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Betriebsänderung
Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu der Frage, was eine Betriebsänderung im Sinne des Betriebsverfassungsrechts ist und welche Vorgänge hierunter fallen.
Im einzelnen sind dies: Größere Maßnahmen des Personalabbaus, Betriebsstillegung bzw. Betriebsschließung, Änderungen von Betriebsorganisation, Betriebszweck oder Betriebsanlagen oder die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren. Auch Betriebsverlegungen oder der Zusammenschluss oder die Spaltung von Betrieben sind Betriebsänderungen.
Außerdem finden Sie Hinweise dazu, welche Informations- und Beratungspflichten der Arbeitgeber bei einer geplanten Betriebsänderung hat und wie der Betriebsrat bei einer Betriebsänderung zu beteiligen ist.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Was ist eine Betriebsänderung?
- Wo finden sich Regelungen über die Betriebsänderung?
- Sind Betriebsänderungen auch in Kleinbetrieben möglich?
- Welche Vorgänge sind als Betriebsänderung anzusehen?
- Wann ist ein Personalabbau als Betriebsänderung anzusehen?
- Was ist eine Betriebsstillegung bzw. Betriebsschließung?
- Was ist eine Betriebsverlegung bzw. Betriebsverlagerung?
- Was ist eine Spaltung des Betriebs und was der Zusammenschluss mit anderen Betrieben?
- Was sind grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen?
- Was heißt Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren?
- Ist ein Inhaberwechsel („Betriebsübergang“) als Betriebsänderung anzusehen?
- Welche Informations- und Beratungspflichten hat der Arbeitgeber bei einer geplanten Betriebsänderung?
- Wie wird der Betriebsrat bei einer Betriebsänderung beteiligt?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Betriebsänderung?
- Was können wir für Sie tun?
Was ist eine Betriebsänderung?
Eine Betriebsänderung ist eine vom Arbeitgeber herbeigeführte grundlegende Neuausrichtung oder Einschränkung betrieblicher Abläufe bis hin zur Stillegung des Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile.
Eine Betriebsänderung hat in der Regel erhebliche immaterielle oder wirtschaftliche Nachteile für die von ihr betroffenen Arbeitnehmer, angefangen von dem Bedeutungsverlust bislang wichtiger Qualifikationen durch die Einführung neuer Arbeitsmethoden bis hin zur Entlassung und damit zum Entzug der wirtschaftlichen Existenzgrundlage.
Wenn der Arbeitgeber eine Betriebsänderung plant, ist er daher bereits im Planungsstadium dazu verpflichtet, den Betriebsrats umfassend zu unterrichten und die geplanten Änderungen mit ihm zu beraten.
Wo finden sich Regelungen über die Betriebsänderung?
Die wichtigste Vorschrift über Betriebsänderungen findet sich in § 111 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). In ist zum Thema Betriebsänderung folgendes festgehalten:
"In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten."
Wie man dieser Vorschrift entnehmen kann, sind die rechtlichen Folgen einer Betriebsänderung im Sinne des BetrVG davon abhänig,
- dass in dem Unternehmen, zu dem der Betrieb gehört, mindestens 21 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftig sind,
- und dass die geplanten Änderungen für die Belegschaft oder zumindest für erhebliche Teile der Belegschaft
- wesentliche Nachteile zur Folge haben können.
Sind Betriebsänderungen auch in Kleinbetrieben möglich?
Ja. Da es seit der Reform des BetrVG aus dem Jahre 2001 für die Anwendbarkeit der gesetzlichen Vorschriften über die Betriebsänderung gemäß § 111 Satz 1 BetrVG auf die Personalstärke des Unternehmens und nicht auf die Größe des Betriebs ankommt, kann es Betriebsänderungen auch in Betrieben mit weniger als 21 Arbeitnehmern geben.
BEISPIEL: Ein Unternehmen mit in der Regel 500 Arbeitnehmern unterhält in verschiedenen Städten jeweils einen Betrieb mit eigenständiger Leitung und dort gebildetem Betriebsrat. Einer dieser Betriebe, in dem zuletzt 12 Arbeitnehmer beschäftigt waren, soll geschlossen werden. Hier liegt eine mitbestimmungspflichtige Betriebsstillegung im Sinne von § 111 Satz 3 Nr.1 BetrVG vor.
Welche Vorgänge sind als Betriebsänderung anzusehen?
