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Elternurlaub in Griechenland
30.10.2015. Elternurlaub ist ein soziales Grundrecht in der Europäischen Union (EU) und heißt in Deutschland Elternzeit.
Diese rechtlich abgesicherte Auszeit soll es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglichen, sich um die Betreuung ihrer Kinder zu kümmern, ohne dafür ihren Job aufs Spiel setzen zu müssen.
In einer aktuellen Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) deutlich gemacht, dass Väter beim Elternurlaub nicht schlechter gestellt werden dürfen als Mütter und dass der Elternurlaub nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass der andere Elternteil erwerbstätig ist: EuGH, Urteil vom 16.07.2015, C-222/14 (Maistrellis).
- Kann der Anspruch auf Elternzeit davon abhängig gemacht werden, dass der andere Elternteil arbeitet?
- Der Fall Konstantinos Maistrellis: Griechischer Richter scheitert zweimal mit einem Elternzeitantrag
- Europäischer Gerichtshof: Der Elternurlaub griechischer Väter, die Beamte oder Richter sind, darf nicht davon abhängen, dass ihre Frauen nicht arbeiten
Kann der Anspruch auf Elternzeit davon abhängig gemacht werden, dass der andere Elternteil arbeitet?
Im Dezember 1995 einigten sich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände (UNICE, CEEP und EGB) auf europäischer Ebene über einige wichtige Grundsätze zum Thema Elternurlaub. Diese "Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub" vom 14.12.1995 setzte der Europäische Rat am 03.06.1996 in Form der Richtlinie 96/34/EG in europäisches Recht um. Der wesentliche Inhalt der Richtlinie 96/34/EG besteht daher in ihrem Anhang zu Art.3, der die o.g. Rahmenvereinbarung wiedergibt.
Die Rahmenvereinbarung bzw. die Richtlinie schreibt den EU-Mitgliedsstaaten vor, dass erwerbstätige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Geburt oder Adoption eines Kindes das Recht auf einen Elternurlaub haben müssen. Der Elternurlaub muss mindestens drei Monate betragen und dient dazu, dass sich die beurlaubten Eltern um ihr Kind kümmern können.
Deutschland hat diese Vorgaben mit den gesetzlichen Regelungen zur Elternzeit umgesetzt, d.h. mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Fraglich ist, ob der Elternzeitanspruch als soziales Recht eher auf die Eltern als Gemeinschaft von Mutter und Vater bezogen ist oder strikt individuell jedem Elternteil für sich zusteht. Für die erste Lesart der Rahmenvereinbarung spricht möglicherweise deren § 1 Nr.1, denn hier wird das Ziel der Rahmenvereinbarung damit umschrieben, die "Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erwerbstätiger Eltern zu erleichtern".
Folgt man diesem Gedanken, liegt es nahe, den Anspruch auf Elternzeit von der beruflichen Gesamtsituation beider Elternteile abhängig zu machen und damit letztlich davon, dass beide Elternteile arbeiten. Denn wenn nur einer arbeitet, kann sich ja der andere um die Kinder kümmern.
In einem aktuellen Urteil hat sich der EuGH zu der Frage geäußert, ob es zulässig ist, die Vorgaben der Elternzeitrichtlinie in dieser Weise zu verstehen.
Der Fall Konstantinos Maistrellis: Griechischer Richter scheitert zweimal mit einem Elternzeitantrag
Ende 2010 beantragte ein griechischer Richter, Herr Maistrellis, beim Justizministerium neun Monate bezahlte Elternzeit für die Betreuung seines kurz zuvor geborenen Kindes. Das Ministerium lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Elternzeitanspruch nur Frauen bzw. Müttern zustünde.
Daraufhin zog Herr Maistrellis vor Gericht und bekam dort zunächst einmal Recht: Im Sommer 2011 entschied der Staatsrat (Symvoulio tis Epikrateias), dass die einschlägigen griechischen Rechtsvorschriften, wenn man bei ihrer Auslegung die Richtlinie 96/34 beachtet, nicht nur Richterinnen bzw. Müttern, sondern auch Richtern bzw. Vätern einen Elternzeitanspruch gewähren.
Kurz darauf kam die zweite kalte Dusche: Das Justizministerium lehnte den Elternzeitantrag erneut ab, diesmal mit der Begründung, dass ein Elternzeitanspruch durch eine spezielle beamtenrechtliche Vorschrift ausgeschlossen sei (Art.53 Abs.3 Unterabs.3 griechisches Beamtengesetz).
