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Abfindung und Elternzeit
05.04.2014. Während einer Elternzeit haben Arbeitnehmer das Recht, bei ihrem Arbeitgeber in einem Teilzeitumfang von bis zu 30 Stunden wöchentlich zu arbeiten.
Wer vor der Elternzeit vollzeitig gearbeitet hat, erhält daher während der Teilzeit in der Elternzeit ein geringeres Gehalt als zuvor. Kommt es dann zur Entlassung und zahlt der Arbeitgeber eine Abfindung, wird er diese entsprechend den üblichen Abfindungs-Berechnungsformeln auf Basis des Teilzeitgehalts berechnen.
Eine solche Teilzeit-Abfindung für Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen, verstößt aber gegen das Europarecht, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer aktuellen Entscheidung bekräftigt hat: EuGH, Urteil vom 27.02.2014, C-588/12 (Lyreco Belgium).
- Entlassung während einer Teilzeit in der Elternzeit - wie ist die Abfindung zu berechnen?
- Sophie Rogiers gg. Lyreco Belgium NV: Wie berechnet sich die pauschale Sechsmonats-Abfindung für unberechtigte Entlassungen während einer Elternzeit?
- Gerichtshof: Gesetzliche Abfindungen für unberechtigte Kündigungen während einer Elternzeit dürfen nicht auf Basis des gekürzten Gehaltes berechnet werden
Entlassung während einer Teilzeit in der Elternzeit - wie ist die Abfindung zu berechnen?
Obwohl Arbeitnehmer während einer Elternzeit gemäß § 18 Abs.1 Satz Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) vor Kündigungen ziemlich sicher sind, kann dieser gesetzliche Sonderkündigungsschutz in Ausnahmefällen durch eine behördliche Genehmigung ausgehebelt werden. So etwas kommt z.B. bei Betriebsstillegungen vor.
Sollen die betriebsbedingt entlassenen Elternzeit-Arbeitnehmer dann gemäß einem Sozialplan eine Abfindung erhalten, fragt sich, ob bei der Abfindungsberechnung das zuletzt bezogene (geringere) Gehalt auf Basis der Teilzeit in der Elternzeit maßgeblich ist oder aber das (höhere) Gehalt, das die Betroffenen zuletzt vor ihrer Elternzeit erhalten haben.
Bei einem "normalen" Wechsel von Vollzeit in Teilzeit steht das Bundesarbeitsgericht (BAG) auf dem Standpunkt, dass es auf das zuletzt bezogene Teilzeitgehalt ankommt. Denn eine Abfindung soll den künftigen Einkommensverlust abmildern, und dieser Verlust in nun einmal ab dem Zeitpunkt geringer, in dem sich der Arbeitnehmer auf eine (dauerhafte) Teilzeit eingelassen hat (BAG, Urteil vom 22.09.2009, 1 AZR 316/08, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 09/237 Berechnung einer Abfindung nach Sozialplan).
Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Teilzeitbeschäftigung während einer Elternzeit, könnte man auch hier der Meinung sein, es komme bei einer Abfindung auf die konkret bevorstehenden Lohneinbußen an - und damit auf das Teilzeitgehalt.
Dagegen spricht allerdings möglicherweise die Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 03. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub (Richtlinie 96/34/EG). Denn die Richtlinie 96/34/EG bzw. die mit ihr zur EU-Richtlinie erhobene "Rahmenvereinbarung über Elternurlaub" schreibt den Erhalt von Rechten zugunsten der Elternzeit-Arbeitnehmer vor. Konkret heißt es in § 2 Ziffer 6 Satz 1 der Rahmenvereinbarung:
"Die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bleiben bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen."
Und da die Richtlinie außerdem das Ziel verfolgt, dass Arbeitnehmer frei von beruflichen und finanziellen Nachteilen Elternzeit in Anspruch nehmen können, könnte eine finanziell ungünstige Abfindungsberechnung eine abschreckende Wirkung haben. Außerdem könnte darin eine mittelbare Diskriminierung von Frauen liegen, da sich Frauen öfter als Männer für eine Teilzeit (in der Elternzeit) entscheiden.
Sophie Rogiers gg. Lyreco Belgium NV: Wie berechnet sich die pauschale Sechsmonats-Abfindung für unberechtigte Entlassungen während einer Elternzeit?
Im Streitfall geht es um die belgische Arbeitnehmerin Sophie Rogiers, die bei Lyreco Belgium arbeitete und von Januar bis April 2009 Mutterschutz in Anspruch nahm. Ab dem 27.04.2009 sollte Frau Rogiers ihre Arbeit auf Teilzeitbasis im Rahmen eines Elternurlaubs wieder aufnehmen, der ihr für vier Monate gewährt worden war.
Gleich am ersten Tag der geplanten Teilzeitarbeit während der Elternzeit erhielt Frau Rogiers die Kündigung, die das Arbeitsverhältnis zu Ende August 2009 beendete. Wie sich in dem daraufhin von Frau Rogiers angestrengten arbeitsgerichtlichen Verfahren herausstellte, war diese Kündigung nicht gerechtfertigt.
Für solche Fälle sieht das Belgische Recht zwei finanzielle Entschädigungen vor: Zum einen muss der Arbeitgeber einen Ersatz in Höhe der Kündigungsfristen zahlen, die er dem Arbeitnehmer durch seine nicht gerechtfertigte (vorfristige) Kündigung genommen hat. Und darüber hinaus muss der Arbeitgeber in dem speziellen Fall, dass er einen Elternzeit-Arbeitnehmer unberechtigt kündigt, eine pauschale Schutzentschädigung in Höhe von sechs Monatsgehältern zahlen.