Eine Betriebsänderung liegt nach § 111 Satz 3 BetrVG immer in folgenden Fällen vor:
- Einschränkung und/oder Stillegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen
- Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen
- Zusammenschluss mit anderen Betrieben und/oder Spaltung von Betrieben
- Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen
- Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) liegt in diesen fünf Fällen ohne weiteres eine Betriebsänderung vor, d.h. wenn ein solcher gesetzlich genannter Fall einer Betriebsänderung vorliegt, muss nicht mehr gesondert festgestellt werden, ob er auch wesentliche Nachteile für die Belegschaft haben kann.
BEISPIEL: Der Arbeitgeber plant die Verlegung des Betriebs vom Zentrum einer Großstadt an den Stadtrand. Hier liegt eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG vor, ohne dass es zusätzlich darauf ankommen würde, ob die Verlegung wesentliche Nachteilen für die Belegschaft oder für wesentliche Teile der Belegschaft zur Folge haben kann.
Die obige Liste ist nach der Rechtsprechung nicht abschließend, d.h. es sind auch andere Fälle von Betriebsänderungen denkbar.
Wann ist ein Personalabbau als Betriebsänderung anzusehen?
Auch ein reiner Personalabbau kann als Einschränkung des ganzen Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG anzusehen sein.
Voraussetzung ist, dass die geplante Entlassungswelle eine ausreichend große Anzahl von Arbeitnehmern betrifft. Hier kann man die Zahlenverhältnisse, die § 17 Abs.1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) als Voraussetzung für die Pflicht des Arbeitgebers zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige nennt, sinngemäß heranziehen.
Allerdings kann in diesem Fall der Betriebsrat nach § 112a Abs.1 BetrVG nur unter einschränkenden Voraussetzungen einen Sozialplan über die Einigungsstelle erzwingen. Danach gilt:
Besteht eine
- Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr.1 BetrVG (= Einschränkung und/oder Stilllegung des Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile)
- allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, d.h. es werden keine sachlichen Betriebsmittel stillgelegt oder veräußert,
dann muss der Arbeitgeber zwar auch einen Interessenausgleich versuchen (denn § 112 Abs.1 bis Abs.3 BetrVG sind anzuwenden), aber
- § 112 Abs.4 und Abs.5 BetrVG gelten nicht, d.h. der Betriebsrat kann einen Sozialplan nicht gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen (d.h. notfalls über einen Spruch der Einigungsstelle),
- wenn der reine Personalabbau nicht mindestens die in § 112a Abs.1 BetrVG genannten Größenordnungen erreicht.
Danach muss ein sozialplanpflichtiger reiner Personalabbau gemäß § 112a Abs.1 BetrVG folgenden Mindestumfang erreichen:
Betriebsgröße | Mindestumfang des reinen Personalabbaus |
bis 59 Arbeitnehmer | 20 Prozent der Arbeitnehmer, mindestens sechs Arbeitnehmer |
60 bis 249 Arbeitnehmer | 20 Prozent der Arbeitnehmer, mindestens 37 Arbeitnehmer |
250 bis 499 Arbeitnehmer | 15 Prozent der Arbeitnehmer, mindestens 60 Arbeitnehmer |
500 Arbeitnehmer oder mehr | 10 Prozent der Arbeitnehmer, mindestens 60 Arbeitnehmer |
Dabei meint § 112a Abs.1 BetrVG mit "Arbeitnehmer" die "regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer".
Was ist eine Betriebsstillegung bzw. Betriebsschließung?
Unter einer Betriebsstilllegung bzw. Betriebsschließung (§ 111 Satz 3 Nr.1 BetrVG) versteht man die endgültige Aufgabe des Betriebszwecks bei gleichzeitiger Auflösung der Betriebsorganisation. Eine bloß vorübergehende Schließung erfüllt diese Voraussetzung noch nicht.
Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem Handbuchartikel "Betriebsstilllegung, Betriebsschließung".
Die Frage, ob die Schließung von Abteilungen oder die Aufgabe betrieblicher Funktionen als Einschränkung oder Stillegung von "wesentlichen" Betriebsteilen anzusehen ist, beantwortet die Rechtsprechung wie im Falle eines reinen Personalabbaus durch Heranziehung der Zahlenverhältnisse des § 17 Abs.1 KSchG. Trennt sich ein Unternehmen von einer Abteilung oder von einem Teil seiner Filialen, ist dies eine Einschränkung bzw. Stillegung "wesentlicher" Betriebsteile, falls bei einer Unternehmensgröße von 21 – 59 Arbeitnehmer hiervon mindestens sechs Arbeitnehmer betroffen wären usw.
