gesprächs fertiggestellt und vom Protokollführer mit Datumsangabe unterschrieben werden. Es sollte Beginn und Ende des Gesprächs unter genauer Angabe der Uhrzeiten und des Gesprächsortes festhalten, und außerdem natürlich Angaben zum Gesprächsverlauf enthalten.
Bestellen Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zu einem Anhörungsgespräch ein, müssen sie dem Arbeitnehmer das Thema des Gesprächs nicht vorab mitteilen. Das hat das BAG Anfang 2015 entschieden (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/045 Aufforderung zur Anhörung bei Verdachtskündigung).
Wichtig für Arbeitgeber ist auch folgende, vom BAG aufgestellte einwöchige Frist für die Anhörung: Haben Arbeitgeber einen konkreten Verdacht und wollen sie daher eine Anhörung durchführen, müssen sie dies im Normalfall innerhalb einer Woche tun (BAG, Urteil vom 20.03.2014, 2 AZR 1037/12, S.5 unten). Während der Zeit bis zur Anhörung läuft die Zweiwochenfrist zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung (§ 626 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) nicht, d.h. sie ist gehemmt.
Kommt es aus Gründen aus dem Bereich des Arbeitnehmers (Krankheit, Bitte um schriftliche Anhörung, Beiziehung eines Anwalts) zu Verzögerungen, können sich Arbeitgeber darauf einlassen, ohne dass die Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB läuft. Das gilt auch bei mehrfachen Anhörungsgesprächen, wenn Arbeitgeber zwischen den Gesprächen Hinweisen des Arbeitnehmers nachgehen.
Müssen Arbeitgeber vor einer Verdachtskündigung eine Abmahnung aussprechen?
Nein, das ist nicht erforderlich.
Eine vorherige erfolglose Abmahnung ist nämlich grundsätzlich nur bei ordentlichen verhaltensbedingten Kündigungen erforderlich, d.h. bei Kündigungen, die auf ein erwiesenes Fehlverhalten des Arbeitnehmers gestützt werden. Dementsprechend soll eine Abmahnung zu einer Verhaltensänderung führen. Verfehlt sie diese Wirkung, kann im Falle der - erwiesenen - Wiederholung des Pflichtverstoßes gekündigt werden.
Anders als bei einer solchen verhaltensbedingten (Tat-)Kündigung liegt bei einer Verdachtskündigung der Grund für die Kündigung nicht im Verhalten, sondern in der Person des Arbeitnehmers: Er ist aufgrund des gegen ihn bestehenden Verdachts nicht mehr „tragbar“, auch wenn er unschuldig sein sollte. Ein Fehlverhalten kann ja gerade nicht bewiesen werden.
Nur in seltenen Ausnahmefällen ist auch bei einer Verdachtskündigung eine vorherige Abmahnung nötig, nämlich wenn der vom Arbeitnehmer wahrscheinlich begangene Pflichtverstoß ein Vermögensdelikt im Bagatellbereich ist, z.B. ein Diebstahl, eine Unterschlagung oder ein Betrug mit einem Schaden von einigen wenige Euro. Dann genügt der dringende Verdacht eines solchen "Mini-Delikts" nur, wenn der Arbeitnehmer in der Vergangenheit einmal wegen eines ähnlichen Pflichtverstoßes abgemahnt worden ist.
Wann ist eine außerordentliche Verdachtskündigung zulässig?
Nach der Rechtsprechung müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen, damit eine außerordentliche Verdachtskündigung durch den Arbeitgeber wirksam ist (fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, ist die Kündigung unwirksam):
- Der Arbeitnehmer steht in dem Verdacht, in erheblicher Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen zu haben (Verdacht eines erheblichen Pflichtverstoßes). Der fragliche Pflichtverstoß, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, muss so gravierend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann, falls der Verdacht begründet wäre. Pflichtverstöße dieses Kalibers sind z.B. Vermögensdelikte (Diebstahl, Betrug, Unterschlagung), sexuelle Belästigungen, Tätlichkeiten bzw. (versuchte) Körperverletzungen oder grobe Beleidigungen. Kleinere Verspätungen, Versäumnisse bei Krankmeldungen oder schlampiges Arbeiten genügt nicht, auch wenn solche Pflichtverstöße in der Vergangenheit schon einmal abgemahnt worden sind.
