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Kündigung wegen falscher Angabe von Arbeitszeiten
18.07.2017. Viele Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitszeiten selbst dokumentieren, da der Arbeitgeber keine eigenen Kontrollmöglichkeiten hat. Das betrifft vor allem Außendienstmitarbeiter wie z.B. Pharmareferenten.
Sie müssen regelmäßig die von ihnen betreuten niedergelassenen Ärzte aufsuchen, um sie von den Vorzügen der Präparate ihres Arbeitgebers zu überzeugen. Dabei verteilen sog. Praxismuster, d.h. kleinere Mengen der beworbenen Medikamente, damit der Arzt sie an geeignete Patienten weitergeben und so Erfahrungen mit dem Präparat sammeln kann.
Pharmareferenten, die Praxisbesuche in erheblichem Umfang unrichtig dokumentieren, riskieren auch nach längerer Betriebszugehörigkeit eine fristlose Kündigung: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.10.2016, 2 Sa 985/16.
- Wo liegt die Grenze zwischen schlampiger Arbeitszeitdokumentation und Arbeitszeitbetrug?
- Der Streitfall: Pharmareferent im Außendienst schreibt bei langen Arbeitstagen nicht alle Praxisbesuche auf, um sich auf diese Weise ein „Polster“ zu verschaffen
- LAG Berlin-Brandenburg: Der vorsätzliche Verstoß gegen die Pflicht zur korrekten Arbeitszeitdokumentation kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen
Wo liegt die Grenze zwischen schlampiger Arbeitszeitdokumentation und Arbeitszeitbetrug?
Wer den Arbeitgeber vorsätzlich über nicht geleistete Arbeitszeiten täuscht, begeht einen Arbeitszeitbetrug und riskiert eine außerordentliche Kündigung auf der Grundlage von § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Denn der Arbeitgeber muss nur tatsächlich geleistete Arbeitszeiten bezahlen, und wenn er über den Umfang der geleisteten Arbeitszeit getäuscht wird, soll er zu einer nicht gerechtfertigten Gehaltsüberzahlung gebracht werden. Ein solcher Betrug oder Betrugsversuch ist ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs.1 BGB.
Daher riskieren Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeiten falsch dokumentieren, eine außerordentliche und fristlos ausgesprochene Kündigung, denn der Arbeitgeber wird ihnen in solchen Fällen Arbeitszeitbetrug vorhalten.
Dieser Vorwurf ist allerdings nur dann berechtigt, wenn hinter der fehlerhaften Dokumentation von Arbeitszeiten auch die Absicht einer Täuschung steht, d.h. wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber vorsätzlich darüber täuschen will, dass er während der dokumentierten Zeiten tatsächlich nicht gearbeitet hat.
Bloße Schlampereien bei der Dokumentation von Arbeitszeiten stellen daher noch nicht unbedingt einen Betrug oder Betrugsversuch dar. Denn wer ungenau dokumentiert, schreibt an der einen Stelle vielleicht zu viel geleistete Arbeitsstunden auf, an der anderen Stelle dagegen zu wenig.
In einem aktuellen Fall hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg deutlich gemacht, dass es auf die Abgrenzung von fehlerhafter Arbeitszeitdokumentation und vorsätzlichem Arbeitszeitbetrug nicht unbedingt ankommt. Denn wenn die Arbeitszeitdokumentation in erheblichem Umfang und vorsätzlich falsch ausgeführt wird, liegt bereits hierin ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung.
Der Streitfall: Pharmareferent im Außendienst schreibt bei langen Arbeitstagen nicht alle Praxisbesuche auf, um sich auf diese Weise ein „Polster“ zu verschaffen
Im Streitfall war ein Pharma-Unternehmen auf Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitsdokumentation eines seiner Pharmareferenten gestoßen und hatte ihn daraufhin durch einen Detektiv überwachen lassen. Der Detektivbericht erbrachte Anhaltspunkte dafür, dass der Pharmareferent an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Februar 2015 nicht in dem von ihm angegebenen Umfang gearbeitet hatte. An dem ersten dieser beiden Tage hatte er nur knapp sieben (statt wie dokumentiert zehn) Stunden gearbeitet, am Folgetag hatte er seine Wohnung gar nicht verlassen, allerdings sieben Praxisbesuche angegeben.
