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Verdachtskündigung wegen Erschleichens rechtswidriger Vorteile
20.11.2020. Besteht der Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung durch einen Arbeitnehmer, kann der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen.
Voraussetzung dafür ist ein dringender Verdacht und eine vorherige Anhörung des verdächtigten Arbeitnehmers, um ihm die Möglichkeit zu geben, die gegen ihn sprechenden Verdachtsmomente auszuräumen.
Dabei kann der Verdacht dadurch verstärkt werden, dass mehrere ähnliche Verdachtsfälle in einer kurzen Zeitspanne auftreten, so das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 10.12.2019, 7 Sa 557/19).
- Welche Umstände sprechen für und welche gegen einen Tatverdacht?
- Anrüchige Vignettenbeschaffung durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes in Berlin
- LAG Berlin-Brandenburg: Mehrere ähnliche Unregelmäßigkeiten können den Verdacht einer Pflichtverletzung im Einzelfall verstärken
Welche Umstände sprechen für und welche gegen einen Tatverdacht?
Im Allgemeinen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur ordentlich kündigen, d.h. unter Beachtung der im Einzelfall geltenden Kündigungsfristen. Eine außerordentliche Kündigung ist nur im Ausnahmefall zulässig, nämlich wenn Tatsachen vorliegen, die die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für den kündigenden Vertragspartner unzumutbar machen. Das Gesetz spricht hier von einem "wichtigen Grund", § 626 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Als wichtiger Grund sind nicht nur erhebliche Pflichtverstöße anerkannt wie z.B. Straftaten, sondern auch ein dringender Tatverdacht. Denn oft lässt sich nicht mit Gewissheit klären, ob ein Arbeitnehmer einen Pflichtverstoß begangen hat, d.h. der Arbeitgeber könnte den Tatvorwurf vor Gericht nicht beweisen. Dann kann trotzdem eine fristlose Kündigung zulässig sein, nämlich eine Verdachtskündigung.
Dazu muss ein dringender Tatverdacht bestehen, der Arbeitnehmer muss vor Ausspruch der Kündigung angehört werden, und der Verdacht muss sich auf eine erhebliche Pflichtverletzung beziehen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde, wenn sie beweisbar wäre.
Da man für einen dringenden Tatverdacht nichts kann, ebenso wenig wie für eine chronische Krankheit, ist eine ist die Verdachtskündigung kein Unterfall einer verhaltensbedingten Kündigung, sondern vielmehr eine personenbedingte Kündigung (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2019, 2 AZR 426/18, Rn.24). Der Kündigungsgrund liegt daher in der Person des Arbeitnehmers, ähnlich wie bei einer krankheitsbedingten Kündigung.
Trotz dieses Bezugs zur Person des Gekündigten kann der Tatverdacht, d.h. der individuell in der Person des Arbeitnehmers bestehende Kündigungsgrund dadurch verstärkt werden, dass in kurzer Zeit viele ähnlich gelagerte Verdachtsfälle auftreten.
Anrüchige Vignettenbeschaffung durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes in Berlin
Einen Anwohnerparkausweis und damit eine heiß begehrte Pkw-Vignette kann man nicht nur bekommen, wenn man in einer Parkraumzone wohnt und selbst ein Auto besitzt, sondern auch dann, wenn einem eine andere Person ein Auto dauerhaft zur (ausschließlichen) Verfügung stellt. So etwas kommt selten vor, z.B. wenn ein erwachsenes Kind seine Eltern großzügig unterstützt, indem es ihnen einen Pkw dauerhaft zur Nutzung überlässt.
Seltsamerweise häuften sich derartige Anträge im Frühjahr 2018 in einem Berliner Bezirk mit Parkraumbewirtschaftungszonen, d.h. plötzlich beantragten viele Anwohner einen Anwohnerparkausweis mit Bezug auf Fahrzeuge dritter Personen. Die Fahrzeughalter bescheinigten den antragstellenden Anwohnern schriftlich, dass sie ihnen ihre Fahrzeuge (angeblich) dauerhaft zur Verfügung gestellt hätten. Noch seltsamer war, dass die Halter der Fahrzeuge, die mit Anwohnervignetten ausgestattet werden sollten, zwölf Mitarbeiter des bezirklichen Ordnungsamtes waren, und zwar ausgerechnet der Abteilung, die für die Parkraumüberwachung zuständig war.
