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ARBEITSRECHT AKTUELL // 08/013

Kei­ne Ab­fin­dung ge­mäß § 1a KSchG bei Rück­nah­me der Kün­di­gungs­schutz­kla­ge

Ver­spricht der Ar­beit­ge­ber ei­ne Ab­fin­dung, falls nicht ge­klagt wird, geht der An­spruch durch Kla­ge­er­he­bung un­ter - auch bei spä­te­rer Kla­ge­rück­nah­me: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 13.12.2007, 2 AZR 971/06
Zwei Männchen mit Euro Kei­ne Ab­fin­dung ge­mäß § 1a KSchG nach Er­he­bung ei­ner Kla­ge

22.01.2008. Bie­tet der Ar­beit­ge­ber in ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kün­di­gung un­ter Ver­weis auf § 1a Kün­di­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) ei­ne Ab­fin­dung an für den Fall, dass der Ar­beit­neh­mer kei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge er­hebt, so be­steht kein Ab­fin­dungs­an­spruch, wenn der Ar­beit­neh­mer zu­nächst klagt, die Kla­ge dann aber spä­ter zu­rück­nimmt.

Denn mit ei­ner Kla­ge muss sich der Ar­beit­ge­ber erst ein­mal aus­ein­an­der­set­zen, und das will er mit sei­nem Ab­fin­dungs­an­ge­bot ge­mäß § 1a KSchG ge­ra­de ver­mei­den.

Da­her hilft dem Ar­beit­neh­mer die Re­ge­lung des § 269 Abs.3 Satz 1 Zi­vil­pro­zess­ord­nung (ZPO) auch nicht wei­ter. Da­nach ist der Rechts­streit pro­zess­recht­lich bei ei­ner Kla­ge­rück­nah­me als "nicht an­hän­gig ge­wor­den" an­zu­se­hen: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 13.12.2007, 2 AZR 971/06.

Kann der Ar­beit­neh­mer sei­nen An­spruch auf ei­ne Ab­fin­dung gemäß § 1a KSchG trotz Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­hal­ten, wenn er die­se später zurück­nimmt?

Gemäß § 1a KSchG hat der Ar­beit­neh­mer ei­nen An­spruch auf ei­ne Ab­fin­dung, wenn ihm we­gen be­triebs­be­ding­ter Gründe gekündigt wird und er nicht in­ner­halb der Drei­wo­chen­frist Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­hebt. Vor­aus­set­zung für die­sen An­spruch ist, dass der Ar­beit­ge­ber in sei­ner Kündi­gungs­erklärung aus­drück­lich dar­auf hin­weist, dass der Ar­beit­neh­mer un­ter die­sen Vor­aus­set­zun­gen die Ab­fin­dung be­an­spru­chen kann.

Das Ge­setz legt für die­sen Fall die Höhe des Ab­fin­dungs­an­spruchs auf 0,5 Mo­nats­ver­diens­te für je­des Jahr des Be­ste­hens des Ar­beits­verhält­nis­ses fest (§ 1a Abs.2 Satz 1 KSchG).

Da­mit ist aber die Fra­ge nicht ein­deu­tig be­ant­wor­tet, ob ein An­spruch auf ei­ne Ab­fin­dung gemäß § 1a Abs.2 Satz 1 KSchG auch dann be­steht, wenn die Kla­ge zwar ein­ge­reicht, später aber zurück­ge­nom­men wird. Im­mer­hin ist dann gemäß § 269 Abs.3 Satz 1 ZPO der Rechts­streit for­mal als nicht anhängig ge­wor­den an­zu­se­hen.

Der Streit­fall: Ar­beit­neh­me­rin er­hebt zwei­mal Kündi­gungs­schutz­kla­ge und nimmt später bei­de Kla­gen zurück

Im Streit­fall wur­de ei­ner Ar­beit­ne­me­rin nach Rück­kehr aus der El­tern­zeit die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung an­ge­bo­ten. Nach­dem er­geb­nis­los über die­se Ver­ein­ba­rung ver­han­delt wor­den war, sprach der Ar­beit­ge­ber ei­ne Kündi­gung aus be­triebs­be­ding­ten Gründen aus, in der er ein Ab­fin­dungs­an­ge­bot un­ter Ver­weis auf § 1a KSchG un­ter­brei­te­te.

