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Ungleichbehandlung bei Abfindungen
27.04.2009. Sozialpläne enthalten oftmals Ansprüche auf eine Abfindung. Und machmal erhöht der Arbeitgeber bei größeren Entlassungswellen die im Sozialplan enthaltenen Abfindungsansprüche, wenn im ersten Schritt noch zu wenig Arbeitnehmer einer Auflösung ihres Arbeitsvertrags gegen Abfindung zugestimmt haben.
Fraglich ist, ob durch durch solche "Turboregelungen" Arbeitnehmer besser gestellt werden dürfen, die sich später als andere Kollegen für einen Aufhebungsvertrag entscheiden. Immerhin erhalten die früher ausgeschiedenen Arbeitnehmer weniger üppige Abfindungen.
Anders gesagt: Ist es rechtens, Arbeitnehmern aufgrund von Turboprämien höhere Abfindungen zuzugestehen als ihren bereits einige früher Zeit ausgeschiedenen Kollegen? Mit dieser Frage befasst sich das Landesarbeitsgericht (LAG) München in seinem Urteil vom 11.02.2009 (11 Sa 598/08).
- Darf der Arbeitgeber bestehende Sozialplanabfindungen durch Turboprämien aufbessern, um dadurch mehr Arbeitnehmer als bisher zu Aufhebungsverträgen zu motivieren?
- Der Streitfall: Frühzeitig und ohne Turboregelung ausgeschiedene Arbeitnehmerin möchte später ausgeschiedenen Kollegen gleichgestellt werden und verlangt Zahlung der Turboprämie
- LAG München: Nachgeschobene Turboregelungen verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung
Darf der Arbeitgeber bestehende Sozialplanabfindungen durch Turboprämien aufbessern, um dadurch mehr Arbeitnehmer als bisher zu Aufhebungsverträgen zu motivieren?
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer des Betriebs bei allgemein gewährten Vergünstigungen ohne sachlichen Grund schlechter zu stellen.
An den Gleichbehandlungsgrundsatz sind auch die Betriebspartner, d.h. Arbeitgeber und Betriebsrat, gebunden, insbesondere wenn sie Betriebsvereinbarungen oder Sozialpläne vereinbaren.
Dies ergibt sich aus § 75 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), wonach Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen haben, dass alle im Betrieb tätigen Personen "nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit" behandelt und diskriminierende Ungleichbehandlungen vermieden werden.
Eine Ungleichbehandlung beim Thema Abfindung ist daher immer begründungsbedürftig. Gibt es keinen Sachgrund dafür, Arbeitnehmern eine höhere bzw. geringere Abfindung zu zahlen als vergleichbaren anderen Arbeitnehmern, ist die Ungleichbehandlung nicht rechtens und alle können die jeweils günstigste Regelung für sich beanspruchen.
Fraglich ist, ob der Arbeitgeber einen sachlichen Grund dafür hat, wenn er eine schleppend angelaufene Entlassungswelle beschleunigen will, indem er auf bestehende Abfindungsansprüche eine Turboprämie draufsattelt, um Unentschlossene zu Aufhebungsverträgen zu motivieren.
Der Streitfall: Frühzeitig und ohne Turboregelung ausgeschiedene Arbeitnehmerin möchte später ausgeschiedenen Kollegen gleichgestellt werden und verlangt Zahlung der Turboprämie
Der Arbeitgeber einigte sich mit dem Betriebsrat anlässlich einer geplanten Betriebsänderung im April 2006 auf einen Sozialplan, der unter anderem Abfindungen für Arbeitnehmer vorsah, die im Rahmen des geplanten Stellenabbaus das Unternehmen verlassen würden. In der Folge ließen sich einige Arbeitnehmer davon überzeugen, einem Aufhebungsvertrag zuzustimmen. Aus Sicht des Arbeitgebers waren es aber bei weitem nicht genug.
Er legt deshalb Mitte Juli 2007 im Wege einer weiteren Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Betreff "Sonderfonds" nach: Wer nunmehr freiwillig seinen Hut nehmen würde, sollte aufgrund einer die Sozialplan-Abfindungsberechnung ergänzenden Regelung eine wesentlich höhere Abfindung erhalten. Von dieser Turboregelung waren allerdings die Arbeitnehmer ausgeschlossen, die bei Inkrafttreten der Gesamtbetriebsvereinbarung bereits einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hatten.