Das Land Berlin als Arbeitgeber stellte daraufhin Erkundigungen an und fand heraus, dass viele der antragstellenden Anwohner in demselben Haus wohnten. Einer der dort wohnenden Antragsteller konnte allerdings wegen einer Unterschenkelamputation gar nicht Auto fahren, und eine dort wohnende Familie hatte gleich zwei Anträge gestellt, da ihr angeblich zwei Fahrzeuge (!) von Mitarbeitern des Ordnungsamtes (!) „dauerhaft zur Verfügung gestellt“ worden waren.
Das Land Berlin hörte vor diesem Hintergrund zehn Arbeitnehmer zu dem Verdacht an, sich durch Vortäuschen einer - in Wahrheit nicht gegebenen - dauerhaften Überlassung ihrer Fahrzeuge an Anwohner einen Anwohnerparkausweis rechtswidrig erschlichen zu haben. Eine Arbeitnehmerin erklärte dazu, dass das fragliche Fahrzeug zwar auf sie zugelassen sei, aber von ihr und ihrer angeblichen Lebensgefährtin (der Anwohnerin) gemeinsam genutzt werde.
Nachdem das Land Berlin eine fristlose Verdachtskündigung ausgesprochen hatte, erhob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage und hatte damit vor dem Arbeitsgericht Berlin Erfolg (Urteil vom 23.01.2019, 56 Ca 10345/18). Denn das Arbeitsgericht meinte, es gebe keine ausreichenden ("dringenden") Verdacht.
LAG Berlin-Brandenburg: Mehrere ähnliche Unregelmäßigkeiten können den Verdacht einer Pflichtverletzung im Einzelfall verstärken
Anders als das Arbeitsgericht entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg als Berufungsinstanz für den Arbeitgeber und wies die Klage ab. Die fristlose Kündigung war als Verdachtskündigung rechtens, so das LAG.
Denn in ihrer Anhörung durch den Arbeitgeber hatte die Arbeitnehmerin ausgesagt, das Fahrzeug werde von ihr und ihrer (angeblichen) Freundin genutzt. Damit war die bei Antragstellung vorgelegte Bescheinigung der Arbeitnehmerin über eine angebliche Kfz-Nutzungsüberlassung allerdings unrichtig. Eine dauerhafte Nutzungsüberlassung an einen Anwohner setzt nämlich voraus, dass nur der Anwohner das Fahrzeug regelmäßig nutzt, und nicht neben ihm noch eine weitere Person, die außerhalb der Parkraumzone wohnt. Daher bestand der dringende Verdacht, dass sich die Arbeitnehmerin die Parkvignette rechtswidrig erschleichen wollte (Urteil, Rn.30).
Der Verdacht wurde dadurch verstärkt, dass „im gleichen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang die Beklagte eine Reihe von gleich oder ähnlich liegenden Unregelmäßigkeiten im Bereich der Mitarbeiter des Ordnungsamtes aufgedeckt hatte“ (Urteil, Rn.31). Auch die vom Arbeitgeber recherchierten Details wie die mehrfachen Anträge aus einem einzelnen Haus erhärteten den Verdacht, so das LAG.
Fazit: Arbeitgeber müssen vor Ausspruch einer Verdachtskündigung den Sachverhalt möglichst umfassend und genau aufklären. Hätte das Land Berlin vor Gericht nicht im Detail vortragen und belegen können, dass und wie die verdächtigen Mitarbeiter des Ordnungsamtes mit verschiedenen Bewohnern eines bestimmten Wohnhauses „kooperiert“ hatten, hätte das LAG den Verdacht wahrscheinlich als weniger dringend bewertet.
Weitere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.12.2019, 7 Sa 557/19
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2019, 2 AZR 426/18
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Letzte Überarbeitung: 16. November 2021
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