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Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld
Lesen Sie hier, was Kurzarbeit ist, wer einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hat und wie es beantragt und ausgezahlt werden muss.
Im Einzelnen finden Sie Informationen zu der Frage, wer Aufstockungsleistungen zum Kurzarbeitergeld verlangen kann, wie Urlaubs- und Krankheitstage während einer Kurzarbeit zu vergüten sind und ob Kurzarbeit betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.
Außerdem finden Sie Hinweise dazu, welche Vorteile die Kurzarbeit für Arbeitnehmer und für Arbeitgeber hat, in welchem Umfang Arbeitgeber durch das Kurzarbeitergeld von Lohnkosten entlastet werden und welche Kosten fortbestehen und warum der Betriebsrat bei der Einführung von Kurzarbeit mitzubestimmen hat.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Was ist Kurzarbeit?
- Heißt Kurzarbeit auch Lohnausfall?
- Was ist Kurzarbeitergeld?
- Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
- Werden vom Kurzarbeitergeld Sozialabgaben und/oder Lohnsteuer abgezogen?
- Müssen sich Arbeitnehmer bei Kurzarbeit mit Netto-Lohneinbußen von 40 bzw. 33 Prozent abfinden?
- In welchen Fällen gewährt die Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld?
- Was ist Transferkurzarbeitergeld?
- Müssen alle Arbeitnehmergruppen im Betrieb von dem Arbeitsausfall betroffen sein?
- Wer muss Kurzarbeitergeld beantragen?
- Wie lange kann Kurzarbeitergeld gezahlt werden?
- Welche Vorteile hat Kurzarbeit für Arbeitgeber?
- Spart der Arbeitgeber Lohnnebenkosten während einer Kurzarbeit?
- Welche Vorteile hat Kurzarbeit für Arbeitnehmer?
- Wie hoch ist die Urlaubsvergütung bei Kurzarbeit?
- Wie hoch ist die Entgeltfortzahlung bei Kurzarbeit?
- Sind Arbeitnehmer vor betriebsbedingten Kündigungen während einer Kurzarbeit sicher?
- Kann der Arbeitgeber einseitig Kurzarbeit anordnen?
- Welche Rechte hat der Betriebsrat bei der Einführung der Kurzarbeit?
- Können Betriebsrat und Arbeitgeber Kurzarbeit einführen, auch wenn einzelne Arbeitnehmer das nicht möchten?
- Welche Regelungen müssen Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit enthalten?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld?
- Was können wir für Sie tun?
Was ist Kurzarbeit?
Kurzarbeit ist die Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeit aufgrund von wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Auftragsmangel, Flaute) oder infolge eines „unabwendbaren Ereignisses“ (Hochwasser, Schneekatastrophe).
Die „Verringerung“ der Arbeitszeit kann auch darin bestehen, dass gar nicht gearbeitet wird. Man spricht dann von „Kurzarbeit Null“.
Heißt Kurzarbeit auch Lohnausfall?
Im Prinzip ja, doch springt im Normalfall die Arbeitsagentur ein, indem sie Kurzarbeitergeld gewährt. Der Lohnausfall wird dadurch abgemildert.
Was ist Kurzarbeitergeld?
Das Kurzarbeitergeld ist eine Lohnersatzleistung, die für die Dauer einer Kurzarbeit von der Arbeitsagentur gezahlt und wie das Arbeitslosengeld I berechnet wird.
Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Das Kurzarbeitergeld beträgt gemäß § 105 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) 60 Prozent des Nettolohns, der infolge der Kurzarbeit ausfällt. Arbeitnehmer mit Kindern erhalten 67 Prozent.
Ausgeglichen wird der durch die Kurzarbeit verursachte Lohnausfall, d.h. der Unterschiedsbetrag zwischen dem verringerten Lohn, der bei verringerter Arbeitszeit zu zahlen ist (Ist-Entgelt, Kurzlohn) und dem normalen Lohn, der bei nicht verringerter Arbeitszeit zu zahlen wäre (Soll-Entgelt).
