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Darf der Arbeitgeber zwecks Kündigung nach einer Schwerbehinderung fragen?
25.01.2011. Schwerbehinderte Menschen werden insbesondere durch Vorschriften des Sozialgesetzbuches neuntes Buch (SGB IX) und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) geschützt. Beispielsweise ist vorgesehen, dass Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen abhängig von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze einen oder mehrere schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen haben (§ 71 Abs. 1 SGB IX).
Darüber hinaus dürfen schwerbehinderte Beschäftigte grundsätzlich nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden (§ 81 Abs. 2 SGB IX). Eine unterschiedliche Behandlung ist allerdings dann zulässig, wenn die Behinderung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist (§ 8 Abs. 1 AGG).
Wegen dieser vergleichsweise neuen Regelungen nimmt die jüngere arbeitsgerichtliche Rechtsprechung an, dass der Arbeitgeber - jedenfalls bei Einstellungen - nicht nach der Schwerbehinderung fragen darf, sofern eine Behinderung kein Einfluss auf die Tätigkeit haben kann (sogenannte "tätigkeitsneutrale Behinderung", vgl. z.B. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 06.09.2010, 4 Sa 18/10 und Arbeitsgericht Ulm, Urteil vom 17.12.2009, 5 Ca 316/09). Zwar hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahr 2000 die allgemeine Frage nach dem Schwerbehindertenstatus für zulässig gehalten (BAG, Urteil vom 18.10.2000, 2 AZR 380/99). Damals gab es jedoch das AGG noch nicht.
Schwerbehinderte Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate für ihren Arbeitgeber arbeiten, haben nach den §§ 85 bis 92 SGB IX auch einen Sonder-Kündigungsschutz. Danach ist eine Kündigung nur wirksam, wenn der Arbeitgeber vorher die Zustimmung des Integrationsamtes beantragt und dieses - nach pflichtgemäßem Ermessen - zugestimmt hat. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Arbeitgeber von dem Schwerbehindertenstatus seines Arbeitnehmers gar nichts wusste. Grundsätzlich genügt es hier, wenn der Arbeitnehmer nach seiner Kündigung den Arbeitgeber innerhalb von drei Wochen über seine Schwerbehinderung informiert (wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell 10/242: Schwerbehinderung muss innerhalb von drei Wochen nach Kündigung mitgeteilt werden). Fraglich ist, ob dies auch dann noch ausreicht, wenn der Arbeitgeber vorher ausdrücklich nach einer Schwerbehinderung gefragt hat.
Mit diesem Problem musste sich Ende Juni 2010 das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm auseinandersetzen (Urteil vom 30.06.2010, 2 Sa 49/10). Über das Vermögen eines Arbeitgebers war das Insolvenzverfahren eröffnet geworden. Der Insolvenzverwalter verhandelte daher mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich mit Namensliste, mit dessen Hilfe erleichterte betriebsbedingte Kündigungen möglich gemacht werden sollten (vgl. § 125 Insolvenzordnung - InsO, § 1 Abs.2ff. Kündigungsschutzgesetz - KSchG). Um Fehler bei der sozialen Auswahl zu vermeiden, hatte der Verwalter allen Mitarbeitern ein Fragebogen vorgelegt, in denen unter anderem auch die bei betriebsbedingten Kündigungen zu berücksichtigenden Sozialkriterien abgefragt wurden. Ein Maschinenschlosser - der spätere Kläger - hatte bei der Frage nach der Schwerbehinderung das Feld "nein" angekreuzt.
Er landete auf der Namensliste und wurde einige Zeit später ohne Zustimmung des Integrationsamtes entlassen. Erste im Rahmen seiner daraufhin erhobenen Kündigungsschutzklage berief er sich auf seine Schwerbehinderung - zu spät, meinte das LAG im Gegensatz zu seiner Vorinstanz (Arbeitsgericht Iserlohn, Urteil vom 26.11.2009, 4 Ca 2001/09). Er habe sich im Sinne des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch widersprüchlich verhalten, weil er zunächst die ihm gestellte Frage grundlos nicht wahrheitsgemäß beantwortet hatte, nur um sich später dann doch auf den Kündigungsschutz zu berufen. Die Frage sei zulässig gewesen, da sie nach den vorliegenden Umständen allein dem Zweck diente, dem Insolvenzverwalter zu ermöglichen, seinen Verpflichtungen nach § 85 ff. SGB IX nachzukommen. Bei seiner Entscheidung berücksichtigte das Gericht auch, dass das Integrationsamt im Rahmen einer hilfsweise ausgesprochenen Kündigung zugestimmt hatte.
Insgesamt sei daher ein berechtigtes Interesse des Insolvenzverwalters an der wahrheitsgemäßen Beantwortung seiner Frage anzuerkennen. Eine Benachteiligung des Klägers sei damit nicht verbunden. "Im Gegenteil", meint das LAG Hamm. "Anderenfalls hätte es der Kläger in der Hand, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinauszuschieben und gemäß §§ 615 BGB, 55 Abs.1 Nr.2 InsO Vergütungsansprüche zulasten der Masse zu begründen. Es ist aber gerade nicht Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes, für schwerbehinderte Menschen eine Verlängerung der Kündigungsfrist zu erreichen."
Das LAG ließ die Revision gegen seine Entscheidung zu, die nun unter dem Aktenzeichen 6 AZR 553/10 beim BAG anhängig ist.
Nähere Informationen finden sie hier:
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 30.06.2010, 2 Sa 49/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Auskunftspflicht des Arbeitnehmers
- Handbuch Arbeitsrecht: Behinderung, Menschen mit Behinderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Behinderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch
- Handbuch Arbeitsrecht: Unkündbarkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 19/120 Kündigungsschutz Schwerbehinderter bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 17/026 Kündigung in Unkenntnis einer Schwerbehinderung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/041 Diskriminierung bei der Bewerbung wegen einer Schwerbehinderung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/096 Kündigung in der Probezeit wegen Lüge bei der Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/078 Frage nach Schwerbehinderung zulässig
- Arbeitsrecht aktuell: 11/201 Diskriminierung schwerbehinderter Stellenbewerber: Verletzung der Prüfpflicht reicht als Nachweis
- Arbeitsrecht aktuell: 11/161 Kündigung und Diskriminierung wegen Behinderung
- Arbeitsrecht aktuell 10/242: Schwerbehinderung muss innerhalb von drei Wochen nach Kündigung mitgeteilt werden
- Arbeitsrecht aktuell 10/253: Rechtsschutzversicherung muss im Zustimmungsverfahren den Rechtsanwalt eines schwerbehinderten Arbeitnehmers bezahlen
- Arbeitsrecht aktuell 10/037: Vorstellungsgespräch mit schwerbehinderten Bewerber
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Bundesarbeitsgericht über den Fall entschieden. Information zu dem Urteil des BAG finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012, 6 AZR 553/10
- Arbeitsrecht aktuell: 12/078 Frage nach Schwerbehinderung zulässig
Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2019
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