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BAG, Ur­teil vom 22.09.2009, 1 AZR 316/08

   
Schlagworte: Teilzeit: Abfindung, Abfindung: Teilzeit, Sozialplan: Abfindungsanspruch
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 AZR 316/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 22.09.2009
   
Leitsätze:

1. Sozialpläne können bestimmen, dass sich die Abfindungshöhe nach der zuletzt bezogenen Monatsvergütung richtet.

2. Sozialpläne können regeln, dass in Fällen, in denen sich die individuelle Arbeitszeit in der näheren Vergangenheit wesentlich geändert hat, nicht das letzte Entgelt, sondern eine die gesamte Betriebszugehörigkeit einbeziehende Durchschnittsberechnung maßgeblich ist.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 09.08.2007, 4 Ca 1499/07
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22.012008, 9 Sa 1116/07
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

1 AZR 316/08
9 Sa 1116/07
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Köln

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
22. Sep­tem­ber 2009

UR­TEIL

Klapp, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,


hat der Ers­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 22. Sep­tem­ber 2009 durch die Präsi­den­tin des Bun­des­ar­beits­ge­richts Schmidt, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Lin­sen­mai­er und Dr. Koch so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Fe­der­lin und Dr. Kle­be für Recht er­kannt:



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1. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln vom 22. Ja­nu­ar 2008 - 9 Sa 1116/07 - wird zurück­ge­wie­sen.


2. Die Kläge­rin hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Höhe ei­ner So­zi­al­plan­ab­fin­dung


Die im Mai 1966 ge­bo­re­ne Kläge­rin war bei der Be­klag­ten seit dem 6. Ju­ni 1987 als Sach­be­ar­bei­te­rin in der Scha­dens­ab­tei­lung beschäftigt. In dem schrift­li­chen Ar­beits­ver­trag vom 6. Ju­ni/19. Ju­li 1987 heißt es ua.:

„1


Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses/Pro­be­zeit

Das Ar­beits­verhält­nis be­ginnt am 06. Ju­ni 1987.
...

 

3

Ar­beits­ent­gelt

Als Vergütung erhält der Ar­beit­neh­mer ein mo­nat­li­ches Brut­to­ge­halt, das sich wie folgt zu­sam­men­setzt:

Ge­halts­grup­pe IV, 2. Be­rufs­jahr = DM 2.620,00.

Als Be­ginn der Be­rufs­jah­re gilt der 01. 08. 85. ...“

Die Kläge­rin war zunächst in Voll­zeit tätig. Während ih­rer El­tern­zeit ab dem Jahr 2002 re­du­zier­te sie ih­re Ar­beits­zeit auf ei­ne Teil­zeittätig­keit im Um­fang von 7,6 St­un­den/Wo­che. Die­ses Ar­beits­zeit­vo­lu­men be­hielt sie in der Fol­ge­zeit bei. Ih­re mo­nat­li­che Brut­to­vergütung be­lief sich zu­letzt auf 676,45 Eu­ro. Die Be­klag­te ver­ein­bar­te mit dem Ge­samt­be­triebs­rat am 6./10. Ja­nu­ar 2006 ei­nen So­zi­al­plan. Die­ser enthält in Nr. IX 3 ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:
 


- 3 - 

„...


b) Höhe

(1) Die Ar­beit­neh­mer er­hal­ten ei­ne Grund­ab­fin­dung nach fol­gen­der For­mel:

Le­bens­al­ter x Be­triebs­zu­gehörig­keit x Brut­to-Mo­nats­ver­dienst : 40.
...

c) Be­rech­nungs­grund­la­gen ...

(2) Maßgeb­lich für die Be­rech­nung der Be­triebs­zu­gehörig­keit ist der Zeit­punkt des Be­ginns des Ar­beits­verhält­nis­ses (ein­sch­ließlich Be­rufs­aus­bil­dungs­zei­ten bei der Ge­sell­schaft) ei­ner­seits und der Zeit­punkt der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses an­de­rer­seits. Zei­ten, in de­nen das Ar­beits­verhält­nis ruht, wer­den mit­ge­rech­net. ...

(3) Bei der Ab­fin­dung han­delt es sich um ei­ne Brut­to­zah­lung. Als Brut­to-Mo­nats­ver­dienst im Sin­ne die­ser Ver­ein­ba­rung gilt das im letz­ten Mo­nat vor Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vom Ar­beit­neh­mer be­zo­ge­ne vol­le Brut­to-Mo­nats­ge­halt ein-schließlich Zu­la­gen. ...

