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Arbeitszeugnis - Beweislast beim Streit um die Note
08.03.2013. Wer als Arbeitnehmer mit seiner Zeugnisnote nicht einverstanden ist, kann vor Gericht ziehen und den (Ex-)Arbeitgeber darauf verklagen, die Zeugnisnote zu verbessern, z.B. von der Note "befriedigend" auf die Note "gut" oder "sehr gut".
Wie immer bei Gerichtsprozessen kommt es auch bei einer Zeugnisberichtigungsklage darauf an, wer für welche Umstände die Beweislast trägt. Und bei Klagen auf Zeugnisberichtigung gehen die Arbeitsgerichte seit vielen Jahren davon aus, dass der Arbeitnehmer seine überdurchschnittlichen Leistungen beweisen muss, will er vor Gericht ein überdurchschnittliches Zeugnis durchboxen.
Von dieser Linie ist das Arbeitsgericht Berlin in einer aktuellen Entscheidung zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 26.10.2012, 28 Ca 18230/11.
- Was ist die richtige Note für ein Arbeitszeugnis, "befriedigend" oder "gut", und muss was beweisen?
- Der Streitfall: Arzthelferin möchte ein Zeugnis mit der Note "gut"
- Arbeitsgericht Berlin: Klagt der Arbeitnehmer auf ein Zeugnis mit der Note "gut", muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer schlechtere Leistungen erbracht hat
Was ist die richtige Note für ein Arbeitszeugnis, "befriedigend" oder "gut", und muss was beweisen?
Gemäß § 109 Abs.1 Gewerbeordnung (GewO) hat der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis.
Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann aber auch verlangen (und das tun praktisch alle Arbeitnehmer), dass sich die Angaben auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken. Dann spricht man von einem qualifizierten Zeugnis.
Streiten Arbeitgeber und Arbeitnehmer über ein Arbeitszeugnis, geht es in aller Regel um ein qualifiziertes Zeugnis. Und weil der Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch auf ein solches Zeugnis hat, könnte er sich eigentlich bei einem Gerichtsprozess um die Zeugnisnote zurücklehnen und den Arbeitgeber beweisen lassen, dass ein Zeugnis mit einer schlechteren Note als "sehr gut" korrekt ist.
Denn andernfalls hätte der Arbeitgeber den Zeugnisanspruch ja nicht ordnungsgemäß erfüllt. Und nur dann könnte er vor Gericht einwenden, dass er mit dem von ihm erteilten Zeugnis, das z.B. der Note "befriedigend" oder "gut" entspricht, den Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat.
So läuft es aber vor Gericht nicht. Denn die Arbeitsgerichte verteilen die Darlegungs- und Beweislast bei Klagen auf Zeugnisberichtigung abweichend von den allgemeinen Grundsätzen in folgender Weise:
Erteilt der Arbeitgeber ein unterdurchschnittliches Zeugnis, d.h. ein Zeugnis mit der Note "ausreichend" oder "mangelhaft", muss er darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittliche Leistungen erbracht hat. Will der Arbeitnehmer dagegen ein Zeugnis mit der Note "gut" oder gar "sehr gut", muss er darlegen und beweisen, dass er überdurchschnittliche Leistungen gezeigt hat.
Praktisch gesehen läuft das darauf hinaus, dass der Arbeitgeber auf der sicheren Seite ist, wenn er ein Zeugnis mit der Note "befriedigend" ausstellt, wenn er dem Arbeitgeber also bescheinigt, dass er "stets zu unserer Zufriedenheit" oder "zu unserer vollen Zufriedenheit" gearbeitet hat. Denn dann muss sich der Arbeitnehmer vor Gericht abstrampeln und das Gericht von seinen überdurchschnittlichen Leistungen überzeugen. Und das ist sehr schwer.
Der Streitfall: Arzthelferin möchte ein Zeugnis mit der Note "gut"
In dem vom Arbeitsgericht Berlin ging es um eine Arzthelferin, die nach Beendigung ihrer Tätigkeit ein Zeugnis mit der zusammenfassenden Bewertung ihrer Leistungen "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" verlangte.
Der Arbeitgeber war dazu freiwillig nicht bereit, sondern hielt daran fest, dass das von ihm erteilte Zeugnis richtig sei. In diesem hatte er die Leistungen der Arzthelferin mit einer mittelmäßigen Note bewertet ("zu unserer vollen Zufriedenheit").
Arbeitsgericht Berlin: Klagt der Arbeitnehmer auf ein Zeugnis mit der Note "gut", muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer schlechtere Leistungen erbracht hat
Das Arbeitsgericht gab der Arzthelferin recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Berichtigung des Zeugnisses.
