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Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit
01.03.2016. Der Arbeitgeber darf Kurzarbeit nicht einfach nach seinem Ermessen anordnen. Vielmehr braucht er dafür eine Rechtsgrundlage.
Diese kann in einem Tarifvertrag bestehen, in einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung oder auch in einer Betriebsvereinbarung.
In einem aktuellen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) inhaltliche Mindestvoraussetzungen benannt, die eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit erfüllen muss, damit der Umfang der Arbeitspflicht der Arbeitnehmer und damit ihr Lohnanspruch verringert wird.
Erfüllt eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit diese Voraussetzungen nicht, können die Arbeitnehmer ungekürzte Beschäftigung und Lohnzahlung verlangen, d.h. der Arbeitgeber befindet sich im Annahmeverzug: BAG, Urteil vom 18.11.2015, 5 AZR 491/14.
- Unwirksame Einführung von Kurzarbeit und ihre Folgen
- Der Fall des BAG: Auf Kurzarbeit gesetzter Arbeitnehmer verlangt vollständige Vergütung
- BAG: Betriebsvereinbarungen zur Einführung von Kurzarbeit müssen Beginn und Dauer der Kurzarbeit, Lage und Verteilung der verringerten Arbeitszeit und die betroffenen Arbeitnehmer definieren
Unwirksame Einführung von Kurzarbeit und ihre Folgen
Nach § 95 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, d.h. eine dem Arbeitslosengeld entsprechende Lohnersatzleistung, wenn es im Betrieb zu einem vorübergehenden und nicht vermeidbaren Arbeitsausfall kommt. Für die Beantragung und Auszahlung des Kurzarbeitergeldes ist der Arbeitgeber zuständig, d.h. er muss einen entsprechenden Antrag bei der Arbeitsagentur stellen und zahlt das Kurzarbeitergeld an die Arbeitnehmer aus.
Abgesehen von diesen sozialrechtlichen Voraussetzungen des Bezugs von Kurzarbeitergeld muss die Kurzarbeit selbst natürlich arbeitsrechtlich in Ordnung gehen. Erforderlich ist dafür, dass die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und die Pflicht des Arbeitgebers zur Gehaltszahlung und zur vertragsgemäßen Beschäftigung vorübergehend verringert werden.
Im Allgemeinen genügt dazu eine arbeitsvertragliche Vereinbarung. Diese kann auch ohne große Formalitäten bzw. stillschweigend getroffen werden: Der Arbeitgeber "ordnet Kurzarbeit an" und die betroffenen Arbeitnehmer arbeiten entsprechend dieser Vorgabe nur noch in verringertem Umfang. Dann liegt eine arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Arbeitszeitverringerung vor.
Gibt es einen Betriebsrat, ist jedoch eine zusätzliche Vereinbarung zwischen ihm und dem Arbeitgeber erforderlich. Denn gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat über eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen.
Fraglich ist, wie genau eine solche Vereinbarung die Voraussetzungen der Kurzarbeit regeln muss, d.h. wie viel Spielraum dem Arbeitgeber noch verbleiben darf, wenn er auf der Grundlage einer solchen Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit aktiv wird und einzelne Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmergruppen "nach Hause schickt".
Diese Frage hat erhebliche finanzielle Konsequenzen. Denn ordnet der Arbeitgeber in rechtlich unwirksamer Weise Kurzarbeit an, befindet er sich im Annahmeverzug. Das wiederum heißt, dass er den vollen Lohn bezahlen muss, d.h. auch für die Zeit des Arbeitsausfalls. Dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer während der Ausfallzeiten nicht beschäftigt hat, ist dann sein Problem. Das folgt aus § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Der Fall des BAG: Auf Kurzarbeit gesetzter Arbeitnehmer verlangt vollständige Vergütung
Der klagende Arbeitnehmer war seit 1988 bei dem beklagten Arbeitgeber tätig. Für die Zeit vom 11.03.2011 bis zum 31.12.2011 vereinbarten Betriebsrat und Arbeitgeber per Betriebsvereinbarung die Einführung von Kurzarbeit.
Welche Arbeitnehmer in welchem Umfang von der Kurzarbeit betroffen sein sollten, war allerdings nicht konkret festgelegt, abgesehen von einer Negativ-Liste von Arbeitnehmern, die generell von der Kurzarbeit ausgenommen sein sollten. Im übrigen hieß es in der Betriebsvereinbarung:
"Die Kurzarbeit erfolgt flexibel und wird an den Arbeitsanfall in den jeweiligen Arbeitsbereichen angepasst. Die Planung erfolgt in den Abteilungen mit dem Vorgesetzten."