- Der Verdacht ist "erdrückend", d.h. es ist praktisch sicher, dass der Arbeitnehmer den Pflichtverstoß begangen hat, nur dass dieser eben nicht vor Gericht "mit hundertprozentiger Gewissheit" bewiesen werden kann (dringender Verdacht). Das ist z.B. der Fall, wenn eine Kassiererin beobachtet wird, wie sie einige Scheine aus der Kasse nimmt und in ihre Jacke steckt, was sie später auch zugibt, nur dass sie behauptet, dass sie Geld habe wechseln wollen.
- Die außerordentliche Verdachtskündigung ist verhältnismäßig, d.h. es gibt für den Arbeitgeber kein milderes Mittel, um auf die Situation zu reagieren. Daher muss der Arbeitgeber vor der Kündigung alle zumutbaren Informationsquellen ausgeschöpft haben, um sich möglichst große Gewissheit über den Pflichtverstoß zu verschaffen. Dazu gehört die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers, ohne die eine Verdachtskündigung immer unverhältnismäßig bzw. unwirksam ist. Wenn sich der Arbeitnehmer auf entlastende Umstände beruft, muss der Arbeitgeber diese aufklären und den Arbeitnehmer je nach dem Ergebnis dieser Aufklärung mehrfach anhören.
- Das Interesse des Arbeitgebers an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt das Interesses des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses (Interessenabwägung). Dabei kommt es auf die Schwere des streitigen Pflichtverstoßes an, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, auf den durch den Pflichtverstoß entstandenen Schaden, auf die bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses und darauf, ob das Arbeitsverhältnis bisher problemlos verlaufen ist oder es in der Vergangenheit schon einschlägige Pflichtverstöße und/oder Abmahnungen gab. Die Interessenabwägung kann zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen, wenn er schon lange beschäftigt war und z.B. ein Vermögensdelikt im Bagatellbereich begangen haben soll.
- Rechtsgrundlage für die außerordentliche Verdachtskündigung ist § 626 BGB, d.h. das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grunde. Daher muss der Arbeitgeber die Verdachtskündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt aussprechen, in dem er alle Verdachtsmomente geklärt hat und daher "von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis" hat (§ 626 Abs.2 BGB).
Wann ist eine ordentliche Verdachtskündigung zulässig?
In der Praxis werden Verdachtskündigungen in aller Regel als außerordentliche Kündigungen ausgesprochen. Ordentliche Verdachtskündigungen werden meist zusammen mit einer außerordentlichen Tat- und Verdachtskündigung "hilfsweise" erklärt, d.h. für den Fall, dass der Arbeitgeber mit seiner fristlosen Kündigung vor Gericht nicht durchkommt.
Anders als bei einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung belastet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine ordentliche Verdachtskündigung nicht ganz so stark, weil er ihm ja die Kündigungsfristen belässt.
Daher fragt sich,
- ob vielleicht der Pflichtverstoß, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, bei einer ordentlichen Verdachtskündigung nicht ganz so erheblich sein kann, d.h. einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung entsprechen kann, und/oder
- ob vielleicht der Grad der Wahrscheinlichkeit, mit der der Arbeitnehmer einen Pflichtverstoß begangen hat, geringer sein kann als bei einer außerordentlichen Verdachtskündigung, und/oder
- ob eine ordentliche Verdachtskündigung vielleicht eher als eine fristlose im Ergebnis der Interessenabwägung angemessen und damit wirksam sein kann, weil dem Arbeitnehmer ja immerhin noch die Kündigungsfristen nicht genommen werden.
Alle diese drei Fragen beantwortet das BAG mit nein. Eine ordentliche Verdachtskündigung ist von denselben sachlichen Voraussetzungen abhängig wie die fristlose Verdachtskündigung, nur dass sie eben dem Arbeitnehmer die Kündigungsfristen lässt, d.h. als ordentliche Kündigung ausgesprochen wird. Es müssen daher alle oben unter Punkt 1.) bis 4.) vorliegenden Voraussetzungen einer außerordentlichen fristlosen Verdachtskündigung vorliegen, damit eine ordentliche Verdachtskündigung rechtens ist. Das hat das BAG mit Urteil vom 21.11.2013, 2 AZR 797/11 klargestellt (wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 14/053 Ordentliche fristgemäße Verdachtskündigung?).
