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Abfindung gemäß § 1a KSchG und Sozialplan
24.11.2015. Seit Anfang 2004 gibt es eine Vorschrift im Kündigungsschutzgesetz (KSchG), die Arbeitgeber dazu ermutigen soll, zugleich mit der Kündigungserklärung eine Abfindung anzubieten, um sich einen Kündigungsschutzprozess zu ersparen: § 1a KSchG.
Zu den vielen nutzlosen Gesetzesvorschriften, die es in unserer Rechtsordnung gibt, gehört auch dieser Paragraph. Obendrein ist er für Arbeitgeber schwer zu handhaben, so dass eine Kündigung unter Bezugnahme auf diese Vorschrift überraschende Rechtsfolgen auslösen kann.
So zum Beispiel in einem vor kurzem vom Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.07.2015, 8 Sa 531/15.
- Wie verhält sich der Abfindungsanspruch aus einer Kündigung gemäß § 1a KSchG zu einer Sozialplanabfindung?
- Im Streit: Arbeitnehmer erhält 86.300,00 EUR Abfindung gemäß einem Interessenausgleich und klagt später auf weitere 86.300,00 EUR Abfindung aus einer § 1a-Kündigung
- LAG Berlin-Brandenburg: Der Abfindungsanspruch aus einer Kündigung gemäß § 1a KSchG ist nur auf eine Sozialplanabfindung anzurechnen, wenn der Sozialplan die Anrechnung vorsieht
Wie verhält sich der Abfindungsanspruch aus einer Kündigung gemäß § 1a KSchG zu einer Sozialplanabfindung?
§ 1a KSchG ermöglicht dem Arbeitgeber bei Kündigungen folgendes Vorgehen: Kündigt er aus betriebsbedingten Gründen und stellt dem Arbeitnehmer im Kündigungsschreiben eine Abfindung in Aussicht für den Fall, dass der Arbeitnehmer innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist keine Kündigungsschutzklage erhebt, dann hat der Arbeitnehmer einen Abfindungsanspruch in gesetzlich festgelegter Höhe, nämlich in Höhe eines halben Monatsgehalts pro Beschäftigungsjahr.
Dieses Regelungsangebot ist allerdings aus folgenden Gründen für Arbeitgeber oft nicht sehr attraktiv und wird daher eher selten genutzt:
Erstens passt eine Abfindung in der gesetzlich exakt vorgegebenen Höhe nicht für alle Fälle, d.h. sie ist oft zu hoch oder zu niedrig.
Zweitens ist nach einer Kündigung nicht nur über die (Höhe der) Abfindung, sondern auch über viele andere Dinge zu reden, und das macht man sinnvoller Weise in einer abschließenden Gesamtvereinbarung.
Drittens kann der Arbeitgeber ohnehin Abfindungsangebote in beliebiger Höhe mit einem Kündigungsschreiben verbinden, d.h. wenn er schon in einer solchen Weise vorgeht (was meist nicht klug ist), braucht er dazu § 1a KSchG nicht.
Ein weiteres Problem folgt daraus, dass der Abfindungsanspruch, der sich aus einer Kündigung gemäß § 1a KSchG ergibt, nicht automatisch dadurch vermindert wird, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner betriebsbedingten Entlassung einen Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung hat. Das kann zum Entstehen von Doppelansprüchen führen, wie der Fall des LAG Berlin-Brandenburg zeigt.
Im Streit: Arbeitnehmer erhält 86.300,00 EUR Abfindung gemäß einem Interessenausgleich und klagt später auf weitere 86.300,00 EUR Abfindung aus einer § 1a-Kündigung
In dem vom LAG Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall hatten Arbeitgeber und Betriebsrat wegen einer betriebsbedingten Entlassungswelle einen Interessenausgleich vereinbart, der zugleich auch Abfindungszahlungen zugunsten der Arbeitnehmer vorsah.
Obwohl Abfindungsansprüche im gesetzlichen Regelfall nicht in einem Interessenausgleich, sondern in einem Sozialplan vereinbart werden, enthielt der Interessenausgleich (was rechtlich zulässig ist) hier im Streitfall Abfindungsansprüche zugunsten der betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer, und zwar in Höhe der sog. Regelabfindung von einem halben Monatslohn pro Beschäftigungsjahr, wie dies auch in § 1a Abs.2 KSchG vorgesehen ist.