Nachdem die Kurzarbeit auf dieser Grundlage einige Monate lang durchgeführt worden war, kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und zur fristlosen Kündigung der Betriebsvereinbarung durch den Betriebsrat Anfang Oktober 2011. Daraufhin wiederum bot der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mit Schreiben vom 18.10.2011 seine volle bzw. reguläre Arbeitsleistung an und klagte auf entsprechende Lohnzahlung, und zwar rückwirkend für die Zeit ab dem 11.03.2011.
Mit dieser Klage hatte er vor dem Arbeitsgericht Herford Erfolg (Urteil vom 31.10.2013, 3 Ca 1287/12), während das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm ihm immerhin die Lohndifferenz für die Zeit vom 18.10.2011 bis zum 31.12.2011 zusprach. Begründung des LAG: Die Betriebsvereinbarung war von vornherein keine Rechtsgrundlage für eine Absenkung der Arbeitszeiten und des Lohnanspruchs, da sie nicht regelte, welche Arbeitnehmer zu welchen reduzierten Zeiten arbeiten sollten (Urteil vom 12.06.2014, 11 Sa 1566/13).
BAG: Betriebsvereinbarungen zur Einführung von Kurzarbeit müssen Beginn und Dauer der Kurzarbeit, Lage und Verteilung der verringerten Arbeitszeit und die betroffenen Arbeitnehmer definieren
Auch das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht, denn während der Zeit vom 18.10.2011 bis zum 31.12.2011 befand sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug gemäß § 615 Satz 1 BGB.
Die Kurzarbeit war nämlich nicht rechtmäßig angeordnet worden. Dies wiederum lag daran, dass die hier als Rechtsgrundlage dienende Betriebsvereinbarung zu ungenau war. Eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit muss mindestens folgende Punkte verbindlich klären, so das BAG:
- Beginn und Dauer der Kurzarbeit
- Lage und Verteilung der verkürzten Arbeitszeit
- Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer
Da ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn im ungekündigten Arbeitsverhältnis erst dann entsteht, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitsleistung auch anbietet, konnte der Kläger hier im Streitfall die Lohndifferenz für die ausgefallene Arbeit nur für die zweieinhalb Monate vom 18.10.2011 bis zum 31.12.2011 verlangen.
Kritisch ist anzumerken, dass eine wichtige Grundsatzfrage weder vom LAG Hamm noch vom BAG aufgeworfen, geschweige denn überzeugend beantwortet wird - ob bzw. warum der Betriebsrat nämlich die Rechtsmacht haben sollte, per Betriebsvereinbarung ("von oben nach unten") bestehende arbeitsvertragliche Leistungsansprüche der Arbeitnehmer zu beschneiden. Richtiger Ansicht nach ist eine Betriebsvereinbarung gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 BetrVG zwar eine notwendige Voraussetzung für die Einführung von Kurzarbeit, aber keine hinreichende, d.h. ohne das arbeitsvertragliche Einverständnis des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers geht hier gar nichts. Solange die Arbeitnehmer die Kurzarbeit allerdings hinnehmen, d.h. verkürzt arbeiten, haben sie ihr OK gegeben, d.h. dann liegt ein stillschweigendes ("konkludentes") arbeitsvertragliches Einverständnis zur vorübergehenden Vertragsänderung vor.
Fazit: Betriebsrat und Arbeitgeber müssen bei einer Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit exakt arbeiten, d.h. genau festlegen, welche Arbeitnehmer zu welchen verkürzten Zeiten arbeiten sollen. Erfüllt eine Kurzarbeits-Betriebsvereinbarung diese Voraussetzung nicht, ist betroffenen Arbeitnehmern zu raten, ihre ungekürzte Arbeitsleitung dem Arbeitgeber vorsorglich schriftlich anzubieten, und zwar möglichst frühzeitig bzw. zu Beginn der Kurzarbeit.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.11.2015, 5 AZR 491/14
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 12.06.2014, 11 Sa 1566/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Annahmeverzug des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitslosengeld I
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeit und Arbeitszeitrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Beschäftigung, Beschäftigungsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Coronavirus und Arbeitsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Vergütung bei Arbeitsausfall
- Arbeitsrecht aktuell: 20/098 Gesetz und Verordnung zur Kurzarbeit wegen der Corona-Krise
- Arbeitsrecht aktuell: 16/108 Aufstockungen zum Transferkurzarbeitergeld sind Nettoentgelt
- Arbeitsrecht aktuell: 11/080 Anordnung von Kurzarbeit ohne Ankündigungsfrist?
- Arbeitsrecht aktuell: 09/229 Keine Kurzarbeit ohne den Betriebsrat
- Arbeitsrecht aktuell: 09/088 Kurzarbeitergeld nach dem Rahmen-Tarifvertrag für das Baugewerbe setzt kein ungekündigtes Arbeitsverhältnis voraus.
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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