Da die Rechtmäßigkeit einer ordentlichen Verdachtskündigung von denselben sachlichen Voraussetzungen abhängig ist wie eine außerordentliche Verdachtskündigung, hat sie auf den ersten Blick keinen Vorteil. Letztlich ist sie eine verkappte außerordentliche Kündigung mit "geschenkten" Kündigungsfristen.
Das stimmt aber nicht, denn eine "hilfsweise" ausgesprochene ordentliche Verdachtskündigung ist keineswegs sinnlos. Für sie gilt nämlich die Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB nicht, wonach eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden kann.
Arbeitgeber, die bei Ausspruch einer außerordentlichen Verdachtskündigung befürchten müssen, die Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB bereits versäumt zu haben, können sich daher mit einer zusätzlichen "hilfsweisen" ordentlichen Verdachtskündigung absichern.
Woran sollten Arbeitgeber bei der Vorbereitung einer Verdachtskündigung denken?
Arbeitgeber können nie mit Gewissheit voraussehen, ob die vorhandenen Beweise für einen Pflichtverstoß auch das Arbeitsgericht überzeugen werden, falls der gekündigte Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage einreicht.
Daher sollten Arbeitgeber bereits während der Aufklärung eines möglichen Pflichtverstoßes darauf achten, dass sie am Ende der ihrer Ermittlungen in der Lage sind, eine außerordentliche fristlose Kündigung
- sowohl auf den (aus Arbeitgebersicht beweisbaren) Pflichtverstoß zu stützen ("Tatkündigung")
- als auch auf den dringenden Tatverdacht ("Verdachtskündigung").
Denn der Verdacht eines Pflichtverstoßes ist nach der Rechtsprechung ein eigenständiger Kündigungsgrund, der in dem Vorwurf der Tatbegehung nicht enthalten ist.
Eine Tatkündigung ist nämlich eine verhaltensbedingte Kündigung, d.h. der Kündigungsgrund besteht in einem schuldhaften Pflichtverstoß, während eine Verdachtskündigung als personenbedingte Kündigung anzusehen ist: Der Arbeitnehmer hat den Verdacht, unter dem er steht, nicht durch schuldhaftes pflichtwidriges Verhalten verursacht. Eine Verdachtskündigung ähnelt so gesehen einer krankheitsbedingten Kündigung, denn auch eine Krankheit kann dem Arbeitnehmer nicht vorgeworfen werden.
Praktisch zeigt sich dieser Unterschied vor allem daran, dass eine Verdachtskündigung immer eine vorherige Anhörung des verdächtigten Arbeitnehmers voraussetzt, was bei einer Tatkündigung nicht der Fall ist.
BEISPIEL: Der Inhaber eines Handy-Reparaturgeschäfts beobachtet einen seiner Angestellten am Freitagnachmittag dabei, wie er ein defektes Kundenhandy beim Verlassen der Werkstatt in seinen Rucksack verstaut und sich ins Wochenende verabschiedet. Der Ladeninhaber verständigt umgehend die Polizei, die den Angestellten - im Beisein des Ladeninhabers - an einer U-Bahnstation auf dem Weg nach Hause anhält und ihn bittet, einmal den Rucksack zu öffnen. Hervor kommt das Kundenhandy, das der Angestellte dem Ladeninhaber aushändigt. Die Mitnahme des Handys gibt er zu. Der Ladeninhaber erklärt daraufhin eine fristlose Kündigung wegen Diebstahls, d.h. er spricht allein eine fristlose Tatkündigung aus. Zuvor hört er den Angestellten zu dem Verdacht des Diebstahls nicht an.
Mit diesem Vorgehen wird der Ladeninhaber vor Gericht in einem Kündigungsschutzprozess möglicherweise Probleme bekommen. Denn falls der Angestellte behaupten sollte, er hätte das Handy zu Hause am Wochenende aus technischem Interesse einmal in Ruhe auseinanderbauen und wieder zusammensetzen wollen, und er hätte es am Montag ganz bestimmt wieder zurückgebracht, hängt der Ausgang des Prozesses davon ab, ob das Gericht dem Angestellten diese Behauptung glaubt oder sie als Schutzbehauptung bewertet.
