HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

HANDBUCH ARBEITSRECHT

Ab­wick­lungs­ver­trag

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Ab­wick­lungs­ver­trag: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Dokument mit Unterschriftenzeile und Füller

Le­sen Sie hier, was ei­nen Ab­wick­lungs­ver­trag von ei­nem Auf­he­bungs­ver­trag un­ter­schei­det und wel­che Feh­ler Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer bei ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag ver­mei­den soll­ten.

Im Ein­zel­nen fin­den Sie Hin­wei­se da­zu, was in ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag üb­li­cher­wei­se ge­re­gelt wird, war­um ei­ne schrift­lich Fi­xie­rung des Ver­trags sinn­voll ist und ob die Ar­beits­agen­tur bei ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag ei­ne Sperr­zeit we­gen Ar­beits­auf­ga­be ver­hängt.

Auf die­ser Web­sei­te kön­nen Sie sich auch ei­nen kos­ten­lo­sen Mus­ter­ver­trag „Auf­he­bungs­ver­trag nach Kün­di­gung (Ab­wick­lungs­ver­trag)“ down­loa­den.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Was ver­steht man un­ter ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag?

Ein Ab­wick­lungs­ver­trag ist ei­ne zwei­sei­ti­ge, d.h. ver­trag­li­che Re­ge­lung zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer, mit der die Fol­gen ei­ner Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers ein­ver­nehm­lich ge­re­gelt wer­den.

Ein Ab­wick­lungs­ver­trag kann auch ver­ein­bart wer­den, wenn ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis demnächst ausläuft.

Was wird in ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag ge­re­gelt?

Da der Ab­wick­lungs­ver­trag meist nach Aus­spruch ei­ner Ar­beit­ge­berkündi­gung ver­ein­bart wird, enthält er in der Re­gel zwei hauptsächli­che Ver­ein­ba­run­gen:

  • Der Ar­beit­neh­mer erklärt, dass er die vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung als wirk­sam an­sieht und da­her kei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben wird.
  • Der Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet sich im Ge­gen­zug da­zu, dem Ar­beit­neh­mer ei­ne Ab­fin­dung zu zah­len.

Darüber hin­aus ist es sinn­voll und üblich, im Ab­wick­lungs­ver­trag die Frei­stel­lung des Ar­beit­neh­mers ab ei­nem ge­wis­sen Da­tum zu re­geln, den In­halt ei­nes Zeug­nis­ses fest­zu­le­gen oder zu­min­dest die Zeug­nis­no­te und die Rest­zah­lun­gen zu be­zif­fern, auf die der Ar­beit­neh­mer noch An­spruch hat. Das sind ins­be­son­de­re an­tei­li­ge Ein­mal­zah­lun­gen (Weih­nachts­geld, Ur­laubs­geld), Pro­vi­sio­nen, Ziel­ver­ein­ba­rungs­prämi­en, ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung usw.

Wor­in be­steht der Un­ter­schied zwi­schen Ab­wick­lungs­ver­trag und Kündi­gung?

Während ei­ne Kündi­gung das Ar­beits­verhält­nis be­en­det, oh­ne dass da­zu das Ein­verständ­nis des gekündig­ten Ver­trags­part­ners er­for­der­lich ist, kommt ein Ab­wick­lungs­ver­trag nur zu­stan­de, wenn bei­de Ver­trags­par­tei­en mit ihm ein­ver­stan­den sind. Ei­ne Kündi­gung ist ei­ne ein­sei­ti­ge rechts­ge­stal­ten­de Erklärung, ein Ab­wick­lungs­ver­trag da­ge­gen ei­ne zwei­sei­ti­ge Re­ge­lung.

Ab­ge­se­hen von die­sem Un­ter­schied gibt es noch ei­nen an­de­ren: Ei­ne Kündi­gung zielt auf die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses (und auf sonst nichts), während ein Ab­wick­lungs­ver­trag die Fol­gen der be­vor­ste­hen­den Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses re­gelt, d.h. die­se Be­en­di­gung nicht selbst her­beiführt.