Eine der vom Stellenabbau betroffenen Arbeitnehmerinnen hatte Mitte März 2007 einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen und sich hierfür auf der Grundlage des ursprünglichen Sozialplanes vom April 2006 eine Abfindung von rund 110.000 Euro versprechen lassen. Wenige Monate später trat die Gesamtbetriebsvereinbarung "Sonderfonds" in Kraft, auf deren Basis der Klägerin rund 75.000 Euro mehr an Abfindung zugestanden hätte.
Die Arbeitnehmerin verklagte den Arbeitgeber daher auf Zahlung der Abfindungsdifferenz. Ihren Ärger über die aus ihrer Sicht bestehende Schlechterstellung unterfütterte sie durch einen Hinweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. auf § 75 BetrVG.
Immerhin ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) aufgrund dieser Regelung eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage verboten. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Solche Sachgründe vermochte die Klägerin hier nicht zu erkennen.
Der Arbeitgeber verteidigte sich vor Gericht damit, sein Motiv sei gewesen, weitere Teile der Belegschaft zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung durch erhöhte Abfindungen zu bewegen, da der bisher erreichte Stellenabbau als unzureichend erschien.
Die Klägerin hielt dagegen, solche Motive seien keine billigenswerten Gründe im Sinne des Gesetzes. Der Willkür werde Tür und Tor geöffnet, wenn die bloß subjektive Sichtweise des Arbeitgebers eine so erhebliche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte. Außerdem habe das Ziel eines Personalabbaus schon bei dem ursprünglichen Sozialplan zugrunde gelegen.
In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht München zog die Klägerin den Kürzeren, d.h. das Gericht wies die Klage ab (Urteil vom 30.04.2008, 19a Ca 14542/07).
LAG München: Nachgeschobene Turboregelungen verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung
Auch das Landesarbeitsgericht München entschied zugunsten des Arbeitgebers und bestätigte daher die Klagabweisung (Urteil vom 11.02.2009, 11 Sa 598/08).
Mit dem Arbeitsgericht ging auch das LAG davon aus, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Arbeitgeber und Betriebsrat dürften nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bei einer nachträglichen Aufbesserung der Abfindung die unterschiedliche Situation berücksichtigen, in der sich die Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des ihnen jeweils unterbreiteten Angebots auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages befänden.
Die Erhöhung der Abfindung in einer nachgeschobenen Betriebsvereinbarung sei ein sinnvolles Steuerungsinstrument, um bislang noch nicht ausgeschiedene Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu bewegen. Die Betriebspartner durften davon ausgehen, dass Arbeitnehmer, die bereits einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten, anders als bisher unentschiedene Arbeitnehmer die ursprünglich vorgesehene Sozialplanleistung ohne Vorbehalte als angemessen akzeptierten. Diese unterschiedliche Sachlage, so die Gerichte im Ergebnis, sei ein billigenswerter Grund.
Fazit: Nachgeschobene Turboregelungen sind rechtlich zulässig, d.h. sie verstoßen nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies gilt auch dann, wenn sie Arbeitnehmer im Ergebnis schlechter stellen, die aufgrund einer für sie ungünstigeren Abfindungsregelung früher ausgeschieden sind. Der sachliche Grund für eine solche Differenzierung ist das "Nachjustieren" der angebotenen Abfindung unter dem Eindruck, dass die zunächst angebotene Abfindung nicht ausreichend war.
Der Fall ist in der Revision beim BAG unter dem Aktenzeichen 1 AZR 187/09 anhängig. Dies dürfte nicht zuletzt dem hohen Streitwert geschuldet sein, denn momentan ist es wenig wahrscheinlich, dass das BAG von der Einschätzung der Vorinstanzen abweichen wird.
Weitere Informationen finden sie hier:
- Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 11.02.2009, 11 Sa 598/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindungshöhe, Berechnung und Höhe der Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 18/005 Gleichbehandlungsgrundsatz bei Betriebsvereinbarungen
- Arbeitsrecht aktuell: 17/149 Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung gemäß § 1a KSchG
- Arbeitsrecht aktuell: 15/355 Sozialplan und Klageverzicht
- Arbeitsrecht aktuell: 14/084 Sozialplan und befristete Arbeitsverträge
Letzte Überarbeitung: 13. März 2018
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