Daraufhin hörte das Pharma-Unternehmen seinen Außendienstmitarbeiter zu den Verdachtsmomenten an, der dazu mit einem Anwaltsschreiben Stellung nahm. In der schriftlichen Stellungnahme heißt es:
„Mein Mandant hat für den 06.02.2015 sieben Arztbesuche eingetragen. Das sind Praxen, die er in der Tat besucht hat, allerdings kann es sein, dass es nicht am 06.02.2015 war. Im Außendienst ist es seit Jahren gängige Praxis, dass man sich sozusagen ein Polster zugelegt hat von Musteranforderungen, die man einsetzen kann für Tage, an denen nicht die erwartete Besuchsanzahl erreicht wird.“
Eine Woche später sprach das Pharma-Unternehmen nach Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eine außerordentliche und fristlose Kündigung aus. Zum Zeitpunkt der Kündigung war der Pharmareferent zwölf Jahre beschäftigt. Zudem war er gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtig.
Das Arbeitsgericht Berlin wies die Kündigungsschutzklage des Pharmareferenten ab (Urteil vom 13.01.2016, 14 Ca 6324/15).
LAG Berlin-Brandenburg: Der vorsätzliche Verstoß gegen die Pflicht zur korrekten Arbeitszeitdokumentation kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen
Das LAG wies die Berufung des Pharmareferenten zurück.
Bei der Begründung stellt das Gericht zunächst klar, dass der Kläger unstreitig in erheblicher Weise gegen seine Pflicht zur korrekten Arbeitszeitdokumentation verstoßen hatte. Darin allein sah das LAG einen wichtigen Grund für eine außerordentliche und fristlose Kündigung. Auch die Abwägung der beiderseitigen Interessen ging im Streitfall trotz der langen Betriebszugehörigkeit und der Unterhaltspflichten des Klägers zu seinen Lasten aus.
Dabei spielte es für die Entscheidung des LAG keine Rolle, ob der Kläger mit Täuschungsabsicht gehandelt hatte oder nicht. Ob das vom Kläger zugegebene Hin- und Herschieben von Praxisbesuchen („Polster“) ein Arbeitszeitbetrug war oder nicht, ließ das Gericht letztlich offen.
Dabei wies das LAG auch den Einwand des Klägers zurück, seine Beschattung durch ein Detektivbüro habe seine Persönlichkeitsrechte verletzt, so dass sich der Arbeitgeber auf den Detektivbericht vor Gericht nicht habe stützen dürfen.
Denn der Kläger hatte bereits vor Ausspruch der Kündigung den Kündigungssachverhalt, d.h. die vorsätzlich falsche Dokumentation von Arbeitszeiten an zwei Arbeitstagen im Februar 2015, zugegeben und auch vor Gericht nicht bestritten, so dass es vor Gericht nichts mehr zu beweisen gab und mögliche Beweisverwertungsverbote keine Rolle spielten.
Außerdem hatte das Pharma-Unternehmen das Detektivbüro nicht ins Blaue hinein bzw. ohne sachlichen Grund beauftragt. Daher war der Kläger durch die Beschattung in seinem Persönlichkeitsrecht so oder so nicht verletzt worden.
Fazit: Bloße Schlampereien bei der Aufzeichnung von Arbeitszeiten muss der Arbeitgeber zunächst abmahnen, bevor er im Wiederholungsfall eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen kann.
Anders ist es aber dann, wenn ein Außendienstmitarbeiter seine Kundenbesuche über längere Zeit hinweg selbstherrlich nach Gutdünken „dokumentiert“, d.h. eine zeitnahe und tagesgenaue Zeit Dokumentation gar nicht erst versucht. In einem solchen Fall kann man von einer Dokumentation nicht wirklich sprechen, so dass der Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigt ist.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.10.2016, 2 Sa 985/16
- Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung - Kündigungsgründe
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: KündigungsschutzklageArbeitsrecht aktuell: 15/050 Heimliche Videoüberwachung von Arbeitnehmern
- Arbeitsrecht aktuell: 20/089 Kündigung einer Pflegekraft wegen Misshandlung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/088 Erstattung von Detektivkosten auf Verdacht?
- Arbeitsrecht aktuell: 13/202 Arbeitnehmer fotografieren - geht das?
- Arbeitsrecht aktuell: 12/276 Arbeitszeitbetrug oder Verdacht des Arbeitszeitbetrugs?
- Arbeitsrecht aktuell: 12/254 Videoüberwachung - Entschädigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/242 Kündigung wegen Diebstahl von Zigaretten
- Arbeitsrecht aktuell: 12/017 Fristlose Kündigung wegen fortgesetzten Arbeitszeitbetrugs
- Arbeitsrecht aktuell: 11/176 Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs
- Arbeitsrecht aktuell: 11/112 Detektivkosten: Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers
- Arbeitsrecht aktuell: 11/095 LAG Frankfurt: Fristlose Kündigung eines Fluglotsen
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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