Allerdings ist das Arbeitseinkommen nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung abgesichert, d.h. darüber hinausgehende Gehaltsbestandteile sind nicht abgesichert.
BEISPIEL: Zwei Arbeitskollegen sind von Kurzarbeit Null betroffen, d.h. es wird im Betrieb vorübergehend infolge von Kurzarbeit gar nicht gearbeitet. Der eine verdient normalerweise 3.000,00 EUR brutto, d.h. unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung (= 6.200,00 EUR brutto, Stand 2016), der andere verdient deutlich darüber, nämlich 8.500,00 EUR brutto. Beide haben keine Kinder, so dass sie 60 Prozent ihres Nettolohnausfalls erhalten müssten. Das ist bei dem Kollegen mit dem geringeren Gehalt auch der Fall, während der besser verdienende Kollege nur den Maximalbetrag an Kurzarbeitergeld erhält, der sich aus seinem versicherten Einkommensanteil von 6.200,00 EUR brutto errechnet: Der über diesem Betrag (der Beitragsbemessungsgrenze) liegende Gehaltsanteil von (8.500,00 - 6.200,00 =) 2.300,00 EUR ist nicht versichert, so dass es für diesen Teil des Gehaltsausfalls auch kein Kurzarbeitergeld gibt.
Werden vom Kurzarbeitergeld Sozialabgaben und/oder Lohnsteuer abgezogen?
Kurzarbeitergeld ist als Lohnersatzleistung eine Nettozahlung, d.h. Sozialabgaben oder Steuern werden nicht abgezogen. Allerdings wird der Erhalt von Kurzarbeitergeld bei der Errechnung des zu versteuernden Gesamteinkommens mitgezählt.
Müssen sich Arbeitnehmer bei Kurzarbeit mit Netto-Lohneinbußen von 40 bzw. 33 Prozent abfinden?
Je nachdem, ob man unterhaltsberechtigte Kinder hat oder nicht, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 oder 60 Prozent des Nettolohnausfalls, so dass Arbeitnehmer pro ausgefallene Arbeitsstunde einen Nettolohnverlust von 40 oder von 33 Prozent erleiden.
Dieser Verlust wird oft durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen abgemildert, wenn solche Regelungen vorsehen, dass der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld gewähren muss, damit die Nettolohnverluste auf zum Beispiel 10 oder 20 Prozent begrenzt werden.
Muss der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld gewähren, handelt es sich dabei um einen Nettozuschuss und nicht etwa um einen Bruttolohnanspruch. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) Ende 2015 klargestellt (BAG, Urteil vom 16.12.2015, 5 AZR 567/14, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/108 Aufstockungen zum Transferkurzarbeitergeld sind Nettoentgelt).
Greifen solche Regelunge nicht ein, bleibt es bei Gehaltseinbußen von 33 bzw. 40 Prozent des Nettolohns, bezogen auf die ausgefallenen Arbeitsstunden. Bei besser verdienenden Arbeitnehmern ist dieser Verlust sogar noch höher.
In welchen Fällen gewährt die Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld?
Arbeitnehmer haben gemäß § 95 SGB III Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein „erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall“ vorliegt. Das wiederum ist gemäß § 96 SGB III unter folgenden Voraussetzungen der Fall:
- Der Arbeitsausfall beruht auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis, d.h. er ist nicht saisonal bedingt oder branchenüblich.
- Der Arbeitsausfall ist vorübergehend, d.h. es ist damit zu rechnen, dass die reguläre Arbeitszeit in den nächsten Monaten wieder eingeführt wird. Das ist zum Beispiel nicht der Fall, wenn schon feststeht, dass der Betrieb geschlossen und alle Arbeitnehmer entlassen werden sollen.
- Der Arbeitsausfall ist unvermeidbar, d.h. betriebliche Maßnahmen wie der Abbau von Überstunden, die Auflösung von Arbeitszeitguthaben und/oder vorgezogener Urlaub wurden bereits ergriffen oder sind nicht (mehr) möglich.