(4) Bei Ar­beit­neh­mern, de­ren re­gelmäßige Wo­chen­ar­beits­zeit sich seit dem 31. De­zem­ber 2003 um mehr als 25 % ver­rin­gert oder erhöht hat, ist für die Be­rech­nung des Brut­to-Mo­nats­ver­diens­tes der durch­schnitt­li­che Beschäfti­gungs­grad während ih­rer ge­sam­ten Be­triebs­zu­gehörig­keit maßgeb­lich. Die Höhe des Brut­to-Mo­nats­ver­diens­tes be­rech­net sich in die­sen Fällen wie folgt: Brut­to-Mo­nats­ver­dienst bei Voll­zeit­beschäfti­gung x durch­schnitt­li­cher Beschäfti­gungs­grad.
...“


Mit Schrei­ben vom 20. Fe­bru­ar 2006 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin be­triebs­be­dingt zum 30. Sep­tem­ber 2006. Sie zahl­te an die Kläge­rin un­ter Berück­sich­ti­gung von Auf­sto­ckungs­leis­tun­gen we­gen ih­rer bei­den Kin­der ei­ne Ge­samt­ab­fin­dung iHv. 20.058,49 Eu­ro. Da­bei leg­te sie ih­rer Be­rech­nung ei­ne Be­triebs­zu­gehörig­keit seit dem 6. Ju­ni 1987 so­wie das von der Kläge­rin zu­letzt er­ziel­te Brut­to­mo­nats­ge­halt von 676,45 Eu­ro zu­grun­de.
 


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Mit der Kla­ge hat die Kläge­rin wei­te­re 46.970,01 Eu­ro brut­to ver­langt. Sie hat die An­sicht ver­tre­ten, bei der Be­rech­nung der Ab­fin­dung sei von ei­ner Be­triebs­zu­gehörig­keit ab dem 1. Au­gust 1985 aus­zu­ge­hen. Außer­dem sei nicht die zu­letzt für ih­re Teil­zeit­beschäfti­gung be­zahl­te Vergütung von 676,45 Eu­ro, son­dern das Brut­to­mo­nats­ge­halt für ei­ne Voll­zeit­beschäfti­gung mul­ti­pli­ziert mit ei­nem Beschäfti­gungs­grad von 0,83 maßge­bend. Die Stich­tags­re­ge­lung in Nr. IX 3 Buchst. c (4) Satz 1 des So­zi­al­plans führe zu ei­ner sach­lich nicht ge­recht­fer­tig­ten Un­gleich­be­hand­lung und sei un­wirk­sam.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt, 


die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 46.970,01 Eu­ro nebst Zin­sen iHv. fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­weils gülti­gen Ba­sis­zins­satz seit dem 30. Sep­tem­ber 2006 zu zah­len.


Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Dem hat das Ar­beits­ge­richt ent­spro­chen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­ren Kla­ge­an­spruch wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Die Ansprüche der Kläge­rin aus dem So­zi­al­plan sind erfüllt. Die Be­klag­te hat die Ansprüche der Kläge­rin zu­tref­fend er­rech­net. Die Be­stim­mun­gen des So­zi­al­plans hal­ten ei­ner Rechtmäßig­keits­kon­trol­le stand. Dies gilt ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin auch für die Re­ge­lung in Nr. IX 3 Buchst. c (4) Satz 1 des So­zi­al­plans und den dar­in ent­hal­te­nen Stich­tag.


I. Die Be­klag­te hat bei der Be­rech­nung der Ab­fin­dung als maßgeb­li­chen Be­ginn der Be­triebs­zu­gehörig­keit zu Recht nicht den 1. Au­gust 1985, son­dern den 6. Ju­ni 1987 zu­grun­de ge­legt. Nach Nr. IX 3 Buchst. c (2) des So­zi­al­plans ist für die Be­rech­nung der Be­triebs­zu­gehörig­keit der „Zeit­punkt des Be­ginns