Einer der betroffenen Arbeitnehmer, der schon lange beschäftigt war, erhielt eine Abfindung in der Höhe, wie sie in dem Interessenausgleich vorgesehen war, nämlich von 86.300,00 EUR. In dem Kündigungsschreiben des Arbeitgebers hieß es:
„Der Betriebsrat ist in dieser Angelegenheit angehört worden, er hat der Kündigung zugestimmt und mit der Geschäftsführung ein Interessenausgleich zum Ausgleich der Nachteile aus der betriebsbedingten Kündigung abgeschlossen.“
Außerdem fand sich im Kündigungsschreiben weiter unten folgender "Hinweis" unter Anlehnung an den Wortlaut des § 1a KSchG:
„Sie haben die Möglichkeit, sich gegen diese betriebsbedingte Kündigung zu wehren. Das müssen Sie nach dem Kündigungsschutzgesetz innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung tun. Lassen Sie diese Frist verstreichen, ohne eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben, haben Sie nach § 1a KSchG Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdienstes für jedes volle Beschäftigungsjahr.“
Der Arbeitnehmer ließ die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage verstreichen und verlangte dann eine weitere Abfindungszahlung von 86.300,00 EUR, und zwar unter Berufung auf das Kündigungsschreiben bzw. auf § 1a KSchG. Das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) gab ihm recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung (Urteil vom 04.03.2015, 5 Ca 1616/14), was auf eine Abfindung von 172.600,00 EUR hinausläuft.
LAG Berlin-Brandenburg: Der Abfindungsanspruch aus einer Kündigung gemäß § 1a KSchG ist nur auf eine Sozialplanabfindung anzurechnen, wenn der Sozialplan die Anrechnung vorsieht
Auch das LAG Berlin-Brandenburg entschied pro Arbeitnehmer und ließ zugunsten des Arbeitgebers die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu.
Zur Begründung seiner Entscheidung beruft sich das LAG auf ein BAG-Urteil aus dem Jahre 2007, in dem das BAG klargestellt hatte, dass die Parteien eines Sozialplans nicht die Regelungsmacht haben, einen dem Arbeitnehmer gemäß § 1a KSchG zustehenden Abfindungsanspruch wegen einer Sozialplanabfindung zu kürzen, d.h. eine Sozialplanabfindung auf eine § 1a-Abfindung anzurechnen. Wollen Betriebsrat und Arbeitgeber Doppelansprüche vermeiden, müssen sie umgekehrt festlegen, dass eine § 1a-Abfindung auf den Sozialplan-Abfindungsanspruch anzurechnen ist, d.h. dass der Sozialplananspruch zu kürzen ist (BAG, Urteil vom 19.06.2007, 1 AZR 340/06, Randnummer 34).
Hier im Streitfall enthielt der Interessenausgleich aber gerade keine Regelung, der zufolge die hier festgelegten Abfindungen zu kürzen wären, falls ein anspruchsberechtigter Arbeitnehmer gleichzeitig eine Abfindung gemäß § 1a KSchG erhalten sollte. Und da das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer eindeutig einen (eigenständigen) Abfindungsanspruch in Aussicht stellte, falls er keine Klage erheben sollte, konnte der Arbeitnehmer diesen Anspruch mit Erfolg einklagen - wohlgemerkt neben dem bereits erfüllten Anspruch aus dem Interessenausgleich.
Fazit: Hätte der Arbeitgeber statt einer Kündigung gemäß § 1a KSchG eine normale Kündigung ausgesprochen und sich sodann in einem gerichtlichen Vergleich oder Abwicklungsvertrag auf eine Abfindung geeinigt, hätten die Parteien in einer solchen Vereinbarung ohne weiteres regeln können, dass die im Interessenausgleich festgelegte Abfindung auf die individuell ausgehandelte Abfindung anzurechnen ist. Ein solcher Ausschluss von Doppelansprüchen ist legitim und üblich. Arbeitgeber sollten die Finger von § 1a KSchG lassen.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.07.2015, 8 Sa 531/15
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindungshöhe, Berechnung und Höhe der Abfindung
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Veröffentlichung dieses Artikels, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über den Streitfall entschieden und dabei ebenso wie das Arbeitsgericht und das LAG Berlin-Brandenburg entschieden, d.h. zugunsten des Arbeitnehmers. Das Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 12. August 2020
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