- Infolge des Arbeitsausfalls verliert mindestens ein Drittel der Belegschaft mehr als zehn Prozent des monatlichen Lohns bzw. Gehalts.
- Der Arbeitsausfall wurde der Agentur für Arbeit angezeigt.
- Der anspruchsberechtigte Arbeitnehmer übt eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aus (d.h. Minijobber haben keinen Anspruch) und das Arbeitsverhältnis ist nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst.
Was ist Transferkurzarbeitergeld?
Im Normalfall soll die Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld nur dann gewähren, wenn dadurch Entlassungen vermieden werden können. Daher schreibt § 96 Abs.1 Nr.2 SGB III vor, dass der Arbeitsausfall vorübergehend sein muss.
Das Transferkurzarbeitergeld ist eine Ausnahme von dieser Regel. Es wird gemäß § 111 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB III auch bei dauerhaften Arbeitsausfällen gezahlt, vor allem bei größeren Entlassungswellen und Betriebsschließungen.
Ziel des Transferkurzarbeitergeldes ist die Eingliederung der Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt.
Müssen alle Arbeitnehmergruppen im Betrieb von dem Arbeitsausfall betroffen sein?
Nein, das ist nicht der Fall. Voraussetzung ist nur, dass mindestens ein Drittel der Belegschaft von einem mehr als zehnprozentigen Arbeits- und Lohnausfall betroffen ist.
Ist diese Voraussetzung gegeben, können andere Arbeitnehmergruppen wie gewohnt arbeiten, d.h. ohne Arbeitszeitverringerung. Möglich ist für solche Arbeitnehmergruppen auch, dass ihre Arbeitszeitverringerung (und dementsprechend der Anspruch auf Kurzarbeitergeld) zehn Prozent oder weniger beträgt.
Wer muss Kurzarbeitergeld beantragen?
Der Arbeitgeber muss die Kurzarbeit anzeigen und Kurzarbeitergeld beantragen. Dazu gibt es amtliche Formulare.
Bei der Anzeige der Kurzarbeit muss der Arbeitgeber die Ursachen für den Arbeitsausfall angeben und erläutern, warum der Arbeitsausfall nur vorübergehend ist. Bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld muss der Arbeitgeber mitteilen, welchen Arbeitnehmern er wieviel Kurzarbeitergeld gezahlt hat.
Der Arbeitgeber hat auch die Aufgabe, das Kurzarbeitergeld zu berechnen und als Lohnersatzleistung (netto) an die Arbeitnehmer auszuzahlen. Die Arbeitsagentur erstattet dem Arbeitgeber dann das von diesem gezahlte Kurzarbeitergeld.
Wie lange kann Kurzarbeitergeld gezahlt werden?
Kurzarbeitergeld wird nach derzeitiger Rechtslage (§ 104 Abs.1 Satz 1 SGB III) für höchstens zwölf Monate gewährt. Früher betrug die maximale Bezugsdauer sechs Monate.
Die Bezugsdauer gilt einheitlich für alle in einem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Sie beginnt mit dem ersten Kalendermonat, für den Kurzarbeitergeld vom Arbeitgeber gezahlt wird.
Welche Vorteile hat Kurzarbeit für Arbeitgeber?
Wer als Arbeitgeber auf eine Flaute mit Entlassungen reagiert, verliert gut eingearbeitete Arbeitnehmer, muss mit krankheits- und motivationsbedingten Arbeitsausfällen während der Kündigungsfristen rechnen und obendrein oft Abfindungen zahlen. Hinzuzurechnen sind die Kosten, die nach Überwindung der Flaute voraussichtlich entstehen, wenn Arbeitnehmer wieder angeworben, eingestellt und eingearbeitet werden müssen.
Angesichts dieser Kosten ist es für viele Betriebe wirtschaftlicher, Kurzarbeit einzuführen anstatt Arbeitnehmer zu entlassen.
Spart der Arbeitgeber Lohnnebenkosten während einer Kurzarbeit?