Daraus folgt, dass Arbeitgeber auch bei sehr schweren und scheinbar offensichtlichen Pflichtverstößen den Arbeitnehmer immer zu den gegebenen Verdachtsmomenten anhören sollten. Bei Ausspruch der Kündigung und später im Falle eines Kündigungsschutzprozesses sollten Arbeitgeber dazu in der Lage sein, die rechtlichen Voraussetzungen
- einer außerordentlichen fristlosen Tatkündigung
- einer außerordentlichen fristlosen Verdachtskündigung
- einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung
- einer ordentlichen Verdachtskündigung
konkret darzulegen bzw. im Falle des Bestreitens zu beweisen.
Dabei ist es nicht erforderlich, im Kündigungsschreiben vier verschiedene Kündigungen auszusprechen, und ist es auch rechtlich nicht nötig, Gründe für die Kündigung zu nennen. Wichtig ist nur, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu erklären, sowie hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit eine weitere ordentliche Kündigung. Die Kündigungserklärung könnte z.B. lauten:
"Sehr geehrter Herr NN / sehr geehrte Frau NN,
hiermit kündigen wir das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. [Optional: Die Kündigung stützen wir auf den von Ihnen begangenen Diebstahl/Spesenbetrug/tätlichen Angriff gegen einen Kollegen, und zudem auf den dringenden Verdacht dieses Pflichtverstoßes.]
Hilfsweise kündigen wir das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich unter Beachtung der geltenden Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Dies ist nach unseren Berechnungen der TT.MM.JJJJ. [Optional: Auch diese Kündigung stützen wir auf den von Ihnen begangenen Diebstahl/Spesenbetrug/tätlichen Angriff gegen einen Kollegen, und zudem auf den dringenden Verdacht dieses Pflichtverstoßes.]
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift/en]"
Was müssen Arbeitgeber bei der Anhörung des Betriebsrats zu einer Verdachtskündigung beachten?
Anders als beim Ausspruch der Kündigung, bei der ein Hinweis auf einen bestimmten Grund (Tatkündigung und/oder Verdachtskündigung) rechtlich nicht vorgeschrieben ist, müssen Arbeitgeber bei der Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die Gründe für die geplante Kündigung ausführlich schildern.
Wurde der Arbeitnehmer vor Ausspruch der geplanten außerordentlichen und einer weiteren geplanten ordentlichen Kündigung zu den bestehenden Verdachtsmomenten bereits angehört, weil sowohl eine Tatkündigung als auch eine Verdachtskündigung geplant ist, muss der Betriebsrat sowohl
- zu der außerordentlichen und fristlosen Tatkündigung,
- zu der außerordentlichen und fristlosen Verdachtskündigung,
- zu der hilfsweisen ordentlichen verhaltensbedingten Tatkündigung, und
- zu der hilfsweisen ordentlichen Verdachtskündigung
angehört werden.
Aufgrund der rechtlichen Eigenständigkeit von Tatkündigung und Verdachtskündigung und wegen des unterschiedlichen Verfahrens der Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung und zu einer ordentlichen Kündigung sind hier vier getrennte Anhörungen erforderlich.
BEISPIEL: Der Arbeitgeber möchte einen Arbeitnehmer wegen versuchten Spesenbetrugs kündigen. Angeblich soll der Arbeitnehmer Fahrtkostenbelege über Fahrten eingereicht haben, die er gar nicht unternommen hat. Daher hört der Arbeitgeber den Arbeitnehmer an und später auch den Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG, den Betriebsrat aber nur zu einer geplanten außerordentlichen Kündigung wegen Betrugs bzw. wegen eines Betrugsversuchs, d.h. zu einer beabsichtigten Tatkündigung. Zu einer möglichen Verdachtskündigung hört der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht an. Später im Kündigungsschutzprozess verteidigt sich der Arbeitnehmer mit der Behauptung, dass ihm beim Einreichen der unrichtigen Belege ein Irrtum unterlaufen sei.
Eine Berufung des Arbeitgebers auf die Voraussetzungen der Verdachtskündigung ist in diesem Beispiel vor Gericht nutzlos, da er den Betriebsrat zu einer solchen Kündigung nicht vor Ausspruch der Kündigung angehört hat. Die Kündigung kann daher nicht als Verdachtskündigung wirksam sein, denn es fehlt an der vorherigen Anhörung des Betriebsrats (§ 102 Abs.1 Satz 3 BetrVG). Und weil der Vorwurf des Betrugs nicht beweisbar und die Tatkündigung daher unwirksam ist, verliert der Arbeitgeber den Prozess.
