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Arbeitszeitbetrug oder Verdacht des Arbeitszeitbetrugs?
08.08.2012. Viele Arbeitgeber erfassen regelmäßg die geleisteten Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer. Neben der klassischen „Stempeluhr“ werden oft Formulare und elektronische Arbeitszeiterfassungen verwendet.
In jedem Fall können Arbeitgeber erwarten, dass die Arbeitnehmer bei der Dokumentation ihrer Arbeitszeiten nicht schummeln. Wer sich an diese Regel nicht hält, begeht einen schweren Vertrauensbruch und riskiert eine verhaltensbedingte Kündigung.
Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg zeigt aber, dass der Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs oft vorschnell erhoben wird. Denn nicht jeder objektive Fehler bei der Arbeitszeiterfassung ist schon ein Betrugsversuch. Und will der Arbeitgeber eine Kündigung auf den Verdacht des Arbeitszeitbetrugs stützen (Verdachtskündigung), muss er dem Arbeitnehmer zuvor ein faires Anhörungsgespräch ermöglichen: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.03.2012, 10 Sa 2272/11.
- Wann rechtfertigt der Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs eine Kündigung?
- Der Streitfall: 46jährige schwerbehinderte Arbeitnehmerin soll nach 19 Jahren Beschäftigung einen Arbeitszeibetrug begangen haben
- LAG Berlin-Brandenburg: Die Einladung zur Anhörung vor Ausspruch einer Verdachtskündigung muss das Thema benennen und dem Arbeitnehmer eine sinnvolle Vorbereitung ermöglichen.
Wann rechtfertigt der Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs eine Kündigung?
Arbeitnehmer, die bei ihrer Arbeitszeit schummeln, lassen sich bezahlen, ohne dafür zu arbeiten. Das ist ein Betrug zu Lasten des Arbeitgebers und ein massiver Vertrauensbruch, den die Gerichte im Allgemeinen als einen "wichtigen Grund" für eine fristlose, verhaltensbedingte Kündigung gelten lassen.
Allerdings kommt es dabei wie immer bei Kündigungen auf die Umstände des Einzelfalls an. Denn möglicherweise hätte auch eine Abmahnung ausgereicht, um einen bei der Zeiterfassung nicht korrekten Arbeitnehmer wieder "in die Spur" zu bringen. Dann wäre eine verhaltensbedingte Kündigung unverhältnismäßig und daher unwirksam.
Außerdem können Arbeitgeber einen Arbeitszeitbetrug vor Gericht nicht beweisen, sondern bestenfalls einen Betrugsverdacht. Dann kann er zwar eine Verdachtskündigung aussprechen, muss dazu aber vorab den Sachverhalt aufklären und dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, sich zu den Verdachtsmomenten zu äußern.
Die Anhörung des Arbeitnehmers sollte der Arbeitgeber ernst nehmen und dem Arbeitnehmer eine echte bzw. faire Chance geben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. So etwas geht ohne Vorbereitung des Arbeitnehmers auf einen solchen Anhörungstermin meist nicht.
Der Streitfall: 46jährige schwerbehinderte Arbeitnehmerin soll nach 19 Jahren Beschäftigung einen Arbeitszeibetrug begangen haben
Eine 46jährige, schwerbehinderte Arbeitnehmerin war bei einer Hausverwaltung als Sachbearbeiterin in Gleitzeit tätig. Sie hatte ihre Arbeitszeiten in einer Excel-Tabelle zu dokumentieren. Als der Arbeitgeber feststellte, dass sie an mehreren Tagen früher gegangen war als sie in der Arbeitszeiterfassung (absichtlich bzw. vorsätzlich?) eingetragen hatte, bestellte er sie zu einem Personalgespräch.
Das Thema des Gesprächs wurde der Arbeitnehmerin nicht vorab mitgeteilt, so dass sie keinen Anwalt oder Betriebsrat als Beistand hatte. In dem Gespräch saß sie zwei Vorstandsmitgliedern, dem Abteilungsleiter und einer Personalsachbearbeiterin gegenüber, die sie mit einer Vielzahl von Verdachtsmomenten konfrontieren.
Nach dem Gespräch sprach der Arbeitgeber eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen des aus seiner Sicht erwiesenen Arbeitszeitbetrags aus. Hilfsweise erklärte er eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen des Arbeitszeitbetrugs. Darüber hinaus stützte er beide Kündigungen, d.h. die fristlose wie die die ordentliche auf den Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs.
Das Arbeitsgericht Berlin gab der Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin statt, weil es diese Kündigungen als unverhältnismäßig bewertete (Urteil vom 27.10.2011, 38 Ca 10928/11). Eine Abmahnung hätte genügt, so das Gericht.
LAG Berlin-Brandenburg: Die Einladung zur Anhörung vor Ausspruch einer Verdachtskündigung muss das Thema benennen und dem Arbeitnehmer eine sinnvolle Vorbereitung ermöglichen.
Dieser Meinung hat sich auch das LAG angeschlossen. Denn falls die Arbeitnehmerin tatsächlich vorsätzlich geschummelt hätte, hätte eine Abmahnung ausgereicht. Und die Verdachtskündigung war schon allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin die Gelegenheit hätte geben müssen, sich auf das Gespräch vorzubereiten und einen Beistand hinzuziehen.
Fazit: Inhalt und Umfang einer Anhörung vor Ausspruch einer Verdachtskündigung richten sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. In jedem Fall sollte die Einladung des Arbeitnehmers zu einem Anhörungsgespräch aber den Gegenstand des Gespräches (d.h. den Verdacht) benennen und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, eine Vertrauensperson hinzuzuziehen. Beachtet der Arbeitgeber diese Regeln des fair play nicht, kann bei der Anhörung nichts Gescheites herauskommen und dann ist die Verdachtskündigung unwirksam.
Werden Arbeitnehmer in plötzlich anberaumten Personalgesprächen mit gravierenden Vorwürfen konfrontiert, sollten sie sich daher am besten gar nicht spontan zur Sache einlassen. Vielmehr sollten Arbeitnehmer die Vorwürfe notieren und ihrem Gesprächspartner in Aussicht stellen, sich rasch - z.B. innerhalb einiger Tage - nach Überprüfung der Vorwürfe dazu zu äußern.
Nähere Informationen finden Sie hier:- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.03.2012, 10 Sa 2272/11
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Webseite)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verdachtskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/247 BAG weicht Anhörung bei Verdachtskündigungen auf
- Arbeitsrecht aktuell: 18/094 LAG Kiel urteilt zu Verdachtskündigung
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- Arbeitsrecht aktuell: 10/220 Fristlose Kündigung unwirksam trotz Betruges mit 166 Euro Schaden
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Arbeitgeber bei der Einladung des Arbeitnehmers zu einem Anhörungstermin nicht dazu verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer das Thema des Gesprächs vorab mitzuteilen. Informationen zu dieser BAG-Entscheidung finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.02.2015, 6 AZR 845/13
- Arbeitsrecht aktuell: 15/045 Aufforderung zur Anhörung bei Verdachtskündigung
Letzte Überarbeitung: 30. Oktober 2018
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