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Verzicht auf Kündigungsschutzklage
09.05.2014. Arbeitnehmer können nach Erhalt einer Kündigung nicht vorab ohne Gegenleistung auf eine Kündigungsschutzklage verzichten.
Das geht jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Verzichtserklärung einseitig vorformuliert hat und sie dem Arbeitnehmer zur Unterschrift vorlegt, denn dann ist die Verzichtserklärung Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Arbeitgebers.
Aber ist ein Zeugnis mit der Note "gut" bereits eine ausreichende Gegenleistung? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen meint ja: LAG Niedersachsen, Urteil vom 27.03.2014 5 Sa 1099/13.
- Welche Gegenleistung müssen Arbeitgeber für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage zugestehen?
- Der Streitfall: Elf Jahre beschäftigter gewerblicher Arbeitnehmer unterschreibt bei Erhalt der Kündigung einen Abwicklungsvertrag ohne Abfindung, aber mit "guter" Zeugnisnote
- LAG Niedersachsen: Die Zeugnisnote "gut" ist eine ausreichende Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage
Welche Gegenleistung müssen Arbeitgeber für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage zugestehen?
Mit einem Aufhebungsvertrag verzichten Arbeitnehmer nicht auf eine Kündigungsschutzklage, denn infolge des Aufhebungsvertrags kommt es erst gar nicht zu einer Kündigung und folglich auch nicht zu der rechtlichen Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage zu erheben.
Dagegen steckt in praktisch jedem Abwicklungsvertrag ein Klageverzicht des Arbeitnehmers: Abwicklungsverträge werden meist nach Erhalt einer arbeitgeberseitigen Kündigung abgeschlossen und regeln deren Folgen, d.h. die weitere Abwicklung des Arbeitsverhältnisses.
Daher enthalten Abwicklungsverträge typischerweise Zugeständnisse des Arbeitgebers, also z.B. eine Abfindung, eine Freistellung oder eine gute Zeugnisnote, während der Arbeitnehmer seinerseits erklärt, auf eine Kündigungsschutzklage zu verzichten. Abwicklungsverträge sind demnach Austauschverträge: Die vom Arbeitgeber zugestandenen (finanziellen) Vergünstigungen sind die Gegenleistung für den Klageverzicht des Arbeitnehmers.
Werden Abwicklungsverträge vom Arbeitgeber vorformuliert, sind sie dessen AGB und dürfen den Arbeitnehmer daher nicht "unangemessen benachteiligen". Das ergibt sich aus § 307 Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und gilt nicht nur für Abwicklungsverträge, sondern auch für Ausgleichsklauseln.
Erklärt der Arbeitnehmer ohne Gegenleistung per Ausgleichsklausel, keine Ansprüche mehr gegen den Arbeitgeber zu haben, ist die Ausgleichsklausel unwirksam, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahre 2011 (BAG, Urteil vom 21.06.2011, 9 AZR 203/10, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/005 Aufhebungsvertrag ohne Abfindung, aber mit Ausgleichsklausel?.
Dementsprechend ist auch ein Klageverzicht in einem vom Arbeitgeber entworfenen Abwicklungsvertrag, der keine Gegenleistung für den Verzicht des Arbeitnehmers auf eine Kündigungsschutzklage enthält, eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers und daher gemäß § 307 Abs.1 Satz 1 BGB unwirksam (BAG, Urteil vom 06.09.2007, 2 AZR 722/06, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 07/44 Bei Kündigung kein Klageverzicht ohne Gegenleistung).
Fraglich ist allerdings, was als "Gegenleistung" des Arbeitgebers für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage anzusehen ist. Genügt dafür schon das "Zugeständnis", dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit der Note "gut" zu erteilen?
Der Streitfall: Elf Jahre beschäftigter gewerblicher Arbeitnehmer unterschreibt bei Erhalt der Kündigung einen Abwicklungsvertrag ohne Abfindung, aber mit "guter" Zeugnisnote
Im Streitfall nahm ein gewerblicher Arbeitnehmer nach längerer Krankheit wieder seine Arbeit auf und erhielt bereits wenige Tage später im Betrieb eine ordentliche Kündigung. Zugleich mit Aushändigung der Kündigung unterzeichnete er einen Abwicklungsvertrag.
Im Abwicklungsvertrag verzichtete der Arbeitnehmer ausdrücklich auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Als einzige Gegenleistung war im Vertrag ein Zeugnis mit einer "guten" Leistungs- und Führungsbewertung vorgesehen, obwohl das Arbeitsverhältnis zum Kündigungszeitpunkt immerhin schon elf Jahre lang bestanden hatte.
Der Arbeitnehmer erklärte wenige Tage später die Anfechtung des Abwicklungsvertrags, die der Arbeitgeber mit Achselzucken quittierte. Kurz darauf erhob er vor dem Arbeitsgericht Hannover Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, weil es den Klageverzicht für wirksam ansah (Urteil vom 06.09.2013, 1 Ca 65/13).