Um einen solchen Prozessverlauf zu verhindern, müssen die an den Betriebsrat gerichteten Anhörungsschreiben alle vom Arbeitgeber ermittelten Verdachtsmomente einschließlich des Ergebnisses der Anhörung des Arbeitnehmers möglichst vollständig und genau enthalten.
Dabei muss der Betriebsrat zu zwei gedanklich getrennten außerordentlichen Kündigungen angehört werden, nämlich zu einer außerordentlichen fristlosen Tatkündigung und zu einer außerordentlichen fristlosen Verdachtskündigung (s. oben), wobei der Betriebsrat drei Tage Zeit hat, um dem Arbeitgeber möglicherweise bestehende Bedenken mitzuteilen (§ 102 Abs.2 Satz 3 BetrVG). Sobald diese Frist herum ist, sollte der Arbeitgeber die fristlose Kündigung schon einmal aussprechen, um die Gefahr gering zu halten, dass die Kündigung wegen Überschreitens der Zweiwochenfrist (§ 626 Abs.2 BGB) unwirksam ist.
Außerdem muss der Betriebsrat zu zwei gedanklich getrennten ordentlichen Kündigungen angehört werden, nämlich zu einer ordentlichen verhaltensbedingten Tatkündigung und zu einer ordentlichen Verdachtskündigung (s. oben). Hierbei hat der Betriebsrat eine Woche Zeit, um dem Arbeitgeber möglicherweise bestehende Bedenken mitzuteilen (§ 102 Abs.2 Satz 1 BetrVG) oder um der Kündigung unter Berufung auf mögliche Widerspruchsgründe zu widersprechen (§ 102 Abs.3 BetrVG). Sobald die Wochenfrist abgelaufen ist, sollte der Arbeitgeber umgehend die ordentliche Kündigung aussprechen, denn ob der Betriebsrat Bedenken äußert und/oder widerspricht, ändert an dem Recht zum Ausspruch der Kündigung nichts, und auch hier ist eine möglichst rasche Kündigungserklärung wegen der Zweiwochenfrist (§ 626 Abs.2 BGB) ratsam.
Arbeitgeber sollten daher bei Bestehen eines Betriebsrats folgende Schritte unternehmen, um eine geplante Verdachtskündigung möglichst gut vorzubereiten:
- Ermittlung des Sachverhaltes / Klärung von Verdachtsmomenten. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB gilt hier noch nicht, d.h. die Sachverhaltsaufklärung dauert solange, wie nach Lage des Falls nötig ist.
- Anhörung des Arbeitnehmers zu den ermittelten Verdachtsmomenten, ggf. unter Setzung einer angemessen langen Frist für Sachverhaltsklärungen des Arbeitnehmers, und Protokollierung der diesbezüglichen Unterredungen mit dem Arbeitnehmer. Erst ab Abschluss der Ermittlungen, d.h. ab Kenntnis des Arbeitgebers von allen Verdachtsmomenten, beginnt die zweiwöchtige Frist zur Erklärung der außerordentlichen Verdachtskündigung (§ 626 Abs.2 BGB).
- Anhörung des Betriebsrats zu der in Aussicht genommenen außerordentlichen Tatkündigung und zu der geplanten außerordentlichen Verdachtskündigung, sowie zu der geplanten ordentlichen Tatkündigung und der geplanten ordentlichen Verdachtskündigung. Dabei sind die Verdachtsmomente ausführlich zu schildern, und auch die Einlassungen des Arbeitnehmers sind dem Betriebsrat mitzuteilen.
- Ausspruch einer außerordentlichen (Tat- und Verdachts-)Kündigung sowie (in der Regel einige Tage später nach Ablauf Wochenfrist) Ausspruch einer ordentlichen (Tat- und Verdachts-)Kündigung.
Wann ist eine Verdachtskündigung auf jeden Fall unwirksam?
Wie bei jeder Kündigung können Arbeitgeber auch bei einer Verdachtskündigung an bestimmten "Stolpersteinen" scheitern, d.h. an zwingend vorgeschriebenen Verfahrensregeln.