Ab­wick­lungs­verträge wer­den da­her nach Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ver­ein­bart. Aus­nahms­wei­se sind sie wie erwähnt auch oh­ne Kündi­gung sinn­voll, wenn ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis demnächst ausläuft und die Fol­gen die­ser Ver­trags­be­en­di­gung ge­re­gelt wer­den sol­len.

Wor­in be­steht der Un­ter­schied zwi­schen Ab­wick­lungs­ver­trag und Aus­gleichs­klau­sel bzw. Aus­gleichs­quit­tung?

Aus­gleichs­klau­seln sind vom Ar­beit­ge­ber vor­ab for­mu­lier­te Erklärun­gen, d.h. all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB), die der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­legt und mit de­nen der Ar­beit­neh­mer bestätigt, dass ihm kei­ne wei­te­ren Ansprüche ge­gen den Ar­beit­ge­ber mehr zu­ste­hen.

Oft sind Aus­gleichs­klau­seln Be­stand­teil ei­ner Aus­gleichs­quit­tung. In der Aus­gleichs­quit­tung

  • bestätigt der Ar­beit­ge­ber, dass er sei­ne Ar­beits­pa­pie­re er­hal­ten hat, d.h. er gibt ei­ne Emp­fangs­bestäti­gung bzw. Quit­tung ab, und
  • er­kennt gleich­zei­tig an, dass ihm kei­ne wei­te­ren Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis ge­gen den Ar­beit­ge­ber zu­ste­hen (Aus­gleichs­klau­sel).

Mit ei­ner Aus­gleichs­klau­sel über­nimmt der Ar­beit­ge­ber kei­ne Ver­pflich­tun­gen, d.h. es wird nur der Ar­beit­neh­mer be­las­tet, und so ist es auch bei Aus­gleichs­quit­tun­gen. Im Un­ter­schied da­zu ist ein Ab­wick­lungs­ver­trag ein ge­gen­sei­ti­ger Ver­trag, der auch Ver­pflich­tun­gen des Ar­beit­ge­bers enthält, so z.B. zur Ab­fin­dungs­zah­lung, zur Frei­stel­lung, zur Er­tei­lung ei­nes be­stimm­ten Zeug­nis­ses oder zu Rest­zah­lun­gen.

Ein Ab­wick­lungs­ver­trag ist da­her aus Sicht des Ar­beit­neh­mers die bes­se­re Aus­gleichs­klau­sel bzw. die bes­se­re Aus­gleichs­quit­tung.

Wor­in be­steht der Un­ter­schied zwi­schen Ab­wick­lungs­ver­trag und ge­richt­li­chem Ver­gleich?

Die meis­ten Kündi­gungs­schutz­kla­gen en­den mit ei­nem Ver­gleich, d.h. mit ei­ner gütli­chen Ei­ni­gung der Par­tei­en, der zu­fol­ge der Ar­beit­neh­mer zwar sei­nen Hut nimmt, aber ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung. Ein sol­cher Be­en­di­gungs­ver­gleich enthält da­her min­des­tens die fol­gen­den drei Punk­te:

  • "Es be­steht Ei­nig­keit, dass das Ar­beits­verhält­nis des Klägers auf­grund or­dent­li­cher Kündi­gung des Be­klag­ten vom YY.YY.20YY mit Ab­lauf des XX.XX.20XX en­den wird / ge­en­det hat.
  • Der Kläger erhält ei­ne Ab­fin­dung von X.XXX,XX EUR brut­to.
  • Da­mit ist der vor­lie­gen­de Rechts­streit er­le­digt."

Wie der ers­te Punkt die­ses ge­richt­li­chen Ver­gleichs deut­lich macht, ist er sei­nem In­halt nach ein Ab­wick­lungs­ver­trag. Denn er setzt ei­ne Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers vor­aus und re­gelt die Rechts­fol­gen die­ser Kündi­gung, in­dem er klar­stellt, dass die Kündi­gung wirk­sam ist.

