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Begründung einer Verdachtskündigung mit nachträglich bekannt gewordenen Verdachtsmomenten
23.10.2013. Wer seinen Arbeitgeber betrügt oder bestiehlt, riskiert eine fristlose Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen.
Da Arbeitgeber solche Vorwürfe meist nicht hieb- und stichfest beweisen können, lassen es die Arbeitsgerichte ausreichen, wenn der dringende Verdacht eines kriminellen Verhaltens besteht.
Eine Verdachtskündigung ist aber nur zulässig, wenn der betroffene Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung zu den Verdachtsmomenten angehört wurde.
In einem vor kurzem veröffentlichten Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass eine erneute formelle Anhörung des Arbeitnehmers nicht erforderlich ist, wenn der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung bereits ausgesprochen hat und sich vor Gericht auf Verdachtsmomente stützt, die zum Kündigungszeitpunkt zwar vorlagen, ihm damals aber noch nicht bekannt waren: BAG, Urteil vom 23.05.2013, 2 AZR 102/12.
- Was muss der Arbeitgeber beachten, wenn er im Kündigungsschutzprozess Gründe für eine Verdachtskündigung nachschiebt?
- Der Streitfall: Vertriebsleiter im Außendienst steht im Verdacht, sein privates Haus heimlich auf Kosten des Arbeitgebers ausgebaut zu haben
- BAG: Beruft sich der Arbeitgeber im Prozess auf neu zutage getretene Verdachtsmomente, braucht er den Arbeitnehmer dazu nicht anzuhören
Was muss der Arbeitgeber beachten, wenn er im Kündigungsschutzprozess Gründe für eine Verdachtskündigung nachschiebt?
Verdachtskündigungen werden meist als absichernde Ergänzung einer verhaltensbedingten Kündigung ausgesprochen: Kann der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess nicht beweisen, dass der Arbeitnehmer die ihm vorgeworfenen Pflichtverstöße begangen hat, könnte nach Ansicht des Gerichts trotzdem ein dringender Tatverdacht bestehen, der eine Verdachtskündigung rechtfertigt.
Obwohl außerordentliche und fristlose Kündigungen daher meist als "Doppelschlag" ausgesprochen werden, d.h. als Tatkündigung und "hilfsweise" als Verdachtskündigung, sind Tat- und Verdachtskündigung rechtlich gesehen grundverschieden:
Eine verhaltensbedingte Tatkündigung beruht auf einem (erwiesenen) Pflichtverstoß. Daher ist in der Regel eine vorherigen erfolglose Abmahnung erforderlich. Denn nur dann steht fest, dass der Arbeitnehmer sein (steuerbares) Fehlverhalten trotz klarer Warnungen nicht abstellt.
Im Unterschied dazu beruht eine Verdachtskündigung darauf, dass der Arbeitnehmer "nicht mehr tragbar" ist, weil er unter dem dringenden Verdacht steht, einen erheblichen Pflichtverstoß begangen zu haben. Aufgrund des Verdachts ist es dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten, das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Daher ist eine Verdachtskündigung ein Unterfall einer personenbedingten Kündigung: Für den Verdacht, unter dem man steht, kann man nichts, so dass eine vorherige Abmahnung keine Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung ist.
Soll ein Arbeitnehmer trotz möglicherweise bestehender Unschuld (!) seinen Arbeitsplatz durch eine Verdachtskündigung verlieren, müssen statt einer Abmahnung zwei andere Voraussetzungen gegeben sein: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer vor Ausspruch der Verdachtskündigung zu den Verdachtsmomenten angehört haben, d.h. der Arbeitnehmer muss vorab eine faire (echte) Chance haben, die Verdachtsmomente zu entkräften. Außerden muss der nach der Anhörung fortbestehende Verdacht "dringend" sein.
Hat der Arbeitnehmer gegen eine Verdachtskündigung Kündigungsschutzklage erhoben, wird der Arbeitgeber nach Bestätigungen seines Verdachts suchen, und manchmal tauchen dabei neue belastende Tatsachen auf. Lagen diese Tatsachen schon zum Zeitpunkt der Kündigung vor, nur dass der Arbeitgeber davon zum Kündigungszeitpunkt nichts wusste, kann er sie nach der Rechtsprechung des BAG im Prozess "nachschieben", d.h. er kann sich auf diese nachträglich bekannt gewordenen belastenden Tatsachen im Kündigungsschutzprozess berufen.
Aber muss er den Arbeitnehmer zuvor noch einmal zu diesen nachträglich zutage getretenen Verdachtsmomenten anhören?
Der Streitfall: Vertriebsleiter im Außendienst steht im Verdacht, sein privates Haus heimlich auf Kosten des Arbeitgebers ausgebaut zu haben
Im Streitfall verdächtigte ein bundesweit tätiger Tankstellenbetreiber eine im Außendienst tätige Führungskraft, zusammen mit anderen Arbeitnehmern betrügerische Aufträge zulasten des Arbeitgebers vergeben zu haben.
