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LAG Kiel urteilt zu Verdachtskündigung
16.04.2018. Eine fristlose Kündigung wegen des Verdachts einer Pflichtverletzung setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung zu den bestehenden Verdachtsmomenten anhört.
Denn hat der Arbeitnehmer keine Chance, die Verdachtsmomente in einer Anhörung vor Ausspruch der Kündigung aus der Welt zu schaffen, ist die Verdachtskündigung unwirksam.
In einem Urteil vom Freitag letzter Woche hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Kiel entschieden, dass eine Frist von Donnerstagabend bis Montagmittag zur (schriftlichen) Stellungnahme zu kurz ist, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist und wegen anderer Streitpunkte von einem Anwalt vertreten wird, dem das Anhörungsschreiben aber nicht zuleitet wird: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.04.2018, 3 Sa 398/17 (Pressemeldung des Gerichts).
- Wie lange sollte der Arbeitgeber den Sachverhalt vor einer Verdachtskündigung aufklären?
- Der Kieler Streitfall: Freigestellter Ingenieur muss Laptop herausgeben und übersendet dem Arbeitgeber das falsche Gerät
- LAG Kiel: Anhörungsfrist von Donnerstagabend bis Montagmittag vor Verdachtskündigung kann bei erkranktem Arbeitnehmer zu kurz sein
Wie lange sollte der Arbeitgeber den Sachverhalt vor einer Verdachtskündigung aufklären?
Arbeitnehmer, die in erheblicher Weise gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, z.B. durch einen Betrug oder Diebstahl zulasten des Arbeitgebers, riskieren wegen solcher Pflichtverletzungen eine außerordentliche und fristlos ausgesprochene Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen, bei der der Arbeitgeber in der Regel keine vorherige Abmahnung ausgesprochen haben muss.
Gesetzliche Grundlage für eine solche außerordentliche Kündigung ist § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach können beide Vertragsparteien ohne Einhaltung einer Frist kündigen, wenn sie dafür einen "wichtigen Grund" haben. Und erhebliche Pflichtverletzungen wie Vermögensdelikte oder andere Straftaten sind als wichtiger Grund anerkannt.
In vielen Fällen streiten Arbeitnehmer solche Vorwürfe aber ab, ob nun zurecht (da sie unschuldig sind) oder zu Unrecht (um sich zu schützen). Dann kann der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund auch auf den Verdacht stützen, der gegen den Arbeitnehmer besteht.
Voraussetzung einer Verdachtskündigung ist erstens, dass der Tatverdacht dringend bzw. "erdrückend" ist. Zweitens muss der Arbeitgeber den Sachverhalt vor Ausspruch der Kündigung bestmöglich aufgeklärt haben. Und zur Aufklärung der Verdachtsmomente gehört immer, dass der betroffene Arbeitnehmer in einer Anhörung Gelegenheit hatte, sich zu den Verdachtsmomenten zu äußern, um sie zu entkräften und um damit seine Unschuld zu beweisen.
Ist der Arbeitnehmer nicht im Betrieb, z.B. weil er erkrankt ist, Urlaub macht oder freigestellt wurde, sollte der Arbeitgeber zügig eine schriftliche Anhörung verfassen und dem Arbeitnehmer nach Hause schicken. Denn Trödelei bei der Aufklärung des Sachverhaltes ist riskant, weil die gesetzliche Zweiwochenfrist zum Ausspruch einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung ablaufen kann (§ 626 Abs.2 BGB).
Wie lange Zeit zur Beantwortung des Anhörungsschreibens der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer lassen muss, ist weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung klar definiert. Um diese Frage geht es in dem Urteil des LAG Schleswig-Holstein.
Der Kieler Streitfall: Freigestellter Ingenieur muss Laptop herausgeben und übersendet dem Arbeitgeber das falsche Gerät
In dem Fall des LAG Kiel lagen ein Ingenieur und sein Arbeitgeber bereits seit längerem im Streit und hatten sogar schon einige Gerichtsprozesse über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt, bis hin zum LAG. Im August 2016 sprach der Arbeitgeber erneut eine Kündigung aus, der folgender Sachverhalt zugrunde lag:
Im Zuge einer im Juni 2016 ausgesprochenen Versetzung aus der Entwicklungsabteilung in den Außendienst stellte der Arbeitgeber dem Ingenieur einen Laptop zur Verfügung. Nachdem dieser gegen die Versetzung Klage erhoben hatte und zudem durchgehend arbeitsunfähig erkrankt war, verlangte der Arbeitgeber den Laptop wieder heraus, u.a. aufgrund der Tatsache, dass der Ingenieur größere Datenmengen über den Laptop heruntergeladen hatte.