Der Un­ter­schied zwi­schen ei­nem nor­ma­len (außer­ge­richt­li­chen) Ab­wick­lungs­ver­trag und ei­nem ge­richt­li­chen Be­en­di­gungs­ver­gleich be­steht dar­in,

  • dass der Ver­gleich ein Ge­richts­ver­fah­ren be­en­det und
  • dass er die in ihm ent­hal­te­nen (Zah­lungs-)Pflich­ten des Ar­beit­ge­bers ti­tu­liert.

Da der Ver­gleich ei­nen Ti­tel dar­stellt, kann der Ar­beit­neh­mer aus ihm voll­stre­cken, d.h. ei­nen Ge­richts­voll­zie­her be­auf­tra­gen oder ei­ne Kon­tenpfändung ver­an­las­sen, falls der Ar­beit­ge­ber den Ver­gleich nicht frei­wil­lig erfüllt. Zahlt der Ar­beit­ge­ber da­ge­gen ei­ne Ab­fin­dung nicht, die le­dig­lich in ei­nem außer­ge­richt­li­chen Ab­wick­lungs­ver­trag ent­hal­ten ist, muss der Ar­beit­neh­mer auf Zah­lung kla­gen und kann erst dann voll­stre­cken, wenn die Zah­lungs­kla­ge mit ei­nem Ti­tel (Ur­teil oder Ver­gleich) ab­ge­schlos­sen ist.

Wor­in be­steht der Un­ter­schied zwi­schen Ab­wick­lungs­ver­trag und Auf­he­bungs­ver­trag?

Während ein Auf­he­bungs­ver­trag das Ar­beits­verhält­nis selbst be­en­det und da­her die­sel­be recht­li­che Wir­kung wie ei­ne Kündi­gung hat, setzt ein Ab­wick­lungs­ver­trag vor­aus, dass die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses be­reits aus an­de­ren Gründen ein­tritt. Der Ab­wick­lungs­ver­trag soll das Ar­beits­verhält­nis nicht auflösen, son­dern nur die Ein­zel­hei­ten ei­ner Ver­trags­auflösung re­geln, die schon aus an­de­ren Gründen be­vor­steht.

Die­se Un­ter­schei­dung ist aber in vie­len Fällen nicht ein­deu­tig, nämlich im­mer dann, wenn man dar­an zwei­feln kann, ob ei­ne dem Ab­wick­lungs­ver­trag vor­aus­ge­gan­ge­ne Kündi­gung (oder ei­ne Be­fris­tungs­ab­re­de) recht­lich wirk­sam ist. Mehr noch: Ab­wick­lungs­verträge sind ge­ra­de da­zu da, sol­che Zwei­fel an der Wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung oder Be­fris­tungs­ab­re­de zu be­sei­ti­gen. Oh­ne der­ar­ti­ge Zwei­fel hätten Ar­beit­ge­ber gar kein In­ter­es­se an ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag, ge­schwei­ge denn dass sie be­reit wären, ei­ne Ab­fin­dung zu zah­len.

Ein Auf­he­bungs­ver­trag setzt dem­nach im Un­ter­schied zu ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag kei­ne vor­aus­ge­gan­ge­ne Kündi­gung vor­aus, während sich ein Ab­wick­lungs­ver­trag ge­ra­de auf ei­ne sol­che Kündi­gung (oder Be­fris­tung) be­zieht und de­ren oft zwei­fel­haf­te Rechts­wirk­sam­keit bestätigt.

Wo­durch die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses dann letz­ten En­des her­bei­geführt wird, d.h. durch die Kündi­gung oder den Ab­wick­lungs­ver­trag, bleibt da­her bei vie­len Ab­wick­lungs­verträgen of­fen. Denn man weiß nicht (und wird auf­grund des Ab­wick­lungs­ver­trags auch nie durch ein Ge­richts­ur­teil er­fah­ren),

  • ob die dem Ab­wick­lungs­ver­trag vor­an­ge­gan­ge­ne Kündi­gung wirk­sam war (dann be­en­det sie das Ar­beits­verhält­nis und der Ab­wick­lungs­ver­trag bestätigt das nur), oder
  • ob die Kündi­gung un­wirk­sam war (dann führt erst der Ab­wick­lungs­ver­trag die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses her­bei).