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des Ar­beits­verhält­nis­ses (ein­sch­ließlich Be­rufs­aus­bil­dungs­zei­ten bei der Ge­sell­schaft)“ maßgeb­lich. Dies war aus­weis­lich der Nr. 1 des Ar­beits­ver­trags der 6. Ju­ni 1987. Zu die­sem Tag be­gann auch die tatsächli­che Beschäfti­gung der Kläge­rin bei der Be­klag­ten. Der in Nr. 3 des Ar­beits­ver­trags als „Be­ginn der Be­rufs­jah­re“ ver­ein­bar­te 1. Au­gust 1985 ist, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt hat, nicht der für die Be­rech­nung der Ab­fin­dung maßgeb­li­che „Zeit­punkt des Be­ginns des Ar­beits­verhält­nis­ses“ im Sin­ne der Nr. IX 3 Buchst. c (2) des So­zi­al­plans. Der „Be­ginn der Be­rufs­jah­re“ be­trifft nicht die Be­triebs­zu­gehörig­keit bei der Be­klag­ten, son­dern er­fasst auch Beschäfti­gungs­zei­ten bei an­de­ren Un­ter­neh­men und hat aus­sch­ließlich Be­deu­tung für die Höhe der ta­rif­li­chen Vergütung.


II. Die Be­klag­te hat bei der Be­rech­nung der Ab­fin­dung zu Recht das von der Kläge­rin als Teil­zeit­kraft zu­letzt er­ziel­te Brut­to­mo­nats­ge­halt zu­grun­de ge­legt. Die Re­ge­lung in Nr. IX 3 Buchst. c (3) des So­zi­al­plans ist nicht zu be­an­stan­den. Die Kläge­rin hat auch kei­nen An­spruch dar­auf, so be­han­delt zu wer­den, wie die­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer, de­ren re­gelmäßige Ar­beits­zeit sich nach dem 31. De­zem­ber 2003 um mehr als 25 % verändert hat und bei de­nen da­her gemäß Nr. IX 3 Buchst. c (4) des So­zi­al­plans der durch­schnitt­li­che Beschäfti­gungs­grad während der ge­sam­ten Be­triebs­zu­gehörig­keit maßgeb­lich ist. Die Stich­tags­re­ge­lung in Nr. IX 3 Buchst. c (4) des So­zi­al­plans hält ei­ner Rechtmäßig­keits­kon­trol­le stand.

1. So­zi­alpläne un­ter­lie­gen, wie an­de­re Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen, der ge­richt­li­chen Rechtmäßig­keits­kon­trol­le. Da­bei ist es nicht Auf­ga­be der Ge­rich­te, bes­se­re Lösun­gen als die Be­triebs­par­tei­en zu fin­den, son­dern le­dig­lich, rechts­wid­ri­ge So­zi­al­plan­ge­stal­tun­gen zu ver­hin­dern. Dem­ent­spre­chend sind So­zi­alpläne dar­auf­hin zu über­prüfen, ob sie mit höher­ran­gi­gem Recht wie ins­be­son­de­re dem be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ver­ein­bar sind.

a) Der auf den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG zurück­zuführen­de Gleich­be­hand­lungs­grund­satz zielt dar­auf ab, ei­ne Gleich­stel­lung von Per­so­nen in ver­gleich­ba­rer La­ge si­cher­zu­stel­len und ei­ne gleich­heits-
 


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wid­ri­ge Grup­pen­bil­dung aus­zu­sch­ließen. Maßgeb­li­cher Sach­grund für ei­ne Grup­pen­bil­dung ist re­gelmäßig der mit der je­wei­li­gen Re­ge­lung ver­folg­te Zweck. Dem­ent­spre­chend müssen sich Grup­pen­bil­dun­gen in So­zi­alplänen an de­ren Funk­ti­on ori­en­tie­ren (BAG 20. Ja­nu­ar 2009 - 1 AZR 740/07 - Rn. 11, 12 mwN, NZA 2009, 495). So­zi­alpläne ha­ben nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats ei­ne zu­kunfts­be­zo­ge­ne Aus­gleichs- und Über­brückungs­funk­ti­on. Die in ih­nen vor­ge­se­he­nen Leis­tun­gen stel­len kein zusätz­li­ches Ent­gelt für die in der Ver­gan­gen­heit er­brach­ten Diens­te dar, son­dern sol­len gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG die künf­ti­gen Nach­tei­le aus­glei­chen oder ab­mil­dern, die den Ar­beit­neh­mern durch die Be­triebsände­rung ent­ste­hen können (11. No­vem­ber 2008 - 1 AZR 475/07 - Rn. 19 mwN, AP Be­trVG 1972 § 112 Nr. 196 = EzA Be­trVG 2001 § 112 Nr. 30). Bei der Aus­ge­stal­tung von So­zi­alplänen ha­ben die Be­triebs­par­tei­en Be­ur­tei­lungs- und Ge­stal­tungs­spielräume. Die­se schließen Ty­pi­sie­run­gen und Pau­scha­lie­run­gen ein. Glei­ches gilt für Stich­tags­re­ge­lun­gen. Die mit die­sen häufig ver­bun­de­nen Härten müssen im In­ter­es­se der Rechts­si­cher­heit hin­ge­nom­men wer­den, wenn sich die Wahl des Zeit­punkts am ge­ge­be­nen Sach­ver­halt ori­en­tiert und so­mit sach­lich ver­tret­bar ist und das auch auf die zwi­schen den Grup­pen ge­zo­ge­nen Gren­zen zu­trifft (BAG 20. Ja­nu­ar 2009 - 1 AZR 740/07 - Rn. 14 mwN, aaO).


b) Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben außer­dem be­son­de­re Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bo­te und die in Art. 6 GG ent­hal­te­nen Wer­tun­gen zu be­ach­ten.


2. Hier­nach ist we­der das in Nr. IX 3 Buchst. c (3) Satz 2 des So­zi­al­plans grundsätz­lich vor­ge­se­he­ne An­knüpfen an das zu­letzt be­zo­ge­ne Brut­to­mo­nats­ge­halt noch die Dif­fe­ren­zie­rung in Nr. IX 3 Buchst. c (4) des So­zi­al­plans zu be­an­stan­den.

a) Die Re­ge­lung in Nr. IX 3 Buchst. c (3) Satz 2 des So­zi­al­plans, nach der für die Be­rech­nung der Ab­fin­dung grundsätz­lich der letz­te Brut­to­mo­nats­ver­dienst maßgeb­lich ist, verstößt we­der ge­gen den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz noch ge­gen das in § 4 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG nor­mier­te Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung teil­zeit­beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer. Auch


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ei­ne Ver­let­zung des durch Art. 6 GG gewähr­leis­te­ten Schut­zes von Ehe und Fa­mi­lie ist mit der Re­ge­lung nicht ver­bun­den.

aa) Die Re­ge­lung verstößt nicht ge­gen den Gleich­be­hand­lungs­grund­satz. Das An­knüpfen an die zu­letzt be­zo­ge­ne Vergütung ist nach dem Zweck ei­nes So­zi­al­plans sach­lich ge­recht­fer­tigt. Der durch die So­zi­al­plan­leis­tung aus­zu­glei­chen­de oder ab­zu­mil­dern­de wirt­schaft­li­che Nach­teil wird maßgeb­lich be­stimmt durch die in dem bis­he­ri­gen Ar­beits­verhält­nis be­zo­ge­ne Vergütung. Da­her ist es ge­recht­fer­tigt, die­se zur Be­zugs­größe für die in dem So­zi­al­plan vor­ge­se­he­nen Über­brückungs­leis­tun­gen zu ma­chen. Auch der Ge­setz­ge­ber stellt in § 10 Abs. 3 KSchG für Ab­fin­dun­gen so­wie in § 113 Abs. 1 2. Halbs. Be­trVG beim Nach­teils­aus­gleich nicht auf ab­so­lu­te Beträge, son­dern auf den letz­ten Mo­nats­ver­dienst des ein­zel­nen Ar­beit­neh­mers ab. Da­bei kommt es nicht dar­auf an, ob die zu un­ter­schied­li­chen Ab­fin­dungs­leis­tun­gen führen­den Un­ter­schie­de bei der zu­letzt be­zo­ge­nen Vergütung ih­re Ur­sa­che in un­ter­schied­li­chen Tätig­kei­ten, Vergütungs­ver­ein­ba­run­gen oder Ar­beits­zei­ten oder ei­ner Kom­bi­na­ti­on die­ser Fak­to­ren ha­ben.