Bei der Berechnung der allgemeinen Entlassungsentschädigung kommt es nach belgischem Recht auf das Gehalt des Elternzeit-Arbeitnehmers vor seiner Teilzeit in der Elternzeit an. Diese Gesetzesfassung verdankt sich einer EuGH-Entscheidung aus dem Jahre 2009, mit der sich der Gerichtshof schon einmal mit dem belgischem Abfindungsrecht befassen musste und dabei klargestellt hatte, dass es bei der auf die Kündigungsfristen bezogenen Entlassungsentschädigung auf das (Vollzeit-)Gehalt des Elternzeitlers vor Beginn seiner Elternzeit ankommt (EuGH, Urteil vom 22.10.2009, C-116/08 - Christel Meerts).
Fraglich und vom EuGH bisher noch nicht ausdrücklich entschieden ist die Frage, wie sich die pauschale Schutzentschädigung von sechs Monatsgehältern berechnet, d.h. ob es hier auf das Teilzeitgehalt des gekündigten Elternzeitlers ankommt oder auf sein zuvor bezogenes Vollzeitgehalt.
Das mit dem Fall befasste Arbeitsgericht Antwerpen (Arbeidsrechtbank te Antwerpen) hielt die Kündigung für nicht gerechtfertigt und verurteilte Lyreco zu einer pauschalen Entschädigung von sechs Gehältern, allerdings auf der Basis des Teilzeitgehalts. Dagegen legte Lyreco Berufung ein und Frau Rogiers Anschlusberufung mit dem Ziel einer höheren Entschädigung. Das Berufungsgericht (Arbeidshof te Antwerpen) würde Frau Rogiers die Entschädigung von sechs Monatsgehältern auf der Grundlage des ursprünglichen Vollzeitgehaltes zusprechen, wollte aber erst vom EuGH wissen, ob die Richtlinie 96/34/EG das vorschreibt.
Gerichtshof: Gesetzliche Abfindungen für unberechtigte Kündigungen während einer Elternzeit dürfen nicht auf Basis des gekürzten Gehaltes berechnet werden
Wie nicht anders zu erwarten war, entschied der EuGH, dass Abfindungen von der Art der hier strittigen pauschalen Schutzentschädigung auf der Grundlage des Gehalts zu berechnen sind, das der in Teilzeit arbeitende Elternzeit-Arbeitnehmer zuvor, d.h. vor seiner Elternzeit, bezogen hat.
Zur Begründung verweist der Gerichtshof mehrfach auf sein Urteil vom 22.10.2009 (C-116/08 - Christel Meerts) und hebt dabei zwei Überlegungen besonders hervor:
Erstens soll die belgische Schutzentschädigung Arbeitgeber vor der unberechtigten Entlassung von Elternzeit-Arbeitnehmern schützen und setzt damit den Schutzauftrag der Richtlinie um (§ 2 Ziffer 4 der Rahmenvereinbarung). Daher muss die Sechsmonats-Abfindung auf Basis des vollen Gehalts berechnet werden, um Arbeitgeber vor unberechtigten Entlassungen ausreichend abzuschrecken.
Zweitens verweist der EuGH auf den in § 2 Ziffer 6 Satz 1 der Rahmenvereinbarung vorgeschriebenen Erhalt von Rechten. Hierzu gehört auch, so der EuGH, die Anwartschaft auf eine Entschädigung auf Basis des vollen Gehalts:
"Denn diese Entschädigung, deren Höhe sich nach dem arbeitsvertraglichen Gehalt richtet und die diesen Arbeitnehmer gegen eine Entlassung schützen soll, die auf einem Antrag auf Elternurlaub oder auf der Inanspruchnahme des Elternurlaubs beruht, wird dem Arbeitnehmer aufgrund der Stelle gezahlt, die er innegehabt hatte und weiter innegehabt hätte, wäre er nicht rechtswidrig entlassen worden (...)."
Fazit: Arbeitnehmer, die sich für eine Teilzeit in der Elternzeit entscheiden und die während der Elternzeit entlassen werden und eine Abfindung erhalten, können verlangen, dass ihre Abfindung auf der Grundlage des Gehalts berechnet wird, das sie vor Beginn der Teilzeit erhalten haben.
Allerdings ist dieser Grundsatz nicht ohne weiteres auf den öfter vorkommenden Fall zu übertragen, dass man sich außerhalb einer Elternzeit auf der Grundlage von § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) dafür entschieden hat, in Teilzeit zu arbeiten. Kommt es dann zu einer Kündigungswelle mit Abfindungen gemäß einem Sozialplan, kann der Sozialplan nach der Rechtsprechung des BAG festlegen, dass es auf das zuletzt bezogene Teilzeitgehalt ankommt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27.02.2014, C-588/12 (Lyreco Belgium)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 22.10.2009, C-116/08 (Christel Meerts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.09.2009, 1 AZR 316/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindungshöhe, Berechnung und Höhe der Abfindung
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- Handbuch Arbeitsrecht: Elternzeit, Elterngeld
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- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Handbuch Arbeitsrecht: Teilzeitbeschäftigung (Teilzeitarbeit, Teilzeit)
- Arbeitsrecht aktuell: 20/101 Maßnahmen zum Elterngeld in der Corona Zeit
- Arbeitsrecht aktuell: 19/107 Ablehnung einer Elternteilzeit
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- Arbeitsrecht aktuell: 09/237 Berechnung einer Abfindung nach Sozialplan
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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