LAG Niedersachsen: Die Zeugnisnote "gut" ist eine ausreichende Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage
Das LAG wies die Berufung des Arbeitnehmers zurück, denn der Arbeitnehmer hatte zum Thema Zeugnisnote im Wesentlichen nur vorgetragen, seine Arbeitsleistung sei beanstandungsfrei gewesen und daher stehe ihm die Zeugnisnote "gut" auch ohne den Abwicklungsvertrag zu.
Das war dem LAG aber zu wenig, d.h. zu seinen Leistungen hätte der Kläger genauer vortragen müssen. Demzufolge kam das LAG zu dem Ergebnis, dass die vom Arbeitgeber zugestandene Zeugnisnote "gut" tatsächlich ein Zugeständnis war, d.h. eine Gegenleistung für den vom Arbeitnehmer erklärten Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage. Der Leitsatz der LAG-Entscheidung lautet:
"Enthält ein formularmäßiger Verzicht auf das Recht Kündigungsschutzklage zu erheben im Gegenzug die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit der Note gut zu erteilen, ist dieser Verzicht wirksam, es sei denn, dem Arbeitnehmer steht unter Berücksichtigung der herkömmlichen Darlegungs- und Beweislast in einem Zeugnisprozess eine gute Beurteilung zweifelsfrei zu."
Damit legt das LAG die bisher anerkannte Beweislastverteilung im Prozess um eine Zeugnisberichtigung zugrunde: Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis mit der Note "ausreichend" oder "mangelhaft", muss er vor Gericht unterdurchschnittliche Leistungen des Arbeitnehmers beweisen. Will der Arbeitnehmer eine Aufbesserung seiner Zeugnisnote auf "gut" oder "sehr gut", muss er überdurchschnittliche Leistungen beweisen.
Von dieser Beweislastverteilung sind vor kurzem das Arbeitsgericht Berlin (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 13/056 Arbeitszeugnis - Beweislast beim Streit um die Note) und das LAG Berlin-Brandenburg abgewichen (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/160 Note im Arbeitszeugnis: Was ist Durchschnitt?). Ihrer Ansicht zufolge ist eine Zeugnisnote "gut" heutzutage der Normalfall, so dass Arbeitnehmer ohne weitere Darlegungen zu ihren Leistungen ein Zeugnis mit der Note "gut" verlangen können ("stets zu unserer vollen Zufriedenheit" oder "zu unserer vollsten Zufriedenheit").
Da das LAG Niedersachsen dieser Ansicht nicht folgt, kam es zu folgendem Ergebnis:
"Die Aufwertung des Zeugnisses um eine Notenstufe lässt sich keinesfalls als völlig wertlose Gegenleistung qualifizieren, die den offensichtlich durchschaubaren Versuch einer Umgehung der BAG-Rechtsprechung darstellt."
Fazit: Ob ein Zeugnis mit der Note "gut" bereits eine ausreichende Gegenleistung für einen Klageverzicht per Abwicklungsvertrag ist oder nicht, hängt davon ab, ob man Arbeitnehmern bereits im Regelfall einen Anspruch auf die Note "gut" zugesteht oder nicht. Diese Frage ist derzeit in der Diskussion, so dass das LAG Niedersachsen die Revision zum BAG zugelassen hat.
Im übrigen können Arbeitnehmer Aufhebungsverträge nur in extrem seltenen Ausnahmefällen durch eine Anfechtung wieder aus der Welt schaffen, und das gilt auch für Abwicklungsverträge. Und da bereits sehr geringfügige Zugeständnisse des Arbeitgebers dafür genügen, dass ein Klageverzicht nicht wegen "unangemessener Benachteiligung" unwirksam ist, kann eine vorschnelle Unterschrift große Nachteile für den Arbeitnehmer mit sich bringen.
Vor der Unterzeichnung solcher Verträge sollten sich Arbeitnehmer daher immer einige Tage Bedenkzeit ausbitten und sich in der Zwischenzeit anwaltlich beraten lassen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 27.03.2014 5 Sa 1099/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.06.2011, 9 AZR 203/10
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.09.2007, 2 AZR 722/06
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.03.2013, 18 Sa 2133/12
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 26.10.2012, 28 Ca 18230/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausgleichsklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Abwicklungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag und Anfechtung, Widerruf
- Handbuch Arbeitsrecht: Gebot fairen Verhandelns
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Zeugnis
- Mustervertrag „Aufhebungsvertrag nach Kündigung (Abwicklungsvertrag)“
- Tipps und Tricks: Was tun bei Kündigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 17/149 Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung gemäß § 1a KSchG
- Arbeitsrecht aktuell: 15/020 Klageverzicht in AGB-Klausel des Arbeitgebers
- Arbeitsrecht aktuell: 14/160 Note im Arbeitszeugnis: Was ist Durchschnitt?
- Arbeitsrecht aktuell: 13/056 Arbeitszeugnis - Beweislast beim Streit um die Note
- Arbeitsrecht aktuell: 12/005 Aufhebungsvertrag ohne Abfindung, aber mit Ausgleichsklausel?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/229 Schuldanerkenntnis eines Arbeitnehmers nur ausnahmsweise unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 07/44 Bei Kündigung kein Klageverzicht ohne Gegenleistung
Letzte Überarbeitung: 1. Juli 2019
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