Der Arbeitgeber sprach daher im Oktober 2010 nach vorheriger Abmahnung eine Verdachtskündigung, doch waren die dem Arbeitgeber damals bekannten Verdachtsmomente zu "dünn". Im wesentlichen konnte der Arbeitgeber nur nachweisen, dass der Arbeitnehmer auf seinem Firmenlaptop gespeicherte Daten unwiederbringlich gelöscht hatte. Das Arbeitsgericht Elmshorn gab der Kündigungsschutzklage daher statt (Urteil vom 13.01.2011, 3 Ca 1526 d/10).
Erst in der Berufungsinstanz vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein konnte der Arbeitgeber aufgrund der ihm inzwischen vorliegenden Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft nachweisen, dass bereits im Jahre 2009 und damit vor Ausspruch der Kündigung Terrassenplatten im Wert von 2.056,32 EUR, die eine Baufirma dem Arbeitgeber für einen angeblichen Tankstellenbau in Rechnung gestellt hatte, an die Wohnanschrift des Arbeitnehmers geliefert und dort verbaut worden waren.
Auf diese neu zutage getretenen Verdachtsmomente berief sich der Arbeitgeber vor dem LAG, ohne den Arbeitnehmer dazu erneut anzuhören. Daraufhin entschied das LAG zugunsten des Arbeitgebers (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.08.2011, 3 Sa 29/11)
BAG: Beruft sich der Arbeitgeber im Prozess auf neu zutage getretene Verdachtsmomente, braucht er den Arbeitnehmer dazu nicht anzuhören
Das BAG hielt die streitige Kündigung ebenfalls für rechtens und wies die Revision des Arbeitnehmers zurück.
Denn wenn der Arbeitgeber nur "verdachtserhärtende" neue Tatsachen vorträgt, ist eine vorherige Anhörung des Arbeitnehmers nicht erforderlich, weil er zu dem eigentlichen Kündigungsvorwurf bereits angehört worden ist.
Aber auch dann, wenn der Arbeitgeber neue Tatsachen vorbringt, die den Verdacht einer weiteren Pflichtverletzung begründen, ist eine erneute Anhörung des Arbeitnehmers nicht nötig. Eine Anhörung ist nur vor Ausspruch einer Kündigung sinnvoll, da Anhörungen unberechtigte Kündigungen verhindern sollen. Ist die Kündigung einmal ausgesprochen, sind die Rechte des Arbeitnehmers dadurch ausreichend gesichert, dass er sich zu diesen neuen Verdachtsmomenten im Prozess erklären kann.
Fazit: Erfährt der Arbeitgeber erstmals nach Ausspruch einer Verdachtskündigung von Verdachtsmomenten, die bereits vor Ausspruch der Kündigung vorlagen, kann er sich im Kündigungsschutzprozess auf diese Verdachtsmomente berufen, ohne den Arbeitnehmer dazu formell erneut anzuhören.
Allerdings sollte der Arbeitgeber eine solche nachträgliche Anhörung immer gegenüber dem Betriebsrat vornehmen, d.h. der Betriebsrat ist zu nachträglich bekannt gewordenen Kündigungsgründen in entsprechender Anwendung von § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nachträglich anzuhören. Auch der Betriebsrat kann bei einer solchen nachträglichen Anhörung zwar nicht mehr auf die Kündigungsentscheidung Einfluss nehmen (denn die Kündigung ist ja bereits ausgesprochen), aber er kann immerhin Gesichtspunkte zugunsten des Arbeitnehmers aufzeigen. Und da er nicht am Prozess beteiligt ist, muss er nachträglich "offiziell" angehört werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.05.2013, 2 AZR 102/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verdachtskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 18/247 BAG weicht Anhörung bei Verdachtskündigungen auf
- Arbeitsrecht aktuell: 18/094 LAG Kiel urteilt zu Verdachtskündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/063 LAG Hannover: Keine Kündigung wegen des Verdachts der Nähe zum militanten Islamismus
- Arbeitsrecht aktuell: 15/182 Fristlose Kündigung wegen Diebstahls von Brötchen?
- Arbeitsrecht aktuell: 15/045 Aufforderung zur Anhörung bei Verdachtskündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/122 Diebstahlsverdacht - fristlose Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/071 Verdacht einer Straftat - fristlose Kündigung rechtens
- Arbeitsrecht aktuell: 11/026 Keine fristlose Kündigung wegen Bagatelldiebstahls
- Arbeitsrecht aktuell: 10/063 Fristlose Kündigung wegen Bagatelldiebstahls?
Letzte Überarbeitung: 30. Oktober 2018
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