Was ist eine Betriebsverlegung bzw. Betriebsverlagerung?
Mit "Verlegung" des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (§ 111 Satz 3 Nr.2 BetrVG) ist eine räumliche Veränderung gemeint. Eine Betriebsverlegung oder Betriebsverlagerung hat demnach zur Folge, dass die Arbeitnehmer an einem anderen Ort als bisher ihre Arbeit verrichten müssen.
Ganz geringfügige Ortsveränderungen sind keine Betriebsänderungen. Es genügen allerdings schon Veränderungen innerhalb einer Stadt bzw. innerhalb einer Gemeinde, falls die Arbeitnehmer dadurch gezwungen werden, andere Fahrtwege zu wählen, um von ihrer Wohnung zum Betrieb zu gelangen. Eine Verlagerung des Betriebs von der für die meisten Arbeitnehmer gut zu erreichenden Stadtmitte an den Stadtrand ist daher mitbestimmungspflichtige Betriebsverlegung oder Betriebsverlagerung.
Auch im Falle einer Betriebsverlegung oder Betriebsverlagerung muss nicht unbedingt der gesamte Betrieb betroffen sein. Es genügt, dass die Ortsveränderung wesentliche Betriebsteile betrifft.
Was ist eine Spaltung des Betriebs und was der Zusammenschluss mit anderen Betrieben?
Eine Betriebsspaltung (§ 111 Satz 3 Nr.3 BetrVG) führt dazu, dass die bisher einheitliche Organisation und die bisher einheitlich ausgeübte Leitungsmacht des Arbeitgebers auf mehrere, organisatorisch selbständige Einheiten verteilt wird, so dass der bisher einheitliche Betrieb nicht mehr besteht.
Der Zusammenschluss mit einem anderen Betrieb kann entweder dadurch geschehen, dass zwei bislang selbständige Betriebe einen neuen (dritten) Betrieb bilden, oder aber dadurch, dass ein (fortbestehender) Betrieb einen anderen aufnimmt.
Was sind grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen?
Eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation (§ 111 Satz 3 Nr.4 BetrVG) liegt vor, wenn die betrieblichen Abläufe und die Zuständigkeit der Arbeitnehmer, insbesondere die Leitungsverantwortung, so geändert wird, dass der Betriebsaufbau nicht mehr dem vorherigen Aufbau entspricht. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Leitungshierarchie geändert wird, d.h. wenn Leitungsebenen wegfallen oder neue hinzukommen. Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation führen daher dazu, dass die Abbildung des Betriebs in einem Organigramm geändert werden muss.
Der Betriebszweck wird grundlegend geändert, wenn die arbeitstechnische Zielsetzung ausgetauscht oder erheblich abgewandelt wird. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn zu den bisherigen Produktionszielen oder Dienstleistungsangeboten neue hinzukommen oder betriebliche Funktionen nach außen an Fremdfirmen vergeben werden (outsourcing).
Eine grundlegende Änderung der Betriebsanlagen ist dann gegeben, wenn Maschinen oder Arbeitsgeräte ausgetauscht oder um wichtige neue Maschinen bzw. Geräte ergänzt werden.
Was heißt Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren?
Die letzte im Gesetz ausdrücklich genannte Form der Betriebsänderung ist die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren (§ 111 Satz 3 Nr.5 BetrVG). Gemeint sind Rationalisierungsmaßnahmen, die über die laufenden technischen Neuerungen hinausgehen, indem sie die Arbeitsabläufe und Arbeitsaufgaben der Arbeitnehmer erheblich verändern.
Ist ein Inhaberwechsel („Betriebsübergang“) als Betriebsänderung anzusehen?
Veräußert der bisherige Arbeitgeber den Betrieb oder einen Betriebsteil an einen neuen Inhaber, so gehen die Arbeitsverhältnisse der von einem solchen Betriebs- oder Betriebsteilübergang betroffenen Arbeitnehmer auf den Erwerber über, d.h. dieser rückt automatisch, d.h. kraft Gesetzes (§ 613a Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) an die Stelle des bisherigen Betriebsinhabers.
