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Schutz vor drohender verhaltensbedingter Kündigung durch Einsicht und Reue
- Können Reue und Einsicht bei Verhaltensfehlern eine Kündigung verhindern?
- Der Fall: Busfahrer lässt 16jährigen Fahrübungen machen und bereut das später sehr
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Ohne vorherige Abmahnung und bei aufrichtiger Reue kann sogar eine ordentliche Kündigung unwirksam sein
Können Reue und Einsicht bei Verhaltensfehlern eine Kündigung verhindern?
Ein Verstoß des Arbeitnehmers gegen Pflichten aus seinem Arbeitsvertrag kann eine Abmahnung, ein gravierender Verstoß sogar eine Kündigung nach sich ziehen. Verstößt der Arbeitnehmer erneut gegen seine Vertragspflichten, d.h. hat er bereits in der Vergangenheit aufgrund ähnlicher Vorfälle eine Abmahnung erhalten, besteht für ihn sogar die akute Gefahr, sein Arbeitsverhältnis zu verlieren. Der Arbeitgeber muss den Pflichtverstoß des Arbeitnehmers dann nämlich in der Regel nicht noch einmal abmahnen.
Eine Abmahnung soll mit der Zielsetzung ergehen, den Arbeitnehmer auf sein vertragswidriges Verhalten hinzuweisen, ihn aufzufordern, sich künftig vertragsgemäß zu verhalten und für den Fall, dass er dieser Aufforderung nicht nachkommt, eine Kündigung anzudrohen. Eben dieser gut gemeinte Versuch, das Verhalten des Arbeitnehmers positiv zu beeinflussen, stellt sich als nutzlos heraus, wenn sich der Arbeitnehmer nach ergangener Abmahnung zum wiederholten Male einen ähnlichen Pflichtverstoß zu Schulden kommen lässt.
Auch im Falle eines wiederholten Verstoßes ist dem Arbeitnehmer allerdings aus Gründen der Fairness vor dem Erlass der Kündigung Gelegenheit zu geben, zu den Umständen, die der Arbeitgeber zum Anlass zur Kündigung nehmen will, Stellung zu nehmen. Sollte der Arbeitnehmer die ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen tatsächlich begangen haben, so sollte er bei dieser Anhörung die Vertragsverstöße einräumen und versprechen, sich zukünftig vertragstreu zu verhalten.
Denn aus dem öffentlich bekannt gewordenen Emmely-Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann man die Lehre ziehen, dass bei der Interessenabwägung bzgl. der Kündigung nicht nur die Dauer des Arbeitsverhältnisses entscheidend ist, sondern eine große Rolle auch spielt, ob der Arbeitnehmer bei seiner Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen diese ggf. einräumt, oder nicht.
Eine wirksame Kündigung setzt nämlich immer eine negative Prognose zum künftigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses voraus. Es ist also zu prüfen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer - auch trotz seines in der Vergangenheit pflichtwidrigen Verhaltens - noch möglich erscheint oder nicht (BAG, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09, Leitsatz 2).
Wenn der Arbeitnehmer die erhobenen Vorwürfe vollständig einräumt, kann er damit die Prognose über sein Arbeitsverhältnis für ihn positiv, d.h. zu seinen Gunsten beeinflussen. So entschied auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem am 16.09.2010 ergangenen Urteil (2 Sa 509/10). Dabei ging es allerdings um eine außerordentliche Kündigung, bei der sich der Arbeitgeber darauf stützte, einen „wichtigen Grund“ für eine fristlose Kündigung zu haben, sodass eine solche somit gem. § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam sei. Hier ließ das Gericht die Interessenabwägung u.a. wegen des reumütigen Verhaltens der Arbeitnehmerin nach Bekanntwerden des Pflichtverstoßes zu ihren Gunsten ausfallen.
Stellt sich die Frage, ob dies auch bei einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung der Fall ist. Auch bei einer solchen muss eine Prognose des weiteren Arbeitsverhältnisses erstellt werden. Das LAG Schleswig-Holstein hat sich nun dazu geäußert, ob ein ehrliches und reumütiges Verhalten hierbei den Arbeitnehmern nützlich sein kann (Urteil vom 15.09.2010, 6 Sa 47/10).
