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Kündigung in Unkenntnis einer Schwerbehinderung
23.01.2017. Gemäß § 85 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) kann der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer nur kündigen, wenn er zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt hat.
Das gilt sogar, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung von der Schwerbehinderung nichts weiß.
Dann muss der Arbeitnehmer die Mitteilung der Schwerbehinderung aber innerhalb von drei Wochen nachholen.
In einem aktuellen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) diese Dreiwochenfrist zu Gunsten der Arbeitgeberseite präzisiert: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.09.2016, 2 AZR 700/15.
- Wie lange hat ein schwerbehinderter Mensch Zeit, nach Erhalt einer Kündigung den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderung zu informieren?
- Im Streit: Mehrere fristlose und ordentliche Kündigungen wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs und Tankbetrugs
- BAG: Die Mitteilung der Schwerbehinderung muss bald nach Ablauf der Dreiwochenfrist beim Arbeitgeber eingehen
Wie lange hat ein schwerbehinderter Mensch Zeit, nach Erhalt einer Kündigung den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderung zu informieren?
Wer Kündigungsschutzklage erheben will, muss das gemäß § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der schriftlichen Kündigung tun. Die dreiwöchige Klagefrist muss auch beachten, wer sich auf Unwirksamkeitsründe außerhalb des KSchG beruft, also z.B. darauf, dass eine Kündigung gemäß § 85 SGB IX in Verb. mit § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam ist, weil die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes fehlt.
Unter Verweis auf die Dreiwochenfrist beantwortet das BAG die Frage, wann das Recht des gekündigten Schwerbehinderten verwirkt, sich nachträglich auf seine Schwerbehinderung zu berufen: Lässt sich der Schwerbehinderte (deutlich) länger als drei Wochen nach Erhalt der Kündigung damit Zeit, dem Arbeitgeber reinen Wein einzuschränken, ist sein Recht zur nachträglichen Berufung auf die Schwerbehinderung verwirkt (§ 242 BGB).
In der Vergangenheit hatte das BAG schwerbehinderten Arbeitnehmern zugestanden, ihre Schwerbehinderung in der Klageschrift oder einem anderen an das Gericht gerichteten Schriftsatz mitzuteilen, auch wenn den Arbeitgeber solche Mitteilungen infolge der Zustellung durch das Gericht erst nach Ablauf von drei Wochen erreichte (BAG, Urteil vom 23.02.2010, 2 AZR 659/08). Daher konnte es vorkommen, dass der Arbeitgeber erst deutlich später als drei Wochen nach der Kündigung von der Schwerbehinderung erfuhr.
An dieser Rechtsprechung hält das BAG nicht mehr fest.
Im Streit: Mehrere fristlose und ordentliche Kündigungen wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs und Tankbetrugs
Ein langjährig beschäftigter Angestellter erkrankte im Sommer 2013 an Leukämie, war daher lange krankgeschrieben und wurde mit Bescheid vom 03.09.2013 rückwirkend zum 28.06.2013 als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 anerkannt. Ebenfalls im Sommer 2013 führte der Arbeitgeber interne Ermittlungen wegen des Verdachts verschiedener Pflichtverletzungen durch.
Am 13.08.2013 sprach der Arbeitgeber nach Anhörung des Betriebsrats eine fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung aus, gestützt auf den Vorwurf des Arbeitszeit- und des Tankbetrugs. Angeblich soll der Arbeitnehmer auf Arbeitgeberkosten mehr Benzin getankt haben als der Tank seines Dienstwagens fasste. Das Kündigungsschreiben wurde dem Arbeitnehmer am 15.08.2013 zugestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 29.08.2013, das dem Arbeitgeber genau drei Wochen und einen Tag nach Erhalt der Kündigung zuging (am 06.09.2013), informierte der Angestellte den Arbeitgeber darüber, dass er bereits am 28.06.2013 einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter gestellt hatte, also etwa eineinhalb Monate vor der Kündigung.
Daraufhin hörte der Arbeitgeber den Betriebsrat am 09.09.2013 und am 16.09.2013 erneut zu weiteren Kündigungen an. Nachdem er am 10.09.2013 den Bescheid über die Schwerbehinderung erhalten hatte, beantragte er außerdem postwendend (am 11.09.2013) beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen und zur ordentlichen Kündigung. In der kurz darauf (am 19.09.2013) stattfindenden Anhörung vor dem Integrationsamt überreichte der Anwalt des Angestellten dem Arbeitgeber erstmals eine umfangreiche schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen des Arbeitgebers, die entlastende Angaben enthielt.
Ohne den Betriebsrat über diese Stellungnahme zu informieren sprach der Arbeitgeber, jeweils nach Eingang der Zustimmung des Integrationsamtes, eine weitere fristlose Tat- und Verdachtskündigung (Kündigung vom 26.09.2013) sowie eine weitere fristgemäße Tat- und Verdachtskündigung aus (Kündigung vom 28.10.2013).
Das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 02.07.2014, 14 Ca 6190/13) gab der Klage überwiegend statt, das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg sogar in vollem Umfang (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.09.2015, 17 Sa 48/14).
BAG: Die Mitteilung der Schwerbehinderung muss bald nach Ablauf der Dreiwochenfrist beim Arbeitgeber eingehen
Das BAG wies die Revision des Arbeitgebers zurück. Zur Begründung heißt es:
Die nachträgliche Mitteilung der Schwerbehinderung hatte den Arbeitgeber hier im Streitfall (gerade) noch rechtzeitig erreicht, nämlich drei Wochen und einen Tag nach Zugang der Kündigung. Nach Ansicht der Erfurter Richter können Schwerbehinderte nämlich die Dreiwochenfrist voll ausschöpfen, um sich für oder gegen eine Offenlegung der Schwerbehinderung zu entscheiden, müssen eine schriftliche Mitteilung dann aber innerhalb von ein oder zwei weitere Tagen dem Arbeitgeber übersenden.
Der rechtzeitige Eingang der Mitteilung bei Gericht am letzten Tag der Dreiwochenfrist genügt nicht, denn § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) ist hier nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers anzuwenden, so das BAG. Damit rückt das BAG deutlich von seiner Entscheidung aus dem Jahre 2010 ab (BAG, Urteil vom 23.02.2010, 2 AZR 659/08).
Außerdem hätte der Arbeitgeber im Streitfall den Betriebsrat über die schriftliche Stellungnahme des Angestellten, die er am 19.09.2013 erhalten hatte, informieren müssen, da die Betriebsratsanhörung zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war.
Fazit: Obwohl sich aus § 6 KSchG ergibt, dass Arbeitnehmer noch bis zum Abschluss der ersten Instanz Tatsachen vorbringen können, aus denen die Unwirksamkeit der streitigen Kündigung folgt, gilt für die dem Arbeitgeber zum Kündigungszeitpunkt unbekannte Schwerbehinderung eine kürzere Frist von drei Wochen plus ein oder zwei Tagen. Nach Ablauf dieser Frist ist das Recht des Schwerbehinderten, sich auf seine Behinderung bzw. auf § 85 SGB IX in Verb. mit § 134 BGB zu berufen, verwirkt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.09.2016, 2 AZR 700/15
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16.09.2015, 17 Sa 48/14
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2010, 2 AZR 659/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verdachtskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen
- Handbuch Arbeitsrecht: Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch
- Handbuch Arbeitsrecht: Unkündbarkeit
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Letzte Überarbeitung: 7. September 2021
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