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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/226

An­hö­rung des Be­triebs­rats vor Ver­dachts­kün­di­gung

Ein­sei­ti­ger Tat­sa­chen­vor­trag ist bei der An­hö­rung von Be­triebs­rä­ten / Per­so­nal­rä­ten ta­bu: Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg, Ur­teil vom 22.06.2010, 5 Sa 820/08
Betriebsratsanhörung An­hö­rung des Be­triebs­rats: Es soll­te kein noch so klei­nes De­tail ver­ges­sen wer­den
18.11.2010. Vor je­der Kün­di­gung muss der Ar­beit­ge­ber die bei ihm ein­ge­rich­te­te Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung an­hö­ren. Für Be­triebs­rä­te er­gibt sich dies aus § 102 Abs. 1 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG), für Per­so­nal­ver­tre­tun­gen im Bun­des­dienst aus § 79 Abs. 1 Bun­des­per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­setz (BPers­VG) und für Per­so­nal­ver­tre­tun­gen im Lan­des­dienst aus den Per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­set­zen des je­wei­li­gen Lan­des.

Die An­hö­rung ist kei­ne blo­ße For­ma­lie, son­dern ei­ne wich­ti­ge, zum Schutz des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers ein­ge­rich­te­te Hür­de. Dem­ent­spre­chend ist ei­ne Kün­di­gung un­wirk­sam, wenn der Be­triebs­rat / Per­so­nal­rat nicht be­tei­ligt wird (§ 102 Abs. 1 Satz 3 Be­trVG, § 79 Abs. 4 BPers­VG).

Durch die Be­tei­li­gung soll die je­wei­li­gen In­ter­es­sen­ver­tre­tung Ge­le­gen­heit ha­ben, ih­re Über­le­gun­gen zur be­ab­sich­tig­ten Kün­di­gung vor­zu­brin­gen und da­durch ge­ge­be­nen­falls Ein­fluss auf des­sen Ent­schei­dung aus­zu­üben. Die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung soll mit an­de­ren Wor­ten Ge­le­gen­heit ha­ben, sich ein ei­ge­nes Bild zu ma­chen. Der Ar­beit­ge­ber muss des­halb über sämt­li­che aus sei­ner (sub­jek­ti­ven) Sicht tra­gen­den Kün­di­gungs­grün­de in­for­mie­ren. Aus dem Zweck des An­hö­rungs­ver­fah­rens und aus der Pflicht zur ver­trau­ens­vol­len Zu­sam­men­ar­beit (§ 2 Abs. 1 Be­trVG und BPers­VG) folgt da­bei zu­gleich, dass da­bei die Grün­de nicht be­wusst un­voll­stän­dig, ir­re­füh­rend oder ein­sei­tig dar­ge­stellt wer­den dür­fen. Ei­ne auf die­se Wei­se ma­ni­pu­lier­te An­hö­rung wird so be­han­delt, als hät­te sie nie­mals statt­ge­fun­den.

Dass dies der stän­di­gen Recht­spre­chung der Ar­beits­ge­rich­te ent­spricht und ins­be­son­de­re auch für Ver­dachts­kün­di­gun­gen gilt, er­fuhr Mit­te die­sen Jah­res auch ei­ne Bun­des­be­hör­de, die ei­nen bei ihr an­ge­stell­ten La­ger­ar­bei­ter frist­los ent­las­sen woll­te. Sie warf ihm den Dieb­stahl be­stimm­te Ge­gen­stän­de vor. Der Ar­beit­neh­mer wie­der­um be­haup­te­te, er sei da­von aus­ge­gan­gen, sein Ver­hal­ten wä­re er­laubt ge­we­sen. Die Be­hör­de kün­dig­te ihm gleich­wohl, nach­dem sie den bei ihr ein­ge­rich­te­ten Per­so­nal­rat an­ge­hört hat­te.

Die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge des La­ger­ar­bei­ters blieb in ers­ter In­stanz er­folg­los (Ar­beits­ge­richt Bam­berg, Ur­teil vom 04.06.2008, 5 Ca 1064/07). Erst in der Be­ru­fungs­in­stanz stell­te sich her­aus, dass die Be­hör­de dem Per­so­nal­rat den Ein­druck ver­mit­telt hat­te, der Klä­ger ha­be ein um­fas­sen­des Ge­ständ­niss ab­ge­legt, oh­ne den von ihm ins Feld ge­führ­ten Ver­bots­irr­tum zu er­wäh­nen.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg gab der Kla­ge des Ar­beit­neh­mers da­her be­reits des­halb statt, weil die Kün­di­gung we­gen feh­ler­haf­ter An­hö­rung der Be­triebs­ver­tre­tung un­wirk­sam war (Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg, Ur­teil vom 22.06.2010, 5 Sa 820/08). Da­mit spiel­te zu sei­nem Glück die Fra­ge kei­ne Rol­le mehr, ob die Be­hör­de tat­säch­lich ei­nen aus­rei­chen­den Kün­di­gungs­grund hat­te.

Die Ent­schei­dung ist rechts­kräf­tig.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 16. April 2018

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