Auf der Gren­ze zwi­schen Auf­he­bungs- und Ab­wick­lungs­ver­trag steht ei­ne Ver­ein­ba­rung, die nach Aus­spruch ei­ner or­dent­li­chen ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen Kündi­gung ge­trof­fen wird und die die lau­fen­de Kündi­gungs­frist verkürzt. Hier ist die schrift­li­che Ver­ein­ba­rung drin­gend zu emp­feh­len, um nicht die Un­wirk­sam­keit der Ver­ein­ba­rung we­gen Ver­s­toßes ge­gen das für Auf­he­bungs­verträge gel­ten­de Schrift­for­mer­for­der­nis (§ 623 Bürger­li­ches Ge­setz­buch - BGB) zu ris­kie­ren.

Wor­in be­steht der Un­ter­schied zwi­schen Ab­wick­lungs­ver­trag und Rück­nah­me der Kündi­gung?

Der Ab­wick­lungs­ver­trag setzt vor­aus, dass das Ar­beits­verhält­nis in­fol­ge ei­ner Kündi­gung be­en­det wer­den wird, während die Rück­nah­me ei­ner Kündi­gung zum Ziel hat, dass das Ar­beits­verhält­nis trotz ei­ner Kündi­gung wei­ter fort­ge­setzt wird.

Im Nor­mal­fall soll die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses gemäß ei­ner Kündi­gungsrück­nah­me so ge­sche­hen, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht un­ter­bro­chen wird und zu den­sel­ben Ver­trags­be­din­gun­gen wie zu­vor wei­ter fort­geführt wird.

Eben­so wie ein Ab­wick­lungs­ver­trag setzt auch ei­ne Kündi­gungsrück­nah­me vor­aus, dass der gekündig­te Ver­trags­part­ner der Rück­nah­me der Kündi­gung bzw. der Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu­stimmt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie in dem Hand­buch­ar­ti­kel Kündi­gung - Rück­nah­me der Kündi­gung.

Muss ein Ab­wick­lungs­ver­trag schrift­lich ver­ein­bart wer­den?

Wie erwähnt sind Auf­he­bungs­verträge eben­so wie Kündi­gun­gen nach dem Ge­setz (§ 623 BGB) un­wirk­sam, wenn sie nicht schrift­lich fest­ge­hal­ten wer­den.

Zur Wah­rung der Schrift­form ist es er­for­der­lich, dass der Auf­he­bungs­ver­trag auf ei­ner Ur­kun­de bzw. auf Pa­pier fest­ge­hal­ten wird und dass die­se Ur­kun­de bzw. Pa­pier von bei­den Par­tei­en un­ter­schrie­ben wird. Bei der Kündi­gung als ein­sei­ti­ger Erklärung genügt die Un­ter­schrift des Kündi­gen­den auf der Ur­kun­de. Da die elek­tro­ni­sche Form durch das Ge­setz aus­drück­lich aus­ge­schlos­sen ist, ist ei­ne Kündi­gung eben­so wie ein Auf­he­bungs­ver­trag per E-Mail recht­lich wir­kungs­los.

Beim Ab­wick­lungs­ver­trag ist die Ein­hal­tung der Schrift­form durch das Ge­setz da­ge­gen nicht ein­deu­tig vor­ge­schrie­ben. Da­her können Ab­wick­lungs­verträge im Prin­zip auch "per Hand­schlag" oder per E-Mail in recht­lich bin­den­der Wei­se ab­ge­schlos­sen wer­den.