Ein Betriebsübergang führt oft zu berechtigten Sorgen der der Arbeitnehmer, vor allem wenn sie ein großes und wirtschaftlich starkes Unternehmen als Arbeitgeber verlieren und an dessen Stelle ein kleines und unbekanntes, im schlimmsten Fall sogar unseriös wirkendes Unternehmen mit geringer Haftungsmasse rückt.
Trotzdem ist ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang als solcher nach der Rechtsprechung und der ganz überwiegenden Meinung der Arbeitsrechtler keine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG. Begründet wird dies damit, dass für einen im allgemeinen ausreichenden Schutz der Arbeitnehmer durch die gesetzlich angeordnete Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse (§ 613a BGB) gesorgt ist.
Welche Informations- und Beratungspflichten hat der Arbeitgeber bei einer geplanten Betriebsänderung?
Der Arbeitgeber hat die gesetzliche Pflicht, den Betriebsrat über eine Betriebsänderung bereits im Planungsstadium „rechtzeitig und umfassend“ zu unterrichten und sie mit ihm zu beraten (§ 111 Satz 1 BetrVG).
Diese Pflicht besteht allerdings nur in Unternehmen mit in der Regel zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern. In kleineren Unternehmen muss der Betriebsrat nicht konsultiert werden. Auch in Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber keine gesetzlich festgelegten Informations- und Beratungspflichten. In solchen Fällen (Kleinunternehmen, betriebsratsloser Betrieb) besteht allenfalls eine aus dem Arbeitsvertrag folgende Nebenpflicht zur Information der betroffenen Arbeitnehmer.
Wie wird der Betriebsrat bei einer Betriebsänderung beteiligt?
Die Beteiligung des Betriebsrats im Falle einer Betriebsänderung findet im wesentlichen in zwei Schritten statt:
In einem ersten Schritt muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung und die mit voraussichtlich verbundenen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer „rechtzeitig und umfassend“ unterrichten. Er muss seine Planungen schon in einem Stadium, in dem sie noch nicht abschließend festliegen, mit dem Betriebsrat beraten. Dabei muss er ernsthaft, d.h. mit dem Willen zur Einigung, über einen Interessenausgleich mit ihm verhandeln. Ein Interessenausgleich enthält Regelungen zu der gesamten unternehmerischen Planung des Arbeitgebers, so dass bei den diesbezüglichen Verhandlungen auch die unternehmerische Entscheidung als solche zur Debatte steht.
BEISPIEL: Der Arbeitgeber plant aus wirtschaftlichen Gründen eine Betriebsschließung. Er stellt dieses Vorhaben - auf der Grundlage einer umfassenden Information des Betriebsrats - in den Interessenausgleichsverhandlungen zur Diskussion. Es ist daher denkbar, dass ihn der Betriebsrat durch überzeugende Argumente von diesem Vorhaben im Rahmen des Interessenausgleichs abbringt.
Allerdings kann der Betriebsrat den Abschluss eines Interessenausgleichs nicht erzwingen, d.h. der Betriebsrat hat nur ein Recht auf Verhandlungen hierüber. Der Abschluss selbst steht dem Arbeitgeber frei. Nähere Informationen zum Thema hierzu finden Sie unter dem Stichwort „Interessenausgleich“.
In einem zweiten Schritt muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan verhandeln. Der Sozialplan ist eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Er kann vom Betriebsrat, anders als ein Interessenausgleich, durch Anrufen der Einigungsstelle erzwungen werden. Informationen zu der Frage, was in einem Sozialplan geregelt werden kann und wie er zustande kommt, finden Sie unter dem Stichwort "Sozialplan".
Der zweite Schritt, d.h. der Abschluss eines Sozialplans, entfällt zwar, falls man sich bereits bei den Interessenausgleichsverhandlungen darauf geeinigt hat, dass die vom Arbeitgeber gewünschte Betriebsänderung unterbleibt. Da ein Interessenausgleich aber - wie erwähnt - vom Betriebsrat nicht erzwungen werden kann, gibt es einen den Planungen des Arbeitgebers zuwiderlaufenden Interessenausgleich praktisch nie. Daher kommt bei andauernden Meinungsverschiedenheiten über die Betriebsänderung entweder gar kein Interessenausgleich zustande (was eher selten ist), oder es wird zwar ein Interessenausgleich vereinbart, doch hat dieser im wesentlichen den vom Arbeitgeber gewünschten Inhalt.
