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Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung gemäß § 1a KSchG
02.06.2017. Wer seit längerer Zeit in einem größeren Betrieb arbeitet und betriebsbedingt gekündigt wird, erwartet vom Arbeitgeber eine anständige Abfindung.
Macht der Arbeitgeber bereits im Kündigungsschreiben eine Abfindungszusage unter Verweis auf § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG), kann für den Arbeitnehmer im Normalfall nicht mehr viel anbrennen.
Anstatt zum Anwalt zu gehen und Kündigungsschutzklage zu erheben, kann sich der gekündigte Arbeitnehmer zurücklehnen und bei Ablauf der Kündigungsfrist eine Abfindung von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr verlangen.
Wie ein aktueller Fall des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz zeigt, gilt das aber nicht in allen Fällen: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.01.2017, 7 Sa 210/16.
- Wann haben betriebsbedingt gekündigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung?
- Streit über die Höhe der Abfindung gemäß § 1a KSchG nach Ablauf der Klagefrist
- LAG Rheinland-Pfalz: Der Abfindungsanspruch nach § 1a Abs.1 Satz 1 KSchG entsteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund eines nachgeschobenen Aufhebungsvertrages endet
Wann haben betriebsbedingt gekündigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung?
Wenn es keinen Sozialplan mit Abfindungsregelungen gibt, haben Arbeitnehmer im Allgemeinen keinen Anspruch auf eine Abfindung, wenn sie aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden. Ob bei betriebsbedingten Kündigungen Abfindungen gezahlt werden oder nicht und wie hoch diese ggf. sind, ist daher reine Verhandlungssache.
Reicht die gesetzliche Dreiwochenfrist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht aus, um eine rechtsverbindliche Abfindungsvereinbarung zu treffen, bleibt betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmern nur der Weg zum Gericht, um sich dort auf eine angemessene Abfindung zu verständigen.
Da Kündigungsschutzklagen vor diesem Hintergrund oft nur deshalb erhoben werden, um eine Abfindung auszuhandeln, sieht § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bei betriebsbedingten Kündigungen eine standardisierte Abfindungslösung vor, mit der unnötige Prozesse vermieden werden können. Für dieses Vorgehen muss sich der Arbeitgeber allerdings bewusst entscheiden, d.h. § 1a KSchG beinhaltet keinen gesetzlichen Abfindungsanspruch, sondern setzt eine entsprechende Zusage des Arbeitgebers voraus. Diese Vorschrift lautet:
„(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs.2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.
(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs.3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.“
Der Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG beruht nicht auf einem Vertrag (gerichtlicher Vergleich, Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag), sondern es genügt ein einseitiges Leistungsversprechen des Arbeitgebers. Konkret müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
- Das KSchG muss anwendbar sein, d.h. der gekündigte Arbeitnehmer muss länger als sechs Monate in einem Betrieb gearbeitet haben, in dem mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden (§ 1 Abs.1 KSchG, § 23 Abs.1 KSchG).
- Der Arbeitgeber muss eine fristgemäße betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen haben.
- Der Arbeitgeber muss im Kündigungsschreiben ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird und dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist eine Abfindung nach § 1a KSchG beanspruchen kann.
- Der gekündigte Arbeitnehmer muss die dreiwöchige Klagefrist (§ 4 Satz 1 KSchG) ungenutzt verstreichen lassen, womit die Rechtswirksamkeit der Kündigung endgültig feststeht (§ 7 KSchG).
Die Höhe des Abfindungsanspruchs ist dann gesetzlich festgelegt, nämlich auf 0,5 Gehälter pro Beschäftigungsjahr. Dabei kommt es gemäß § 10 Abs.3 KSchG auf das Gehalt im Ausscheidensmonat an (§ 1a Abs.2 Satz 2 KSchG). Zeiten der Betriebszugehörigkeit von mehr als sechs Monaten sind auf ein Jahr aufzurunden (§ 1a Abs.2 Satz 3 KSchG).
Wie sich aus § 1a Abs.1 Satz 1 KSchG ergibt, entsteht der Abfindungsanspruch nicht bereits mit Verstreichenlassen der dreiwöchigen Klagefrist, sondern erst dann, wenn die Kündigungsfrist abgelaufen ist. Erklärt eine der Vertragsparteien im Laufe der Kündigungsfrist eine weitere Kündigung, die das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet (z.B. fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber, ordentliche Eigenkündigung des Arbeitnehmers mit kurzer Frist), macht das den Abfindungsanspruch zunichte. Denn das Arbeitsverhältnis endet dann aufgrund der nachgeschobenen Kündigung vor dem Zeitpunkt, in dem der Abfindungsanspruch entstehen würde.
Der Fall des LAG Rheinland-Pfalz macht deutlich, dass sich der Arbeitnehmer seinen Abfindungsanspruch gemäß § 1a KSchG auch durch den unbedachten Abschluss eines Abwicklungsvertrages vor Ablauf der Kündigungsfrist zerschießen kann.