Diese Regeln sollten Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung genau im Auge behalten (denn die Kündigung soll ja wirksam sein), während sie nach Ausspruch der Kündigung für den gekündigten Arbeitnehmer wichtig sind (denn daraus kann sich die Unwirksamkeit der Kündigung ergeben).
So ist zum Beispiel eine Kündigung generell unwirksam, wenn in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und der Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht (oder nicht ordnungsgemäß) angehört hat, wozu er gemäß § 102 Abs.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verpflichtet ist. Nähere Informationen dazu finden Sie unter: Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats.
Unwirksam ist oft auch die Kündigung bestimmter Arbeitnehmergruppen (Mitglieder des Betriebsrats, schwangere Arbeitnehmerinnen, schwerbehinderte Menschen), wenn der Arbeitgeber die speziellen Verfahrensvorschriften nicht beachtet hat, die zugunsten dieser Beschäftigtengruppen gelten.
So muss vor Ausspruch der Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen nicht nur der Betriebsrat angehört werden (gemäß § 102 BetrVG), sondern gemäß § 178 Abs.2 Satz 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch die Schwerbehindertenvertretung, und außerdem muss Integrationsamt vorab seine Zustimmung zu der Kündigung erteilen (§ 168 SGB IX).
Anders, aber ähnlich kompliziert sind die Voraussetzungen für die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds. Denn Betriebsräte können (abgesehen von einer Betriebsschließung oder Abteilungsschließung) nur außerordentlich gekündigt werden (§ 15 Abs.1 KSchG), und außerdem muss der Betriebsrat - als Gremium - der geplanten außerordentlichen Kündigung vorab zustimmen (§ 103 BetrVG). Macht der Betriebsrat das nicht, muss der Arbeitgeber die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung erstreiten. Im Ergebnis ist daher die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nicht nur von der Einhaltung eines komplizierten Verfahrens abhängig, sondern ordentliche verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigungen sind generell ausgeschlossen, d.h. möglich sind nur außerordentliche Kündigungen.
Schließlich brauchen Arbeitgeber für die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin die vorherige Zustimmung der obersten Landesbehörde für den Arbeitsschutz, d.h. es gilt ein ähnliches Verfahren wie bei der Kündigung eines Schwerbehinderten, nur dass für Schwangere eine andere Behörde zuständig ist (§ 17 Mutterschutzgesetz - MuSchG).
Weitere Informationen finden Sie zu den Arbeitnehmergruppen, die in besonderer Weise vor Kündigungen geschützt sind, finden Sie unter den Stichworten "Unkündbarkeit", "Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch", "Handbuch Arbeitsrecht: Schwerbehindertenvertretung", "Betriebsrat - Kündigungsschutz" und "Mutterschutz".
Was tun bei Erhalt einer Verdachtskündigung?
Wenn Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer eine Verdachtskündigung erhalten haben, stellt sich die Frage, ob bzw. wie Sie dagegen vorgehen wollen, d.h. ob Sie Kündigungsschutzklage erheben wollen oder nicht.
Diese Frage muss spätestens innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung geklärt sein. Wenn Sie diese in §§ 4 Satz 1, 13 Abs.1 Satz 2 KSchG bestimmte Frist für die Erhebung der Klage versäumen, wird unwiderleglich vermutet, dass es für die Kündigung einen wichtigen Grund gab und dass der Arbeitgeber die Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB eingehalten hat (§ 7 KSchG).
Diese kurze Frist gilt nach auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keinen allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen, d.h. bei einer Kündigung in der Wartezeit (= während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses) und/oder in einem Kleinbetrieb (= Betrieb mit zehn oder weniger Arbeitnehmern).
Es ist daher extrem wichtig, dass Sie die gesetzliche Dreiwochenfrist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage beachten.
Dies gilt nicht nur dann, wenn Sie mit einer Klage Ihre weitere Beschäftigung durchsetzen wollen. Die Einhaltung der Frist ist genauso wichtig, wenn Sie das Ziel verfolgen, eine gute Abfindung auszuhandeln. Ist die Klagefrist nämlich einmal versäumt, ist eine Kündigungsschutzklage praktisch aussichtslos. In einer solchen Situation wird sich Ihr Arbeitgeber normalerweise auf keine Abfindung mehr einlassen.
Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben oder rechtliche Vertretung durch Ihre Gewerkschaft beanspruchen können, riskieren Sie durch eine Kündigungsschutzklage in der Regel nichts. Auf der anderen Seite erhalten Sie in vielen Fällen durch eine Klage die Chance auf eine Abfindung.