Dabei berief es sich auf einen Aufsatz, den der ehemalige Vorsitzende des neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) Prof. Düwell Ende 2011 zusammen mit dem Koautor Dahl in der Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) veröffentlicht hatte. In diesem Aufsatz wird eine empirische Studie von Wissenschaftlern der Universität Nürnberg-Erlangen vom Mai 2011 besprochen. Die Autoren der Studie haben 802 Arbeitszeugnisse untersucht und kamen zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass die guten oder sehr guten Noten deutlich in der Mehrzahl waren.
Soll heißen: Die Note "befriedigend" befindet sich zwar auf der Notenskala von gut bis mangelhaft genau in der Mitte, aber der faktische Notendurchschnitt liegt darüber. Genauer gesagt enthalten 86,6 Prozent der untersuchten Zeugnisse ein Leistungsbewertung, die der Note "gut" oder "sehr gut" entspricht.
Daraus wiederum leitete das Arbeitsgericht Berlin folgenden allgemeinen Grundsatz ab (Leitsatz 2):
"Angesichts aktueller empirischer Erkenntnisse, wonach mittlerweile in 86,6 v. H. der erteilten Arbeitszeugnisse "gute" oder bessere Leistungen bescheinigt werden (s. dazu Düwell/Dahl, NZA 2011, 958), kann dem Arbeitnehmer nicht länger der Nachweis dafür auferlegt werden, er sei in die Gruppe der schwächsten 13,4 v. H. aller Beschäftigten zu Unrecht eingereiht worden."
Ob das Urteil richtig ist, darüber kann man streiten. Denn letztlich würde es darauf hinauslaufen, dass sich jeder Arbeitnehmer vor Gericht ohne großen Aufwand eine Aufbesserung seines Zeugnisses auf die Note "gut" erstreiten könnte. Wer sich dagegen mit einem Arbeitszeugnis abfinden würde, das ihm eine "befriedigende" Leistung bescheinigt, wäre künftig der Dumme. Denn eine so "schlechte" Note müsste man sich nur aus triftigen Gründen, d.h. bei unterdurchschnittlicher Leistung gefallen lassen.
Das wiederum würde aus einer befriedigenden Note ("stets zu unserer Zufriedenheit" oder "zu unserer vollen Zufriedenheit") rechtlich gesehen eine unterdurchschnittliche Note machen, d.h. das Notenspektrum würde sich bei Arbeitszeugnissen auf die Noten "sehr gut" (= überdurchschnittlich), "gut" (= mittelmäßig") und "befriedigend" (= schlecht bzw. unterdurchschnittlich) verengen.
Dadurch würde die "Inflation der Zeugnisnoten" weiter angeheizt. Voraussichtlich würde sich dann in einigen Jahren erneut die Frage stellen, ob man es sich gefallen lassen muss, mit der Note "gut" abgespeist zu werden.
Fazit: Über das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin kann man zwar streiten, doch kann man ihm immerhin zugute halten, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, dass Arbeitnehmer derzeit nur geringe Chancen haben, eine dem tatsächlichen Notendurchschnitt (= Note "gut") entsprechende Bewertung ihrer Leistungen vor Gericht durchzusetzen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 26.10.2012, 28 Ca 18230/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Zeugnis
- Arbeitsrecht aktuell: 20/052 Anspruch auf eine verkehrsübliche Schlussformel im qualifizierten Arbeitszeugnis
- Arbeitsrecht aktuell: 14/383 Zeugnisnote "zur vollen Zufriedenheit" bleibt Durchschnitt
- Arbeitsrecht aktuell: 14/169 Verzicht auf Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 14/160 Note im Arbeitszeugnis: Was ist Durchschnitt?
- Arbeitsrecht aktuell: 13/111 Zeugnis einklagen - aber wann?
- Arbeitsrecht aktuell: 12/380 Kein Anspruch auf Zeugnis mit Dankesformel
- Arbeitsrecht aktuell: 11/150 Arbeitszeugnis - Übergabe: Beweislast für Übergabe des Zeugnisses
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg über den Fall entschieden und sich der Meinung des Arbeitsgerichts Berlin angeschlossen. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreites war auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit dem Fall befasst und hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg und des Arbeitsgerichts Berlin aufhoben. Nach dem Urteil des BAG ist die durchschnittliche Zeugnisnote rechtlich weiterhin die Note befriedigend. Informationen zu den Urteilen des LAG Berlin-Brandenburg und des BAG finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.03.2013, 18 Sa 2133/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.11.2014, 9 AZR 584/13
- Arbeitsrecht aktuell: 14/383 Zeugnisnote "zur vollen Zufriedenheit" bleibt Durchschnitt
- Arbeitsrecht aktuell: 14/160 Note im Arbeitszeugnis: Was ist Durchschnitt?
Letzte Überarbeitung: 18. April 2020
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