Update Arbeitsrecht 06|2021 vom 24.03.2021
Leitsatzreport
LAG Düsseldorf: Kürzung des Jahresurlaubs für Zeiten von Kurzarbeit Null
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021, 6 Sa 824/20
§§ 1, 3 Bundesurlaubsgesetz; Art.7 Abs.1 Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie)
Leitsätze der Redaktion:
1. Der Urlaubsanspruch teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer ist entsprechend ihren wöchentlichen Arbeitstagen anteilig verringert. Während einer Kurzarbeit Null sind die beiderseitigen Leistungspflichten vorübergehend aufgehoben, so dass die Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer anzusehen sind.
2. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null ist der gesetzliche Urlaubsanspruch um 1/12 zu kürzen. Falls für einen arbeitsvertraglichen Mehrurlaub keine anderen Regelungen vereinbart sind, ist auch der Mehrurlaub zu kürzen.
Hintergrund:
Eine Verkäuferin, die an drei Tagen pro Woche in einem Gastronomiebetrieb arbeitet, hatte pro Jahr zwölf gesetzliche Arbeitstage Urlaub sowie weitere zwei Arbeits- bzw. Urlaubstage gemäß Arbeitsvertrag. Von April bis Dezember 2020 war sie infolge der Corona-Epidemie immer wieder einmal in Kurzarbeit. Im Juni, Juli und Oktober 2020 war sie durchgehend in „Kurzarbeit Null“, d.h. sie arbeitete in diesen Monaten gar nicht. Der Arbeitgeber meinte, der Urlaubsanspruch für 2020 wäre daher um diese drei Monate vermindert, d.h. auf 10,5 Tage. Da die Verkäuferin im August und September 2020 bereits 11,5 Arbeitstage Urlaub genommen hatte, stand der Arbeitgeber auf dem Standpunkt, er hätte den Urlaubsanspruch für 2020 damit vollständig erfüllt. Die Verkäuferin klagte auf Feststellung, dass ihr für 2020 insgesamt 14 und damit (unter Berücksichtigung des bereits erhaltenen Urlaubs) noch 2,5 weitere Urlaubstage zustünden. Das Arbeitsgericht Essen wies die Klage ab (Urteil vom 06.10.2020, 1 Ca 2155/20), und so urteilte auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf. Das LAG-Urteil ist derzeit nur in Form einer Pressemeldung bekannt. Darin beruft sich das LAG auf das Europarecht, das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) so zu verstehen ist, dass der vierwöchige Mindesturlaub gemäß Art.7 Abs.1 der Richtlinie 2003/88/EG anteilig für die Dauer einer Kurzarbeit Null gemindert werden kann. Tatsächlich hat der EuGH im Jahre 2012 so entschieden (Urteil vom 08.11.2012, C-229/11 und C-230/11 - Heimann und Toltschin). Auch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu unbezahlten Freistellungen geht in diese Richtung (BAG, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 315/17).
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021, 6 Sa 824/20 (Pressemitteilung des LAG)
Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 06.10.2020, 1 Ca 2155/20
Handbuch Arbeitsrecht: Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld
Handbuch Arbeitsrecht: Teilzeitbeschäftigung (Teilzeitarbeit, Teilzeit)
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