Dies gilt je­den­falls dann, wenn dem Ab­wick­lungs­ver­trag ei­ne wirk­sa­me Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers vor­aus­ge­gan­gen ist. Zwei­fel­haft ist die Rechts­la­ge da­ge­gen, wenn der Ar­beit­ge­ber zwar zu­vor ei­ne Kündi­gung aus­ge­spro­chen hat, die­se aber mögli­cher­wei­se un­wirk­sam war. Dann könn­te man die Mei­nung ver­tre­ten, dass erst der Ab­wick­lungs­ver­trag die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses her­beiführt, so dass der Ab­wick­lungs­ver­trag in Wahr­heit, d.h. un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner ob­jek­ti­ven recht­li­chen Fol­gen, als Auf­he­bungs­ver­trag an­zu­se­hen ist.

Da recht­li­che Zwei­fel an der Wirk­sam­keit ei­ner vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung prak­tisch im­mer möglich sind, ist es drin­gend zu emp­feh­len, Ab­wick­lungs­verträge schrift­lich fest­zu­hal­ten, um späte­ren Dis­kus­sio­nen über die Wirk­sam­keit der ih­nen vor­aus­ge­gan­ge­nen Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers den Bo­den zu ent­zie­hen. Denn Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die Wirk­sam­keit der dem Ab­wick­lungs­ver­trag vor­aus­ge­hen­den Kündi­gung sind ge­gen­stands­los, wenn der Ab­wick­lungs­ver­trag schrift­lich fest­ge­hal­ten wur­de.

Auch Kla­ge­ver­zichts­ver­ein­ba­run­gen sind un­ter Umständen als Auf­he­bungs­verträge im Sin­ne von § 623 BGB an­zu­se­hen und da­her nur wirk­sam sind, wenn sie schrift­lich ge­trof­fen wer­den, d.h. auf Pa­pier fest­ge­hal­ten und von Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer ge­mein­sam un­ter­schrie­ben wer­den.

Als form­bedürf­ti­ge Auf­he­bungs­verträge sieht das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) da­bei sol­che Kla­ge­ver­zichts­ver­ein­ba­run­gen an, die "im un­mit­tel­ba­ren zeit­li­chen und sach­li­chen Zu­sam­men­hang mit dem Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ge­trof­fen wer­den" (BAG, Ur­teil vom 19.04.2007, 2 AZR 208/06). Da­her liegt je­den­falls in fol­gen­den Fällen kein wirk­sa­mer Kla­ge­ver­zichts- bzw. Ab­wick­lungs­ver­trag vor:

  • Der Ar­beit­neh­mer erhält im Per­so­nalbüro die Kündi­gung und erklärt münd­lich, dass ihn "al­le mal gern ha­ben" könn­ten und er ganz froh sei, end­lich "aus dem La­den draußen" zu sein.
  • Der Ar­beit­neh­mer erhält im Per­so­nalbüro die Kündi­gung und un­ter­schreibt auf der Ko­pie der Kündi­gung, die der Ar­beit­ge­ber zur Per­so­nal­ak­te nimmt, fol­gen­de Erklärung: "Hier­mit bestäti­ge ich den Er­halt der obi­gen Kündi­gung und ver­zich­te auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge."

In bei­den Äußerun­gen des Ar­beit­neh­mers kann man ei­nen Ab­wick­lungs­ver­trag se­hen, der aber in bei­den Fällen man­gels Schrift­form un­wirk­sam ist.

Führen Ab­wick­lungs­verträge zur Sperr­zeit we­gen Ar­beits­auf­ga­be?

Da Ab­wick­lungs­verträge ja die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht selbst her­beiführen, son­dern "nur" die Wirk­sam­keit ei­ner vor­aus­ge­gan­ge­nen Kündi­gung "bestäti­gen", könn­te man mei­nen, dass der Ar­beit­neh­mer mit sei­ner Mit­wir­kung an ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag sein Beschäfti­gungs­verhält­nis nicht löst im Sin­ne des Sperr­zeit­pa­ra­gra­phen, d.h. im Sin­ne von § 159 Abs.1 Satz 2 Nr.1 Drit­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB III).

