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ARBEITSRECHT AKTUELL // 12/005

Auf­he­bungs­ver­trag oh­ne Ab­fin­dung, aber mit Aus­gleichs­klau­sel?

Ent­hält ein Auf­he­bungs­ver­trag ei­ne Aus­gleichs­klau­sel oh­ne Ge­gen­leis­tung, ist die Klau­sel un­wirk­sam: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 21.06.2011, 9 AZR 203/10
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05.01.2012. Ein Auf­he­bungs­ver­trag ist ei­ne ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung zwi­schen ei­nem Ar­beit­neh­mer und ei­nem Ar­beit­ge­ber, die das Ar­beits­ver­hält­nis im ge­gen­sei­ti­gen Ein­ver­neh­men zu ei­nem be­stimm­ten Zeit­punkt auf­löst.

Für Ar­beit­neh­mer kann ein Auf­he­bungs­ver­trag in­ter­es­sant sein, weil Ar­beit­ge­ber im Ge­gen­zug zu der von ih­nen ge­wünsch­ten ra­schen und rechts­si­che­ren Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses oft ei­ne Ab­fin­dung zah­len. Ein Auf­he­bungs­ver­trag hat für Ar­beit­neh­mer aber auch sei­ne Tü­cken, vor al­lem, wenn er ei­ne um­fas­sen­de Aus­gleichs­klau­sel ent­hält, die al­le An­sprü­che des Ar­beit­neh­mers er­lö­schen lässt.

Geht die­ser An­spruchs­aus­schluss zu weit, kommt der Ar­beit­neh­mer mög­li­cher­wei­se das Recht der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) zu Hil­fe, wie ei­ne ak­tu­el­le Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) zeigt (BAG, Ur­teil vom 21.06.2011, 9 AZR 203/10).

Auf­he­bungs­ver­trag mit Ab­fin­dung und Aus­gleichs­klau­sel

Ar­beits­recht­li­che Verträge wer­den prak­tisch im­mer vom Ar­beit­ge­ber vor­for­mu­liert und dem Ar­beit­neh­mer vor­ge­legt, der nur die Wahl zwi­schen Un­ter­schrift oder Ab­leh­nung hat. Um den Ar­beit­neh­mer vor ei­ner Über­vor­tei­lung durch all­zu trick­rei­che Ver­trags­klau­seln zu schützen, sieht das AGB-Recht ei­ne recht­li­che Kon­trol­le ar­beit­ge­ber­sei­tig aus­ge­ar­bei­te­ter Ver­trags­klau­seln vor (§§ 305 - 310 Bürger­li­ches Ge­setz­buch - BGB).

Auch ein Auf­he­bungs­ver­trag muss sich ei­ne Kon­trol­le auf Verständ­lich­keit und An­ge­mes­sen­heit ge­fal­len las­sen. Fragwürdig sind vor al­lem Aus­gleichs­klau­seln, die be­sa­gen, dass mit dem Auf­he­bungs­ver­trag al­le ge­gen­sei­ti­gen Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis er­le­digt sein sol­len. Hier­in kann ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers im Sin­ne von 307 Abs.1 BGB lie­gen, wenn letzt­lich nur sei­ne Ansprüche "ab­gesäbelt" wer­den, nicht aber die des Ar­beit­ge­bers. Zu die­sem Er­geb­nis kam das BAG bei ei­ner oft ver­wen­de­ten Klau­sel­va­ri­an­te.

BAG: Kei­ne De­cke­lung von Ab­fin­dun­gen durch Aus­gleichs­klau­seln, die nur den Ar­beit­neh­mer be­las­ten

Ein Ar­beit­neh­mer, der seit 20 Jah­ren un­be­fris­tet beschäftigt war war, ver­ein­bar­te ei­ne Al­ters­teil­zeit. Im Al­ters­teil­zeit­ver­trag war das vor­zei­ti­ge En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses und außer­dem - un­ter der Über­schrift "Ab­fin­dung" - ei­ne klei­ne Ab­fin­dung von 2.168,00 EUR auf Grund­la­ge ei­ner ta­rif­li­chen Zah­lungs­ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers ge­re­gelt. Im An­schluss dar­an hieß es:

„Darüber hin­aus­ge­hen­de Ab­fin­dungs- oder Aus­gleichs­ansprüche im Zu­sam­men­hang mit der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses, gleich aus wel­chem Rechts­grund, be­ste­hen nicht".