bb) Die Re­ge­lung in Nr. IX 3 Buchst. c (3) Satz 2 des So­zi­al­plans verstößt nicht ge­gen § 4 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG. Auch wenn der sich auf die Ab­fin­dungshöhe aus­wir­ken­de ge­rin­ge­re Brut­to­mo­nats­ver­dienst auf ei­ner Teil­zeit­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers be­ruht, führt das An­knüpfen an die­sen Ver­dienst nicht zu ei­ner un­zulässi­gen Dis­kri­mi­nie­rung des teil­zeit­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mers (vgl. BAG 28. Ok­to­ber 1992 - 10 AZR 129/92 - zu II 2 c der Gründe, BA­GE 71, 280). Die­ser wird iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG nicht we­gen der Teil­zeit schlech­ter be­han­delt als ver­gleich­ba­re voll­zeit­beschäftig­te Ar­beit­neh­mer. Viel­mehr steht es mit § 4 Abs. 1 Satz 2 Tz­B­fG in Ein­klang, wenn ein Ar­beit­neh­mer ei­ne Ab­fin­dung in dem Um­fang erhält, der dem An­teil sei­ner Ar­beits­zeit an der Ar­beits­zeit ei­nes ver­gleich­ba­ren voll­zeit­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mers ent­spricht.


cc) Die Re­ge­lung in Nr. IX 3 Buchst. c (3) Satz 2 des So­zi­al­plans wi­der­spricht nicht den in Art. 6 GG ent­hal­te­nen Wer­tun­gen.

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(1) Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats ha­ben die Be­triebs­par­tei­en gemäß § 75 Abs. 1 Be­trVG auch die in Art. 6 GG ent­hal­te­nen Wer­tun­gen zu be­ach­ten (6. No­vem­ber 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 27 mwN, BA­GE 124, 335). Sie dürfen da­her kei­ne Re­ge­lun­gen tref­fen, die ge­eig­net sind, Ehe und Fa­mi­lie zu dis­kri­mi­nie­ren und Ar­beit­neh­mer we­gen ih­rer ehe­li­chen Le­bens­ge­mein­schaft oder der Wahr­neh­mung von Rech­ten und Pflich­ten ge­genüber Kin­dern zu be­nach­tei­li­gen (6. No­vem­ber 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 28 mwN, aaO). Ins­be­son­de­re verstößt es ge­gen die Wer­tun­gen in Art. 6 GG, wenn Ar­beit­neh­mer bei ih­rer Ent­schei­dung, El­tern­zeit in An­spruch zu neh­men, da­mit rech­nen müssen, dass die­se Zei­ten bei der Be­mes­sung von So­zi­al­plan­ansprüchen nicht als Beschäfti­gungs­zeit mitzählen (21. Ok­to­ber 2003 - 1 AZR 407/02 - zu I 3 a der Gründe mwN, BA­GE 108, 147). An­de­rer­seits er­gibt sich aber aus Art. 6 GG für die Be­triebs­par­tei­en nicht die Pflicht, ver­hei­ra­te­te Ar­beit­neh­mer oder sol­che, die mit ih­ren Kin­dern in häus­li­cher Ge­mein­schaft le­ben, ge­genüber un­ver­hei­ra­te­ten, kin­der­lo­sen Ar­beit­neh­mern zu be­vor­zu­gen (6. No­vem­ber 2007 - 1 AZR 960/06 - aaO).


(2) Nr. IX 3 Buchst. c (3) Satz 2 des So­zi­al­plans ist kei­ne Re­ge­lung, die ge­eig­net ist, Ehe und Fa­mi­lie zu dis­kri­mi­nie­ren und Ar­beit­neh­mer we­gen ih­rer ehe­li­chen Le­bens­ge­mein­schaft oder der Wahr­neh­mung von Rech­ten und Pflich­ten ge­genüber Kin­dern zu be­nach­tei­li­gen. Die Re­ge­lung führt nicht et­wa da­zu, dass Er­zie­hungs­zei­ten bei der Be­rech­nung der So­zi­al­plan­ab­fin­dung un­berück­sich­tigt blie­ben. Sie hat le­dig­lich zur Fol­ge, dass sich die Höhe der Ab­fin­dung auch bei teil­zeit­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern nach de­ren zu­letzt er­ziel­tem Ar­beits­ent­gelt rich­tet. Grund und An­lass der Teil­zeit­beschäfti­gung sind da­bei nicht von Be­deu­tung und müssen es aus Rechts­gründen auch nicht sein.


b) Auch die in Nr. IX 3 Buchst. c (4) des So­zi­al­plans ge­trof­fe­ne Re­ge­lung hält der Rechtmäßig­keits­kon­trol­le stand. Durch die­se Be­stim­mung wer­den die­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer be­son­ders be­han­delt, bei de­nen sich die re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit seit dem 31. De­zem­ber 2003 um mehr als 25 % ver­rin­gert oder erhöht hat. Die Dif­fe­ren­zie­rung verstößt we­der ge­gen den
 


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be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz noch ge­gen das in § 4 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG nor­mier­te Ver­bot der Be­nach­tei­li­gung teil­zeit­beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer noch ge­gen an­de­re Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bo­te.


aa) Die mit der Re­ge­lung vor­ge­nom­me­ne Grup­pen­bil­dung ist mit dem be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ver­ein­bar.