Nach die­ser Vor­schrift tritt ei­ne Sperr­zeit we­gen Ar­beits­auf­ga­be ein, die im Nor­mal­fall zwölf Wo­chen dau­ert, wenn fol­gen­de Vor­aus­set­zun­gen ge­ge­ben sind:

  • Der Ar­beits­lo­se hat sein Beschäfti­gungs­verhält­nis gelöst oder durch ar­beits­ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten An­lass für die Lösung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses ge­ge­ben.
  • Durch die­ses Ver­hal­ten hat er vorsätz­lich oder grob fahrlässig die Ar­beits­lo­sig­keit her­bei­geführt.
  • Für das ver­si­che­rungs­wid­ri­ge Ver­hal­ten gemäß Punkt 1.) und 2.) hat der Ar­beits­lo­se kei­nen wich­ti­gen Grund.

Von ei­nem "Lösen" des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses ge­hen die So­zi­al­ge­rich­te und die Ar­beits­agen­tu­ren aus, wenn der Ar­beit­neh­mer bzw. Ar­beits­lo­se an der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ak­tiv mit­ge­wirkt hat.

Die bloße Untätig­keit des Ar­beit­neh­mers nach Er­halt ei­ner Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers genügt hierfür nicht. Das wird in den Geschäfts­an­wei­sun­gen (GA) der Bun­des­agen­tur für Ar­beit zu § 159 SGB III (Stand De­zem­ber 2016), S.7) aus­drück­lich klar­ge­stellt. Hier heißt es, dass "die bloße Hin­nah­me ei­ner Ar­beit­ge­berkündi­gung (auch bei An­nah­me ei­ner Ab­fin­dung)" nicht sperr­zeit­re­le­vant ist, d.h. im All­ge­mei­nen kei­nen Sperr­zeit nach sich zieht.

An­de­rer­seits ist die Un­ter­schrift un­ter ei­nen Ab­wick­lungs­ver­trag kei­ne rei­ne "Hin­nah­me" der zu­vor erklärten Ar­beit­ge­ber-Kündi­gung, son­dern ein ak­ti­ves Tun des Ar­beit­neh­mers, und die­se Un­ter­schrift macht die oft zwei­fel­haf­te Kündi­gung erst de­fi­ni­tiv wirk­sam.

Vor die­sem Hin­ter­grund hat das Bun­des­so­zi­al­ge­richt (BSG) be­reits 2003 ent­schie­den, dass man als Ar­beit­neh­mer sein Beschäfti­gungs­verhält­nis durch ak­ti­ves Zu­tun im Sin­ne des Sperr­zeit­pa­ra­gra­phen auch dann "löst", wenn man nach Aus­spruch ei­ner Kündi­gung durch den Ar­beit­ge­ber mit die­sem ei­nen Ab­wick­lungs­ver­trag ab­sch­ließt und dem­ent­spre­chend die Kündi­gung ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung hin­nimmt (BSG, Ur­teil vom 18.12.2003, B 11 AL 35/03 R, wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 03/08 Ab­wick­lungs­verträge führen zu Sperr­zeit).

Seit­dem hat das BSG sei­ne Recht­spre­chung zu Ab­wick­lungs­verträgen nicht geändert, so dass man da­von aus­ge­hen muss, dass sie ei­ne Sperr­zeit nach sich zie­hen. Dies gilt nach An­sicht des BSG auch dann, wenn es vor Aus­spruch der Kündi­gung kei­ner­lei Ab­spra­chen über die Kündi­gung bzw. über ei­ne et­wai­ge gütli­che Ei­ni­gung ge­ge­ben hat.

Im Er­geb­nis gel­ten für Ab­wick­lungs­verträge die­sel­ben Sperr­zeit-Re­geln wie für Auf­he­bungs­verträge. Ab­wick­lungs­verträge sind sog. "Be­tei­li­gungs­sach­ver­hal­te" und ste­hen Auf­he­bungs­verträgen im Er­geb­nis gleich (GA der Bun­des­agen­tur zu § 159 SGB III, Stand De­zem­ber 2016, Punkt 159.1.1.1, S.6, und Punkt 159.1.2.1.2, S.13).