Der Arbeitgeber spart durch die Einführung von Kurzarbeit Nettolohnkosten, denn im Umfang der entfallenden Arbeitsstunden gibt es Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur anstatt Lohn vom Arbeitgeber.
Ganz so einfach ist die Rechnung für den Arbeitgeber aber nicht, denn er muss auch für die ausgefallenen Arbeitsstunden bzw. den dafür (theoretisch bzw. fiktiv) zu zahlenden Lohn Sozialabgaben an die Krankenkassen abführen. Auf 80 Prozent dieses wegen der Kurzarbeit eingesparten Lohns sind nämlich Beiträge zur Krankenversicherung, zur Pflegeversicherung und zur Rentenversicherung zu zahlen, die der Arbeitgeber allein zu tragen hat. Das ergibt sich aus § 232a Abs.3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), aus § 57 Abs.1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und aus § 163 Abs.6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
So gesehen sinken die Lohnkosten für den Arbeitgeber zwar infolge der Einführung von Kurzarbeit, aber nicht „eins zu eins“ im Umfang der ausgefallenen Arbeitsstunden. Diese trotz Kurzarbeitergeld verbleibenden Kosten („Remanenzkosten“) erhöhen sich noch, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung das Kurzarbeitergeld aufstocken muss.
Trotzdem sparen Arbeitgeber durch die Einführung von Kurzarbeit und durch das Kurzarbeitergeld nicht nur Nettolöhne, sondern auch Lohnnebenkosten, wenn auch nicht in vollem Umfang der ausgefallenen Arbeitsstunden.
Welche Vorteile hat Kurzarbeit für Arbeitnehmer?
Für Arbeitnehmer besteht der Vorteil von Kurzarbeit vor allem in dem Erhalt des Arbeitsplatzes. Dieser Vorteil wird zwar „erkauft“ durch mehr oder weniger große Nettolohnverluste, doch sind diese Verluste höchstens so groß wie im Falle des Arbeitsplatzverlustes infolge des Bezugs von Arbeitslosengeld I.
Arbeitnehmer, die aufgrund von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Sozialplänen eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes beanspruchen können, stehen sich während einer Kurzarbeit finanziell besser als beim Bezug von Arbeitslosengeld.
Anders sieht es bei vielen Besserverdienenden aus, denn wer mit seinem Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung liegt (= 6.200,00 EUR brutto, Stand 2016) und keine Aufstockungszahlungen beanspruchen kann, verliert mehr als „nur“ 40 Prozent bzw. 33 Prozent (bei Kindern) seines Nettoeinkommens. Für solche Arbeitnehmer kann es daher sinnvoller sein, sich rasch eine neue Stelle zu suchen, als sechs oder zwölf Monate Kurzarbeitergeld zu beziehen.
Besteht die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden, stellt sich für Normalverdiener wie für Besserverdienende außerdem die Frage, ob Arbeitslosengeld plus Abfindung nicht attraktiver ist als die Erhaltung des Arbeitsplatzes unter Inkaufnahme von Gehaltsverlusten.
Wie hoch ist die Urlaubsvergütung bei Kurzarbeit?
Die Bezahlung während des Urlaubs, das sog. Urlaubsentgelt, ist auf der Grundlage des durchschnittlichen Lohns bzw. Gehalts während der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt zu berechnen, § 11 Abs.1 Satz1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dabei werden Überstunden ausgeklammert, d.h. sie führen nicht zu einer Erhöhung des Urlaubsentgelts.
Hat man bereits einige Monate lang Kurzarbeitergeld bezogen und möchte dann Urlaub machen, kann man trotzdem sein normales Urlaubsentgelt verlangen, d.h. ein Urlaubsentgelt auf der Basis des regulären Gehalts. Denn gemäß § 11 Abs.1 Satz3 BUrlG spielen Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit eintreten, bei der Berechnung des Urlaubsentgelts keine Rolle.
Wie hoch ist die Entgeltfortzahlung bei Kurzarbeit?
Anders als beim Urlaubsentgelt schlägt der Bezug von Kurzarbeitergeld auf die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch, wenn der Arbeitnehmer während des Bezugs von Kurzarbeitergeld erkrankt.