Streit über die Höhe der Abfindung gemäß § 1a KSchG nach Ablauf der Klagefrist
Im Streitfall hatte ein Arbeitnehmer wegen Betriebsschließung im September 2013 eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 30.09.2014 erhalten, und zwar mit einem Hinweis nach § 1a KSchG. Im Kündigungsschreiben teilte der Arbeitgeber mit, die Abfindungssumme beliefe sich nach seiner derzeitigen Berechnung auf 53.120,00 EUR.
Der Arbeitnehmer erhob keine Kündigungsschutzklage.
Im Juli 2014 machte der Arbeitnehmer dann von dem Angebot des Arbeitgebers Gebrauch und wechselte in eine Transfergesellschaft. Dazu vereinbarte er mit seinem Arbeitgeber und der Transfergesellschaft einen dreiseitigen Vertrag, dem zufolge sein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber zum 30.09.2014 enden sollte und zugleich ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft begründet wurde.
In dem Teil des Vertrages, der das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und bisherigen Arbeitgeber betraf, wurde die Abfindung mit 53.120,00 EUR verbindlich festgelegt und vereinbart, dass sie im September 2014 ausgezahlt würde. Außerdem hieß es hier:
„Es besteht Einigkeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien, dass das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt mit Ablauf des 30. September 2014 endet. Ohne den vorliegenden Aufhebungsvertrag wäre das Arbeitsverhältnis durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum gleichen Zeitpunkt beendet worden.“
In der Folge wandte sich der Arbeitnehmer mehrfach an seinen alten Arbeitgeber verlangte eine höhere Abfindung als die im Aufhebungsvertrag festgelegten 53.120,00 EUR. Nach seiner Ansicht hätte die Abfindung bei korrekter Berechnungsweise deutlich, nämlich um 21.841,75 EUR höher ausfallen müssen. Diesen Betrag klagte er vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern ein, hatte dort aber keinen Erfolg (Urteil vom 22.03.2016, 8 Ca 1503/15).
LAG Rheinland-Pfalz: Der Abfindungsanspruch nach § 1a Abs.1 Satz 1 KSchG entsteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund eines nachgeschobenen Aufhebungsvertrages endet
Auch das LAG Rheinland-Pfalz entschied zugunsten des Arbeitgebers, und zwar mit folgender Begründung:
Durch den Aufhebungsvertrag vom Juli 2014 hatten die Parteien die zunächst ausgesprochene Kündigung beiseitegeschoben, denn im Aufhebungsvertrag hieß es, dass das Arbeitsverhältnis ohne den Aufhebungsvertrag zum gleichen Zeitpunkt (30.09.2014) beendet worden „wäre“, nämlich durch die betriebsbedingte Kündigung vom September 2013. Anders gesagt: Die Vertragsbeendigung erfolgte nach dem Willen der Parteien nicht durch die Kündigung, sondern aufgrund des Aufhebungsvertrags. Dazu das LAG:
„Setzen die Parteien einvernehmlich einen neuen Beendigungstatbestand und regeln sie die Abfindung neu, soll hierdurch das in Gang gesetzte Entstehen eines Abfindungsanspruchs aus § 1a KSchG abgebrochen werden. Es kann nicht entscheidend darauf ankommen, welchen genauen Beendigungszeitpunkt die Arbeitsvertragsparteien im dreiseitigen Vertrag vereinbaren.“
Und da die Abfindungshöhe im Aufhebungsvertrag verbindlich auf 53.120,00 EUR festgelegt worden war, gab es keine rechtliche Grundlage für die eingeklagte Mehrforderung von 21.841,75 EUR.
Fazit: Sind betriebsbedingt gekündigte Arbeitnehmer mit einem Abfindungsangebot gemäß § 1a KSchG einverstanden, sollten sie die Füße stillhalten. Wer ein solches Angebot einerseits annehmen, andererseits „optimieren“ möchte, sollte diese Verhandlung über einen Anwalt führen lassen. Andernfalls droht eine Verringerung oder schlimmstenfalls der völlige Verlust der Abfindung.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.01.2017, 7 Sa 210/16
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindungshöhe, Berechnung und Höhe der Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abwicklungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Gebot fairen Verhandelns
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsstilllegung, Betriebsschließung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsfristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Musterschreiben: Betriebsbedingte Kündigung mit Abfindungsangebot
- Arbeitsrecht aktuell: 16/180 Sozialplan und Stichtagsregelung
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- Arbeitsrecht aktuell: 11/005 Erpresserische Verhandlungen über Abfindung sind Kündigungsgrund
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- Arbeitsrecht aktuell: 10/019 Abfindung ist auf Arbeitslosengeld II anzurechnen
- Arbeitsrecht aktuell: 09/237 Berechnung einer Abfindung nach Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 09/069 Ungleichbehandlung bei Abfindungen aufgrund von Turboregelungen ist rechtens.
- Arbeitsrecht aktuell: 08/013 Keine Abfindung gemäß § 1a KSchG bei Rücknahme der Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 08/012 Beziffertes Abfindungsangebot bei gleichzeitigem Verweis auf § 1a KSchG
Letzte Überarbeitung: 1. Juli 2019
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