Haben Sie keine Möglichkeit einer Kostenerstattung durch eine Rechtsschutzversicherung oder durch die Gewerkschaft, stehen Sie vor der Entscheidung, entweder nichts zu unternehmen oder selbst zu klagen oder sich auf eigene Kosten von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Wegen der Schwierigkeiten des Kündigungsschutzrechts sollten Sie sich zumindest anwaltlich über die Erfolgsaussichten einer Klage beraten lassen. Außerdem besteht in je nach Ihrer finanziellen Lage die Möglichkeit, dass der Staat die Kosten für Ihren Rechtsanwalt im Wege der Prozesskostenhilfe übernimmt.
Weitere Informationen zum Thema Kosten finden Sie unter in unserem Ratgeber Gebühren.
Wo finden Sie mehr zum Thema Verdachtskündigung?
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Verdachtskündigung interessieren könnten, finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abwicklungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Datenschutz im Arbeitsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Gebot fairen Verhandelns
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Änderungskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung - Kündigungsgründe
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Personenbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Zurückweisung der Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsfristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Unkündbarkeit
- Handbuch Arbeitsrecht: Wiedereinstellung
- Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
- Kündigung durch den Arbeitgeber - Checkliste
- Musterschreiben: Anhörung des Betriebsrats zu einer fristlosen Kündigung
- Musterschreiben: Verdachtskündigung
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Verdachtskündigung finden Sie hier:
Arbeitsrecht 2022
- Update Arbeitsrecht 05|2022 BAG: Verdacht der Fälschung von Verkaufszahlen rechtfertigt Drohung mit fristloser Kündigung
Arbeitsrecht aktuell 2020
Arbeitsrecht aktuell 2019
Arbeitsrecht aktuell 2018
- Arbeitsrecht aktuell: 18/247 BAG weicht Anhörung bei Verdachtskündigungen auf
- Arbeitsrecht aktuell: 18/203 Interessenabwägung bei außerordentlicher Kündigung und Arbeitgeberverhalten
- Arbeitsrecht aktuell: 18/094 LAG Kiel urteilt zu Verdachtskündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/063 LAG Hannover: Keine Kündigung wegen des Verdachts der Nähe zum militanten Islamismus
Arbeitsrecht aktuell 2017
- Arbeitsrecht aktuell: 17/236 Arbeitnehmerüberwachung durch einen Detektiv
- Arbeitsrecht aktuell: 17/026 Kündigung in Unkenntnis einer Schwerbehinderung
Arbeitsrecht aktuell 2016
Eine vollständige Übersicht unserer Beiträge zum Thema Verdachtskündigung finden Sie unter:
Urteile und Kommentare: Verdachtskündigung
Letzte Überarbeitung: 11. März 2022
Was können wir für Sie tun?
Wenn Sie als Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen oder zunächst einmal gründlich vorbereiten wollen, d.h. unter Beachtung rechtlicher Formalitäten und Fristen, oder wenn man Ihnen als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin eine Verdachtskündigung in Aussicht gestellt oder schon ausgesprochen hat und Sie daher rasch reagieren müssen, beraten wir Sie jederzeit gerne. Wir unterstützen Sie auch im Vorfeld einer Verdachtskündigung, d.h. bei der Anhörung zu bestehenden Verdachtsmomenten, und sind bei der rechtlich korrekten Anhörung des Betriebsrats behilflich. An dieser Stelle müssen Sie als Arbeitgeber besonders sorgfältig vorgehen, da die Arbeitsgerichte die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Betriebsratsanhörung sehr genau überprüfen. Falls sich eine gütliche außergerichtliche Einigung über eine geplante oder bereits ausgesprochene Verdachtskündigung nicht erreichen lässt, vertreten wir Sie deutschlandweit vor Gericht, insbesondere im Rahmen von Kündigungsschutzprozessen. Für eine möglichst rasche und effektive Beratung benötigen wir folgende Unterlagen:
Eine Bitte an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Beachten Sie unbedingt die Dreiwochenfrist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage, die mit Erhalt des Kündigungsschreibens beginnt, und nehmen Sie vor Ablauf dieser Frist Kontakt zu uns auf, wenn wir Sie rechtlich beraten sollen. |
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |
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