Mit Be­en­di­gung der Al­ters­teil­zeit und des Ar­beits­verhält­nis­ses ver­lang­te der Ar­beit­neh­mer aus be­trieb­li­cher Übung ei­ne Aus­gleichs­zah­lung von 9.203,00 EUR (d.h. um­ge­rech­ne­te 18.000,00 DM), die der Ar­beit­ge­ber in ver­gleich­ba­ren Fällen seit vie­len Jah­ren al­len aus­schei­den­den Ar­beit­neh­mern nach ei­ner länge­ren Be­triebs­zu­gehörig­keit gewähr­te. Der Ar­beit­ge­ber lehn­te die Zah­lung ab und be­rief sich auf die Aus­gleichs­klau­sel im Auf­he­bungs­ver­trag.

Der Ar­beit­neh­mer hat­te vor dem Ar­beits­ge­richt Augs­burg Er­folg, un­ter­lag aber vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) München. Das BAG wie­der­um ent­schied wie das Ar­beits­ge­richt und gab dem Ar­beit­neh­mer Recht. Zur Be­gründung heißt es im BAG-Ur­teil:

In ei­nem Auf­he­bungs­ver­trag ent­hal­te­ne Aus­gleichs­klau­seln sind kei­ne Haupt­ab­re­den, son­dern Ne­ben­ab­re­den und sind da­her auf ih­re in­halt­li­che An­ge­mes­sen­heit hin zu über­prüfen. Er­fas­sen sie ein­sei­tig nur Ansprüche des Ar­beit­neh­mers und gewähren ihm kei­ne Ge­gen­leis­tung, sind sie un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gend (§ 307 Abs.1 Satz 1 BGB) und da­her un­wirk­sam.

Die Ein­sei­tig­keit der Aus­gleichs­klau­sel folg­te für das BAG dar­aus, dass die Klau­sel nur auf Ab­fin­dungs­ansprüche be­zo­gen war und da­mit nur für po­ten­ti­el­le Ansprüche des Ar­beit­neh­mers, d.h. Ar­beit­ge­beransprüche wa­ren von der Klau­sel nicht be­trof­fen. Die auf ta­rif­li­cher Grund­la­ge gewähr­te Ab­fin­dung von 2.168,00 EUR war kei­ne Ge­gen­leis­tung für die Aus­gleichs­klau­sel, denn die Ab­fin­dung wur­de für das En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses und nicht für den Ver­zicht auf an­de­re Zah­lungs­ansprüche gewährt.

Fa­zit: Aus­gleichs­klau­seln, die in ei­nem Auf­he­bungs­ver­trag ent­hal­ten sind, müssen aus­ge­wo­gen sein und da­her bei­de Ver­trags­par­tei­en be­las­ten bzw. ent­las­ten.

Aber auch für bei­de Par­tei­en gel­ten­de Aus­gleichs­klau­seln tref­fen fak­tisch meist nur die Ansprüche des Ar­beit­neh­mers und be­las­ten da­her fak­tisch nur die­sen. Doch ist die­se ein­sei­ti­ge Wir­kung von Aus­gleichs­klau­seln in Ord­nung, so­lan­ge der Auf­he­bungs­ver­trag ins­ge­samt auch güns­ti­ge Re­ge­lun­gen für den Ar­beit­neh­mer enthält. 

Und für Kla­ge­ver­zichts­erklärun­gen gilt: Spricht der Ar­beit­ge­ber ei­ne Kündi­gung aus und lässt sich in ei­nem Ab­wick­lungs­ver­trag ei­nen vor­for­mu­lier­ten Kla­ge­ver­zicht oh­ne Ab­fin­dung oder an­de­re Ge­gen­leis­tung un­ter­zeich­nen, ist der Kla­ge­ver­zicht un­wirk­sam und ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge wei­ter­hin möglich.

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Letzte Überarbeitung: 1. Juli 2019

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