Denn gemäß § 4 Abs.3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) ist bei Erkrankung während einer Kurzarbeit die verkürzte Arbeitszeit als die regelmäßige Arbeitszeit anzusehen, auf deren Grundlage die Entgeltfortzahlung zu berechnen ist. Ergänzend dazu gibt es weiterhin Kurzarbeitergeld.
Endet der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach sechs Wochen und besteht die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit weiter fort, erhält der Arbeitnehmer Krankengeld von seiner Krankenkasse. Das Krankengeld ist auf der Grundlage des Entgelts zu berechnen, das der Arbeitnehmer zuletzt vor Beginn der Kurzarbeit erzielt hat, d.h. auf der Grundlage des Regelentgelts (§ 47b Abs.3 SGB V).
Sind Arbeitnehmer vor betriebsbedingten Kündigungen während einer Kurzarbeit sicher?
Nein, auch während einer vom Arbeitgeber gemeldeten Kurzarbeit besteht im Prinzip die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen kündigt. Diesen Grundsatz haben die Arbeitsgerichte immer wieder bestätigt (so z.B. das Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 24.06.2010, 8 Sa 1488/09, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/014 Kurzarbeit schließt betriebsbedingte Kündigung nicht aus).
Eine andere Frage ist, ob die Kündigung auch wirksam ist. Wenn der gekündigte Arbeitnehmer länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern beschäftigt ist und daher Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutz (KSchG) genießt, muss die Kündigung nämlich gemäß § 1 KSchG verhältnismäßig sein, d.h. es darf kein milderes Mittel für den Arbeitgeber geben als den Ausspruch der Kündigung. Und die Einführung von Kurzarbeit kann je nach den Umständen des Einzelfalls bei einem nur vorübergehenden Arbeitsausfall ein milderes Mittel als eine betriebsbedingte Kündigung sein. Dann wäre eine Kündigung unverhältnismäßig und daher unwirksam.
Ab Ausspruch der Kündigung bis zum Ende der Kündigungsfrist besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld mehr, denn infolge der Kündigung sind die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nicht mehr erfüllt (§ 98 Abs.1 Nr.2 SGB III).
Kann der Arbeitgeber einseitig Kurzarbeit anordnen?
Nein, das kann er nicht, denn der Arbeitnehmer hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, im vereinbarten Umfang beschäftigt und bezahlt zu werden.
Im Normalfall ist daher eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber erforderlich, dass für eine bestimmte Zeit Kurzarbeit in einem bestimmten Umfang gefahren werden soll.
Ordnet der Arbeitgeber „einfach so“, d.h. einseitig Kurzarbeit an, und führt diese dann wie angekündigt durch, befindet er sich im Annahmeverzug, d.h. er nimmt die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht entgegen, obwohl er das rechtlich gesehen tun müsste. Dann hat der Arbeitnehmer trotz des Arbeitsausfalls Anspruch auf Bezahlung seiner regulären (ungekürzten) Arbeitszeit. Anspruchsgrundlage ist § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Kurzarbeit treffen müssen, heißt allerdings nicht unbedingt, dass diese Vereinbarung auch schriftlich festgehalten werden muss. Auch ein ausdrückliches (mündliches) „OK“ oder „einverstanden“ des Arbeitnehmers ist nicht unbedingt nötig.
Es würde z.B. auch genügen, wenn der Arbeitgeber die aus seiner Sicht notwendige Kurzarbeit auf einer Betriebsversammlung erläutert und um Verständnis bittet, und wenn die Arbeitnehmer daraufhin entsprechend den Vorgaben des Arbeitnehmers verkürzt arbeiten. Dann haben sie das Änderungsangebot des Arbeitnehmers, das in der Ankündigung der Kurzarbeit auf der Betriebsversammlung liegt, durch schlüssiges Verhalten, d.h. stillschweigend bzw. „konkludent“ angenommen.
Welche Rechte hat der Betriebsrat bei der Einführung der Kurzarbeit?
Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) über eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen. Unter diese Vorschrift fällt die Kurzarbeit.
Mitbestimmung des Betriebsrats heißt: Ist der Betriebsrat mit der vom Arbeitgeber gewünschten Kurzarbeit nicht einverstanden, darf der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht übergehen und sie trotz des Nein des Betriebsrats einseitig anordnen. Das darf er sogar dann nicht, wenn die betroffenen Arbeitnehmer einverstanden sein sollten.
Vielmehr braucht der Arbeitgeber vorab eine Einigung mit dem Betriebsrat und muss dafür notfalls die Einigungsstelle anrufen (§ 87 Abs.2 BetrVG). Dann entscheidet die Einigungsstelle über die Frage, ob Kurzarbeit eingeführt werden darf.
Können Betriebsrat und Arbeitgeber Kurzarbeit einführen, auch wenn einzelne Arbeitnehmer das nicht möchten?
Nach der Rechtsprechung des BAG und der vorherrschenden Meinung unter den arbeitsrechtlichen Autoren ist es rechtlich zulässig, Kurzarbeit allein durch Betriebsvereinbarung einzuführen, d.h. ohne das OK des einzelnen davon betroffenen Arbeitnehmers. Diese Rechtsprechung ist aber nicht überzeugend.
Denn der Betriebsrat hat im Allgemeinen nicht die Möglichkeit, arbeitsvertraglich begründete Ansprüche des Arbeitnehmers zu beseitigen, d.h. er kann einzelvertragliche Ansprüche nur durch zusätzliche „Goodies“ ergänzen und damit verbessern, aber nicht verschlechtern. Weichen Betriebsvereinbarungen inhaltlich von arbeitsvertraglichen Regelungen ab, ist eine solche Abweichung nur rechtens, wenn die Betriebsvereinbarung günstiger ist als der Arbeitsvertrag. Das besagt das Günstigkeitsprinzip.
Könnte der Betriebsrat daher durch eine Kurzarbeits-Betriebsvereinbarung arbeitsvertragliche Ansprüche auf Beschäftigung und auf Bezahlung in einem bestimmten Stundenumfang beiseiteschieben, liefe das auf die Verschlechterung arbeitsvertraglicher Regelungen per Betriebsvereinbarung hinaus, und damit auf einen Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip.
Auf der rechtlich sicheren Seite stehen Betriebsrat und Arbeitgeber daher beim Abschluss einer Kurzarbeits-Betriebsvereinbarung, wenn darin festgehalten wird, dass die Arbeitnehmer um Zustimmung zur Kurzarbeit gebeten werden sollen.
Hat der Arbeitnehmer sein OK erklärt und hat der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 BetrVG durch Abschluss einer Kurzarbeits-Betriebsvereinbarung beachtet, ist der Weg frei für die Kurzarbeit.
Welche Regelungen müssen Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit enthalten?
Da der Arbeitgeber in allen Fällen das OK des Betriebsrats zur Einführung von Kurzarbeit braucht, fragt sich, wie genau eine Betriebsvereinbarung zum Thema Kurzarbeit sein muss, damit diese rechtliche Hürde aus dem Weg geräumt ist.
Aus Arbeitgebersicht „praktisch“ wäre es, wenn die Betriebsvereinbarung die Kurzarbeitsmonate festschreibt und es im Übrigen dem Arbeitgeber überlässt, nach seinem Ermessen Kurzarbeit für bestimmte Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmergruppen anzuordnen.
So geht es aber gerade nicht. Das hat das BAG im November 2015 entschieden (BAG, Urteil vom 18.11.2015, 5 AZR 491/14, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/072 Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit).
Danach müssen Betriebsvereinbarungen zur Einführung von Kurzarbeit
- Beginn und Dauer der Kurzarbeit,
- Lage und Verteilung der verringerten Arbeitszeit und
- die betroffenen Arbeitnehmer
genau festlegen.
Wo finden Sie mehr zum Thema Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld?
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Letzte Überarbeitung: 22. Februar 2022
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