Der Fall: Busfahrer lässt 16jährigen Fahrübungen machen und bereut das später sehr
Der klagende Arbeitnehmer ist 1970 geboren und Vater dreier Kinder. Seit 2003 ist er bei dem beklagten Arbeitgeber als Busfahrer tätig. Im Jahr 2008 ließ der Arbeitnehmer einen betriebsfremden 16-jährigen mit einem Linienbus des Arbeitgebers auf dessen Betriebshof Fahrübungen machen. Dies hatte eine Unterredung des Arbeitnehmers mit dem Betriebsmanager zur Folge. Dass dem Arbeitnehmer bei dieser Gelegenheit auch eine Abmahnung erteilt wurde, konnte der Arbeitgeber letztlich nicht beweisen.
Bald darauf ließ sich der Arbeitnehmer einen erneuten Pflichtverstoß zu Schulden kommen. Er fuhr bei einer Linienfahrt über einen Zeitraum von etwa einer Minute hinweg mit offener Vordertür, während zwei seiner minderjährigen Kinder neben ihm im vorderen Einstiegsbereich des Busses standen. Daraufhin führte der Arbeitgeber mit dem Busfahrer ein Gespräch, in welchem dieser seinen Verstoß reumütig einräumte und beteuerte, ein solches Verhalten zukünftig zu unterlassen. Der Arbeitgeber erteilte dem Busfahrer trotzdem zunächst eine fristlose und wenige Tage später eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung.
Der Arbeitnehmer legte Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Elmshorn ein. Dieses erklärte die fristlose Kündigung aufgrund eines Formfehlers für unwirksam. Die ordentliche Kündigung sei hingegen wirksam (Urteil vom 28.01.2010, 3 Ca 1111 b/09). Der Verstoß des Arbeitnehmers, nämlich das Fahren des Busses mit offener Vordertür, hätte sogar als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung angesehen werden können, so das Gericht. Für eine ordentliche verhaltenbedingte Kündigung sei es jedenfalls ausreichend.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Ohne vorherige Abmahnung und bei aufrichtiger Reue kann sogar eine ordentliche Kündigung unwirksam sein
Nach dem LAG Schleswig-Holstein ist hingegen sogar die ordentliche Kündigung unwirksam. Das LAG gab somit der Klage des Arbeitnehmers vollumfänglich statt.
Der Arbeitnehmer habe zwar durch das Fahren mit offener Vordertür Leib und Leben seiner minderjährigen Kinder in Gefahr gebracht und damit eine erhebliche Nebenpflichtverletzung begangen. Dennoch war sein Verhalten „steuerbar“, so das LAG. Der Arbeitgeber hätte deshalb vor Erlass einer Kündigung zunächst eine Abmahnung erteilen müssen.
Für die Entscheidung des LAG war ausschlaggebend, dass der Busfahrer sich nach Bekanntwerden des Vorfalles einsichtig und reumütig verhalten hatte. Bei seiner Stellungnahme während des Personalgesprächs, das den Kündigungen vorausging, hatte er „keinen Zweifel daran gelassen, dass Sicherheitsbestimmungen einzuhalten und insbesondere die Türen während der Fahrt geschlossen zu halten sind“. Deshalb habe der Arbeitgeber nicht annehmen können, dass die Erteilung einer Abmahnung ohne Erfolg bleiben würde. Folglich hätte er den Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung zunächst abmahnen müssen, so das LAG.
Zwar gab der Arbeitgeber an, den Arbeitnehmer tatsächlich nach dem Vorfall, bei welchem der Busfahrer einen 16-jährigen Jungen auf dem Betriebshof mit einem Linienbus des Arbeitgebers Fahrübungen machen ließ, abgemahnt zu haben. Allerdings gelang es ihm nicht, den Ausspruch einer solchen Abmahnung auch zu beweisen.
Fazit: Da es sich hier um einen Grenzfall handelt, hätte das LAG, ebenso wie vorab das Arbeitgericht, wohl auch gegen den Arbeitnehmer entscheiden können. Ausschlaggebend war es somit für den Arbeitnehmer, sein pflichtwidriges Verhalten bei besagtem Personalgespräch reumütig zuzugeben und somit dem Arbeitgeber von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der Busfahrer hat also zumindest hierbei alles richtig gemacht.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.09.2010, 6 Sa 47/10
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.09.2010, 2 Sa 509/10
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Letzte Überarbeitung: 30. Oktober 2018
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