(1) Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben ei­nen er­heb­li­chen Ge­stal­tungs­spiel­raum, ob und in­wie­weit sie bei der Höhe von So­zi­al­plan­ab­fin­dun­gen in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­de Verände­run­gen der Ar­beits­zeit und der da­mit kor­re­spon­die­ren­den Vergütung der ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer berück­sich­ti­gen. Es gibt in­so­weit nicht nur ei­ne dem be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ge­recht wer­den­de Lösung (vgl. zu un­ter­schied­li­chen Aus­ge­stal­tun­gen des „pro-ra­ta-tem­po­ris-Grund­sat­zes“ BAG 28. Ok­to­ber 1992 - 10 AZR 129/92 - BA­GE 71, 280; 14. Au­gust 2001 - 1 AZR 760/00 - AP Be­trVG 1972 § 112 Nr. 142 = EzA Be­trVG 1972 § 112 Nr. 108; 13. Fe­bru­ar 2007 - 9 AZR 729/05 - BA­GE 121, 205). In­ner­halb die­ses Ge­stal­tungs­spiel­raums der Be­triebs­par­tei­en liegt es, bei den­je­ni­gen Ar­beit­neh­mern, bei de­nen in­ner­halb der letz­ten zwei Jah­re vor dem Ab­schluss des So­zi­al­plans ei­ne we­sent­li­che Verände­rung der re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit ein­ge­tre­ten ist, nicht auf das letz­te Brut­to­mo­nats­ge­halt, son­dern auf ei­ne die ge­sam­te Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses ein­be­zie­hen­de Durch­schnitts­be­rech­nung ab­zu­stel­len. Da­durch wer­den Härten und Pri­vi­le­gie­run­gen ver­mie­den, die sich eher zufällig dar­aus er­ge­ben, dass sich in na­hem zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit dem Aus­schei­den der Ar­beit­neh­mer die in­di­vi­du­el­le Ar­beits­zeit we­sent­lich geändert hat. Da­bei kann sich die für die­sen Fall vor­ge­se­he­ne Durch­schnitts­be­rech­nung so­wohl zu­guns­ten als auch zu Las­ten der Ar­beit­neh­mer aus­wir­ken.


(2) Eben­falls nicht zu be­an­stan­den ist die Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen den Ar­beit­neh­mern, bei de­nen die we­sent­li­che Ände­rung der Ar­beits­zeit nach dem 31. De­zem­ber 2003 ein­ge­tre­ten ist, und den­je­ni­gen bei de­nen ei­ne sol­che be­reits zu ei­nem frühe­ren Zeit­punkt er­folg­te. Die Recht­fer­ti­gung für die Dif­fe­ren­zie­rung und den gewähl­ten Stich­tag folgt al­ler­dings ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten nicht be­reits aus dem Ver­wal­tungs­auf­wand, der für die­se