Im Ergebnis kann der Betriebsrat daher über die geplante Betriebsänderung selbst nicht wirklich mitentscheiden, da diese Teil der mitbestimmungsfreien unternehmerischen Freiheit ist. Aus diesem Grunde kann der Betriebsrat den Abschluss eines Interessenausgleichs nach dem Gesetz auch nicht erzwingen.
Dagegen kann der Betriebsrat bei der Frage, in welcher Weise die mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile für die Arbeitnehmer ausgeglichen oder zumindest gemildert werden sollen, mitbestimmen und daher einen Sozialplan - notfalls auch gegen den Willen des Arbeitgebers im Wege des Einigungsstellenverfahrens - herbeiführen.
Wo finden Sie mehr zum Thema Betriebsänderung?
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Betriebsänderung interessieren könnten, finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsstilllegung, Betriebsschließung
- Handbuch Arbeitsrecht: Interessenausgleich
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Massenentlassung
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Nachteilsausgleich
- Handbuch Arbeitsrecht: Outplacement
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
- Tipps und Tricks: Interessenausgleich - Checkliste
- Tipps und Tricks: Sozialplan - Checkliste
- Musterschreiben: Mustervereinbarung - Interessenausgleich
- Musterschreiben: Mustervereinbarung - Sozialplan
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Betriebsänderung finden Sie hier:
Arbeitsrecht aktuell 2022
- Update Arbeitsrecht 22/2022 LAG Hamm: Gruppenbildung bei der Sozialauswahl anhand von Qualifikationsmerkmalen?
- Update Arbeitsrecht 11/2022 BAG: Massenentlassungsanzeigen ohne Soll-Angaben zu Geschlecht, Alter und Beruf der Arbeitnehmer sind wirksam
- Update Arbeitsrecht 09/2022 LAG Hamm: Erfolgreicher Auflösungsantrag nach Drohung mit Bloßstellung eines Vorgesetzten
- Update Arbeitsrecht 06|2022 BAG erweitert Spielräume für Klageverzichtsprämien, die Sozialpläne ergänzen
Arbeitsrecht aktuell 2021
Arbeitsrecht aktuell 2020
- Arbeitsrecht aktuell: 20/085 Wirtschaftliche Vertretbarkeit eines Sozialplans
- Arbeitsrecht aktuell: 20/056 Einigungsstelle kann Rentennahe von Sozialplanleistungen ausschließen
Arbeitsrecht aktuell 2019
- Arbeitsrecht aktuell: 19/197 Interner Arbeitsmarkt statt Kündigungsschutz?
- Arbeitsrecht aktuell: 19/192 Betriebsübergang zwecks Liquidation
- Arbeitsrecht aktuell: 19/142 Unterzeichnung von Kündigungen bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/120 Kündigungsschutz Schwerbehinderter bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/043 Sozialplanabfindungen und Nachteilsausgleich können verrechnet werden
Arbeitsrecht aktuell 2017
- Arbeitsrecht aktuell: 17/290 Schwellenwerte bei Massenentlassungen und Zeitarbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 17/128 Massenentlassungsanzeige und Leiharbeitnehmer
Arbeitsrecht aktuell 2016
- Arbeitsrecht aktuell: 16/304 Dauer der Konsultation bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/304 Dauer der Konsultation bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/258 Massenentlassung und Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 16/192 Unterrichtung des Betriebsrats bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/088 Anfechtung eines Sozialplans der Einigungsstelle
- Arbeitsrecht aktuell: 16/086 Massenentlassungsanzeige bei erneuter Kündigung
Arbeitsrecht aktuell 2015
- Arbeitsrecht aktuell: 15/369 Massenentlassungsrichtlinie und Arbeitnehmerbegriff
- Arbeitsrecht aktuell: 15/355 Sozialplan und Klageverzicht
- Arbeitsrecht aktuell: 15/331 Abfindung gemäß § 1a KSchG und Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 15/327 Benachteiligung wegen Behinderung bei Sozialplanabfindung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/258 Fehler bei der Anzeige einer Massenentlassung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/118 Massenentlassung und Personalstruktur
- Arbeitsrecht aktuell: 15/098 Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern durch Stichtagsregelungen
Eine vollständige Übersicht unserer Beiträge zum Thema Betriebsänderung finden Sie unter:
Urteile und Kommentare: Betriebsänderung
Letzte Überarbeitung: 4. November 2022
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