Die Ar­beit­neh­me­rin er­hob ge­gen den Ar­beit­ge­ber Kündi­gungs­schutz­kla­ge, nahm die­se Kla­ge dann aber zurück und klag­te er­neut ge­gen ei­nen Rechts­nach­fol­ger des Ar­beit­ge­bers, wo­bei sie we­gen des zwi­schen­zeit­lich ein­ge­tre­te­nen Ab­laufs der Drei­wo­chen­frist An­trag auf nachträgli­che Kla­ge­zu­las­sung stell­te. Die­se - zwei­te - Kündi­gungs­schutz­kla­ge so­wie den An­trag auf de­ren nachträgli­che Zu­las­sung nahm sie später zurück.

Das Ar­beits­ge­richt Pot­sam gab der Kla­ge auf Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung gemäß § 1a KSchG statt, wo­hin­ge­gen das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Bran­den­burg sie die Be­ru­fung der Be­klag­ten hin zurück­wies (LAG Bran­den­burg, Ur­teil vom 05.05.2006, 22 Sa 7/06, 22 Sa 44/06).

BAG: Ver­spricht der Ar­beit­ge­ber ei­ne Ab­fin­dung gemäß § 1a KSchG, geht der An­spruch durch Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge endgültig un­ter, d.h. auch bei späte­rer Kla­gerück­nah­me

Die Re­vi­si­on der Kläge­rin blieb er­folg­los. Das BAG bestätig­te da­mit die Klag­ab­wei­sung durch das LAG.

Zur Be­gründung ver­weist das BAG dar­auf, dass der Zweck der ge­setz­li­chen Re­ge­lung ge­ra­de dar­in be­steht, die außer­ge­richt­li­che Streit­bei­le­gung zu fördern, d.h. ei­ne ge­richt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung über die Rechts­wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung im Rah­men ei­nes Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses zu ver­mei­den.

Dem­zu­fol­ge hat die Rechts­fol­ge des § 269 Abs.3 Satz 1 ZPO, wo­nach der Rechts­streit in­fol­ge ei­ner Kla­gerück­nah­me als nicht anhängig ge­wor­den an­zu­se­hen ist, nicht mit der ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zung des „Ver­strei­chen­las­sens“ der Kla­ge­frist im Sin­ne von § 1a KSchG zu tun, so das BAG.

Mit die­ser Ent­schei­dung ist im An­schluss an die bis­her schon herr­schen­de An­sicht un­ter Ar­beits­recht­lern klar­ge­stellt, dass der Ar­beit­ge­ber nur dann ei­ne Ab­fin­dung gemäß § 1a KSchG zah­len muss, wenn tatsächlich kei­ne Kla­ge er­ho­ben wird.

Hin­ter­grund der Ent­schei­dung des BAG ist wohl auch, dass der Zweck des § 1a KSchG u.a. in ei­ner Ent­las­tung der Ar­beits­ge­rich­te be­steht und auch un­ter die­sem As­pekt ei­ne zunächst ein­ge­reich­te und dann zurück­ge­nom­me­ne Kla­ge nicht ge­set­zes­kon­form ist, da sie ja eben ei­ne sol­che - zu ver­mei­den­de - Be­las­tung dar­stellt.

Fa­zit: Mit Ein­rei­chung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist in je­dem Fall der An­spruch auf ei­ne Ab­fin­dung aus § 1a KSchG er­lo­schen. Das setzt Ar­beit­ne­mer und die sie be­ra­ten­den Anwälte gehörig un­ter Druck, wenn es dar­um geht, in­ner­halb der dreiwöchi­gen Kla­ge­frist darüber zu ent­schei­den, ob man trotz des Ab­fin­dungs­an­ge­bots ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben soll­te oder nicht.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen zu die­sem Vor­gang fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 10. Juni 2017

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