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Kündigung wegen Diebstahl von Zigaretten
22.06.2012. Arbeitnehmer riskieren auch bei "kleinen" Diebstählen die Kündigung.
Die Arbeitsgerichte prüfen solche Fälle zwar seit dem grundlegenden Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in dem Fall der Berliner Kaiser´s-Kassiererin Barbara ("Emmely") Emme genauer als zuvor und entscheiden bei langer Beschäftigungsdauer öfter als zuvor zugunsten des Arbeitnehmers, aber ein "Recht auf einen ersten kleinen Diebstahl" gibt es trotzdem nicht.
Eine ganz andere Frage ist, welche Methoden der Arbeitgeber anwenden kann, um dem Arbeitnehmer einen Diebstahl nachzuweisen. Neben dem "klassischen" Zeugenbeweis werden heutzutage oft Einrichtungen der Videoüberwachung eingesetzt. Damit bewegt sich der Arbeitgeber allerdings meist in einer Grauzone. Denn zum einen ist es arbeitsrechtlich oft nicht erlaubt, bestimmte Betriebsräume per Videokamera zu überwachen. Und darüber hinaus können Videos auch nicht ohne weiteres als Beweismittel vor Gericht genutzt werden.
Mit diesen Voraussetzungen für eine prozessuale Verwertung der Videoaufzeichnungen befasst sich ein BAG-Urteil vom gestrigen Tage. Zwar hatte die gekündigte Verkäuferin vor dem BAG Erfolg, doch muss jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) erneut über den Fall entscheiden: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.06.2012, 2 AZR 153/11.
- Beweis von Mitarbeiterdiebstählen durch Videoüberwachung - erlaubt oder verboten?
- Der Streitfall: Diebstahl von Zigaretten durch stellvertretende Filialleiterin - belegt durch heimliche Videoaufnahmen
Beweis von Mitarbeiterdiebstählen durch Videoüberwachung - erlaubt oder verboten?
Diese Frage kann man nicht allgemein mit ja oder nein beantworten. Unter bestimmten Umständen darf der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer mit Videogeräten überwachen, um Diebstähle verhindern und/oder beweisen zu können, unter anderen Umständen darf er es nicht. Denn jede Videoüberwachung greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein, und dieser Eingriff kann mehr oder weniger stark sein. Und je stärker der Eingriff ist, desto besser müssen die Rechtfertigungsargumente des Arbeitgebers sein.
Am ehesten möglich ist eine offene Videoüberwachung an der Kasse eines Ladens, wenn auf die Videoüberwachung durch Schilder offen hingewiesen wird. Denn dann hat der Arbeitgeber gute Gründe für seine Maßnahme, weil Diebstähle von Kunden und/oder von Verkaufsmitarbeitern oft im Kassenbereich geschehen, und außerdem ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer nicht ganz so extrem, weil die Überwachung nicht heimlich, sondern offen geschieht, und weil nicht alle Arbeitsabläufe erfasst werden, sondern nur die Tätigkeit an der Kasse.
"Haariger" ist dagegen schon eine heimlich Videoüberwachung des Arbeitsplatzes, d.h. eine Überwachung, von der die Arbeitnehmer nichts wissen. Eine solche Videoüberwachung ist höchstens für kurze Zeit rechtens und auch das nur dann, wenn der Arbeitgeber konkrete Hinweise auf einen Mitarbeiterdiebstahl oder ähnliche Delikte hat und wenn keine anderen Möglichkeiten der Aufklärung bestehen.
In allen Fällen muss außerdem der Betriebsrat zustimmen, denn er hat ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs.1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Schließlich kann der Arbeitgeber einen Videobeweis eines Diebstahls dazu nutzen, um den Arbeitnehmer zu einem Aufhebungsvertrag zu bewegen, oder er kann nach entsprechender Anhörung des Arbeitnehmers zu dem Videomaterial eine außerordentliche und fristlose verhaltensbedingte Kündigung aussprechen.