Dieser Vorschrift zufolge können verheiratete männliche Beamte (bzw. Richter) keine Elternzeit verlangen, wenn ihre Frauen nicht erwerbs- oder berufstätig sind. Der Sinn dieser Regelung ist klar: Bleiben die Beamten- bzw. Richterfrauen zu Hause, können sie ja die Kleinkinder betreuen. Und da Herr Maistrellis verheiratet war und seine Frau nicht arbeitete, hielt sich das Ministerium für berechtigt, die Elternzeit abzulehnen.
Der Fall landete erneut beim Staatsrat, der dem EuGH die Frage vorlegte, ob Regelungen wie Art.53 Abs.3 Unterabs.3 des griechischen Beamtengesetzes mit dem Europarecht vereinbar sind.
Europäischer Gerichtshof: Der Elternurlaub griechischer Väter, die Beamte oder Richter sind, darf nicht davon abhängen, dass ihre Frauen nicht arbeiten
Der EuGH stellt klar, dass solche Regelungen wie die hier streitigen Vorschriften des griechischen Beamtenrechts europarechtswidrig sind. Und das gleich aus drei Gründen:
Erstens sieht § 2 Nr.1 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub vor, dass erwerbstätige Männer und Frauen "ein individuelles Recht auf Elternurlaub" haben. Da dieses Recht beiden Eltern gleichermaßen zusteht, darf es nicht davon abhängig gemacht werden, ob der jeweils andere Elternteil erwerbstätig ist oder nicht.
Zweitens ist der Anspruch auf Elternurlaub gemäß Art.33 Abs.2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ein Grundrecht, das allen Personen nach der Geburt oder Adoption eines Kindes zusteht (Urteil, Randnummer 39). Auch mit diesem Grundrecht wäre es nicht vereinbar, seine Ausübung unter den Vorbehalt zu stellen, dass der andere Elternteil nicht arbeitet.
Drittens liegt hier auch eine unmittelbare geschlechtsbedingte Diskriminierung männlicher griechischer Beamter vor, so der Gerichtshof, und damit ein Verstoß gegen Art.14 Abs.1 Buchstabe c) der Richtlinie 2006/54/EG in Verbindung mit deren Art.2 Abs.1 Buchstabe a) (Urteil, Randnummer 52). Denn nach griechischem Recht haben Mütter, die Beamtinnen sind, stets einen Anspruch auf Elternurlaub, während Väter, die die gleiche Stellung haben, Elternurlaub nur beanspruchen können, wenn die Kindesmutter erwerbstätig ist oder eine Berufstätigkeit ausübt. Für Männer, die Beamte sind, reicht die Elternschaft also allein nicht aus für den Anspruch auf Elternurlaub, wohl aber für Beamtinnen (Urteil, Randnummer 49).
Fazit: Der EuGH betont zurecht, dass es rechtlich keinen Unterschied machen darf, ob Mütter oder Väter Elternurlaub in Anspruch nehmen wollen und ob der jeweils andere Elternteil arbeitet oder nicht. Daher fällt die Kritik an den griechischen Regelungen auch ungewöhnlich scharf aus.
Eine Regelung wie der im Vorlagefall streitige griechische Beamtenrechtsartikel ist, so der EuGH, "weit davon entfernt [...], die volle Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben zu gewährleisten" und führt "eher zu einer Verfestigung der herkömmlichen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, indem den Männern weiterhin eine im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer Elternschaft subsidiäre Rolle gegenüber den Frauen zugewiesen wird" (Urteil, Randnummer 50).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 16.07.2015, C-222/14 (Maistrellis)
- Europäischer Gerichtshof, Die griechischen Rechtsvorschriften, nach denen Beamten, deren Ehefrauen nicht arbeiten, ein Elternurlaub versagt wird, verstoßen gegen Unionsrecht, Pressemitteilung Nr. 89/15 vom 16.07.2015
- Schlussanträge der Generalanwältin Juliane Kokott, vom 16.04.2015, Rechtssache C-222/14 (Maistrellis)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27.02.2014, C-588/12 (Lyreco Belgium)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 22.10.2009, C-116/08 (Christel Meerts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.09.2009, 1 AZR 316/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Elternzeit, Elterngeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Mutterschutz
- Arbeitsrecht aktuell: 14/122 Abfindung und Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 14/084 Sozialplan und befristete Arbeitsverträge
- Arbeitsrecht aktuell: 11/130 Keine Diskriminierung aufgrund geringerer Abfindung bei Erwerbsminderungsrente
- Arbeitsrecht aktuell: 09/237 Berechnung einer Abfindung nach Sozialplan
Letzte Überarbeitung: 15. September 2016
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