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da­mit ver­bun­den wäre, für al­le Ar­beit­neh­mer, de­ren Ar­beits­zeit sich ir­gend­wann ein­mal we­sent­lich geändert hat, den Beschäfti­gungs­grad für die ge­sam­te Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses zu er­rech­nen. Der dem Ar­beit­ge­ber ent­ste­hen­de Ver­wal­tungs­auf­wand ist, eben­so wie sons­ti­ge be­trieb­li­che Be­lan­ge, nach dem Zweck ei­nes So­zi­al­plans kein Sach­grund für Dif­fe­ren­zie­run­gen bei den So­zi­al­plan­leis­tun­gen (vgl. BAG 6. No­vem­ber 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 19, BA­GE 124, 335; 19. Fe­bru­ar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 31, AP Be­trVG 1972 § 112 Nr. 191 = EzA Be­trVG 2001 § 112 Nr. 26). Die Dif­fe­ren­zie­rung und der gewähl­te Stich­tag sind aber des­halb sach­ge­recht, weil ty­pi­sie­rend da­von aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass sich ei­ne länge­re Zeit zurück­lie­gen­de Verände­rung der Ar­beits­zeit und die da­mit ver­bun­de­ne Ände­rung des Ein­kom­mens re­gelmäßig be­reits ver­fes­tigt und sich ein Ar­beit­neh­mer in sei­nem Le­bens­stan­dard hier­auf ein­ge­stellt hat. Der von den Be­triebs­par­tei­en in­so­weit gewähl­te Zeit­raum von et­wa zwei Jah­ren vor Ab­schluss des So­zi­al­plans, der sich für die ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer noch um die Zeit bis zur Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses verlänger­te - bei der Kläge­rin war dies ein drei­vier­tel Jahr -, ist nicht zu be­an­stan­den. Dies macht auch die ge­setz­li­che Wer­tung des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III deut­lich, nach der für die Er­mitt­lung des für die Höhe des Ar­beits­lo­sen­gel­des maßgeb­li­chen Be­mes­sungs­ent­gelts bei Teil­zeit­ver­ein­ba­run­gen ein Re­fe­renz­zeit­raum von drei­ein­halb Jah­ren vor der Ent­ste­hung des An­spruchs zu­grun­de zu le­gen ist.


bb) Die mit Nr. IX 3 Buchst. c (4) des So­zi­al­plans ver­bun­de­ne Dif­fe­ren­zie­rung verstößt nicht ge­gen § 4 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG.


(1) § 4 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG be­trifft in ers­ter Li­nie das Verhält­nis von teil­zeit- zu voll­zeit­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern. Das Ver­bot gilt al­ler­dings auch dann, wenn ei­ne Grup­pe teil­zeit­beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer wie voll­zeit­beschäftig­te Ar­beit­neh­mer be­han­delt und die an­de­re Grup­pe der Teil­zeit­beschäftig­ten von ein­zel­nen Leis­tun­gen aus­ge­schlos­sen wird (BAG 25. April 2007 - 6 AZR 746/06 - Rn. 22 mwN, BA­GE 122, 215). Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung be­darf dann ei­ner sach­li­chen Recht­fer­ti­gung. Hierfür gel­ten die-sel­ben Maßstäbe wie für die An­wen­dung des be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen
 


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Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes, ist doch das Ver­bot der schlech­te­ren Be­hand­lung teil­zeit­beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer eben­so wie der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz Aus­druck des all­ge­mei­nen Gleich­heits­sat­zes des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BAG 25. April 2007 - 6 AZR 746/06 - Rn. 23, aaO).

(2) Hier wird durch Nr. IX 3 Buchst. c (4) des So­zi­al­plans die Grup­pe der teil­zeit­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer, bei der die Ände­rung der Ar­beits­zeit um mehr als 25 % seit dem 31. De­zem­ber 2003 ein­ge­tre­ten ist, an­ders be­han­delt als die Grup­pe der Teil­zeit­beschäftig­ten, bei de­nen die we­sent­li­che Ände­rung be­reits früher er­folg­te. Die­se un­ter­schied­li­che Be­hand­lung ist aber, wie aus­geführt, nach dem Zweck des So­zi­al­plans so­wie un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­stal­tungs­frei­heit der Be­triebs­par­tei­en sach­lich ge­recht­fer­tigt.


cc) Die mit Nr. IX 3 Buchst. c (4) des So­zi­al­plans ver­bun­de­ne Dif­fe­ren­zie­rung verstößt schließlich auch nicht ge­gen an­de­re Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bo­te. Ins­be­son­de­re ist nicht er­kenn­bar, in­wie­fern mit der be­son­de­ren Be­hand­lung der­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer, bei de­nen in­ner­halb der letz­ten zwei Jah­re ei­ne we­sent­li­che Ände­rung des Um­fangs ih­rer Ar­beits­zeit ein­ge­tre­ten ist, ei­ne auf dem Ge­schlecht be­ru­hen­de Be­nach­tei­li­gung der­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer ver­bun­den sein soll, bei de­nen ei­ne der­ar­ti­ge er­heb­li­che Ände­rung nicht oder be­reits zu ei­nem frühe­ren Zeit­punkt ein­ge­tre­ten ist.


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