Will der aber sein Videomaterial auch vor Gericht als Beweismittel nutzen, steht hier wieder sein Interesse an der Beweisführung gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Daher muss auch hier wieder das Arbeitgeberinteresse im konkreten Fall überwiegen. Eine solche Interessenabwägung muss sorgfältig begründet werden, wie der gestern vom BAG entschiedene Fall zeigt.
Der Streitfall: Diebstahl von Zigaretten durch stellvertretende Filialleiterin - belegt durch heimliche Videoaufnahmen
In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es um eine seit 1990 beschäftigte Verkäuferin, die zuletzt stellvertretende Filialleiterin war. Ihr Arbeitgeber installierte im Dezember 2008 drei Wochen lang verdeckte Videokameras in den Verkaufsräumen. Der Betriebsrat hatte dazu vorher sein Einverständnis erklärt. Nachdem die Videos ergaben, dass die Verkäuferin bei zwei Gelegenheiten jeweils mindestens eine Zigarettenpackung an sich genommen hatte, kündigte der Arbeitgeber unter Beteiligung des Betriebsrats fristlos und hilfsweise fristgerecht.
Die Verkäuferin erhob Kündigungsschutzklage und zog zuerst den Kürzeren, da das Arbeitsgericht Köln auf der Grundlage der Videobänder die außerordentliche Kündigung für rechtens hielt (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 4.05.2010, 8 Ca 722/09). Das LAG Köln dagegen bewertete - ebenfalls auf Grundlage der Videoaufzeichnungen - nur die ordentliche Kündigung als rechtens, die fristlose Kündigung aber als rechtswidrig.
Mit der Verwertung der Videos vor Gericht hatte das LAG Köln auch kein Problem. Hier bezieht es sich mit einem kurzen Satz auf eine BAG-Entscheidung aus dem Jahre 2003, wonach heimliche Videaufnahmen vor Gericht als Beweis verwendet werden können, wenn der konkrete Verdacht strafbarer Handlungen besteht und mildere Aufklärungsmittel nicht bestehen, so dass der Arbeitgeber ohne heimliche Videoaufnahmen praktisch keine Chance hätte.
An diesem Punkt hat das BAG nicht mitgemacht und die Entscheidung des LAG Köln aufgehoben. Zwar hatte das BAG gegen das LAG-Urteil in der Hinsicht nichts einzuwenden, dass eine ordentliche Kündigung nach dem vom LAG zugrunde gelegten Sachverhalt rechtens war. Allerdings steht noch nicht fest, ob das LAG die Videoaufzeichnungen überhaupt als Beweismittel gelten lassen durfte.
Fazit: Was das BAG schon 2003 gesagt hat, gilt nach wie vor (BAG, Urteil 27.03.2003, 2 AZR 51/02): Heimlich aufgenommene Videos dürfen vor Gericht als Beweis verwertet werden,
- wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zulasten des Arbeitgebers besteht, und
- wenn weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, so dass die verdeckte Video-Überwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt, und
- wenn die die verdeckte Video-Überwachung insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.
Allerdings muss das Gericht, das sich auf diese BAG-Rechtsprechung beruft, auch im konkreten Streitfall prüfen bzw. feststellen, dass diese rechtlichen Voraussetzungen einer Verwertung als Beweismittel tatsächlich vorliegen. Ein nur abstraktes und floskelhaftes Zitieren des o.g. BAG-Urteils genügt nicht. Das aber hatte das LAG Köln hier getan und es sich damit zu einfach gemacht.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.06.2012, 2 AZR 153/11 (Pressemitteilung)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.06.2012, 2 AZR 153/11
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09 (Emmely)
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 18.11.2010, 6 Sa 817/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/192 Kündigung wegen falscher Angabe von Arbeitszeiten
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- Arbeitsrecht aktuell: 12/254 Videoüberwachung - Entschädigung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/091 Videoüberwachung am Arbeitsplatz - Schmerzensgeld
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- Arbeitsrecht aktuell: 08/114 Berufung des Arbeitgebers auf rechtswidrig erlangte Erkenntnisse im Arbeitsgerichtsprozess
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 22. Juli 2017
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