Ge­nau­er ge­sagt wer­den Ab­wick­lungs­verträge so­gar ungüns­ti­ger be­han­delt als Auf­he­bungs­verträge. Denn im­mer­hin verhängen die Ar­beits­agen­tu­ren bei Auf­he­bungs­verträgen dann kei­ne Sperr­zeit, wenn durch den Auf­he­bungs­ver­trag ei­ne zu­vor ernst­haft an­ge­droh­te Ar­beit­ge­berkündi­gung aus be­triebs- oder per­so­nen­be­ding­ten Gründen überflüssig wird, wenn die Kündi­gungs­fris­ten ein­ge­hal­ten wer­den und wenn die im Auf­he­bungs­ver­trag ver­ein­bar­te Ab­fin­dung ma­xi­mal 0,5 Gehälter pro Beschäfti­gungs­jahr beträgt (GA der Bun­des­agen­tur zu § 159 SGB III, Stand De­zem­ber 2016, S.12 f.). Die­se Son­der­re­geln für sperr­zeit­lo­se Auf­he­bungs­verträge können aber nur schlecht auf Ab­wick­lungs­verträge über­tra­gen wer­den, weil Ab­wick­lungs­verträge kei­ne an­ge­droh­te Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers überflüssig ma­chen, son­dern ei­ne sol­che Kündi­gung vor­aus­set­zen.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie un­ter Auf­he­bungs­ver­trag und Sperr­zeit und un­ter Sperr­zeit, Sperr­frist.

Wo fin­den Sie mehr zum The­ma Ab­wick­lungs­ver­trag?

Mus­ter­schrei­ben zum The­ma Ab­wick­lungs­ver­trag fin­den Sie hier:

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen, die Sie im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Ab­wick­lungs­ver­trag in­ter­es­sie­ren könn­ten, fin­den Sie hier:

Kom­men­ta­re un­se­res An­walts­teams zu ak­tu­el­len Fra­gen rund um das The­ma Ab­wick­lungs­ver­trag fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 21. Oktober 2022

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie als Ar­beit­ge­ber, Ge­schäfts­füh­rer oder Ar­beit­neh­mer vor der Ent­schei­dung ste­hen, ei­nen Ab­wick­lungs­ver­trag ab­zu­schlie­ßen, oder wenn Ih­nen be­reits ein kon­kre­tes An­ge­bot vor­liegt, das Sie an­walt­lich über­prü­fen las­sen wol­len, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Soll­te Ih­nen be­reits ein kon­kre­ter Ver­trags­ent­wurf vor­lie­gen, be­wer­ten wir ein sol­ches An­ge­bot kurz­fris­tig un­ter Be­rück­sich­ti­gung recht­li­cher und wirt­schaft­li­cher As­pek­te und un­ter­stüt­zen Sie bei der rechts­si­che­ren Ge­stal­tung des Ab­wick­lungs­ver­trags bis zur Un­ter­schrif­ten­rei­fe.

Je nach La­ge des Fal­les bzw. ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir ent­we­der nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder aber wir ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit der Ge­gen­sei­te.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag / Ge­schäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trag (mit Er­gän­zun­gen / Än­de­run­gen, falls vor­han­den)
  • Ge­halts­nach­wei­se der letz­ten drei Mo­na­te
  • Ab­fin­dungs­an­ge­bot / So­zi­al­plan (falls vor­han­den)
  • Kün­di­gungs­schrei­ben (falls be­reits vor­han­den)
  • An­ge­bot ei­nes Ab­wick­lungs­ver­trags (falls be­reits vor­han­den)

Ei­ne Bit­te an Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer: Falls Sie be­reits ei­ne Kün­di­gung er­hal­ten ha­ben soll­ten, be­ach­ten Sie bit­te die Drei­wo­chen­frist zur Er­he­bung ei­ner Kün­di­gungs­schutz­kla­ge. Sie be­ginnt mit Er­halt ei­nes Kün­di­gungs­schrei­bens. Bit­te neh­men Sie vor Ab­lauf die­ser Frist Kon­takt zu uns auf, wenn wir Sie recht­lich un­ter­stüt­zen sol­len.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de
Bewertung: 3.5 von 5 Sternen (68 Bewertungen)

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de