Am 03.08.2016 übersandte der Ingenieur dem Arbeitgeber einen anderen Laptop. Ob das versehentlich geschah oder mit Absicht, blieb später vor Gericht streitig. Der Arbeitgeber bewertete den Vorfall jedenfalls als schweren Pflichtverstoß und gab dem Arbeitnehmer mit Schreiben vom 04.08.2016 (Donnerstag) Gelegenheit, sich zu dem Verdacht eines absichtlichen Vertauschens der Geräte zu äußern.
Das Anhörungsschreiben ging frühestens am Donnerstagabend im Briefkasten des Arbeitnehmers ein, wobei die Frist zur Stellungnahme am 08.04.2016 (Montagmittag um 13:00 Uhr) ablaufen sollte. Den Anwalt des Arbeitnehmers informierte der Arbeitgeber dabei nicht. Als innerhalb dieser knappen Frist keine Stellungnahme einging, brachte der Arbeitgeber eine außerordentliche Verdachtskündigung auf den Weg, gegen die der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage einreichte.
LAG Kiel: Anhörungsfrist von Donnerstagabend bis Montagmittag vor Verdachtskündigung kann bei erkranktem Arbeitnehmer zu kurz sein
Das LAG entschied den Fall zugunsten des Arbeitnehmers und ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht zu. Solange die Frist für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde noch nicht verstrichen ist, ist das LAG-Urteil aber nicht rechtskräftig. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des LAG:
Angesichts der Tatsache, dass sich die Parteien bereits anderweitig in vertraglichen und auch gerichtlichen Auseinandersetzungen befanden, in denen sich der Arbeitnehmer stets anwaltlich vertreten ließ, bewertete das Gericht die gesetzte Stellungnahmefrist von Donnerstagabend bis Montagmittag als "in jeder Hinsicht" zu kurz.
An dieser Stelle hielt das LAG dem Arbeitgeber vor, dass er das Anhörungsschreiben nicht zugleich dem Anwalt des Ingenieurs zugesandt hatte, was er vorab per Fax hätte tun können. Außerdem war der Ingenieur arbeitsunfähig krank, was der Arbeitgeber wusste. Daher musste er damit rechnen, so das LAG, dass er sich nicht durchgängig zu Hause aufhalten würde.
Fazit: Arbeitgebern ist zu raten, bei der schriftlichen Anhörung des Arbeitnehmers vor einer geplanten Verdachtskündigung eine eher großzügige Frist zur Stellungnahme zu setzen. Dabei dürften je nach Sachverhalt eine Woche oder zehn Tage angemessen sein. Auch wenn eine solche Frist (nach späterer Einschätzung eines Arbeitsgerichts) besser kürzer festgesetzt worden wäre, droht dem Arbeitgeber dadurch keine Versäumung der Zweiwochenfrist für eine außerordentliche Kündigung (§ 626 Abs.2 BGB). Denn auch eine (geringfügig) "zu lange" Frist für eine Anhörung bzw. Stellungnahme des Arbeitnehmers dient jedenfalls noch dem Ziel der Sachverhaltsaufklärung.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.04.2018, 3 Sa 398/17 (Pressemeldung des Gerichts)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung - Kündigungsgründe
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verdachtskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Tipps und Tricks: Kündigung durch den Arbeitgeber - Checkliste
- Arbeitsrecht aktuell: 20/111 Verdachtskündigung wegen Erschleichens rechtswidriger Vorteile
- Arbeitsrecht aktuell: 20/089 Kündigung einer Pflegekraft wegen Misshandlung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/160 Kündigung wegen Verdachts der Geldunterschlagung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/247 BAG weicht Anhörung bei Verdachtskündigungen auf
- Arbeitsrecht aktuell: 18/063 LAG Hannover: Keine Kündigung wegen des Verdachts der Nähe zum militanten Islamismus
- Arbeitsrecht aktuell: 15/347 Kündigung des Ausbildungsverhältnisses in der Probezeit
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- Arbeitsrecht aktuell: 14/053 Ordentliche fristgemäße Verdachtskündigung?
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- Arbeitsrecht aktuell: 12/276 Arbeitszeitbetrug oder Verdacht des Arbeitszeitbetrugs?
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- Arbeitsrecht aktuell: 10/226 Anhörung des Betriebsrats vor Verdachtskündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 08/043 Anhörung „light“ genügt bei Vorkenntnissen des Arbeitnehmers für Verdachtskündigung.
Letzte Überarbeitung: 8. Januar 2021
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